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A.
Kantische Philosophie.

Die Kantische Philosophie ist ihres Prinzips der Subjektivität und des formalen Denkens dadurch, daß ihr Wesen darin besteht, kritischer Idealismus zu sein, geradezu geständig, und in der Sicherheit ihres Standpunkts, die Einheit der Reflexion zum Höchsten zu machen, gibt sie in dem unbesorgtesten Erzählen die Offenbarung dessen, was sie ist und will; der Name Vernunft, den sie dem Begriffe gibt, vermag den Aufschluß darüber höchstens zu erschweren oder zu verhüllen. Auf den niedrigern Standpunkten, wo ihr in Wahrheit eine Idee zugrunde liegt, macht teils die Verworrenheit, in der sie die Idee ausdrückt, Mühe, sie zu erkennen, teils verwandelt sie selbst das Vernünftige wieder bald genug in ein Verständiges und Bedingtes; sonst aber gerät sie als auf bloße Möglichkeiten des Denkens und aller Realität entbehrende überschwengliche Begriffe öfters in ihrem Wege beiläufig auf Ideen, welche sie bald genug als bloße leere Gedanken wieder fallen läßt, und die höchste Idee, auf welche sie in ihrem kritischen Geschäfte stieß und sie als eine leere Grübelei und einen unnatürlichen bloßen Schulwitz, aus Begriffen eine Realität herauszuklauben Kritik der reinen Vernunft: Transz. Dial., 3. Hauptstück, 5. Abschnitt, 1. Satz., behandelte, stellt sie selbst, aber am Ende ihrer Entwicklung als ein Postulat auf, das eine notwendige Subjektivität hätte, aber nicht diejenige absolute Objektivität, um von dieser Idee, statt mit ihr im Glauben zu enden, ganz allein die Philosophie anzufangen und sie als den alleinigen Inhalt derselben anzuerkennen.

Wenn die Kantische Philosophie schlechthin in dem Gegensatze verweilt und die Identität desselben zum absoluten Ende der Philosophie, d. h. zur reinen Grenze, die nur eine Negation derselben ist, macht, so muß dagegen als Aufgabe der wahren Philosophie nicht angesehen werden, die Gegensätze, die sich vorfinden, die bald als Geist und Welt, als Seele und Leib, als Ich und Natur usw. aufgefaßt werden, in ihrem Ende zu lösen; sondern ihre einzige Idee, welche für sie Realität und wahrhafte Objektivität hat, ist das absolute Aufgehobensein des Gegensatzes, und diese absolute Identität ist weder ein allgemeines subjektives, nicht zu realisierendes Postulat, – sondern sie ist die einzige wahrhafte Realität, – noch das Erkennen derselben ein Glauben, d. h. ein Jenseits für das Wissen, sondern ihr einziges Wissen. Weil nun die Philosophie in der absoluten Identität weder das eine der Entgegengesetzten, noch das andere in seiner Abstraktion von dem andern für sich seiend anerkennt, sondern die höchste Idee indifferent gegen beides, und jedes einzeln betrachtet nichts ist, ist sie Idealismus, und die Kantische Philosophie hat das Verdienst, Idealismus zu sein, insofern sie erweist, daß weder der Begriff für sich allein, noch die Anschauung für sich allein etwas, die Anschauung für sich blind und der Begriff für sich leer ist Ebendaselbst, Transz. Logik, Einleitung, I., und daß die endliche Identität beider im Bewußtsein, welche Erfahrung heißt, ebensowenig eine vernünftige Erkenntnis ist. Aber indem die Kantische Philosophie jene endliche Erkenntnis für die einzig mögliche erklärt und zu dem Ansichseienden, zum Positiven eben jene negative, rein idealistische Seite oder wieder eben jenen leeren Begriff als absolute, sowohl theoretische als praktische Vernunft macht, fällt sie zurück in absolute Endlichkeit und Subjektivität, und die ganze Aufgabe und Inhalt dieser Philosophie ist nicht das Erkennen des Absoluten, sondern das Erkennen dieser Subjektivität oder eine Kritik der Erkenntnisvermögen.

»Ich hielte dafür, daß es gleichsam der erste Schritt wäre, den verschiedenen Untersuchungen, die das Gemüt des Menschen gerne unternimmt, ein Genüge zu tun, wenn wir unsern Verstand genau betrachteten, unsere Kräfte erforschten und zusähen, zu welchen Dingen sie aufgelegt sind. Wenn die Menschen mit ihren Untersuchungen weitergehen, als es ihre Fähigkeit zuläßt, und ihre Gedanken auf einer so tiefen See umherschweifen lassen, wo sie keine Spur finden können, so ist es kein Wunder, daß sie lauter Zweifel erregen und der Streitigkeiten immer mehr machen, welche, da sie sich niemals auflösen und ausmachen lassen, nur dienen, ihre Zweifel zu unterhalten und zu vermehren und sie endlich in der vollkommenen Zweiflerei zu bestärken. Würde hingegen die Fähigkeit unseres Verstandes wohl überlegt, würde einmal entdeckt, wieweit sich unsere Erkenntnis erstreckt, und der Horizont gefunden, welcher zwischen dem erleuchteten und dem finstern Teile, zwischen demjenigen, was sich begreifen läßt, und demjenigen, was sich nicht begreifen läßt, die Scheidegrenzen macht, so würden vielleicht die Menschen mit wenigerer Schwierigkeit bei der erkannten Unwissenheit des einen beruhen und ihre Gedanken und Reden mit mehrerem Vorteil und Vergnügen zu dem andern hinwenden.

Mit solchen Worten drückt Locke in der Einleitung zu seinem »Versuche« den Zweck seines Unternehmens aus, – Worte, welche man ebenso in der Einleitung zur Kantischen Philosophie lesen könnte, welche sich gleichfalls innerhalb des Lockeschen Zwecks, nämlich der Betrachtung des endlichen Verstandes einschränkt.

Innerhalb dieser Schranke aber und ungeachtet der ganz anders lautenden höchsten Resultate findet sich die Wahrhafte Vernunftidee ausgedrückt in der Formel: wie sind synthetische Urteile a priori möglich? Es ist aber Kant begegnet, was er Hume vorwirft, nämlich daß er diese Aufgabe der Philosophie bei weitem nicht bestimmt genug und in ihrer Allgemeinheit dachte, sondern bloß bei der subjektiven und äußerlichen Bedeutung dieser Frage stehen blieb und herauszubringen glaubte, daß ein vernünftiges Erkennen unmöglich sei; und nach seinen Schlüssen würde alles, was Philosophie heißt, auf einen bloßen Wahn von vermeinter Vernunfteinsicht hinauslaufen.

Wie sind synthetische Urteile a priori möglich? Dieses Problem drückt nichts anders aus als die Idee, daß in dem synthetischen Urteil Subjekt und Prädikat, jenes das Besondere, dieses das Allgemeine, jenes in der Form des Seins, dies in der Form des Denkens, – dieses Ungleichartige zugleich a priori, d. h. absolut identisch ist. Die Möglichkeit dieses Setzens ist allein die Vernunft, welche nichts anders ist als diese Identität solcher Ungleichartigen. Man erblickt diese Idee durch die Flachheit der Deduktion der Kategorien hindurch, und in Beziehung auf Raum und Zeit nicht da, wo sie sein sollte, in der transzendentalen Erörterung dieser Formen, aber doch in der Folge, wo die ursprünglich synthetische Einheit der Apperzeption erst bei der Deduktion der Kategorien zum Vorschein kommt und auch als Prinzip der figürlichen Synthesis oder der Formen der Anschauung erkannt, und Raum und Zeit selbst als synthetische Einheiten, und die produktive Einbildungskraft, Spontaneität und absolute synthetische Tätigkeit als Prinzip der Sinnlichkeit begriffen wird, welche vorher nur als Rezeptivität charakterisiert worden war.

