Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Dresden, den 26. April 1813.
Morgens 5 Uhr, im 4. Stock der »Stadt Naumburg« in der Wilsdruffer Straße.
Geehrtester!
Der Schulmeister (Spitzname des Fuhrmanns) mit seinem Lamentoso, sowie sein Treiben, sein Eilen, um aus der Stadt zu kommen, da er hier Wagen und Pferde hätte auf der Straße stehen lassen müssen, sowie endlich die auf mich niederdonnernde Nachricht: Seconda sei noch nicht hier, und an seine Anherkunft noch nicht zu denken, hatten mich gestern so außer aller Fassung gebracht, daß der Brief an Sie, den ich nicht wieder öffnen mag, sehr aphoristisch ausgefallen sein muß.
Schulmeister fand in der entferntesten Vorstadt ein Unterkommen, wurde aber des Passes wegen zum Warten bis auf heute früh 8 Uhr verwiesen; ich benutze daher die Zeit, Sie und meine Freunde wenigstens in aller Kürze von den Begebenheiten auf der Reise zu unterrichten, da ich willens bin, später über Prag ein förmliches Reise-Bulletin, worin allerlei komische Fata und schnakische Abenteuer enthalten sein sollen, zu schreiben. – Also:
In Bayreut fand ich den Postmeister Gschick, und dieser, sowie der Leutnant Bayerlein versicherten mich, es sei gar nicht daran zu denken, daß ich durchkommen würde. – Ich dachte: auf der Reise nun einmal, muß man alles versuchen, und in Gottes Namen weiter. Gschick empfahl mich wenigstens dem Obristwachtmeister Fortes von den Jägern, der in Münchberg die Vorposten kommandiert, an diesen wandte ich mich, und nachdem er erst einiges Bedenken geäußert, visierte er doch meinen Paß, und ich kam ohne alle weitere Nachfrage durch alle Vorposten, deren letzten ich eine halbe Stunde über Münchberg heraus antraf.
In Hof kein Militär, aber beherzte Leute, die meinem Schulmeister rieten, nur weiter zu fahren; – eine halbe Stunde vor Plauen die erste Vedette, ein preußischer Husar, der mich frug, wohin ich wollte, und nachdem er mit mir auf Friedrich Wilhelms Wohl geschnapst, weiter ließ; – ein preußischer Wachtmeister mit einem Piket Husaren, – dito – weiter fort; in Plauen ein preußisches Kommando. Kaum aus Plauen heraus im Walde, ganz unvermutet leise hervorschleichend 25 Kosaken mit einem Offizier, lauter alte bärtige Leute, die mich ungefragt vorbei ließen. In Reichenbach alles voll preußischer Husaren, Kosaken. – Wir übernachteten; schon abends um 8½ Uhr kommen zwei Pulks Baschkiren und Kalmücken, und die ganze Nacht durch hörte das Durchziehen von Kosaken nicht auf. Das Gemurmel, die einzelnen Rufe in der fremden Sprache hatten was Schauerliches, Ängstliches. – Nun blieb der Weg nicht mehr leer von einzelnen streifenden Baschkiren, Kosaken und preußischen Husaren. – In Lichtenstein russische Dragoner und Artillerie, und zwar zwei Batterien, jede zu zwei Haubitzen und acht schweren Sechspfündern; in Langewitz rückten eben zwei Eskadrons preußische grüne Husaren ein – ganz herrliche Leute mit vortrefflichen Pferden, es war eine Lust sie anzusehen, mehrenteils Freiwillige; – Chemnitz ganz voller Truppen von allen Waffen und vor dem Dorfe Wiese, wo wir übernachteten, 40 Kanonen (in Batterien). – Nun wurde es immer voller und voller – Munitionswagen, Kanonen, Infanterie, Kavallerie, auf dem Marsch vorwärts begriffen. – Noch in Herzogswaldau liefen wir Gefahr, von einem herabrollenden Munitionswagen alles zerbrochen zu sehen – endlich – endlich – in Dresden!
Man kann sich gar nicht denken, wie lebhaft es hier ist – dem König und Kaiser waren 20.000 Mann Garden mit 60 Kanonen gefolgt – alles steht voller Truppen, die aber heute meistens vorwärts sollen. – Fünfzig – oder damit ich nicht vielleicht dem Kellner eine Lüge nachsage, eine Menge weiß gekleideter Mädchen haben den Kaiser bei seinem Eintritt in die Stadt bekränzt. –
Bei der Illumination am 25. haben Spottverse auf Napoleon geglänzt. Unter andern habe ich selbst noch an einem Fenster die Inschrift gesehen:
Sonst mit Schmerzen,
Heute von Herzen!
Die ganze Nacht hindurch erschallen Hurrahs und russische Volkslieder; es ist ein Leben und Regen ohnegleichen – russische und preußische Offiziere umarmen sich auf den Straßen, und aus allen Tavernen hört man die Namen Alexander und Friedrich Wilhelm!
Sonst weiß ich in politicis nichts, und werde erst nach gehörig eingezogenen Nachrichten im Bulletin weitläufiger sein. – Übrigens denke ich wohl aus allem, was ich gesehen, daß wenn Sie dieses lesen, Sie auch schon Preußen und Russen gesehen haben werden.
