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Achtes Kapitel.
Xylographie und Typographie

Die hohe Bedeutung der Gutenbergischen Erfindung, welche die politischen Wirren der Mainzer Stadtgeschichte noch bedeutend erhöhte, läßt sich erst vollständig erkennen, wenn man mit ihr die geringen Erfolge der Vorzeit vergleicht.

Aus der ursprünglichen Bilderschrift, mit deren Hilfe unsere Urväter einzelne Gegenstände dadurch bezeichneten, daß sie die rohen Umrisse derselben auf irgend eine Fläche hinmalten, ging allmählich die Zeichenschrift hervor, die, streng genommen, sich nur als eine abgekürzte Bilderschrift darstellte. Jedes Wort bekam ein eigenes Zeichen, und zwar waren es die Aegypter, von denen diese neue Idee ausging. Doch nur die heiligen Männer dieses Landes, die Priester und Gelehrten, durften diese Schrift erlernen, weshalb sie auch den Namen »heilige Schrift« (Hieroglyphen) führte. Im Verlaufe der Zeit ging das Verständnis für diese Schrift fast gänzlich verloren, sodaß das Wort Hieroglyphe gleichbedeutend mit etwas ist, das man weder zu entziffern noch zu erklären vermag.

Die Zeichenschrift blieb nicht nur unter den Bewohnern Aegyptens, sondern auch unter den anderen Völkern des Altertums für längere Zeit im Gebrauch, bis die kunstfertigen Phönizier die Buchstabenschrift erfanden, deren wir uns heute noch bedienen. Diese Erfindung gehört jedenfalls zu den größten des menschlichen Geistes, da sie die Kunst in sich schließt, mit Hilfe von fünfundzwanzig Zeichen alle unsere Gedanken und Empfindungen, und mit weitern zehn Zeichen auch die ungeheuerste Zahl schriftlich ausdrücken zu können. Wir nehmen gewöhnlich an, daß unser Alphabet von den beiden ersten griechischen Buchstaben a und b stamme, allein das A und B bildeten schon die Anfangsbuchstaben des phönizischen Alphabets, indem dieselben in diesem Alephund Beth hießen. Von den Phöniziern lernten die Griechen, und von diesen die Römer die Buchstabenschrift, bis durch die Eroberungen der zuletzt genannten Völkerschaft die Kenntnis zu allen europäischen Nationen drang.

Sobald die leicht zu fassende Buchstabenschrift Gemeingut aller zivilisirten Völker geworden war, sehnte man sich nach besseren und bequemeren Schreibmaterialien. Seit dem grauen Altertum verstand man die Kunst, mit dem Grabstichel Inschriften auf Holz, Stein und Metall zu zeichnen. Die Bildnisse und Schriften, welche sich auf alten Münzen finden, konnten schon als ein Vorspiel der Xylographie gelten. Die zehn Gebote Mosis waren in Stein gegraben, die ältesten Gesetze Roms standen auf Tafeln in Erz, Solon ließ seine Weisheitssprüche auf hölzerne Walzen einritzen, und zu den Zeiten der ersten römischen Kaiser bediente man sich beweglicher aus Holz und Elfenbein verfertigter Buchstaben, um Kinder damit lesen zu lehren.

Der Fortschritt der Zeit brachte die Menschen auf den Gedanken, den Baumbast als Schreibmaterial zu verwenden. In der griechischen Sprache hieß derselbe biblos. Mit diesem Wort bezeichnte man später ein jedes Buch und endlich auch das wichtigste aller Bücher: die heilige Schrift. Dies ist der Ursprung des Wortes: »Bibel«. Bei den Römern hieß der Baumbast liber, woraus sich das französische livre (Buch) bildete, was also ursprünglich eine Schrift auf Baumbast bedeutete.

Außer dem letztem gebrauchte man auch dünne, mit Wachs überzogene Holztafeln, in deren weiche Flächen man die Buchstaben mit Griffeln grub, die unten spitz und oben breit waren, damit das Falschgeschriebene mit größerer Leichtigkeit ausgelöscht, d. h. die Wachsfläche wieder geebnet werden konnte. Ein solcher Griffel wurde stilus genannt, und von ihm leitet sich unser deutsches Wort Stil ab, der sprachliche Ausdruck, die Schreibart.

