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Unterirdische Gewölbe, durch eine querlaufende dicke Mauer in zwei Kammern geteilt. In der rechten wird Barak sichtbar, in düsterem Brüten auf dem harten Stein sitzend; zur Linken die Frau, in Tränen, mit aufgelöstem Haar. Sie wissen nicht voneinander, hören einander nicht. Die Frau zuckt zusammen.
Im Orchester ertönen die Stimmen der ungeborenen Kinder, wie im ersten Aufzug.
Die Frau
Schweiget doch, ihr Stimmen!
Ich hab es nicht getan!!
– – – – – – – – – –
Barak, mein Mann,
o daß du mich hörtest,
daß du mir glaubtest
vor meinem Tode!
– – – – – – – – – –
Dich wollt ich verlassen,
o du, den zuvor
niemals ich sah!
Dich wollt ich vergessen
und meinte zu fliehen dein Angesicht:
dein Angesicht,
es kam zu mir –
O daß du mich hörtest,
O daß du mir glaubtest. –
Dich wollt ich vergessen –
da mußte ich dich denken:
und wo ich ging
verbotene Wege,
dein Angesicht...
es kam zu mir
und suchte mich,
zuvor die Seele die Tat getan!
Ein fremder Mann,
ich zog ihn her,
er war mir nah –
aber nicht völlig –
Barak, Barak,
dich weckt ich doch,
weißt du es nicht?
Barak vor sich hin
Mir anvertraut,
daß ich sie hege,
daß ich sie trage
auf diesen Händen
und ihrer achte
und ihrer schone
um ihres jungen Herzens willen!
Die Frau teilweise zusammen mit ihm
Dienens, liebend dir mich bücken:
dich zu sehen!
atmen, leben!
Kinder, Guter, dir zu geben! -
Barak
Mir anvertraut –
und taumelt zur Erde
in Todesangst vor meiner Hand!
Weh mir! Daß ich sie einmal noch sähe
und zu ihr spräche:
Fürchte dich nicht.
Eine Stille, dann
Stimme von oben, auf Baraks Seite
Auf, geh nach oben, Mann,
der Weg ist frei!
Es fällt zugleich mit der Stimme ein Lichtstrahl von oben in Baraks Verlies; die Stufen einer Wendeltreppe, in den Fels gehauen, werden sichtbar.
Barak richtet sich auf und beginnt hinaufzusteigen.
Die Frau
Barak, mein Mann!
Strenger Richter,
hoher Gatte!
Schwängest du auch
dein Schwert über mir,
in seinen Blitzen
sterbend noch
sähe ich dich!
Ein Lichtstrahl fällt von oben in ihr Verlies, der Schein in Baraks leerer Kammer ist erloschen.
Die gleiche Stimme auf der Linken
Frau, geh nach oben,
denn der Weg ist frei.
Die Färberin eilt nach oben.
Das Gewölbe versinkt. Wolken treten vor, teilen sich, enthüllen eine Felsterrasse, jener gleich, die während des Schlafes der Kaiserin sichtbar wurde. Steinerne Stufen führen vom Wasser aufwärts zu einem mächtigen tempelartigen Eingang ins Berginnere. Ein dunkles Wasser, in den Felsgrund eingeschnitten, fließend gegenüber.
Die Tür zum mittleren Eingang offen. Auf der obersten Stufe der Bote, wartend. Dienende Geister rechts und links.
Ein Kahn kommt auf dem Wasser geschwommen, ohne Lenker.
Die Kaiserin liegt darin, schlummernd, die Amme kniet neben ihr, hält sie umschlungen, bewegt um sich schauend, wohin der Kahn treibe.
Der Bote hat das herankommen des Kahnes abgewartet. Der Kahn hält an.
Dienende Geister
Sie kommen!
Der Bote
Hinweg!
Er tritt ins Innere zurück, die Geister zugleich, die eherne Tür schließt sich hinter ihnen.
Die Kaiserin erwacht.
Die Amme sucht, sie zurückzuhalten, mit dem freien Arm den Kahn vom Ufer wegzustoßen, vergeblich.
Die Gegend erhellt sich.
Die Kaiserin erhebt sich, blickt um sich, will ans Land.
Die Amme drückt sie nieder, hastig, aufgeregt
Fort von hier!
Hilf mir vom Fels
lösen den Kahn!
Leise
Übermächte
spielen mit uns!
Zum greulichsten Ort
eigenwillig
strebt das Gemächte
aus bösem Holz!
Wär ich nicht gewitzigt,
was würde aus dir!
Die Kaiserin
Der Kahn will bleiben –
siehst du denn nicht?
Die Treppe, schau!
Die Amme gibts auf, den Kahn vom Ufer zu stoßen, treibend, mit fieberhafter Ungeduld
So laß den Kahn!
Nun fort von hier!
Ich weiß den Weg,
Mondberge sieben
sind gelagert,
dies ist der höchste:
ein böser Bereich!
Geschürzt dein Kleid
und hurtig die Füße:
ich führ dich hinunter,
ich finde hinaus!
Die Kaiserin ist auf die Treppe hinausgetreten
Hier ist ein Tor!
Sinnend, suchend
Einmal vordem
sah ich dies Tor!
Posaunenruf, wie aus dem Innern des Berges.
Die Kaiserin
Hörst du den Ton?
Der lädt zu Gericht.
Leise, etwas beklommen
Mein Vater, ja?
Keikobad? Sag?