Diese ursprüngliche synthetische Einheit, d. h. eine Einheit, die nicht als Produkt Entgegengesetzter begriffen werden muß, sondern als wahrhaft notwendige, absolute, ursprüngliche Identität Entgegengesetzter, ist sowohl Prinzip der produktiven Einbildungskraft, der blinden, d. h. in die Differenz versenkten, von ihr sich nicht abscheidenden, als der die Differenz identisch setzenden, aber von den Differenten sich unterscheidenden Einheit, als Verstand, woraus erhellt, daß die Kantischen Formen der Anschauung und die Formen des Denkens gar nicht als besondere isolierte Vermögen auseinanderliegen, wie man es sich gewöhnlich vorstellt. Eine und ebendieselbe synthetische Einheit, – und was diese hier heißt, ist soeben bestimmt worden – ist das Prinzip des Anschauens und des Verstandes; der Verstand ist allein die höhere Potenz, in welcher die Identität, die im Anschauen ganz und gar in die Mannigfaltigkeit versenkt ist, zugleich als ihr entgegengesetzt sich in sich als Allgemeinheit, wodurch sie die höhere Potenz ist, konstituiert. Kant hat deswegen ganz recht, die Anschauung ohne die Form blind zu nennen; denn in der Anschauung ist nicht der relative Gegensatz und also auch nicht die relative Identität zwischen Einheit und Differenz, als in welcher relativen Identität und Gegensatz das Sehen oder das Bewußtsein besteht, vorhanden, sondern die Identität ist wie im Magnet völlig mit der Differenz identisch. Insofern aber die Anschauung eine sinnliche, d. h. der Gegensatz nicht wie in der intellektuellen Anschauung aufgehoben ist, sondern in der empirischen Anschauung als einer solchen hervortreten muß, so besteht er auch in dieser Form des Versenktseins, und so treten die Gegensätze als zwei Formen des Anschauens auseinander, die eine als Identität des Denkens, die andere als Identität des Seins, als Anschauung der Zeit und des Raums. – Ebenso ist der Begriff leer ohne Anschauung; denn die synthetische Einheit ist nur Begriff, indem sie die Differenz so verbindet, daß sie zugleich außerhalb derselben in relativem Gegensatz ihr gegenüber tritt. Der reine Begriff isoliert ist die leere Identität; nur als relativ identisch zugleich mit dem, welchem er gegenübersteht, ist er Begriff und erfüllt nur durch das Mannigfaltige der Anschauung: sinnliche Anschauung A = B, Begriff A2 = (A = B).

Was den Hauptumstand betrifft, daß die produktive Einbildungskraft sowohl in der Form des sinnlichen Anschauens als des Begreifens der Anschauung oder der Erfahrung eine wahrhaft spekulative Idee ist, so kann die Identität durch den Ausdruck einer synthetischen Einheit den Anschein, als ob sie die Antithesis voraussetzte und der Mannigfaltigkeit der Antithesis als eines von ihr Unabhängigen und für sich Seienden bedürfte, also der Natur nach später wäre als die Entgegensetzung, erhalten. Allein jene Einheit ist bei Kant unwidersprechlich die absolute, ursprüngliche Identität des Selbstbewußtseins, welche apriorisch absolut aus sich das Urteil setzt oder vielmehr als Identität des Subjektiven und Objektiven im Bewußtsein als Urteil erscheint; diese ursprüngliche Einheit der Apperzeption heißt synthetisch eben wegen ihrer Doppelseitigkeit, weil in ihr das Entgegengesetzte absolut eins ist. Wenn die absolute Synthesis, die insofern absolut ist, als sie nicht ein Aggregat von zusammengelesenen Mannigfaltigkeiten, – und erst nach diesen und zu ihnen hinzugetreten ist, getrennt und auf ihre Entgegengesetzten reflektiert wird, so ist das eine derselben das leere Ich, der Begriff, das andere Mannigfaltigkeit, Leib, Materie oder wie man will. Kant sagt sehr gut, Krit. der r. Vernunft, zweite Ausg. 1787, S. 135 § 17, 5 Absatz.: durch das leere Ich als einfache Vorstellung ist nichts Mannigfaltiges gegeben. Die wahre synthetische Einheit oder vernünftige Identität ist nur diejenige, welche die Beziehung ist des Mannigfaltigen auf die leere Identität, das Ich, aus welcher als ursprünglicher Synthesis das Ich als denkendes Subjekt und das Mannigfaltige als Leib und Welt sich erst abscheiden, – wodurch also Kant selbst die Abstraktion des Ich oder der verständigen Identität von dem wahren Ich als absoluter, ursprünglich synthetischer Identität als dem Prinzip unterscheidet.

So hat Kant in Wahrheit seine Frage: wie sind synthetische Urteile a priori möglich? gelöst. Sie sind möglich durch die ursprüngliche absolute Identität von Ungleichartigem, aus welcher als dem Unbedingten sie selbst, als in die Form eines Urteils getrennt erscheinendes Subjekt und Prädikat, Besonderes und Allgemeines erst sich sondert. Das Vernünftige oder, wie Kant sich ausdrückt, das Apriorische dieses Urteils, die absolute Identität als Mittelbegriff stellt sich aber im Urteil nicht, sondern im Schluß dar; im Urteil ist sie nur die copula »Ist«, ein Bewußtloses, und das Urteil selbst ist nur die überwiegende Erscheinung der Differenz. Das Vernünftige ist hier für das Erkennen ebenso in den Gegensatz versenkt, wie für das Bewußtsein überhaupt die Identität in der Anschauung. Die copula ist nicht ein Gedachtes, Erkanntes, sondern drückt gerade das Nichterkanntsein des Vernünftigen aus; was zum Vorschein kommt und im Bewußtsein ist, ist nur das Produkt als Glieder des Gegensatzes: Subjekt und Prädikat, und nur sie sind in der Form des Urteils, nicht ihr Einssein als Gegenstand des Denkens gesetzt. In der sinnlichen Anschauung tritt nicht Begriff und Reelles einander gegenüber. In dem Urteil zieht sich die Identität als Allgemeines zugleich aus ihrem Versenktsein in die Differenz, die auf diese Weise als Besonderes erscheint, heraus und tritt diesem Versenktsein gegenüber; aber die vernünftige Identität der Identität als des Allgemeinen und des Besondern ist das Bewußtlose im Urteil, und das Urteil selbst nur die Erscheinung desselben.

Von der ganzen transzendentalen Deduktion sowohl der Formen der Anschauung als der Kategorie überhaupt kann, ohne von dem Ich, welches das Vorstellende und Subjekt ist und das alle Vorstellungen nur Begleitende von Kant genannt wird, dasjenige, was Kant das Vermögen der ursprünglichen synthetischen Einheit der Apperzeption nennt, zu unterscheiden und diese Einbildungskraft nicht als das Mittelglied, welches zwischen ein existierendes absolutes Subjekt und eine absolute existierende Welt erst eingeschoben wird, sondern sie als das welches das Erste und Ursprüngliche ist und aus welchem das subjektive Ich sowohl als die objektive Welt erst zur notwendig zweiteiligen Erscheinung und Produkt sich trennen, allein als das Ansich zuerkennen, – nichts verstanden werden. Diese Einbildungskraft als die ursprüngliche zweiseitige Identität, die nach einer Seite Subjekt überhaupt wird, nach der andern aber Objekt und ursprünglich beides ist, ist nichts anders als die Vernunft selbst, deren Idee vorhin bestimmt worden ist, nur Vernunft als erscheinend in der Sphäre des empirischen Bewußtseins. Daß das Ansich des empirischen Bewußtseins die Vernunft selbst ist und produktive Einbildungskraft, sowohl als anschauend als auch als erfahrend nicht besondere, von der Vernunft abgesonderte Vermögen sind, und daß diese produktive Einbildungskraft nur Verstand heißt, insofern die Kategorien als die bestimmten Formen der erfahrenden Einbildungskraft unter der Form des Unendlichen gesetzt und als Begriffe fixiert werden, welche gleichfalls in ihrer Sphäre ein vollständiges System bilden, dies muß vorzüglich von denjenigen aufgefaßt werden, welche, wenn sie von Einbildungskraft sprechen hören, weder an Verstand, noch viel weniger aber an Vernunft, sondern nur an Ungesetzmäßigkeit, Willkür und Erdichtung denken und sich von der Vorstellung einer qualitativen Mannigfaltigkeit von Vermögen und Fähigkeiten des Geistes nicht losmachen können. In der Kantischen Philosophie hat man die produktive Einbildungskraft deswegen mehr passieren lassen, weil ihre reine Idee, allerdings ziemlich vermischt wie andere Potenzen und fast in der gewöhnlichen Form psychologischer, aber apriorischer Vermögen dargestellt ist und Kant das alleinige Apriorische, es sei der Sinnlichkeit oder des Verstandes oder was es ist, nicht als die Vernunft, sondern nur unter formalen Begriffen von Allgemeinheit und Notwendigkeit erkannt und, wie wir gleich sehen werden, das wahrhaft Apriorische selbst wieder zu einer reinen, d. h. nicht ursprünglich synthetischen Einheit gemacht hat.