Ein größerer Fortschritt gab sich durch die Erfindung des Pergaments zu erkennen. Es waren dies auf eine besondere Weise präparirte Tierhäute, namentlich Eselsfelle, die nach der in Kleinasien gelegenen Stadt Pergamus, wo die Erfindung herstammte, genannt wurden.

Der erfinderische Geist des Menschen steht nie still, und so kam man denn ziemlich früh auf den Gedanken, sich der Blätter von Bäumen als Schreibmaterial zu bedienen. Man bestrich sie mit klebrigem Wasser, legte sie übereinander, preßte und glättete sie und verfertigte auf diese Weise eine Art von Papier, wennschon das letztere seinen Namen der ägyptischen Papyrusstaude zu verdanken hat. Bei diesem vervollkommneten Schreibmaterial bedurfte man der Meißel und Griffel nicht mehr, sondern schrieb fortan mit Federn aus Schilfrohr oder mit Gänsekielen, die man in die mannigfachsten Tinten und Farben tauchte.

Die Chinesen, bei denen die Anfänge so mancher europäischen Künste und Entdeckungen zu suchen sind, bereiteten aus der in ihrem Lande reichlich wachsenden Baumwolle eine Masse, welche an Dünnheit das Pergament weit übertraf und auf die sich trotzdem mit Tinte sehr gut schreiben ließ. Durch die kriegerischen Züge der Tartaren gelangte die Kenntnis von diesem Baumwollpapier nach dem mittleren Asien, und von dort aus nach Arabien und Griechenland, bis es endlich zu Anfang des neunten Jahrhunderts auch in Deutschland erschien und am Hofe Karls des Großen vielfach bewundert wurde. Die Baumwolle stand aber zu hoch im Preise, um sie technisch verwenden zu können, und so vergingen Jahrhunderte, ehe die Papierfabrikation in Deutschland wirklichen Fuß faßte. Man war nämlich auf die Idee gekommen, statt der rohen Baumwolle abgenutztes Baumwollzeug zu verwenden, dem man später auch leinene Lumpen beimengte, und so entstanden im vierzehnten Jahrhundert die ersten Papiermühlen in unserem Vaterland.

Seitdem das Schreibmaterial im Preise bedeutend gesunken war, beschäftigte sich eine große Anzahl von Menschen, namentlich Mönche und Nonnen, mit dem Abschreiben weltlicher und geistlicher Schriften. In den größeren Städten Deutschlands und Frankreichs bildeten sich Schreiberzünfte, die ihre besonderen Vorrechte besaßen, und der Wetteifer, einander zu übertreffen, führte zu dem Gedanken, die Abschriften mit Sinnbildern und kleinen Gemälden zu verzieren. Namentlich fiel dabei die Wahl auf Heilige, deren Verehrung unter dem Volke allgemein verbreitet war. Das Letztere fand an diesen Bildern viel Geschmack, und im Verlauf des vierzehnten Jahrhunderts begehrte ein jedes nach dem Besitz solcher heiliger Bilder.

Es ging zu jener Zeit der Schrecken der Pest durch unser Vaterland, und da man diese furchtbare Krankheit als eine von Gott verhängte Strafe ansah, so beeilte man sich, Buße zu thun und wallfahrte in langen Zügen namentlich nach jenen Orten, wo sich aus Holz geschnitzte, wunderthätige Heiligenbilder befanden. Die Geistlichkeit suchte diese fromme Stimmung des Volkes zu erhalten, indem sie an die Bittgänger Abbildungen jener Heiligen verteilte und dieselben weihte. Dadurch bekamen sie für die Einzelnen die Bedeutung von Amulets. Bei der Unzahl von Wallfahrern, welche ausnahmslos nach diesen Bildern verlangten, war es nicht mehr möglich, dieselben einzeln zu zeichnen und zu malen. Infolge dessen tauchte die Erinnerung an die vergessenen Holztafeln der Alten wieder auf und die neue Zunft der Formschneider bildete sich. Sie brauchten sich nicht erst, um sich in ihrer jungen Kunst zu bilden, nach den Münzen, Holztafeln und Pyramiden der alten Welt umzusehen, denn sie fanden die besten Vorbilder in den Werken der Bildhauer, Goldschmiede und Gießer, deren Arbeiten die Zierden der Kirchen und Grabmäler bildeten. Die Heiligenbilder wurden nunmehr auf Holztafeln erhaben dargestellt und von diesen Formen zu Hunderten und tausenden Abdrücke genommen.