Nachdem ich mich beruhigt, oder wie man zu sagen pflegt die Sache beschlafen habe, finde ich es gerade recht gut, daß Seconda noch nicht hier ist, er muß mir natürlicherweise nicht allein Reisegeld schicken, sondern auch Gage zahlen, und ich habe jetzt Muße, mich häuslich einzurichten und mein Buch zu enden, wozu ich mich auf der Reise schon präpariert. In dem Augenblick besitze ich 1 Carolin, und diesem Umstände mögen Sie es zurechnen, daß ich, da Sie mir Ihre Freundschaft in der Not bewährt, so frei war, den Schulmeister, dem ich übrigens 1 Carolin habe zulegen müssen, des überteuern Futters wegen, an Sie zu adressieren; ich werde meine Schuld richtig abtragen. – Meinen Freund Morgenroth habe ich schon gefunden, und er wird mir den (Ritter) Gluck verschaffen, den ich dann gleich dem Bulletin beilege. – Der Schulmeister ist da. Leben Sie wohl, Freund! – Bald hören Sie mehr von mir!
26. April 1813. Montag: Ausgegangen – sich ganz ermutigt – Morgenroth gefunden – den Kutscher abgefertigt – Mittags d.H.v. Leipziger – Herrliches Requiem von Hasse, im Linkschen Bade Hippel, Stägemann als Geheime Staatsräte getroffen – Höchst glückliche Stimmung! – Briefe nach Leipzig.
1. Mai. Sonnabend: Bei Morgenroth – dann zu (dem Bruder Joseph Secondas, Franz) Seconda, der mich nach Leipzig schickt – böse Nachrichten halten mich aber zurück – Herrliches Amt von Schuster gehört ...
3. Mai. Montag: Von hier beginnen die Tage der höchsten Unruhe
4. Mai. Dienstag: der höchsten Spannung – Armeeberichte erscheinen.
5. Mittwoch: selbst Hippel be(un)ruhigt über den Ausgang der Dinge und gibt mir den Rat nur noch einige Tage zu warten
6. Donnerstag: indessen sieht man die augenscheinlichste Retirade der Russen und Preußen. Bagage – Geschütze geht durch – französische Gefangene aber nur wenig –
7. Freitag: Der Staatskanzler von Hardenberg ist fort. Hippeln habe ich nicht mehr gesehen – Der Stadtkommandant ist ebenfalls fort – Die entsetzlichste Unruhe und Besorgnis – wann werde ich denn nach Leipzig kommen – (Probe von Cortez angehört und mich sehr erbaut)
8. Sonnabend: Höchst unruhige Nacht – Kosaken – eine Menge Artillerie zog eilig durch – um 11 Uhr brannte die Elbbrücke sowie die beiden Schiffbrücken – brennende Kähne kamen den Strom herab, mit einmal der größte Tumult – Kanonendonner ganz in der Nähe – Franzosen rückten ein – Um 5 Uhr nachmittags der Kaiser. Während der Zeit beständiges Schießen hinüber und herüber – Merkwürdige Augenblicke: auf dem Stadtwall die Russen gesehen wie sie anlegten und auf die Franzosen, welche sich auf der Brücke zeigten, schossen – Abends spät Morgenroth bei mir – gemütliche Stimmung trotz des Miseres –
Nur eine Stunde vor dem Einmarsch der F. tritt der König v. P. über die Elbbrücke.
9. Sonntag: Ziemlich ruhige Nacht – von 4 Uhr an aber beständiges Schießen – Die Franzosen standen auf dem Turm und der Galerie der katholischen Kirche – dicht bei dem Schloßtor habe ich gestanden und wäre beinahe getroffen, indem fünf bis sechs Kugeln zischend an die Mauer anprallten und zurückschlugen – Mittags um 1½ platzte eine Granate auf dem Altmarkt und setzte alles nicht in geringes Schrecken – Abends mit Morgenroth im Tilkeschen Garten – ziemlich heitere Stimmung der Unruhe unerachtet – Kanonenschüsse – nachher hörte das Schießen auf – Übrigens ist heute ein alter Mann, der früh in die Kirche gehen wollte, schwer verwundet –
(Mit der Abschrift des »Ritter Gluck« für die »Fantasiestücke«)
Dresden, den 10. Mai 1813.
Vortrefflichster!
Es ist jetzt eine Zeit, in der sich Neues an Neues drängt, so daß man nur das zunächst Erfahrene erzählen mag; verlangen Sie daher nichts Umständliches über meine Fata bis zum 30. April. Nur so viel, daß das herrliche Dresden selbst in den kritischen Zeiten, selbst in meiner übermißlichen Lage, mich ganz ermutigte.
Schon den 26. April fand ich meinen alten Freund, den Kammermusikus Morgenroth, der nichts Angelegentlicheres zu tun hatte, als mich in die Kirche zur Aufführung eines prächtigen altertümlichen Requiems von Hasse zu geleiten. Aber noch eine größere Freude stand mir am Abend bevor; ich fand nämlich im Linkschen Bade meinen ältesten Jugend-, Schul- und akademischen Freund, den Staatsrat von Hippel, dessen Herz noch ebenso wie seit 25 Jahren, jetzt unter dem Stern des roten Adlerordens, sich den Ergießungen der innigsten Freundschaft überließ.
