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Vorwort

Ich wurde gebeten, zur amerikanischen Auflage der »Bombe« ein Vorwort zu schreiben, und der Verleger machte mich darauf aufmerksam, daß das amerikanische Publikum in erster Linie wissen möchte, wie weit die Erzählung auf Wahrheit beruht.

Ich habe im Laufe der Jahre 1885 und 1886 die Kämpfe der Arbeiterschaft in Chicago mit lebhaftem Interesse verfolgt. Die Berichte in amerikanischen Blättern, die uns in London erreichten, waren ohne Ausnahme von einer verbitterten Einseitigkeit – sie klangen, als ob irgendein wütender Kapitalist sie diktiert hätte; aber nachdem die Explosion der Bombe erfolgt war und der Prozeß gegen die Führer der Arbeiterschaft begonnen hatte, tauchten allmählich kleine Inseln der Tatsachen aus dem Meer der Lügen auf.

Ich beschloß, mich bei gegebener Gelegenheit näher mit der Sache zu beschäftigen, um festzustellen, ob die zum Tode verurteilten Sozialisten wirklich die Strafe verdient hatten, die ihnen unter dem Jubelgeschrei der kapitalistischen Presse zugemessen wurde.

Im Jahre 1907 fuhr ich nach Amerika und verbrachte eine Zeitlang in Chicago, suchte die verschiedenen Schauplätze der Handlung auf und las die Berichte über die Tragödie in den Blättern jener Zeit. Ich kam zu der Schlußfolgerung, daß von den sieben Verurteilten in Chicago sechs so unschuldig waren wie ich selbst, und daß vier von ihnen buchstäblich ermordet wurden – im Sinne des Gesetzes. Dieses Gefühl wuchs so stark in mir, daß ich beim Entwerfen der »Bombe« beschloß, keine einzige Tatsache zu ändern, sondern die Ereignisse genau so darzustellen, wie sie sich auch wirklich abgespielt hatten. Das Buch ist daher in seinen wichtigen Einzelheiten ein Stück Geschichte und ist so lebenswahr, wie Geschichte nur wahr sein kann.

Der Erfolg dieses Buches in England war vielleicht teils dem Buch selbst zuzuschreiben, teils der Tatsache, daß es den Engländern die Gelegenheit gab, sich ihrer Überlegenheit über amerikanische Justizverhältnisse zu brüsten. Heute, wo die Wilsonsche Verwaltung ihr böses Ende nahm, ist es für jeden denkenden Amerikaner unmöglich, den Engländern diese Überlegenheit zu bestreiten. So schlecht auch die Sozialisten in Trafalgar Square behandelt worden sind, wurden sie nicht nachts in ihren Betten verhaftet, von ihren Familien gerissen und unter Mißachtung gesetzlicher Formen, sogar ohne den Vorwand einer Prozeßführung, ausgewiesen. Buford ist ein bitteres Pendant zu Mayflower.

Außerdem wurden in englischen Gefängnissen Kriegsdienstverweigerer weder gefoltert noch zum Tode verurteilt, wie es in Amerika der Fall war, wo Strafen von zwanzig Jahren Gefängnis für sogenannte aufwieglerische Meinungsäußerungen so häufig vorkommen wie Gefängnisstrafen von zwei Jahren in Großbritannien. Und das allerschlimmste ist, daß heute noch, im Jahre 1920, politische Gefangene und Kriegsdienstverweigerer, die in England und Frankreich seit Monaten amnestiert und freigelassen sind, im freien Amerika noch gefangengehalten werden. Die Tatsache allein, daß ein Mann wie Debs für Meinungsäußerungen, die dem Geiste Jesu entstammen, gefangengehalten wird, kennzeichnet eine Regierung als barbarisch und unmenschlich.

Ich habe Angst, daß die Moral meiner Geschichte zu sehr auf der Hand liegt. Sie mag jedoch dazu dienen, das amerikanische Volk daran zu erinnern, wie wertvoll einige der ausländischen Elemente sind, die zu seiner komplizierten Zivilisation beigetragen haben. Sie mag auch in ihrer Nebenwirkung manchen Leser überzeugen, daß die Toleranz von Ideen – auch wenn sie ihm nicht genehm sind – das Abc politischer Weisheit bildet.

Frank Harris.


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