Indem aber das Ansich in der Potenz der Einbildungskraft aufgestellt, aber die Duplizität derselben als eine reflektierte Duplizität, nämlich als Urteil, und ebenso die Identität derselben als Verstand und Kategorie, also als eine gleichfalls reflektierte und relative aufgefaßt worden ist, so mußte auch die absolute Identität der relativen, als Allgemeines oder als Kategorie fixierten Identität und der relativen Duplizität des Allgemeinen und des Besondern reflektiert und als Vernunft erkannt werden; allein die Einbildungskraft, welche Vernunft ist, versenkt in Differenz, wird als diese Potenz nur in die Form der Unendlichkeit erhoben, als Verstand fixiert, und diese bloß relative Identität tritt dem Besondern notwendig entgegen, ist schlechthin von ihm affiziert als einem ihr Fremden und Empirischen, und das Ansich beider, die Identität dieses Verstands und des Empirischen oder das Apriorische des Urteils kommt nicht zum Vorschein, und die Philosophie geht vom Urteil nicht bis zum apriorischen Schluß, vom Anerkennen, daß es Erscheinung des Ansich ist, nicht zum Erkennen des Ansich fort. Und deswegen kann, und in dieser Potenz muß das absolute Urteil des Idealismus in der Kantischen Darstellung so aufgefaßt werden, daß das Mannigfaltige der Sinnlichkeit, das empirische Bewußtsein als Anschauung und Empfindung an sich etwas Unverbundenes, die Welt ein in sich Zerfallendes ist, das erst durch die Wohltat des Selbstbewußtseins der verständigen Menschen einen objektiven Zusammenhang und Halt, Substanzialität, Vielheit und sogar Wirklichkeit und Möglichkeit erhält, eine objektive Bestimmtheit, Welche der Mensch hinsieht und hinauswirft. Die ganze Deduktion erhält alsdann den sehr faßlichen Sinn, daß die Dinge an sich und die Empfindungen, – und in Ansehung der Empfindungen und ihrer empirischen Realität bleibt nichts übrig als zu denken, daß die Empfindung von den Dingen an sich herkomme, denn von ihnen kommt überhaupt die unbegreifliche Bestimmtheit des empirischen Bewußtseins, und sie können weder angeschaut, noch auch erkannt werden; was in der Erfahrung Form der Anschauung ist, gehört der figürlichen, was Begriff ist, gehört der intellektuellen Synthesis; für die Dinge an sich bleibt kein anderes Organ als die Empfindung: denn diese ist allein nicht a priori, d. h. nicht im menschlichen Erkenntnisvermögen, für welches nur Erscheinungen sind, gegründet, – daß die Dinge an sich und die Empfindungen ohne objektive Bestimmtheit sind. Ihre objektive Bestimmtheit ist ihre Einheit; diese Einheit aber ist allein Selbstbewußtsein eines Erfahrung habenden Subjekts, und also ebensowenig etwas wahrhaft Apriorisches und an sich Seiendes als irgendeine andre Subjektivität.

Der kritische Idealismus bestände demnach in nichts als in dem formalen Wissen, daß Subjekt und die Dinge oder das Nicht-Ich jedes für sich existieren, – das Ich des: Ich denke, und das Ding an sich, – nicht als ob jedes von ihnen Substanz, das eine als Seelending, das andere als objektives Ding gesetzt wäre, sondern Ich des: Ich denke, als Subjekt, ist absolut, so wie das jenseits desselben liegende Ding an sich, beide ohne weitere Bestimmtheit nach Kategorien. Die objektive Bestimmtheit und ihre Formen treten erst ein in der Beziehung beider aufeinander, und diese ihre Identität ist die formale, die als Kausalzusammenhang erscheint, so daß Ding an sich Objekt wird, insofern es einige Bestimmtheit vom tätigen Subjekt erhält, welche in beiden dadurch allein eine und eben dieselbe ist, aber außerdem sind sie etwas völlig Ungleiches, identisch wie Sonne und Stein es sind in Ansehung der Wärme, wenn die Sonne den Stein wärmt. In eine solche formale Identität ist die absolute Identität des Subjekts und Objekts, und der transzendentale Idealismus in diesen formalen oder vielmehr und eigentlich psychologischen Idealismus übergegangen. –

Das Urteil, wenn die Trennung von Subjekt und Objekt gemacht ist, erscheint wieder gedoppelt im Subjektiven und im Objektiven, als ein Übergang von einem Objektiven zu einem andern, die selbst wieder im Verhältnis eines Subjektiven und Objektiven gesetzt sind, und der Identität beider, ebenso von einer subjektiven Erscheinung zu einer andern. So ist die Schwere das Objektive, als ein Subjektives oder Besonderes der Körper, als ein Objektives oder Allgemeines aber die Bewegung, oder das Subjektive, die Einbildungskraft, als Subjektives oder Besonderes Ich, als Objektives aber oder Allgemeines die Erfahrung.

Diese Verhältnisse der Erscheinung als Urteile hat Kant auf ihrer objektiven Seite im System der Grundsätze der Urteilskraft aufgestellt, und insofern die Identität des in einem solchen Verhältnis des Urteils als ungleichartig Erscheinenden, z. B. insofern das, was Ursache ist, notwendig, d. h. absolut verbunden dem Bewirkten, also transzendentale Identität ist, ist wahrer Idealismus darin zu sehen. Aber dieses ganze System der Grundsätze tritt selbst wieder als ein bewußter menschlicher Verstand auf die eine Seite als ein Subjektives, und es ist jetzt die Frage: welches Verhältnis hat dieses Urteil, nämlich diese Subjektivität des Verstands zur Objektivität? Beides ist identisch, aber formal identisch, indem die Ungleichartigkeit der Erscheinung hier weggelassen ist; die Form A ist als dieselbe im Subjekt und Objekt vorhanden. Sie ist nicht zugleich auf eine ungleichartige Weise, d. h. das eine Mal als ein Subjektives, das andre Mal als ein Objektives, das eine Mal als Einheit, das andre Mal als Mannigfaltigkeit gesetzt, wie die Entgegensetzung und Erscheinung allein erkannt werden muß, nicht das eine Mal als Punkt, das andre Mal als Linie, nicht 1 = 2; sondern wenn das Subjektive Punkt ist, so ist auch das Objektive Punkt, ist das Subjektive Linie, so ist auch das Objektive Linie. Ein und ebendasselbe wird das eine Mal als Vorstellung, das andere Mal als existierendes Ding betrachtet, der Baum als meine Vorstellung und als ein Ding, die Wärme, Licht, Rot, Süß usw. als meine Empfindung und als eine Eigenschaft eines Dings, so wie die Kategorie das eine Mal als Verhältnis meines Denkens, das andre Mal als Verhältnis der Dinge gesetzt wird. Daß nun eine solche Verschiedenheit, wie sie hier vorgestellt ist, nur verschiedene Seiten meines subjektiven Betrachtens, und daß diese Seiten nicht selbst wieder objektiv in der Entgegensetzung als Erkennen der Erscheinung gesetzt sind, sondern jene formale Identität als die Hauptsache erscheint, dies macht das Wesen des formalen oder psychologischen Idealismus aus, welcher die Erscheinung des Absoluten ebensowenig nach ihrer Wahrheit erkennt als die absolute Identität – eins ist schlechthin unzertrennlich vom andern, – und in welchen die Kantische, aber besonders die Fichtesche Philosophie alle Augenblicke übergleitet. –

Eine solche formale Identität hat unmittelbar eine unendliche Nichtidentität gegen oder neben sich, mit der sie auf eine unbegreifliche Weise koaleszieren muß; so kommt denn auf eine Seite das Ich mit seiner produktiven Einbildungskraft oder vielmehr mit seiner synthetischen Einheit, die, so isoliert gesetzt, formale Einheit des Mannigfaltigen ist, neben dieselbe aber eine Unendlichkeit der Empfindungen und, wenn man will, der Dinge an sich, – welches Reich, insofern es von den Kategorien verlassen ist, nichts anders als ein formloser Klumpen sein kann, obschon es auch nach der Kritik der Urteilskraft als ein Reich der schönen Natur Bestimmtheiten in sich enthält, für welche die Urteilskraft nicht subsumierend, sondern nur reflektierend sein kann. Aber weil doch Objektivität und Halt überhaupt nur von den Kategorien herkommt, dies Reich aber ohne Kategorien und doch für sich und für die Reflexion ist, so kann man sich dasselbe nicht anders vorstellen als wie den ehernen König im Märchen, den ein menschliches Selbstbewußtsein mit den Adern der Objektivität durchzieht, daß er als aufgerichtete Gestalt steht, welche Adern der formale transzendentale Idealismus ihr ausleckt, so daß sie zusammensinkt und ein Mittelding zwischen Form und Klumpen ist, widerwärtig anzusehen, – und für die Erkenntnis der Natur und ohne die von dem Selbstbewußtsein ihr eingespritzten Adern bleibt nichts als die Empfindung.