Das vierzehnte Jahrhundert brachte noch eine andere Neuerung mit sich, welche der Xylographie, die man mit Recht als die Mutter der Typographie bezeichnen kann, einen mächtigen Aufschwung verlieh. In dem Morgenland herrschte nämlich die abergläubische Sitte, aus Bildern und deren zufälliger Lage die Zukunft zu prophezeien. Europa bemächtigte sich dieser seltsamen Spielerei, und aus dem abergläubischen Glücksspiele mit Bildern entstand rasch das noch heute beliebte Kartenspiel. Die Karten wurden selbstverständlich zuerst gemalt. Da sich aber Nachfrage und Absatz mehr und mehr steigerten, so fand gleichfalls eine Vervielfältigung durch den Holzdruck statt. Zu diesem Zwecke schnitt man die verschiedenen Figuren in hölzerne Tafeln, bestrich sie sodann mit Farben, legte dünne Pappendeckel darüber und druckte sie ab. Der Versuch glückte ausnehmend, und nunmehr begannen spekulative Köpfe es auch mit der Schrift zu probieren, indem sie kleine Gebete und kurze Sätze aus der Bibel in hölzernen Platten schnitzten und die Abdrücke sodann zu kleinen Büchern zusammenfügten.

Dadurch war man der Grenze der eigentlichen Buchdruckerkunst nahe gerückt, aber noch fehlte die geniale Idee eines Gutenberg: bewegliche Buchstaben zum Druck von Büchern anzuwenden.

Die ersten Versuche des genialen Meisters bewegten sich selbst noch im Zirkel der Holzschneidekunst, wie seine A B C Tafeln und Horarien bewiesen, bis sich durch die Herausgabe seiner lateinischen Bibel die Großartigkeit seiner Erfindung offenbarte.

Die Zunft der Formschneider litt unter derselben nicht, vielmehr verband sich der Buchdruck mit der Holzschneidekunst. Die Menschheit liebte schon damals bei Büchern den Bilderschmuck, und diesem Hange gaben nicht nur Gutenberg, Fust und Schöffer nach, sondern auch die spätern Buchdrucker, denn die sogenannten »illuminierten« Bücher fanden leicht Liebhaber und einen reichen Absatz.

Um so schlimmer kam dagegen die große Zunft der Abschreiber weg, für welche die Erfindung der Buchdruckerkunst verhängnisvoll wurde, denn tausende von Kopisten sahen sich durch sie in Nahrungssorgen versetzt. Der Industriezweig des Abschreibens sank auf ein Minimum herab, und Kopisten, die vermöge ihres hohen Verdienstes bisher auf vornehmem Fuß gelebt, rangen jetzt um das tägliche Brot.

Die Zunft der zu Mainz verweilenden Abschreiber hatte sich daher jener unzufriedenen Menge beigesellt, welche fast täglich den Frieden der Stadt störte.

Gutenberg sah sich von Neid, Mißgunst und Haß umgeben. Wiederholt war es vorgekommen, daß verarmte Kopisten den Versuch gemacht, ihn in der Dämmerung zu überfallen. Er wagte daher nur noch am Tage auszugehen. Gegen Humery, der ihm geholfen, richtete sich ganz besonders ihr Haß, zumal an dem letztern noch die Anhänger von Fust und Schöffer teilnahmen. Außerdem hatte der Stadtsyndikus noch einen schweren Stand gegen die Domherren und Mönche, die jedem feindlich gesinnt waren, der zu den Anhängern Diethers von Isenburg gehörte. Derselbe fügte sich weder dem päpstlichen noch dem kaiserlichen Gebote, sondern verblieb in seiner Stellung als Kurfürst und Erzbischof von Mainz; ja, er widersetzte sich sogar dem Einzuge Adolphs von Nassau und der Rat der Stadt unterstützte ihn dabei.

So waren jetzt zu Mainz die verschiedensten Strömungen anzutreffen, welche sich alle gegeneinander aufstauten und die heftigsten Strudel zustande brachten.

Trotz aller Widerwärtigkeiten verfolgte Johannes Gutenberg ruhig sein Ziel in friedlicher Arbeit. Die letztere war für ihn freilich nicht gering, denn es galt eine vollständige neue Druckerei einzurichten; doch Gutenberg ging mit ungebeugter Willens- und Thatkraft an das schwierige Werk.

