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16. Kapitel.
Prinz Jans Entschluß.

Jan schlief in der folgenden Nacht recht fest. Als er kurz vor Sonnenaufgang erwachte und die anderen Hunde um sich gelagert fand, wurde er sich bewußt, daß er wieder in der Heimat war bei seiner Mutter und Rollo und den anderen Hospizhunden, und daß er nun Gelegenheit haben würde, die Arbeit seiner Vorfahren aufzunehmen.

Der tiefe, weiche Klang der Hospizglocke erweckte jetzt alle zu einem neuen Tag mit seiner Arbeit. Die Stimmen der Mönche, die in der Kapelle sangen, verstummten, und sofort richteten sich die Augen der Hunde erwartungsvoll auf den Korridor, wo Bruder Anton mit ihrem Frühstück erschien.

Sie sprangen an ihm empor oder balgten sich spielend miteinander, während das heiße Futter in einen Trog geschüttet wurde. Jan verzehrte nun seinen Teil mit den anderen, und die Hunde machten für ihn Platz, so daß es kein Drängen und Stoßen und Schieben gab, als sie sich über ihre Mahlzeit hermachten.

Nachdem sie gesättigt waren, wurde die Tür in den Hof geöffnet, und die Hunde sprangen bellend hinaus. Im Hofe jagten sie sich, warfen einander nieder oder liefen spielend umher. Rollo und sein Bruder vergaßen, daß sie erwachsen waren, und tummelten sich umher wie einst, ehe Prinz Jan nach den Lande ohne Schnee fortgeführt worden war.

Und wieder stand Bruder Anton auf den Stufen und sah ihnen zu. Dann rief er Jan, der gehorsam kam und ihm durch die gewölbten Gänge und die langen Korridore folgte, bis sie die drei Türen erreicht hatten, die zur Außentreppe führten.

Jan sah den Arzt und den Kapitän, die schon draußen warteten. Der alte Mann saß auf dem Maulesel, während Pierrot, der Treiber, neben ihm wartete. Der Arzt hielt einen langen, starken Stock in der Hand.

Mit Freudengeheul lief der Hund auf sie zu und stellte sich auf die Hinterbeine, um die Hand des Kapitäns zu belecken, die seinen Kopf sanft streichelte.

Bruder Anton blieb auf der obersten Stufe stehen und sah zu. Er sagte aber kein Wort, als Pierrot den Maulesel antrieb, der rasch den Weg nach Martigny einschlug. Der Arzt schritt neben dem Maulesel her, und nun verstand Jan, daß sie das Hospiz verließen. Er stand still und sah sich flehend um. Der Mönch auf der Treppe ließ ihn gewähren, als Jan sich traurig umwandte und hinter dem Maultier dreinlief. Der Arzt, der Kapitän und auch Pierrot sahen es, aber keiner sprach ein Wort zu ihm.

Eine kurze Strecke trabte Jan mit schwerem Schritt den Weg entlang; dann stand er still und wandte sich um, einen Blick auf seine Heimat richtend. Er sah das hohe, spitze Dach des Klosters und die schneebedeckten Berge darüber; dann machte er aber wieder kehrt, um den Reisenden zu folgen. Die waren indessen schon ein gut Stück Wegs voraus, und da ein Felsenvorsprung sie verdeckte, konnte Jan sie nicht mehr sehen. So blieb er denn bewegungslos stehen, bis er sie zwischen einer Felsenspalte wieder zu sehen bekam. Sie standen still und warteten auf ihn.

Der Hund eilte auf sie zu; aber in seinem Innern zwang ihn etwas, wieder zurückzuschauen, wo Bruder Anton wohl noch auf den Stufen stand. Jan zögerte, dann setzte er sich hin und blickte den Weg entlang, der nach Martigny führte. Nach einigen Minuten setzte sich die kleine Gruppe wieder in Bewegung. Jan hätte sie leicht einholen können, wenn er rasch gelaufen wäre, aber er blieb regungslos sitzen, die Augen auf sie gerichtet. Er hob seinen Kopf und kläglich ertönte der Ruf seiner Vorfahren, der mehrmals als Echo von den Bergen widerhallte. Dann war kein Laut mehr zu vernehmen, als das Tröpfeln des schmelzenden Schnees, der an den steilen Abhängen hinunterrieselte. Jetzt wandte sich Prinz Jan, der Bernhardiner, um, dem Kloster zu und trabte den Pfad hinauf nach der Heimat seiner Vorfahren, von der er gekommen war.

Bruder Anton wartete auf der Treppe. Als der Hund ihn erreichte, beugte sich der Mönch nieder und streichelte ihn, wobei er leise flüsterte: »Es ist nicht leicht, zu wählen, Prinz Jan, wenn die Wege der Liebe und der Pflicht so weit auseinander gehen.«

So kehrte also Prinz Jan zurück zu der Arbeit seiner Vorfahren, und als die Zeit verstrich, rettete er manches Leben und fühlte sich glücklich bei seiner Pflicht. Die jungen Hunde hörten mit ehrfurchtsvoller Verwunderung zu, wenn er ihnen von den wunderbaren Plätzen und Dingen erzählte, die er im Lande ohne Schnee gefunden hatte, und erlernten von ihm, was Gehorsam, Treue und Güte bedeute.

»Wenn ihr euer möglichstes tut, wird sich schließlich alles zum Guten wenden,« sagte Jan am Ende jeder Erzählung.

Zuweilen aber, in der Nacht, während er bei den anderen Hunden schlief, sah er im Traume den Kapitän im Zimmer umhergehen. Cheepsie saß auf der Schulter des alten Mannes und Hippity-Hop hüpfte um sie herum, und der Hund wußte, daß sie seiner gedachten. Dann spitzten sich seine Ohren, und sein Schwanz klopfte sachte auf den steinernen Boden des Hospizes, denn in den Träumen hörte er den leisen Ton einer zitternden Stimme, die sang:

» Old dog Tray is ever faithful,
Grief cannot drive him away;
He's gentle and he's kind
And you'll never, never find
A better friend than old dog Tray.
« »Der alte Hund Tray ist immer treu, Kummer kann ihn nicht vertreiben. Er ist sanft und er ist gut, und niemals findest du einen besseren Freund als den alten Hund Tray.«


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