Auf diese Weise wird also die Objektivität der Kategorien in der Erfahrung und die Notwendigkeit dieser Verhältnisse selbst wieder etwas Zufälliges und ein Subjektives. Dieser Verstand ist menschlicher Verstand, ein Teil des Erkenntnisvermögens, Verstand eines fixen Punkts der Egoität. Die Dinge, wie sie durch den Verstand erkannt werden, sind nur Erscheinungen, nichts an sich, was ein ganz wahrhaftes Resultat ist; der unmittelbare Schluß aber ist, daß auch ein Verstand, der nur Erscheinungen und ein Nichts an sich erkennt, selbst Erscheinung und nichts an sich ist. Aber der so erkennende diskursive Verstand wird dagegen als an sich und absolut, und dogmatisch wird das Erkennen der Erscheinungen als die einzige Weise des Erkennens betrachtet und die Vernunfterkenntnis geleugnet. Wenn die Formen, durch welche das Objekt ist, nichts an sich sind, so müssen sie auch nichts an sich für eine erkennende Vernunft sein; daß aber der Verstand das Absolute des menschlichen Geistes ist, darüber scheint Kant nie ein leiser Zweifel aufgestiegen zu sein, sondern der Verstand ist die absolut fixierte, unüberwindliche Endlichkeit der menschlichen Vernunft. –

Bei der Aufgabe, die Gemeinschaft der Seele mit dem Leibe zu erklären, findet Kant mit Recht die Schwierigkeit (nicht eines Erklärens, sondern des Erkennens) in der vorausgesetzten Ungleichartigkeit der Seele mit den Gegenständen äußerer Sinne; wenn man aber bedenke, daß beiderlei Arten von Gegenständen hierin sich nicht innerlich, sondern nur sofern eins mit dem andern äußerlich erscheint, voneinander unterscheiden, mithin das, was der Erscheinung der Materie als Ding an sich selbst zugrunde liegt, vielleicht so ungleichartig nicht sein dürfte, so verschwinde die Schwierigkeit, und es bleibe keine übrig als die, wie überhaupt eine Gemeinschaft von Substanzen möglich sei (es war überflüssig, die Schwierigkeit hier herüberzuspielen), welche zu lösen, – ohne Zweifel auch außer dem Felde der menschlichen Erkenntnis liegt Kritik der reinen Vernunft: Beschluß der Auflösung des psycholog. Paralogismus.. – Man sieht, daß es um der beliebten Menschheit und ihres Erkenntnisvermögens willen geschieht, daß Kant seinen Gedanken, daß jene vielleicht an sich nicht so ungleichartig, sondern es nur in der Erscheinung seien, so wenig ehrt und diesen Gedanken für den bloßen Einfall eines Vielleichts und nicht für einen vernünftigen hält.

Ein solcher formaler Idealismus, der auf diese Weise einen absoluten Punkt der Egoität und ihres Verstandes einerseits und absolute Mannigfaltigkeit oder Empfindung auf die andere Seite setzt, ist ein Dualismus, und die idealistische Seite, welche dem Subjekt gewisse Verhältnisse, die Kategorien heißen, vindiziert, ist nichts als die Erweiterung des Lockeanismus, welcher die Begriffe und Formen durchs Objekt gegeben werden läßt und nur das Wahrnehmen überhaupt, einen allgemeinen Verstand in das Subjekt versetzt, da hingegen dieser Idealismus das Wahrnehmen als immanente Form selbst weiter bestimmt und dadurch allerdings schon unendlich gewinnt, daß die Leerheit des Perzipierens oder der Spontaneität a priori absolut durch einen Inhalt erfüllt wird, indem die Bestimmtheit der Form nichts anders ist als die Identität Entgegengesetzter, wodurch also der apriorische Verstand zugleich wenigstens im allgemeinen aposteriorisch wird, – denn die Aposteriorität ist nichts als die Entgegen Setzung, – und so der formelle Begriff der Vernunft, apriorisch und aposteriorisch, identisch und nicht identisch in einer absoluten Einheit zu sein, gegeben wird, welche Idee aber Verstand bleibt und nur deren Produkt als ein synthetisches Urteil a priori erkannt wird. Innerhalb ist also der Verstand, insofern in ihm selbst Allgemeines und Besonderes eins sind, eine spekulative Idee und soll eine spekulative Idee sein; denn die Entgegensetzung des Urteils soll a priori, notwendig und allgemein, d. h. absolut identisch sein. Aber es bleibt bei dem Sollen; denn dieses Denken ist wieder ein Verstand, ein der empirischen Sinnlichkeit Entgegengesetztes. Die ganze Deduktion ist eine Analyse der Erfahrung und das Setzen einer absoluten Antithesis und eines Dualismus.

Daß der Verstand etwas Subjektives ist, für den die Dinge nicht an sich, sondern nur die Erscheinungen sind, hat also einen gedoppelten Sinn: den sehr richtigen, daß der Verstand das Prinzip der Entgegensetzung und die Abstraktion der Endlichkeit ausdrückt, den andern aber, nach welchem diese Endlichkeit und die Erscheinung im Menschen ein Absolutes ist, nicht das Ansich der Dinge, aber das Ansich der erkennenden Vernunft; als subjektive Qualität des Geistes soll er absolut sein. Aber schon dadurch überhaupt, daß er als etwas Subjektives gesetzt wird, wird er als etwas nicht Absolutes anerkannt; es muß selbst für den formalen Idealismus gleichgültig sein, ob der notwendige und in den Dimensionen seiner Form erkannte Verstand subjektiv oder objektiv gesetzt wird. Wenn der Verstand für sich betrachtet werden soll als die Abstraktion der Form in ihrer Triplizität, so ist es gleich, ihn als Verstand des Bewußtseins, als auch als Verstand der Natur zu betrachten, als die Form der bewußten oder der bewußtlosen Intelligenz, so daß wie im Ich der Verstand intellektualisiert, er ebenso in der Natur realisiert gedacht wird. Wenn der Verstand überhaupt an sich wäre, würde er in der Natur als eine außer dem verständigen Erkennen an und für sich verständige Welt so sehr Realität haben als ein außer der Natur sich in der Form der Intellektualität denkender Verstand, – die Erfahrung subjektiv als das bewußte ebensosehr als die Erfahrung objektiv das bewußtlose System der Mannigfaltigkeit und Verknüpfung der Welt. Aber die Welt ist nicht darum nichts an sich, weil ihr ein bewußter Verstand erst ihre Formen gibt, sondern weil sie Natur, d. h. über die Endlichkeit und den Verstand erhaben ist, und ebenso ist der bewußte Verstand nichts an sich, nicht darum, weil er menschlicher Verstand, sondern weil er Verstand überhaupt, d. h. in ihm ein absolutes Sein des Gegensatzes ist.

Wir müssen also das Verdienst Kants nicht darein setzen, daß er die Formen, die in den Kategorien ausgedrückt sind, in das menschliche Erkenntnisvermögen als den Pfahl einer absoluten Endlichkeit gesetzt, sondern daß er mehr in der Form transzendentaler Einbildungskraft die Idee wahrhafter Apriorität, aber auch selbst in dem Verstände dadurch den Anfang der Idee der Vernunft gelegt hat, daß er das Denken oder die Form nicht subjektiv, sondern an sich genommen, nicht als etwas Formloses, die leere Apperzeption, sondern daß er das Denken als Verstand, als wahrhafte Form, nämlich als Triplizität begriffen hat. In diese Triplizität ist allein der Keim des Spekulativen gelegt, weil in ihr zugleich ursprüngliches Urteil oder Dualität, also die Möglichkeit der Aposteriorität selbst liegt und die Aposteriorität auf diese Weise aufhört, dem Apriori absolut entgegengesetzt, und eben dadurch das Apriori auch, formale Identität zu sein. Die reinere Idee aber eines Verstandes, der zugleich aposteriorisch ist, die Idee der absoluten Mitte eines anschauenden Verstandes werden wir nachher berühren.

Ehe wir zeigen, wie diese Idee eines zugleich aposteriorischen oder anschauenden Verstandes Kanten sehr gut vorschwebte und wie er sie aussprach, aber wie er mit Bewußtsein sie wieder vernichtete, müssen wir betrachten, was die Vernunft, die in diese Idee überzugehen sich weigert, sein kann. Um dieser Weigerung willen bleibt ihr nichts übrig als die reine Leerheit der Identität, welche die Vernunft bloß im Urteil betrachtet als das für sich selbst seiende reine Allgemeine, d. h. das Subjektive, wie es in seinem völlig von der Mannigfaltigkeit gereinigten Zustand als reine abstrakte Einheit zustande kommt. Der menschliche Verstand ist die Verknüpfung des Mannigfaltigen durch die Einheit des Selbstbewußtseins; in der Analysis ergibt sich ein Subjektives als verknüpfende Tätigkeit, die selbst als Spontaneität Dimensionen, welche sich als die Kategorien ergeben, hat, und insofern ist sie Verstand. Aber die Abstraktion von dem Inhalt sowohl, den dieses Verknüpfen durch seine Beziehung auf das Empirische hat, als von seiner immanenten Besonderheit, die sich in seinen Dimensionen ausdrückt, diese leere Einheit ist die Vernunft. Der Verstand ist Einheit einer möglichen Erfahrung, die Vernunfteinheit aber bezieht sich auf den Verstand und dessen Urteile. In dieser allgemeinen Bestimmung ist die Vernunft aus der Sphäre der relativen Identität des Verstandes allerdings erhoben, und dieser negative Charakter ließe zu, sie als absolute Identität zu begreifen; aber sie ist auch nur erhoben worden, damit die bei der Einbildungskraft am lebhaftesten hervortretende, beim Verstand schon depotenzierte spekulative Idee bei der Vernunft vollends ganz zur formalen Identität herabsinke. Wie Kant diese leere Einheit mit Recht zu einem bloß regulativen, nicht zu einem konstitutiven, – denn wie sollte das schlechthin Inhaltlose etwas konstituieren? – Prinzip macht, wie er sie als das Unbedingte setzt, dies zu betrachten hat an sich teils nur Interesse, inwiefern, um diese Leerheit zu konstituieren, Kant polemisch gegen die Vernunft ist und das Vernünftige, was im Verstand und seiner Deduktion als transzendentale Synthesis anerkannt wird, nur insofern es nicht als Produkt und in seiner Erscheinung als Urteil, sondern jetzt als Vernunft erkannt werden sollte, selbst wieder ausreutet, teils insbesondere wie diese leere Einheit als praktische Vernunft doch wieder konstitutiv werden, aus sich selbst gebären und sich einen Inhalt geben soll, wie ferner am letzten Ende die Idee der Vernunft wieder rein aufgestellt, aber wieder vernichtet wird und als ein absolutes Jenseits in der Vernunftlosigkeit des Glaubens als ein Leeres für die Erkenntnis gesetzt und damit die Subjektivität, welche auf eine scheinbar unschuldigere Weise schon in der Darstellung des Verstandes auftrat, absolut und Prinzip bleibt.