Daß ich des gemütlichen, für deutsche Musik empfänglichen Morlachi Bekanntschaft machte, daß ich die Vestalin, Il matriomonio segreto, eine Hauptprobe des Cortez hörte und überhaupt in Kunst und Musik mich lustig bewegte, sind Nebensachen, nachdem heute der 10. Mai angefangen. –
Den 30. April abends über Tische bekam ich Antwort von Seconda, mit einem Wechsel von 70 Taler und der Bitte, mich schleunigst nach Leipzig zu verfügen, insofern sein Bruder länger als vierzehn Tage hier zu bleiben gedächte. Ich begab mich zum Signor Franz (Seconda) in sein, mit den Bildnissen von Opitz, Ochsenheimer, Thering usw. (sehr gut in Öl gemalt) geschmücktes Kabinett und erhielt den Bescheid, nur ja nach Leipzig zu gehen, weil er bei der Anwesenheit des Kaisers von Rußland und des Königs von Preußen vielleicht den ganzen Sommer über hierbleiben würde. – Den 2. Mai wollte ich daher mit der Diligence abreisen, allein – keine Diligence – keine Post – keine Pferde – keinen Paß! – ich mußte bleiben.
Schon den 3. ging ungeheure russische Bagage über die Elbe Tag und Nacht – den 7. verließ der Staatskanzler Hardenberg mit den Staatsräten Dresden – den 8. rückte von früh 3 Uhr Artillerie durch – um 10 Uhr ritt der König von Preußen durch die Stadt – um 11 Uhr brannte die Elbbrücke (der von Holz aufgerichtete Teil zur Kommunikation, da wo die beiden Bogen eingesprengt sind) und beide Schiffbrücken, deren Kähne brennend die Elbe herabschwammen – der Kanonendonner erschütterte die Fenster der Häuser an der Elbe – um 11 ¼ Uhr ritt ein französischer Trompeter und ein französischer Ulan durch die Straßen, Kavallerie, Infanterie folgte, und um 5 Uhr drauf traf, unter dem Geläute aller Glocken und von verschiedenen Deputationen empfangen, Se. Majestät der Kaiser Napoleon mit zahlreichem Gefolge ein.
Die Russen blieben in der Neustadt, und nun ging ein Tiraillieren mit Büchsen hinüber und herüber an, welches bis in die späte Nacht, und den 9. um 3 Uhr wieder anfing und den ganzen Tag wieder bis in die Nacht dauerte.
Sie wissen, daß da, wo das Kreuz auf der Brücke steht, sich zwei steinerne Schilderhäuser befinden; hinter diesen, sowie hinter einigen Steinen, hatten sich russische Jäger postiert und schossen, sowie sich französisches Militär blicken ließ, herüber; ich befand mich auf dem Wall neben dem Theater und konnte sehen, wie sie anlegten, und wie der russische Offizier hin und her sprang, um seine Feinde zu entdecken, und wie er eifrig dem versammelten neugierigen Volke zuwinkte, sich zu entfernen. – Die Kugeln prallten am Schloßtore an, und eine Frau wurde schwer verwundet, sowie ein Knabe erschossen. Den 9. hatten sich französische Jäger auf die Gallerie und auf den Turm der katholischen Kirche postiert und schossen munter herüber; – jetzt flogen Kartätschenkugeln (die Russen hatten Geschütz aufgepflanzt) bis in den Neumarkt, und um 1 ½ Uhr platzte mitten auf dem Altmarkt eine hereingeworfene Granate. – Mit dieser Gefahr unbekannt, ging ich noch vormittags um 10 Uhr an das Brühlsche Palais und fand in der Nähe des Schloßtors mehrere Menschen, wurde aber in dem Augenblick von einer Kugel, die von der Mauer abschlug, am Schienbein, jedoch so matt getroffen, daß eigentlich nur meine Stiefelkappe verwundet wurde, ich aber nur einen blauen Fleck davontrug. – Die wie ein Geldstück plattgedrückte Kugel hob ich zum Andenken auf, und mit diesem Andenken gänzlich zufrieden, uneigennützig nicht noch mehr verlangend, entfernte ich mich ziemlich schnell und gab auch die Idee auf, den Wall zu besuchen, indem eben in den noch übrigen Schießscharten französisches Geschütz aufgefahren wurde.
An kein Amt, an keine Vesper war zu denken, denn die Kugeln zersplitterten die Fenster der Kirche und schlugen in die Tür ein, so daß schon in aller Frühe ein alter Mann auf der Kirchentreppe erschossen wurde – in das Schloßtor fuhren zischend unaufhörlich Kugeln – kurz in der ganzen Gegend konnte man den Tod der Neugierde sterben. – Die Nacht von gestern auf heute haben die Russen die Neustadt verlassen, und die französische Armee geht, wie man sagt, in zwei Punkten ganz in der Nähe von Dresden, wo sie Schiffbrücken geschlagen, über die Elbe. –
Ob ich nun hier in Dresden bleiben – wie und wann ich nach Leipzig gehen werde, das wissen die Götter; ich habe daher das teure Hotel verlassen und mir auf dem Altmarkt Nr. 33, bei Madame Vetter, vier Treppen hoch, ein höchst romantisches Stübchen ganz in der Nähe des Uranos gemietet, wo ich jetzt sitze und im stolzen Bewußtsein meines Heldenmuts von ausgestandener Angst und Gefahr schreibe ...