Da Fust und Schöffer ihre Druckerei nach dem Hof zum Humbrecht verlegt hatten, so mietete Humery sofort die Lokalitäten zum Jungen, und der Stadtsyndikus nahm herzlichen Anteil an den Freuden und Leiden seines Freundes Johannes. Sie sagten einander nicht viel schöne Worte, aber fest war ihr in trüber Stunde geschlossener Freundschaftsbund.

Gutenberg wandte bei der Herstellung der Lettern das durch Schöffer verbesserte Verfahren an, und nachdem er mit der Einrichtung der Druckerei zustande gekommen war, suchte er nach einem würdigen Schriftwerk, dessen Herausgabe seine erste That wieder nach jahrelanger Unterbrechung sein sollte. Seine Wahl fiel auf das grammatisch-lexikalische Sammelwerk eines Dominikanermönchs, Johannes de Balbis von Genua, welches den Titel Katholikon (allgemeines Wörterbuch) führte und sowohl von Gelehrten als Schülern äußerst gesucht war. Des hohen Preises wegen hatten sich bisher nur wenige eine Kopie dieses Werkes anschaffen können; von dem Tage aber, wo das Katholikon die Gutenbergische Presse verließ, gelangte es in den Besitz aller zivilisierten Nationen. Das Werk erschien in Groß-Folio mit halbgothischer Schrift und umfaßte 374 Blätter.

Gutenberg erzielte mit seinem Katholikon einen ungeheueren Absatz, trotzdem es, was typographische Schönheiten anlangte, hinter dem Psalterium von Fust und Schöffer zurückstand. Das neue Druckwerk erregte ein weit größeres Aufsehen, da der Kreis seiner Leser ein viel ausgedehnterer war, als jener des nur von Geistlichen gebrauchten Psalteriums.

Fust gab sich die erdenklichste Mühe, durch gehässige Urteile den typographischen Wert des Katholikon zu schmälern, allein es half ihm so gut wie nichts. Der Preis des Wörterbuchs war ein ziemlich geringer und das Bedürfnis für dasselbe vorhanden. Alltäglich verließen Hunderte von Exemplaren die Gutenbergische Druckerei, während die Psalterien Fusts und Schöffers nur allmählich Abgang fanden.

Fust geriet außer sich vor Zorn, und es war in dieser Zeit schwierig mit ihm zu verkehren. Selbst Dyna, sein Herzblättchen, hatte unter seiner Mißstimmung zu leiden, und Schöffer fühlte sich gleichfalls von einer Last erleichtert, wenn er abends die Druckerei verlassen durfte und nach dem zweiten Stock des Hauses emporstieg, wo er mit seiner jungen Frau wohnte.

»Der Gutenberg soll nicht lange über uns triumphieren,« polterte Fust, »wir wollen ihn ausstechen, daß er seine Bude bald schließen muß, trotz der Dummheit der Welt, die seine elenden Abdrücke kauft, während noch eine Menge unserer Psalterien sich auf Lager befindet.«

»Was für ein Werk sollen wir aber wählen?« fragte Schöffer.

»Sinne nach,« brummte Fust, »strenge deinen Kopf an, er wird dir deshalb noch lange nicht zerbrechen. Du hast ja wissenschaftliche Studien getrieben. Bei mir ist das schon lange her und ich habe von dem gelehrten Zeug viel vergessen.«

»Vielleicht wäre ein gemeinnütziges Buch am Platze,« meinte Schöffer.

»Heraus damit,« gebot Fust.

»Etwa die anmutige Historie der bedrängten heiligen Pfalzgräfin Genovefa,« schlug Schöffer vor.

Der Schwiegervater warf ihm einen zornigen Blick zu.

»Oder der wiedererstandene Eulenspiegel,« fuhr Peter zaghaft fort.

»Willst Du der Eulenspiegel etwa sein?« begehrte jetzt der Alte auf. »Fast will es mich so bedünken, da du mir so einfältige Vorschläge machst.«

»Ich weiß eben nichts anderes,« erwiderte Schöffer, »denn des »Doktor Fausts mit dem Teufel aufgerichtetes Bündnis« werdet Ihr auch nicht haben wollen.«

Fust zog die Schultern in die Höhe und fing vor Zorn an zu pfeifen.