Daß die Vernunft als die dimensionslose Tätigkeit, als der reine Begriff der Unendlichkeit in der Entgegensetzung gegen das Endliche festgehalten und in ihr als ein Absolutes, also als reine Einheit ohne Anschauung leer in sich ist, erkennt Kant durchaus und allenthalben; der unmittelbare Widerspruch aber, der darin liegt, ist, daß diese Unendlichkeit, die schlechthin bedingt ist durch die Abstraktion von einem Entgegengesetzten und schlechthin nichts ist außer diesem Gegensatz, doch zugleich als die absolute Spontaneität und Autonomie behauptet wird, – als Freiheit soll sie sein absolut, da doch das Wesen dieser Freiheit darin besteht, nur durch ein Entgegengesetztes zu sein. Dieser diesem System unüberwindliche und es zerstörende Widerspruch wird zur realen Inkonsequenz, indem diese absolute Leerheit sich als praktische Vernunft einen Inhalt geben und in der Form von Pflichten sich ausdehnen soll. Die theoretische Vernunft, welche sich die Mannigfaltigkeit vom Verstände geben läßt und diese nur zu regulieren hat, macht keinen Anspruch auf eine autonomische Würde, noch auf das Selbstzeugen des Sohnes aus sich und muß ihrer eigenen Leerheit und Unwürdigkeit, sich in diesem Dualismus einer reinen Vernunfteinheit und einer Verstandesmannigfaltigkeit ertragen zu können und ohne Bedürfnis nach der Mitte und nach immanenter Erkenntnis zu sein, überlassen bleiben. Statt die Vernunftidee, Welche in der Deduktion der Kategorien als ursprüngliche Identität des Einen und Mannigfaltigen vorkommt, hier vollkommen herauszuheben aus ihrer Erscheinung als Verstand, wird diese Erscheinung nach einem derer Glieder, der Einheit, und damit wich nach dem andern permanent und die Endlichkeit absolut gemacht. Es wird wohl wieder Vernünftiges gewittert, wohl der Name Idee aus Plato wieder hervorgezogen, Tugend und Schönheit als Ideen erkannt; aber diese Vernunft selbst bringt es nicht so weit, eine Idee hervorbringen zu können.

Die polemische Seite dieser Vernunft hat in den Paralogismen derselben kein anderes Interesse, als die Verstandesbegriffe, die vom Ich prädiziert werden, aufzuheben und es aus der Sphäre des Dings und der objektiven endlichen Bestimmtheiten in die Intellektualität emporzuheben, in dieser nicht eine bestimmte Dimension und einzelne Form des Verstandes von Geist zu prädizieren, aber die abstrakte Form der Endlichkeit selbst, und das »Ich denke« zu einem absoluten intellektuellen Punkte, nicht zu einer realen existierenden Monade in der Form von Substanz, sondern als einer intellektuellen Monade, als eines fixen intellektuellen Eins, das bedingt durch unendliche Entgegensetzung und in dieser Endlichkeit absolut ist, umzuschaffen, so daß Ich aus dem Seelending eine qualitative Intellektualität, ein intellektuelles abstraktes, und als solches absolutes Eins, die vorherige dogmatische objektive in eine dogmatische subjektive absolute Endlichkeit umgewandelt wird.

Die mathematischen Antinomien betrachten die Anwendung der Vernunft als bloßer Negativität auf ein Fixiertes der Reflexion, wodurch unmittelbar die empirische Unendlichkeit produziert wird. A ist gesetzt und soll zugleich nicht gesetzt sein: es ist gesetzt, indem es bleibt, was es ist; es ist aufgehoben, indem zu einem andern übergegangen wird. Diese leere Forderung eines andern und das absolute Sein dessen, für welches ein anderes gefordert wird, geben diese empirische Unendlichkeit. Die Antinomie entsteht, weil sowohl das Anderssein als das Sein, der Widerspruch in seiner absoluten Unüberwindlichkeit gesetzt wird. Die eine Seite der Antinomie muß also sein, daß hier der bestimmte Punkt, und die Widerlegung, daß das Gegenteil, das Anderssein gesetzt wird, – die andere Seite der Antinomie umgekehrt. Wenn Kant diesen Widerstreit erkannt hat, daß er nur durch und in der Endlichkeit notwendig entstehe und deswegen ein notwendiger Schein sei, so hat er ihn teils nicht aufgelöst, indem er die Endlichkeit selbst nicht aufgehoben hat, sondern wieder, indem er den Widerstreit zu etwas Subjektivem machte, eben diesen Widerstreit bestehen lassen; teils kann Kant den transzendentalen Idealismus nur als den negativen Schlüssel zu ihrer Auflösung, insofern er beide Seiten der Antinomie als etwas an sich seiend leugnet, gebrauchen. Aber das Positive dieser Antinomien, ihre Mitte ist dadurch nicht erkannt; die Vernunft erscheint rein bloß von ihrer negativen Seite als aufhebend die Reflexion, aber sie selbst in ihrer eigentümlichen Gestalt tritt nicht hervor. Doch wäre dies Negative schon hinreichend genug, um dann auch für die praktische Vernunft den unendlichen Progreß wenigstens abzuhalten; denn er ist ebendieselbe Antinomie wie der unendliche Regreß und selbst nur für und in der Endlichkeit. Die praktische Vernunft, die zu ihm ihre Zuflucht nimmt und in der Freiheit sich als absolut konstituieren soll, bekennt eben durch diese Unendlichkeit des Progresses ihre Endlichkeit und Untüchtigkeit, sich für absolut geltend zu machen.

Die Auflösung der dynamischen Antinomien aber blieb nicht bloß negativ, sondern bekennt den absoluten Dualismus dieser Philosophie; sie hebt den Widerstreit dadurch, daß sie ihn absolut macht. Freiheit und Notwendigkeit, intelligible und sinnliche Welt, absolute und empirische Notwendigkeit aufeinander bezogen, produzieren eine Antinomie. Die Auflösung lautet dahin, diese Gegensätze nicht auf diese dürftige Weise zu beziehen, sondern sie als absolut ungleichartig, außer aller Gemeinschaft seiend zu denken; und vor dem dürftigen und haltungslosen Beziehen der Freiheit auf die Notwendigkeit, der intelligibeln auf die sinnliche Welt ist allerdings die völlige, reine Trennung derselben ein Verdienst, daß ihre absolute Identität ganz rein gesetzt werde. Aber ihre Trennung ist von Kant nicht zu diesem Behuf so rein gemacht worden, sondern daß die Trennung das Absolute sei; sie ganz außer aller Gemeinschaft gedacht, widerstreiten sie sich nicht.

Was in dieser sogenannten Auflösung der Antinomien bloß als ein Gedanke gegeben wird, daß Freiheit und Notwendigkeit ganz getrennt sein können, wird in einer andern Reflexionsform kategorisch gesetzt, nämlich in der berühmten Kritik der spekulativen Theologie, in welcher die absolute Entgegensetzung der Freiheit in der Form von Begriff, und der Notwendigkeit in der Form von Sein, positiv behauptet und über die entsetzliche Verblendung der vorhergehenden Philosophie der vollständige Sieg der Unphilosophie davon getragen wird. Der bornierte Verstand genießt hier seines Triumphes über die Vernunft, welche ist absolute Identität der höchsten Idee und der absoluten Realität, mit völlig mißtrauenloser Selbstgenügsamkeit. Kant hat sich seinen Triumph dadurch noch glänzender und behaglicher gemacht, daß er dasjenige, was sonst ontologischer Beweis fürs Dasein Gottes genannt wurde, in der schlechtesten Form, welcher er fähig ist, und die ihm von Mendelssohn und andern gegeben Wurde, welche die Existenz zu einer Eigenschaft machten, wodurch also die Identität der Idee und der Realität als ein Hinzutun von einem Begriff zu einem andern erscheint, aufgenommen hat, wie denn Kant überhaupt durchaus eine Unwissenheit mit philosophischen Systemen und Mangel an einer Kenntnis derselben, die über eine rein historische Notiz ginge, besonders in den Widerlegungen derselben zeigte.