Der Feind war vor den Toren, das Geschütz donnerte ringsumher, und feuersprühende Granaten durchschnitten zischend die Luft. Die Bürger rannten mit von Angst gebleichten Gesichtern in ihre Wohnungen, und die öden Straßen erhallten von dem Pferdegetrappel der Reiterpatrouillen, die dahersprengten und fluchend die zurückgebliebenen Soldaten in die Schanzen trieben. Nur Ludwig saß in seinem Hinterstübchen, ganz vertieft und versunken in die herrliche bunte fantastische Welt, die ihm vor dem Flügel aufgegangen; er hatte soeben eine Symphonie vollendet, in der er alles das, was in seinem Innersten erklungen, in sichtbarlichen Noten festzuhalten gestrebt, und es sollte das Werk, wie Beethovens Kompositionen der Art, in göttlicher Sprache von den herrlichen Wundern des fernen romantischen Landes reden, in dem wir in unaussprechlicher Sehnsucht untergehend leben; ja es sollte selbst wie eines jener Wunder in das beengte dürftige Leben treten und mit holden Sirenenstimmen die sich willig Hingebenden hinauslocken. Da trat die Wirtin ins Zimmer scheltend, wie er in dieser allgemeinen Angst und Not nur auf dem Flügel spielen könne, und ob er sich denn in seinem Dachstübchen totschießen lassen wolle. Ludwig begriff die Frau eigentlich nicht, bis in dem Augenblick eine dahersausende Granate ein Stück des Daches wegriß und die Fensterscheiben klirrend hineinwarf; da rannte die Wirtin schreiend und jammernd die Treppe hinab, und Ludwig eilte, sein Liebstes, was er nun besaß, nämlich die Partitur der Symphonie unter dem Arm tragend, ihr nach in den Keller ... Die Nacht verging ruhig, und am andern Morgen erfuhr man, daß die Armee eine andere Stellung genommen und dem Feind freiwillig die Stadt geräumt habe. Als man den Keller verließ, durchstreiften schon feindliche Reiter die Stadt, und ein öffentlicher Anschlag sagte den Einwohnern Ruhe und Sicherheit des Eigentums zu. Ludwig warf sich in die bunte Menge, die, auf das neue Schauspiel begierig, dem feindlichen Heerführer entgegenzog, der unter dem lustigen Klange der Trompeten, umgeben von glänzend gekleideten Garden, eben durch das Tor ritt. – Kaum traute er seinen Augen, als er unter den Adjutanten seinen innig geliebten akademischen Freund Ferdinand erblickte, der in einfacher Uniform, den linken Arm in einer Binde tragend, auf einem herrlichen Falben dicht bei ihm vorüber kurbettierte. »Er war es – er war es wahr und wahrhaftig selbst!« rief Ludwig unwillkürlich aus. Vergebens suchte er dem Freunde zu folgen, den das flüchtige Roß schnell davontrug, und gedankenvoll eilte Ludwig in sein Zimmer zurück; aber keine Arbeit wollte von statten gehn, die Erscheinung des alten Freundes, den er seit Jahren ganz aus dem Gesichte verloren, erfüllte sein Inneres, und wie in hellem Glanz trat die glückselige Jugendzeit hervor, die er mit dem gemütlichen Ferdinand verlebt. Ferdinand hatte damals keineswegs irgendeine Tendenz zum Soldatenstande gezeigt; er lebte ganz den Musen, und manches geniale Erzeugnis beurkundete seinen Beruf zum Dichter. Um so weniger begreiflich war daher Ludwigen die Umformung seines Freundes, und er brannte vor Begierde, ihn zu sprechen, ohne zu wissen, wie er es anfangen sollte, ihn aufzufinden. – Immer lebendiger und lebendiger wurde es nun am Orte; ein großer Teil der feindlichen Armee zog durch, und an ihrer Spitze kamen die verbündeten Fürsten, welche sich daselbst einige Tage Ruhe gönnten. Je größer nun aber das Gedränge im Hauptquartier wurde, destomehr schwand Ludwigen die Hoffnung, den Freund wiederzusehen, bis dieser endlich in einem entlegenen, wenig besuchten Kaffeehause, wo Ludwig sein frugales Abendbrot zu verzehren pflegte, ihm ganz unerwartet mit einem lauten Ausruf der innigsten Freude in die Arme fiel. Ludwig blieb stumm, denn ein gewisses unbehagliches Gefühl verbitterte ihm den ersehnten Augenblick des Wiederfindens. Es war ihm, wie manchmal im Traume man die Geliebten umarmt, und diese sich nun schnell fremdartig umgestalten, so daß die schönsten Freuden schnell untergehen im höhnenden Gaukelspiel. – Der sanfte Sohn der Musen, der Dichter manches romantischen Liedes, das Ludwig in Klang und Ton gekleidet hatte, stand vor ihm im hohen Helmbusch, den gewaltigen, klirrenden Säbel an der Seite, und verleugnete selbst seine Stimme, im harten, rauhen Ton aufjauchzend! Ludwigs düsterer Blick fiel auf den verwundeten Arm und glitt hinauf zu dem Ehrenorden, den Ferdinand auf der Brust trug. Da umschlang ihn Ferdinand mit dem rechten Arm und drückte ihn heftig und stark an sein Herz. »Ich weiß,« sagte er, »was du jetzo denkst, was du empfindest bei unserm Zusammentreffen! – Das Vaterland rief mich, und ich durfte nicht zögern, dem Rufe zu folgen. Mit der Freude, mit dem glühenden Enthusiasmus, den die heilige Sache entzündet hat in jedes Brust, den die Feigherzigkeit nicht zum Sklaven stempelt, ergriff diese Hand, sonst nur gewohnt den leichten Kiel zu führen, das Schwert! Schon ist mein Blut geflossen, und nur der Zufall, der es wollte, daß ich unter den Augen des Fürsten meine Pflicht tat, erwarb mir den Orden. Aber glaube mir, Ludwig! die Saiten, die sooft in meinem Innern erklungen, und deren Töne sooft zu dir gesprochen, sind noch unverletzt; ja, nach grausamer, blutiger Schlacht, auf einsamen Posten, wenn die Reiter im Biwak um das Wachtfeuer lagen, da dichtete ich in hoher Begeisterung manches Lied, das in meinem herrlichen Beruf, zu streiten für Ehre und Freiheit, mich erhob und stärkte.