»Ja dann,« stotterte der Eidam, »dann bin ich mit meiner Weisheit zu Ende, denn ein Kalender mit dem Aderlaßtäfelchen würde von zu geringem Umfange sein.«

»Wie dein Geist, edler Peter, wie dein Geist,« rief der zürnende Fust, der nach seiner Gewohnheit aus dem Zimmer stürmte und die Thüre schallend zuwarf.

Doch schon nach einer Weile kam er wieder zum Vorschein. Er war jetzt um vieles ruhiger. Er trat ans Fenster und sagte nach einer Pause:

»Ich hab's. Warte nur, unser neues Druckwerk soll nicht nur in den Kirchen und Stiften, oder bei den Gelehrten und Schülern zu finden sein, sondern auch in dem Hause des Bürgers. Es muß so schön werden, daß die Leute aus dem Staunen nicht herauskommen. Ganz neue Lettern werden dazu verwandt, du mußt die Vorschriften dazu zeichnen. Aber ich sage dir: biete alle deine Kräfte auf, sonst –«

Er vollendete den Satz nicht, wahrscheinlich weil er für besser fand, den Schwiegersohn in Ungewißheit über die Folgen seines Zornes zu lassen.

»Was für ein Buch soll denn eigentlich gedruckt werden?« erkundigte sich Schöffer.

»Das Buch aller Bücher, die Bibel!«

»Die habt Ihr aber doch schon mit Gutenberg herausgegeben,« erwiderte Schöffer.

»Das weiß ich,« brauste der Schwiegervater auf. »Aber die Leute sollen eben aus der Verschiedenheit dieser beiden Ausgaben die Riesenfortschritte unserer Druckerei ersehen. Verstehst du mich, Schlaukopf? Die Menschheit soll inne werden, daß zwischen der Gutenbergischen gedruckten Bibel und der unseren ein Unterschied besteht, wie zwischen Nacht und Tag. Ich setze alle meine Kräfte ein, um diesen Gutenberg zu überflügeln, ja, ich bin sogar imstande, mein ganzes Vermögen für diesen Zweck zu opfern, das heißt, mein halbes,« fügte er schnell hinzu, »wenn es darauf ankommt. Wir wollen die Bibeln zu einem möglichst niederen Preis verkaufen, damit der Absatz ein recht großer werde und der Gutenberg sich darüber ärgert. Den Schaden bringen wir dann dadurch ein, daß ich noch einmal nach Paris reise und dort unser Druckwerk zu einem höhern Preise losschlage. Hahaha,« lachte er am Schlusse seiner langen Rede grimmig auf, »der Gutenberg soll vor Aerger gelb werden.« –

Der Beschluß war nunmehr gefaßt und von Fust wurden alle Mittel in Bewegung gesetzt, das geplante Werk möglichst bald auf den Markt zu bringen.

Ehe jedoch die Mainzer Bibel, wie die durch Fust und Schöffer bewirkte Ausgabe später im Gegensatz zu der früheren Gutenbergischen Bibel genannt wurde, die Presse verließ, ging aus der Fustischen Druckerei eine kleinere Druckschrift hervor, welche Diether von Isenburg zum Verfasser hatte. Es war dies ein von diesem gegen Adolph von Nassau erlassenes Manifest, in welchem der Kurfürst den staatsrechtlichen Beweis lieferte, daß er unrechtmäßig seines Erzbistums entsetzt worden sei. Gleichzeitig bat er um Hilfe und Unterstützung gegen seine Feinde.

Wahrscheinlich würde der engherzige Fust den Abdruck dieser wichtigen Urkunde nicht übernommen haben, hätte sein Bruder Jakob nicht darauf gedrungen, denn dieser hielt mit dem Rat noch immer treu zu Diether von Isenburg.

Das gedruckte Manifest ward in zahlreichen Exemplaren an die benachbarten Fürsten, Städte und Innungen gesandt, und außerdem zu Mainz an den Straßenecken angeschlagen. Diese Verteidigungsschrift Diethers gewann ein kulturhistorisches Interesse, da sie das erste gedruckte Aktenstück der Diplomatie bildete.

Obgleich dasselbe an den Straßenecken von der Gegenpartei zur Nachtzeit abgerissen wurde, führte es dem bedrängten Kurfürsten doch so manchen neuen Anhänger zu. Je größer sich die Umtriebe von Diethers Feinden gestalteten, je mehr Bürger traten auf seine Seite. Außerdem sorgte Jakob Fust dafür, daß die Plakate an den Straßenecken immer wieder erneuert wurden.


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