Nach dieser völligen Zertretung der Vernunft und dem gehörigen Jubel des Verstandes und der Endlichkeit, sich als das Absolute dekretiert zu haben, stellt sich die Endlichkeit als allerhöchste Abstraktion der Subjektivität oder der bewußten Endlichkeit alsdann auch in ihrer positiven Form auf, und in dieser heißt sie praktische Vernunft. Wie der reine Formalismus dieses Prinzips, die Leerheit sich mit dem Gegensatze einer empirischen Fülle darstelle und zum System ausbilde, werden wir bei der durchgeführtem und konsequentem Entwicklung, welche die Integration dieser leeren Einheit und ihres Gegensatzes durcheinander bei Fichte hat, weitläufiger zeigen.

Hier ist noch der interessanteste Punkt des Kantischen Systems aufzuweisen, nämlich der Punkt, auf welchem es eine Region erkennt, welche eine Mitte ist zwischen dem empirischen Mannigfaltigen und der absoluten abstrakten Einheit, aber wieder nicht eine Region für die Erkenntnis; sondern nur die Seite ihrer Erscheinung, nicht aber deren Grund, die Vernunft, wird hervorgerufen, als Gedanke anerkannt, aber alle Realität für die Erkenntnis ihr abgesprochen.

In der reflektierenden Urteilskraft findet nämlich Kant das Mittelglied zwischen Naturbegriff und Freiheitsbegriff, d. h. zwischen der durch Begriffe bestimmten objektiven Mannigfaltigkeit, dem Verstand überhaupt und der reinen Abstraktion des Verstandes, die Region der Identität dessen, was in dem absoluten Urteil, über dessen Sphäre die theoretische so wenig als die praktische Philosophie sich erhoben hatte, Subjekt und Prädikat ist. Diese Identität aber, welche allein die wahre und alleinige Vernunft ist, ist nach Kant nicht für die Vernunft, sondern nur für reflektierende Urteilskraft. Indem Kant hier über die Vernunft in ihrer Realität, als bewußter Anschauung über die Schönheit, und über dieselbe also bewußtloser Anschauung, über die Organisation reflektiert, findet sich allenthalben die Idee der Vernunft auf eine mehr oder weniger formale Weise ausgesprochen. Für die ideelle Form der Schönheit stellt Kant Kritik der Urteilskraft, § 17. die Idee einer von selbst gesetzmäßigen Einbildungskraft, einer Gesetzmäßigkeit ohne Gesetz und einer freien Übereinstimmung der Einbildungskraft zum Verstande auf; die Erklärungen hierüber, z. B. über eine ästhetische Idee, daß sie diejenige Vorstellung der Einbildungskraft sei, die viel zu denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend ein bestimmter Begriff adäquat sein, die folglich durch keine Sprache völlig erreicht und verständlich gemacht werden könne Ebenda, § 49, 3. Absatz., lauten höchst empirisch, denn es zeigt sich nicht die leiseste Ahnung, daß man sich hier auf dem Gebiete der Vernunft befinde.

Wo Kant zur Lösung der Geschmacksantinomie auf die Vernunft als den Schlüssel der Enträtselung kommt, da ist sie nichts als die unbestimmte Idee des Übersinnlichen in uns, das weiter nicht begreiflich gemacht werden könne; als ob er nicht selbst einen Begriff desselben in der Identität des Natur- und Freiheitsbegriffs gegeben hätte. Eine ästhetische Idee kann nach Kant keine Erkenntnis werden, weil sie eine Anschauung der Einbildungskraft ist, der niemals ein Begriff adäquat gefunden werden kann; eine Vernunftidee kann nie Erkenntnis werden, weil sie einen Begriff vom Übersinnlichen enthält, dem niemals eine Anschauung angemessen gefunden werden kann, – jene eine inexponible Vorstellung der Einbildungskraft, diese ein indemonstrabler Begriff der Vernunft Ebenda, § 57, Anm. I.. Als ob nicht die ästhetische Idee in der Vernunftidee ihre Exposition, die Vernunftidee in der Schönheit dasjenige, was Kant Demonstration nennt, nämlich Darstellung des Begriffs in der Anschauung hätte. Kant aber fordert gerade dasjenige, was die mathematischen Antinomien gründet, nämlich eine solche Anschauung für die Vernunftidee, in welcher die Idee nebeneinander als rein Endliches und Sinnliches und zugleich auch als Übersinnliches, als ein Jenseits der Erfahrung erfahren, nicht in absoluter Identität das Sinnliche und Übersinnliche angeschaut, – und eine Exposition und Erkenntnis des Ästhetischen, in welcher das Ästhetische durch den Verstand exhauriert wäre.

Weil in der Schönheit als der erfahrnen, besser: angeschauten Idee die Form der Entgegensetzung des Anschauens und des Begriffs wegfällt, so erkennt Kant dieses Wegfallen des Gegensatzes als ein Negatives in dem Begriff eines Übersinnlichen überhaupt, aber weder daß es als Schönheit positiv, angeschaut, oder, wie Kant spricht, für die Erfahrung gegeben ist, noch daß, indem das Prinzip der Schönheit als Identität des Natur- und Freiheitsbegriffs exponiert ist, das Übersinnliche, das intelligible Substrat der Natur außer uns und in uns, die Sache an sich, – wie Kant das Übersinnliche definiert, wenigstens auf eine oberflächliche Weise erkannt, noch weniger, daß es einzig an dem perennierenden, ein für allemal zugrunde gelegten Gegensatze des Übersinnlichen und Sinnlichen liegt, daß das Übersinnliche weder als erkennbar noch als anschaubar gesetzt wird. Dadurch, daß das Vernünftige in dieser unverrückten Entgegensetzung als Übersinnliches und absolut Negatives sowohl des Anschauens als des vernünftigen Erkennens festgehalten wird, erhält das Ästhetische ein Verhältnis zur Urteilskraft und einer Subjektivität, für welche das Übersinnliche Prinzip einer Zweckmäßigkeit der Natur zu unserem Erkenntnisvermögen ist, aber dessen Anschauung sich nicht für die Idee und das Erkennen, noch dessen Idee für die Anschauung sich darstellt. Es wird also vom Übersinnlichen, insofern es Prinzip des Ästhetischen ist, wieder nichts gewußt, und das Schöne wird etwas, das sich allein auf das menschliche Erkenntnisvermögen und ein übereinstimmendes Spiel seiner mannigfaltigen Kräfte bezieht, also schlechthin etwas Endliches und Subjektives ist.

Die Reflexion über die objektive Seite, nämlich über die bewußtlose Anschauung der Realität der Vernunft oder die organische Natur in der Kritik der teleologischen Urteilskraft spricht die Idee der Vernunft bestimmter als in dem vorigen Begriff eines harmonischen Spiels von Erkenntniskräften, nämlich in der Idee eines anschauenden Verstandes aus, für welchen Möglichkeit und Wirklichkeit eins sind, für welchen Begriffe, (die bloß auf die Möglichkeit eines Gegenstandes gehen) und sinnliche Anschauungen, (welche uns etwas geben, ohne es dadurch doch als Gegenstand erkennen zu lassen) beide wegfallen, – eines intuitiven Verstandes, welcher nicht vom Allgemeinen zum Besondern und so zum Einzelnen (durch Begriffe) gehe, für welchen die Zufälligkeit in der Zusammenstimmung der Natur in ihren Produkten nach besondern Gesetzen zum Verstande nicht angetroffen wird, in welchem als urbildlichem Verstände die Möglichkeit der Teile usw., ihrer Beschaffenheit und Verbindung nach vom Ganzen abhängen Ebenda, § 77.. Von dieser Idee erkennt Kant zugleich, daß wir notwendig auf sie getrieben werden, und die Idee dieses urbildlichen, intuitiven Verstandes ist im Grunde durchaus nichts anders als dieselbe Idee der transzendentalen Einbildungskraft, die wir oben betrachteten. Denn sie ist anschauende Tätigkeit, und zugleich ist ihre innere Einheit gar keine andere als die Einheit des Verstandes selbst, die Kategorie in die Ausdehnung versenkt, die erst Verstand und Kategorie wird, insofern sie sich von der Ausdehnung absondert; die transzendentale Einbildungskraft ist also selbst anschauender Verstand.