« Ludwig fühlte, wie sein Inneres sich aufschloß bei diesen Worten, und als Ferdinand mit ihm in ein kleines Seitengemach getreten und Kaskett und Säbel abgelegt, war es ihm, als habe der Freund ihn nur in wunderlicher Verkleidung geneckt, die er jetzt abgeworfen. Als beide Freunde nun das kleine Mahl verzehrten, das ihnen indessen aufgetragen war, und die Gläser aneinandergestoßen, lustig erklangen, da erfüllte sie froher Mut und Sinn, die alte herrliche Zeit umfing sie mit allen ihren bunten Farben und Lichtern, und alle jene holdseligen Erscheinungen, die ihr vereintes Kunststreben wie mit mächtigem Zauber hervorgerufen, kamen wieder in herrlichem Glanze erneuter Jugend. Ferdinand erkundigte sich gelegentlich nach dem, was Ludwig unter der Zeit komponiert habe, und war höchlich verwundert, als dieser ihm gestand, daß er noch immer nicht dazu gekommen sei, eine Oper zu setzen und auf das Theater zu bringen, da ihn bis jetzt kein Gedicht, was Sujet und Ausarbeitung anbelangt, zur Komposition habe begeistern können.
Ferdinand war im Begriff zu antworten, als auf der Straße dicht vor den Fenstern der Generalmarsch geschlagen wurde. Er schien betroffen, Ludwig drückte tief seufzend des Freundes Hand an seine Brust. »Ach Ferdinand, teurer, innig geliebter Freund!« rief er aus, »was soll aus der Kunst werden in dieser rauhen, stürmischen Zeit? Wird sie nicht, wie eine zarte Pflanze, die vergebens ihr welkes Haupt nach den finstern Wolken wendet, hinter denen die Sonne verschwand, dahinsterben? – Ach Ferdinand, wo ist die goldene Zeit unserer Jünglingsjahre hin? Alles Bessere geht unter in dem reißenden Strom, der die Felder verheerend dahinstürzt; aus seinen schwarzen Wolken blicken blutige Leichname hervor, und in dem Grausen, das uns ergreift, gleiten wir aus – wir haben keine Stütze – unser Angstgeschrei verhallt in der öden Luft – Opfer der unbezähmbaren Wut sinken wir rettungslos hinab!« – Ludwig schwieg, in sich versunken. Ferdinand stand auf: er nahm Säbel und Kaskett; wie der Kriegsgott zum Kampfe gerüstet, stand er vor Ludwig, der ihn verwundernd anblickte. Da überflog eine Glut Ferdinands Gesicht: sein Auge erstrahlte in brennendem Feuer, und er sprach mit erhöhter Stimme: »Ludwig, was ist aus dir geworden; hat die Kerkerluft, die du hier so lange eingeatmet haben magst, denn so in dich hineingezehrt, daß du krank und siech nicht mehr den glühenden Frühlingshauch zu fühlen vermagst, der draußen durch die in goldner Morgenröte erglänzenden Wolken streicht? – In träger Untätigkeit schwelgten die Kinder der Natur, und die schönsten Gaben, die sie ihnen bot, achteten sie nicht, sondern traten sie in einfältigem Mutwillen mit Füßen. Da weckte die zürnende Mutter den Krieg, der im duftenden Blumengarten lange geschlafen. Der trat wie ein eherner Riese unter die Verwahrlosten, und vor seiner schrecklichen Stimme, vor der die Berge widerhallten, fliehend, suchten sie den Schutz der Mutter, an die sie nicht mehr geglaubt hatten. Aber mit dem Glauben kam auch die Erkenntnis: nur die Kraft bringt das Gedeihen – dem Kampfe entstrahlt das Göttliche, wie dem Tode das Leben! – Ja Ludwig, es ist eine verhängnisvolle Zeit gekommen, und wie in der schauerlichen Tiefe der alten Sagen, die gleich in ferner Dämmerung wunderbar murmelnden Donnern zu uns herübertönen, vernehmen wir wieder deutlich die Stimme der ewig waltenden Macht – ja, sichtbarlich in unser Leben schreitend, erweckt sie in uns den Glauben, dem sich das Geheimnis unsers Seins erschließt. – Die Morgenröte bricht an, und schon schwingen sich begeisterte Sänger in die duftigen Lüfte und verkünden das Göttliche, es im Gesänge lobpreisend. Die goldnen Tore sind geöffnet, und in einem Strahl entzünden Wissenschaft und Kunst das heilige Streben, das die Menschen zu einer Kirche vereinigt. Drum, Freund, den Blick aufwärts gerichtet – Mut – Vertrauen – Glauben!« – Ferdinand drückte den Freund an sich. Dieser nahm das gefüllte Glas: »Ewig verbunden zum höhern Sein im Leben und Tode!« – »Ewig verbunden zum höhern Sein im Leben und Tode!« wiederholte Ferdinand, und in wenig Minuten trug ihn sein flüchtiges Roß schon zu den Scharen, die in wilder Kampflust hoch jubelnd dem Feinde entgegenzogen.