Lang sah ich ihn nicht,
doch weiß ich wohl,
er liebt es zu thronen
wie Salomo
und aufzulösen,
was dunkel ist.
Hoch ist sein Stuhl
und abgründig sein Sinn –
Rein und mutig
doch ich bin sein Kind:
ich fürchte mich nicht.
Die Amme, ängstlich, späht nach der Seite, ob sich ein Ausweg finden ließe.
Die Posaune ruft abermals, stärker.
Die Kaiserin die Hände erhoben, angstvoll
Mein Herr und Gebieter!
Sie halten Gericht
über ihn
um meinetwillen!
Was ihn bindet,
bindet mich.
Was er leidet, will ich leiden,
ich bin in ihm,er ist in mir!
Wir sind eins,
ich will zu ihm.
Wendet sich, hinaufzuschreiten
Die Amme angstvoll
Fort mit uns!
ich schaff dir den Schatten!
So ist es gesetzt
und so geschworen!
Du bleibst die gleiche,
Töchterchen, liebes,
und durch deinen Leib
gleitet das Licht –
allein des Weibes
trauriger Schatten,
dir verfallen,
haftet der Ferse!
Ihresgleichen
scheinst du dann
und bist es nicht:
doch du erfüllst,
was bedungen war!
Schmeichelnd
So hab deinen Liebsten
und herze ihn!
Ich helf dir ihn finden,
ich will es tragen,
daß ich ihn sehe
in deinen Armen
auf Jahr und Tag
und bleibe die Hündin
in seinem Hause!
Resigniert, seufzend, nicht heftig
Wehe mir!
Sehr stark
Nur fort von hier!
Fort von der Schwelle:
sie zu betreten
ist mehr als Tod!
Die Kaiserin
So kennst du die Schwelle?
So weißt du, wohin
dies Tor sich öffnet?
Antworte mir!
Die Amme dumpf
Zum Wasser des Lebens.
Die Kaiserin
Antworte mir!
Plötzlich erleuchtet
Zur Schwelle des Todes!
So scholl der Ruf.
Steh mir Rede!
Du weißt das Geheime
und kennst die Bewandtnis.
Antworte mir!
Die Amme schweigt.
Die Kaiserin
Schweigest du tückisch?
Willst du mit Fleiß
den Sinn mir verdunkeln?
Hell ist in mir!
Hell ist vor mir!
Leidenschaftlich
Ich muß zu ihm!
Wasser des Lebens,
ich muß es erspüren,
ihn besprengen –
Wasser des Lebens –
ist es das Blut
aus diesen Adern?
Fließe es hin,
daß ich ihn wecke!
Sie wendet sich entschieden dem Eingang zu.
Die Amme wirft sich vor sie hin, faßt sie am Gewand
Hab Erbarmen!
Du verfängst dich: tausend Netzte,
Gaukelspiel,
greulicher Trug!
Wasser des Lebens,
greuliches Blendwerk –
müßt ich darüber
mein Blut hingeben –
halte ich ab
von deiner Seele
und deinem Herzen!
Ein Wasser springt
wirklich im Berge.
Leuchtend steigt es,
goldene Säule,
aus dem Grund:
Wasser des Lebens!
Wer daran
die Lippen legte –
einer der unsern,
von Geistern stammend –,
mehr als Tod,
greulich unsagbar
teuflisches Unheil
schlürft er in sich
rettungslos.
Die Kaiserin ist auf die oberste Stufe getreten.
Die Amme in höchster Angst
Hörst du mich nicht?
Fürchterlich
ist Keikobad!
Was weißt du von ihm!
Du bist sein Kind
und hast dich gegeben
in Menschenhand
und dein Herz vergeudet
an einen von den Verwesenden!
Fürchterlich
straft er dich,
wenn du fällst in seine Hand.
Denn er kennt kein Greuel
über diesem,
daß eines spiele
mit dem Verhaßten
und sich mische
mit den Verfluchten!
Weh über sie,
die dich gebar,
und Menschensehnsucht
dir flößte ins Blut!
Weh über dich!
Die Kaiserin verklärt, entschlossen
Aus unsern Taten
steigt ein Gericht!
Aus unsern Herzen
ruft die Posaune,
die uns lädt. –
Entschieden, die Hand gegen sie ausstreckend, gebietend
Amme, auf immer
scheid ich mich von dir.
Was Menschen bedürfen,
du weißt es zu wenig,
worauf ihrer Herzen
Geheimnis zielet,
dir ist es verborgen.
Sehr feierlich und groß
Mit welchem Preis
sie alles zahlen,
aus schwerer Schuld
sich wieder erneuern,
dem Phönix gleich,
aus ewigem Tode
zu ewigem Leben
sich immer erhöhen –
kaum ahnen sies selber –
dir kommt es nicht nah.
Ich gehöre zu ihnen,
Mächtig
du taugst nicht zu mir!
Sie tritt ans Tor, das sich lautlos öffnet, sie tritt hinein, das Tor schließt sich.
Die Amme will ihr nach, wagt sich nicht in den Bereich, verzweifelnd, auf der Treppe
Was Menschen bedürfen?
Betrug ist die Speise,
nach der sie gieren.
Betrügt sie selber!
Fluch über sie!
Das ewige Trachten
vorwärts ins Leere,
der angstvermischte
gierige Wahnsinn –
hinübergeträufelt
in meines Kindes
kristallene Seele!
Fluch über sie!
Es dunkelt, rötlicher Nebel tritt herein.