Der Notwendigkeit dieser Idee, die hier nur als Gedanke vorkommt, ungeachtet, soll doch Realität von ihr nicht prädiziert werden, sondern wir sollen uns ein für allemal daran halten, daß Allgemeines und Besonderes unumgänglich notwendig unterschiedene Dinge, Verstand für Begriffe und sinnliche Anschauung für Objekte – zwei ganz heterogene Stücke sind. Die Idee ist etwas schlechthin Notwendiges und doch etwas Problematisches; für unser Erkenntnisvermögen ist nichts anzuerkennen als die Form seiner Erscheinung in der (wie Kant es nennt) Ausübung, in welcher Möglichkeit und Wirklichkeit unterschieden werden. Diese seine Erscheinung ist ein absolutes Wesen, das Ansich des Erkennens, – als ob das nicht auch eine Ausübung des Erkenntnisvermögens wäre, wenn es als eine notwendige Idee denkt und erkennt einen Verstand, für welchen Möglichkeit und Wirklichkeit nicht getrennt, in welchem Allgemeines und Besonderes eins ist, dessen Spontaneität zugleich anschauend ist. Kant hat keinen andern Grund als schlechthin die Erfahrung und die empirische Psychologie, daß das menschliche Erkenntnisvermögen seinem Wesen nach in dem bestehe, wie es erscheint, nämlich in jenem Fortgehen vom Allgemeinen zum Besondern oder rückwärts vom Besondern zum Allgemeinen; aber indem er selbst einen intuitiven Verstand denkt, auf ihn als absolut notwendige Idee geführt wird, stellt er selbst die entgegengesetzte Erfahrung von dem Denken eines nicht diskursiven Verstandes auf und erweist, daß sein Erkenntnisvermögen erkennt nicht nur die Erscheinung und die Trennung des Möglichen und Wirklichen in derselben, sondern die Vernunft und das Ansich. Kant hat hier beides vor sich, die Idee einer Vernunft, in welcher Möglichkeit und Wirklichkeit absolut identisch ist, und die Erscheinung derselben als Erkenntnisvermögen, worin sie getrennt sind; er findet in der Erfahrung seines Denkens beide Gedanken: in der Wahl zwischen beiden hat aber seine Natur die Notwendigkeit, das Vernünftige, eine anschauende Spontaneität zu denken, verachtet und sich schlechthin für die Erscheinung entschlossen. –

An und für sich, erkennt er, sei es möglich, daß der Mechanismus der Natur, das Kausalitätsverhältnis, und der teleologische Technizismus derselben eins seien, d. h. nicht daß sie durch eine ihr entgegengesetzte Idee bestimmt, sondern daß dasjenige, was nach dem Mechanismus als absolut getrennt, das eine als Ursache, das andere als Wirkung in einem empirischen Zusammenhange der Notwendigkeit erscheint, in einer ursprünglichen Identität als dem Ersten und absolut zusammenhängt. Ungeachtet Kant dies nicht für unmöglich, also für eine Art der Betrachtung erkennt, so bleibt er doch bei derjenigen Betrachtungsart stehen, nach welcher sie schlechthin getrennt und das sie Erkennende ein ebenso schlechthin zufälliges, absolut endliches und subjektives Erkenntnisvermögen, welches er menschliches Erkenntnisvermögen nennt, ist, und erklärt die Vernunfterkenntnis, für welche der Organismus, als reelle Vernunft, das obere Prinzip der Natur und die Identität des Allgemeinen und Besondern ist, für transzendent. Er erkennt also auch in dem Spinozismus einen Idealismus der Endursachen in dem Sinne, als ob Spinoza der Idee der Endursachen alle Realität nehmen wolle und als Erklärungsgrund der Zweckverknüpfung – die er nicht leugne, – der Dinge der Natur bloß die Einheit des Subjekts nenne, dem sie alle inhärieren, und bloß eine ontologische (soll heißen eine verständige), abstrakte Einheit (wie die Einheit, welche Kant Vernunft nennt) zum Prinzip mache, da doch die bloße Vorstellung der Einheit des Substrats auch nicht einmal die Idee von einer auch nur unabsichtlichen Zweckmäßigkeit bewirken könne Ebenda, § 72.. Hätte Kant bei der Spinozischen Einheit nicht seine Verstandeseinheit, die ihm theoretische und praktische Vernunft heißt, sondern seine Idee der Einheit eines intuitiven Verstands, als in welchem Begriff und Anschauung, Möglichkeit und Wirklichkeit eins ist, gegenwärtig gehabt, so hätte er die Spinozische Einheit nicht für eine abstrakte, welche der Zweckmäßigkeit, d. h. einer absoluten Verknüpfung der Dinge entbehrte, sondern für die absolut intelligible und an sich organische Einheit nehmen müssen und würde diese organische Einheit, den Naturzweck, den er als ein Bestimmtsein der Teile durch das Ganze, als Identität der Ursache und Wirkung auffaßt, unmittelbar auf diese Weise vernünftig erkannt haben. Aber eine solche wahrhafte Einheit, eine organische Einheit eines intuitiven Verstandes soll ein für allemal nicht gedacht werden; nicht die Vernunft soll hier erkennen, sondern es soll durch Urteilskraft reflektiert und das Prinzip derselben werden, zu denken, als ob ein Bewußtsein habender Verstand die Natur bestimmte. Kant erkennt sehr gut, daß dies keine objektive Behauptung, sondern nur etwas Subjektives ist, aber diese Subjektivität und Endlichkeit der Maxime soll das absolute Erkennen bleiben. An sich ist es nicht unmöglich, daß der Mechanismus mit der Zweckmäßigkeit der Natur zusammentrifft; sondern für uns Menschen ist es unmöglich, indem zur Erkenntnis dieses Zusammentreffens eine andre als sinnliche Anschauung und ein bestimmtes Erkenntnis des intelligibeln Substrats der Natur, woraus selbst von dem Mechanismus der Erscheinungen nach besondern Gesetzen Grund angegeben werden könne, erforderlich sein würde, – welches alles unser Vermögen gänzlich übersteige Ebenda, § 78..

Ungeachtet Kant selbst in der Schönheit eine andere Anschauung als die sinnliche, und indem er das Substrat der Natur als ein intelligibles bezeichnet, dasselbe als vernünftig und als identisch mit aller Vernunft, wie auch das Erkennen, in welchem Begriff und Anschauen sich trennen, für ein subjektives endliches Erkennen, ein Erkennen nach der Erscheinung erkannt hat, so soll es denn doch bei diesem endlichen Erkennen absolut bleiben; es soll, ungeachtet daß Erkenntnisvermögen der Idee und des Vernünftigen fähig ist, doch schlechthin nicht nach derselben erkennen, sondern nur, wenn es nach der Erscheinung das Organische und sich selbst endlich erkennt, sich für absolut halten. So wie die wahrhaft spekulative Seite der Philosophie Kants allein darin bestehen kann, daß die Idee so bestimmt gedacht und ausgesprochen worden ist, und wie es allein interessant ist, dieser Seite seiner Philosophie nachzugehen, so viel härter ist es, das Vernünftige nicht etwa nur wieder verwirrt, sondern mit vollem Bewußtsein die höchste Idee verderbt und die Reflexion und endliches Erkennen über sie erhoben werden zu sehen.

Aus dieser Darstellung ergibt sich kurz das transzendentale Wissen in dieser Philosophie, das, nachdem sich die Deduktion der Kategorien aus der organischen Idee der produktiven Einbildungskraft in das mechanische Verhältnis einer Einheit des Selbstbewußtseins, die im Gegensatz gegen die empirische Mannigfaltigkeit und für sie bestimmend oder über sie reflektierend ist, verliert, sich in ein formales Wissen selbst umwandelt. Zu der Einheit des Selbstbewußtseins, welche zugleich die objektive Einheit, die Kategorie, formale Identität ist, – zu dieser Einheit muß ein Plus des Empirischen, durch diese Identität nicht Bestimmten auf eine unbegreifliche Weise als ein Fremdes hinzutreten, und dies Hinzutreten eines B zur reinen Egoität heißt Erfahrung, oder das Hinzutreten des A zum B, wenn B als das Erste gesetzt ist: Vernünftig handeln, ein A: A + B. Das A in A + B ist die objektive Einheit des Selbstbewußtseins, B das Empirische, der Inhalt der Erfahrung, welches als ein Mannigfaltiges durch die Einheit A verbunden ist; aber für A ist B ein Fremdes, ein in A nicht Enthaltenes, und das Plus selbst, die Verbindung nämlich jenes Verbindenden und dieses Mannigfaltigen, das Unbegreifliche. Dies Plus war als produktive Einbildungskraft vernünftig erkannt worden; aber indem diese produktive Einbildungskraft Eigenschaft allein des Subjekts, des Menschen und seines Verstandes ist, verläßt sie selbst ihre Mitte, wodurch sie nur ist, was sie ist, und wird ein Subjektives. Es ist gleichgültig, jenes formale Wissen als ein Wissen am Faden der Identität oder des Kausalzusammenhangs fortlaufend vorzustellen. Denn das A als Allgemeines, insofern es dem (A + B) als dem Besondern gegenüberstehend gesetzt wird, ist die Ursache; oder, wird darauf reflektiert, daß in beiden ein und dasselbe A enthalten ist, das als Begriff sich mit dem Besondern verbindet, so erscheint dieses Kausalverhältnis als Identitätsverhältnis nach der Seite, von welcher die Ursache mit der Wirkung zusammenhängt, d. h. von welcher sie Ursache ist, zu welcher Seite aber noch ein anderes hinzutritt. Und zu sagen: die Kausalverbindung gehört ganz dem analytischen Urteil an, oder es wird in ihr zu absolut Entgegengesetztem übergegangen, ist eins und dasselbe.