(Aus »Der Dichter und der Komponist«.)
Hoffmann schildert in dem Gespräch »Der Dichter und der Komponist« sein überraschendes Zusammentreffen mit dem geliebten Jugendfreunde. Ganz ähnlich, wie das Zusammentreffen zwischen Ludwig und Ferdinand muß das Zusammentreffen der Freunde sich abgespielt haben. Nicht nur Hoffmann hatte mancherlei Schicksale erfahren, seit er den letzten Brief an Hippel, bald nach seinem Eintreffen in Bamberg, geschrieben hatte. Auch mit Hippel war eine Wandlung vor sich gegangen. Die Standesherrschaft Leistenau, die einst aus dem großen Vermögen des Oheims geschaffen worden war, war in dieser Zeit mehr und mehr zu einer Belastung für Hippel geworden. Die Güter ernährten ihn und seine zahlreich angewachsene Familie nicht mehr völlig. Gerade der Landadel Ostpreußens hatte unter dem Zusammenbruch des Staates furchtbar gelitten. Es blieb Hippel schließlich nichts anderes übrig, als in den Staatsdienst zurückzukehren. Er wurde dem bekannten Geheimen Staatsrat Stägemann, der rechten Hand des Staatskanzlers v. Hardenberg, attachiert. In seiner amtlichen Eigenschaft sollte er sogar ein Stückchen Unsterblichkeit gewinnen, denn er verfaßte den Aufruf des preußischen Königs »An mein Volk!« Im Gegensatz zu Hoffmann, dem Politik bis dahin höchst gleichgültig gewesen war, nahm Hippel mit ganzem Herzen teil an der Erhebung Preußens, die er am Zentralpunkt der Ereignisse mitmachte. Es ist daher kein Wunder, daß sein glühender Enthusiasmus seltsam mit den Anschauungen des Freundes kontrastierte, der bei aller Empfänglichkeit für das bunte Abenteurerleben, in das er hineingerissen war, dennoch den wieder ausbrechenden Krieg zunächst nur als eine lästige Unterbrechung seines Künstlerlebens ansehen konnte. Aber Hippels Vaterlandsliebe öffnete ihm die Augen für das, was in der Zeit vor sich ging. Zum erstenmal begriff er, worum es in diesem Kriege ging, und seither kam ein starker patriotischer Ton in ihm nicht mehr zum Schweigen.
Durch den Rückzug der Verbündeten war der Weg nach Leipzig endlich freigeworden. Am 20. Mai brach Hoffmann mit seiner Frau endlich auf, um zur Truppe Joseph Secondas zu stoßen.
20. Mai 1813. Donnerstag: Um 10 Uhr fuhr ich in der gemütlichsten Stimmung mit der Postkutsche ab. – Französische Offiziere, Graf Fritsche mit seiner Gemahlin, Kaufleute usw. Kurz vor Meißen traf uns das schreckliche Unglück umgeworfen zu werden – meine arme Frau erhielt eine tiefe bedeutende Kopfwunde – die liebenswürdige junge hübsche Gräfin F. wurde tot in dem jammervollsten Zustande hervorgezogen – schrecklicher Eindruck – Als ich nach Meißen meine Frau führen wollt', nahmen uns fremde Leute, Senator Goldberg freundlich auf, stärkten uns mit Wein und ließen eine Portechaise holen, worin meine Frau unter dem Zulaufen des Volkes in den Gasthof zur Sonne transportiert wurde, wo sie den ersten chirurgischen Verband erhielt – ich selbst bin am ganzen Körper, jedoch ohne Verwundung, zerschlagen und kann mich kaum rühren. – Was werde ich noch alles erleben – Gott sei es gedankt, daß meine Frau lebt und außer Gefahr ist, wie der Chirurgus versichert.
21. Mai. Freitag: Meine Frau ist zwar außer aller Gefahr, indessen sehr matt, fieberhaft pp – ich blieb daher in Meißen, und arbeitete abends mit Glück an dem Aufsatz – »Träume sind Schäume«, oder wie ich ihn selbst noch anders nennen werde – Selbst an großen Schmerzen im ganzen Körper sehr gelitten.
22. Mai. Sonnabend: Ziemliche Nacht – Arzt und Chirurgus erlaubten einstimmig die Weiterreise, um 11 Uhr fuhr ich daher mit Extrapost bis Mennsdorf, wo ich schon um 5 Uhr ankam und dort blieb – meine Frau befindet sich wohl – ich leide mehr als ich sagen mag –
23. Mai. Sonntag: Früh um 7 Uhr von Wermsdorff fort und um 2 ½ Uhr glücklich in Leipzig angekommen, im Hotel France eingekehrt in ein schreckliches Loch zum Hofe heraus und darüber in ungemütliche Stimmung geraten – zu Seconda gegangen und sehr artig empfangen worden – Abends »Iphigenia in Tauris«, ziemlich gut. Madame Cramer, Herr Miller.
Dresden, den 13. Juli 1813.