Dieses formale Wissen hat also im allgemeinen die Gestalt, daß seiner formalen Identität absolut eine Mannigfaltigkeit gegenübersteht; der formalen Identität als an sich seiend, nämlich ihr als Freiheit, praktischer Vernunft, Autonomie, Gesetz, praktischer Idee usw. steht gegenüber absolut die Notwendigkeit, Neigungen und Triebe, Heteronomie, Natur usw. Die mögliche Beziehung beider ist die unvollständige Beziehung innerhalb der Grenzen eines absoluten Gegensatzes, ein Bestimmtwerden der mannigfaltigen Seite durch die Einheit, sowie ein Erfülltwerden der Leerheit der Identität durch das Mannigfaltige, deren eines zum andern, es sei tätig oder leidend, als ein Fremdes auf eine formale Weise hinzutritt. Indem dieses formale Wissen den Gegensatz in seiner ganzen Absolutheit bei den dürftigen Identitäten, die es zustande bringt, bestehen läßt und das Mittelglied, die Vernunft, ihm fehlt, weil jedes der Glieder, sowie es in der Entgegensetzung ist, als ein absolutes sein soll, so ist diese Mitte und das Vernichtetwerden beider und der Endlichkeit ein absolutes Jenseits. Es wird erkannt, daß dieser Gegensatz notwendig eine Mitte voraussetzt, ebenso daß er in ihr und sein Inhalt vernichtet sein müsse; aber nicht das wirkliche und wahrhafte Vernichten, sondern nur das Eingestehen, daß das Endliche aufgehoben werden sollte, nicht die wahrhafte Mitte, sondern gleichfalls nur das Eingestehen, daß eine Vernunft sein sollte, wird in einem Glauben gesetzt, dessen Inhalt selbst leer ist, weil außer ihm der Gegensatz, der als absolute Identität seinen Inhalt ausmachen könnte, bleiben soll, dessen Inhalt, wenn sein Charakter positiv ausgedrückt werden sollte, die Vernunftlosigkeit ist, weil er ein absolut ungedachtes, unerkanntes und unbegreifliches Jenseits ist.

Wenn wir dem praktischen Glauben der Kantischen Philosophie (nämlich dem Glauben an Gott, – denn die Kantische Darstellung des praktischen Glaubens an Unsterblichkeit entbehrt aller eigenen Seiten, von denen sie einer philosophischen Beachtung fähig wäre), etwas von dem unphilosophischen und populären Kleide nehmen, womit er bedeckt ist, so ist darin nichts anders ausgedrückt als die Idee, daß die Vernunft zugleich absolute Realität habe, daß in dieser Idee aller Gegensatz der Freiheit und der Notwendigkeit aufgehoben, daß das unendliche Denken zugleich absolute Realität ist, oder die absolute Identität des Denkens und des Seins. Diese Idee ist nun durchaus keine andere als diejenige, welche der ontologische Beweis und alle wahre Philosophie als die erste und einzige, sowie allein wahre und philosophische erkennt. Das Spekulative dieser Idee ist freilich von Kant in die humane Form umgegossen, daß Moralität und Glückseligkeit harmonieren und, wenn diese Harmonie wieder zu einem Gedanken gemacht wird und dieser das höchste Gut in der Welt heißt, daß dieser Gedanke realisiert sei, – so was Schlechtes wie eine solche Moralität und Glückseligkeit. Nämlich die Vernunft, wie sie im Endlichen tätig ist, und die Natur, wie sie im Endlichen empfunden wird, kann sich freilich zu nichts Höherem als einem solchen praktischen Glauben erschwingen. Dieser Glaube ist gerade nur so viel, als das absolute Versenktsein in die Empirie braucht; denn er läßt ihr sowohl die Endlichkeit ihres Denkens und Tuns als die Endlichkeit ihres Genusses. Käme sie zum Schauen und zum Wissen, daß Vernunft und Natur absolut harmonieren und in sich selig sind, so müßte sie ihre schlechte Moralität, die nicht mit der Glückseligkeit, und die schlechte Glückseligkeit, die nicht mit der Moralität harmoniert, selbst für ein Nichts erkennen; aber es ist darum zu tun, daß beide etwas, und etwas Hohes und absolut seien. Aber so schmäht diese Moralität die Natur und den Geist derselben, als ob die Einrichtung der Natur nicht vernünftig gemacht, sie hingegen in ihrer Erbärmlichkeit, für welche der Geist des Universums freilich nicht sich organisiert hat, an sich und ewig wäre, und meint sich dadurch sogar zu rechtfertigen und zu ehren, daß sie im Glauben die Realität der Vernunft sich wohl vorstelle, aber nicht als etwas, das absolutes Sein habe. Denn wenn die absolute Realität der Vernunft die wahrhafte Gewißheit hätte, so könnte das Endliche und das beschränkte Sein und jene Moralität keine Gewißheit noch Wahrheit haben.

Es ist aber zugleich nicht zu übersehen, daß Kant mit seinen Postulaten innerhalb ihrer wahrhaften und richtigen Grenze stehen bleibt, welche Fichte nicht respektiert. Nach Kant selbst sind nämlich die Postulate und ihr Glauben etwas Subjektives; es ist nur die Frage, wie dies Subjektive genommen wird. Ist nämlich die Identität des unendlichen Denkens und des Seins, der Vernunft und ihrer Realität etwas Subjektives? Oder nur das Postulieren und Glauben derselben? Der Inhalt oder die Form der Postulate? Der Inhalt kann es nicht sein, denn ihr negativer Inhalt ist ja unmittelbar das Aufheben alles Subjektiven; also ist es die Form, d. h. es ist etwas Subjektives und Zufälliges, daß die Idee nur etwas Subjektives ist: es soll an sich kein Postulieren, kein Sollen und kein Glauben sein, und das Postulieren der absoluten Realität der höchsten Idee ist etwas Unvernünftiges. Fichte hat diese Subjektivität des Postulierens und Glaubens und Sollens nicht anerkannt, sondern ihm ist dasselbe das Ansich. Unerachtet nun Kant dagegen anerkennt, daß das Postulieren und Sollen und Glauben nur etwas Subjektives und Endliches ist, soll es denn doch dabei schlechthin so wie bei jener Moralität bleiben, und daß es dabei bleiben soll, oder das an sich Schlechte der Sache, nämlich die Form des Postulierens ist eben deswegen gerade das, was den allgemeinen Beifall findet.

Dieser Charakter der Kantischen Philosophie, daß das Wissen ein formales ist und die Vernunft als eine reine Negativität ein absolutes Jenseits, das als Jenseits und Negativität bedingt ist durch ein Diesseits und Positivität, – daß Unendlichkeit und Endlichkeit, beide mit ihrer Entgegensetzung gleich absolut sind, ist der allgemeine Charakter der Reflexions-Philosophien, von denen wir sprechen. Die Form, in der die Kantische sich vorträgt, und die lehrreiche und gebildete Ausdehnung, welche sie hat, sowie die Wahrheit innerhalb der Grenzen, die sie aber nicht nur sich, sondern der Vernunft überhaupt macht, sowie die interessante Seite abgerechnet, von welcher sie auf wahrhaft spekulative Ideen, aber als auf Einfälle und bloße unreelle Gedanken, kommt, ist ihr eigentümlich, daß sie ihre absolute Subjektivität in objektiver Form, nämlich als Begriff und Gesetz aufstellt, – und die Subjektivität ist allein durch ihre Reinheit fähig, in ihr Entgegengesetztes, die Objektivität, überzugehen, – – also von beiden Teilen der Reflexion, dem Endlichen und Unendlichen, das Unendliche über das Endliche erhebt und hierin das Formelle der Vernunft wenigstens geltend macht. Ihre höchste Idee ist die völlige Leerheit der Subjektivität oder die Reinheit des unendlichen Begriffs, der zugleich in der Verstandessphäre als das Objektive gesetzt ist, doch hier mit Dimensionen der Kategorien, in der praktischen Seite aber als objektives Gesetz. In der Mitte zwischen beiden Seiten aber, einer von Endlichkeit affizirten und einer reinen Unendlichkeit, ist die Identität des Endlichen und Unendlichen selbst wieder nur in der Form des Unendlichen als Begriff gesetzt, und die wahrhafte Idee bleibt eine absolut subjektive Maxime teils für das Reflektieren, teils für das Glauben; nur ist sie nicht für die Mitte des Erkennens und der Vernunft.


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