So wie Sie in Bamberg wie im tiefsten Frieden leben, so habe ich in Leipzig wie mitten im Kriege selbst jetzt während des Waffenstillstandes gelebt, und zum erstenmal in meinem Leben ein nicht unbedeutendes blutiges Gefecht aus geringer Entfernung, vertrauend auf meine Schnellfüßigkeit, angesehen; es war die Affäre, welche am 7. Juni vormittags 9 Uhr vor den Toren von Leipzig stattfand. Die späteren Auftritte zwischen den Preußen und Franzosen, die durch ganz eigene Mißverständnisse erzeugt wurden, Leipzigs Belagerungszustand usw. übergehe ich, da sie aus den Zeitungen bekannt sein werden. –
Ich komme zu meinen Dienstverhältnissen. – Den Seconda habe ich ganz so gefunden, wie ihn mir Rochlitz schilderte – ein lieber ehrlicher dummer Mann, der 25 Jahre hindurch die Maschine gedreht hat, wie der Esel die Walkmühle; er strich seine 4 bis 5000 rth monatlich ein und gab sie wieder aus – sowie aber das Ding etwas aus dem Geleise kommt, verliert er den Kopf und weiß sich nicht zu helfen. – In jener so unruhigen Zeit blieb natürlicherweise das Theater leer, ja wir konnten nicht einmal spielen, da oft plötzlich vor der Theaterzeit der Generalmarsch geschlagen und die Tore gesperrt wurden. Herr Seconda erklärte daher am 5. Juni ganz kaltblütig: er müsse das Theater schließen und wir könnten alle hingehen, wohin wir wollten. Sie können denken, daß uns alle dies wie ein Donnerschlag aus heiterer Luft traf, da wir überzeugt waren, daß es so weit durchaus nicht mit dem Theater gekommen war und sich allerdings Auswege finden müßten, die böse Zeit zu überstehen und die Sache zu erhalten; alle Vorstellungen, ja selbst das durch die Vermittlung unseres Komikers Herrn Kellers – eines in Leipzig durchaus geschätzten Mannes – von einem Kaufmann angebotene Darlehen von 1000 rth fruchteten nichts. Herr Seconda blieb bei seinem Vorhaben. – Nun trat die Gesellschaft zusammen und beschloß, nach möglichster Verringerung des Ausgabeetats wenigstens 14 Tage hindurch auf eigene Rechnung zu spielen und Herrn Seconda die Buchführung über Einnahme und Ausgabe zu überlassen. Der Leipziger Rat erlaubte dies nicht nur, sondern war so billig die Miete des Hauses merklich herabzusetzen. Die hohen Gagen wurden beinahe auf die Hälfte reduziert, und so fingen wir getrost an, in der Hoffnung uns vielleicht den Sommer durchzubringen, da gar keine Aussicht vorhanden im Linkischen Bade in Dresden außerhalb der Verschanzungen spielen zu können. – Das Glück wollte uns wohl; denn mit den beiden nichts weniger als neuen Opern: Sargino und Figaro, die aber exzellent gingen und mit rauschendem Beifall aufgenommen wurden, so daß jede dreimal bei vollem Hause wiederholt werden konnte, nahmen wir soviel ein, daß alle Ausgaben – diese betragen nach der Herabsetzung jeden Tag 123 rth!! – bestritten und unsere herabgesetzten Gagen ohne weiteren Abzug gezahlt werden konnten. – Schon präparierten wir uns auf die Fortsetzung unseres Unternehmens und gedachten kühn und keck die Vestalin einzustudieren, als Herrn Seconda ganz unerwartet ein Glücksstern aufgegangen war. (Für Hansen ist mir gar nicht bange, der kommt durch seine Dummheit fort!) Durch Vermittlung seines Bruders Franz hatte er nämlich die Erlaubnis erhalten, in Dresden auf dem Hoftheater, und zwar auch Sonntags, spielen zu dürfen – etwas in Dresden ganz unerhörtes und nur seit der Zeit möglich, da der König von Sachsen einen großen Hut mit Federbusch und Sturmband trägt. – Nun übernahm Herr Seconda natürlicherweise das Steuer wieder in die Hand, und wir richteten unsern Lauf am 24. Juni in neun Halbwagen gen Dresden. – Eine lächerliche Reise – die mir Stoff zu der humoristischsten Erzählung geben würde. – Vorzüglich war ein Hamburger Stuhlwagen, aus dem sich der Unterstab nebst überflüssigen Mägden, Kindern und Tieren befand, mir so merkwürdig, daß ich nie versäumte, mich beim Ein- und Ausladen gegenwärtig zu finden. Nach richtiger Schätzung und Zählung befanden sich darauf: ein Theaterfriseur, zwei Theatergehilfen, fünf Mägde, neun Kinder, worunter zwei neugeborene und drei annoch säugende; ein Papagei, der unaufhörlich und sehr passend schimpfte, fünf Hunde, worunter drei abgelebte Möpse, vier Meerschweinchen und ein Eichhorn. – Ich hatte mit meiner Frau einen Halbwagen für mich, den mir Herr Seconda meiner verwundeten Frau wegen großmütigerweise gemietet, und war immer weit voraus, konnte aber nicht unterlassen, an jedem Frühstücks- und Mittagsort auf die Karawane zu warten. (Stimmt nicht! Seconda hatte trotz Hoffmanns dringender Vorstellungen keinen besonderen Wagen für ihn und die kranke Frau gemietet. Die Tagebucheintragung vom 24. und 25. Juni 1813 lautet: »Auf einem elenden Leiterwagen die abscheulichste Reise nach Dresden in der ungemütlichsten Stimmung gemacht – Seconda verwünscht«) In Oschatz wurde übernachtet, und da es, Gott sei es gedankt! bei unserer Gesellschaft recht gebildete und dabei joviale Menschen gibt, die von dem Komödiantentick nicht heimgesucht werden, so können Sie denken, daß der Abend recht angenehm zugebracht wurde; ich schlug vor, ob es nicht rätlich sei, des augenblicklichen Imponierens wegen eine Art Triumphzug in Dresden hinein zu veranstalten, worin jener Hamburger Stuhlwagen die Hauptrolle spielen sollte – das wurde mit großem Beifall aufgenommen, und die Rollenverteilung gab Anlaß zu manchem Scherz. Herr Seconda selbst – er war nicht zugegen, sondern schon in seine Stube gekrochen – sollte in römischer Tracht – er ist ein kleiner alter gebückter Mann mit einem entsetzlich dicken Kopf und hervorstehenden Glasaugen – als Triumphator auf dem Bocke seines Halbwagens stehen, und durch eine von den Theatergehilfen zu besorgende künstliche Vorrichtung der Papagei über seinem Kopfe schweben wie ein Adler über dem Germanicus. Möpse und Meerschweinchen sollten, wie aus fernen Landen mitgebrachte seltene Tiere, mit köstlichen Blumen geschmückt, von den Mohrensklaven aus dem »Azur« nachgetragen werden, als Präsent an den König für die erhaltene Erlaubnis usw. Genug von diesen Allotriis!! –
Herr Seconda hat nun nicht allein das Hoftheater, sondern auch den freien Gebrauch der Dekorationen, Requisiten und der königlichen Garderobe; Sie können daher denken, liebster Doktor, daß es unsern Vorstellungen an äußerem Glanz nicht fehlt. Wir haben bis jetzt Don Juan, den Wasserträger, Iphigenia in Tauris, die Entführung aus dem Serail, Joseph, Cendrillon, Helene von Mehul, Sargino gegeben. Vorzüglich waren die Dekorationen zum Joseph in dem edelsten Stil, und, obwohl nicht dazu besonders bestimmt, sehr passend, da sich ein ganz herrlicher ägyptischer Saal vorfand, der vielleicht 15 Jahre alt und, wie mir der Hofdekorateur Winkler sagte, höchstens zweimal gebraucht worden ist. Die Chöre werden von dreißig Choristen und Kreuzschülern gar rein und fest gesungen, und daß das Orchester sehr brav ist, können Sie wohl denken, wiewohl mir, was insonderheit die Violinen betrifft, das Leipziger Orchester besser gefällt. In Leipzig gibt es aber auch bei der ersten Violine die gefeierten Namen: Compagnole, Matthaei, Lange pp. Wir wechseln mit den Italienern, die zweimal spielen, ab, und nur dann und wann läßt der Kaiser von seinen Schauspielern – Talma, die Georges pp sind hier – für sich und die eingeladenen Zuschauer eine Vorstellung geben. Bei den Italienern haben wir, so wie sie bei uns, freien Zutritt, und bei den Franzosen öffnet sich auch dem artiste allemand die Theatertüre – Ich habe die Phaedra und den Barbier von Sevillen gesehen – um mich darüber auszusprechen, müßte ich den Brief zur Broschüre und Ihnen Langeweile machen – nur soviel, daß im Barbier von Sevillen der Kaiser oft und recht innig gelacht hat. Unsere Vorstellungen werden mehr besucht, wie die der Italiener, welches darin liegt, daß diese mit vier, höchstens fünf Opern beständig wechseln, und wir immer Neues auftischen. Das richtige Urteil des französischen und italienischen Publikums ist, daß bei den Italienern im Einzelnen besser gesungen würde, bei uns hingegen Chöre und Ensembles, worauf die Italiener weniger Fleiß verwenden, besser gingen. Wir leben überhaupt mit den Italienern auf einem freundschaftlichen Fuß, und seit der Zeit, daß die Sandrini mit Bonelli ein kleines Duett von mir gesungen hat – in der Scelta dello Sposo – hat sich Morlachi in den Kopf gesetzt, eine teutsche Arie für unsere Krahmer zu komponieren, welches er nimmermehr zustande bringt, da er so gut teutsch versteht, wie ich chinesisch, und sich bei Gerardi auslachen läßt, wenn er ein: Klasken Süßkemaktes Brandewin trinken will. – Es ist mir nicht wenig merkwürdig, daß ich hier den Sargino an demselben Platz, auf demselben rotbeschlagenen Lehnstuhl, vor demselben Pianoforte dirigiert habe, wo Paer ihn, als er zum erstenmal gegeben wurde, dirigierte. – Übrigens waren, wie ich es voraus wußte, alle Tempos in acht falsch, wie so manches andere. Secondas Gesellschaft war vor meiner Ankunft sehr brav, hat aber durch den Abgang von drei Sängerinnen, von denen sich zwei in Leipzig an Kaufleute verheirateten und die dritte eine ehrbare Organistenfrau wurde (Schneiders Frau), einen bedeutenden Stoß erlitten. Unsere prima donna Madame Krahmer hält das Mittel zwischen der Koehl und der Heunisch. Die zweite Sängerin singt, mit einer dünnen Stimme und ohne alles Gefühl wie ein Haubenstock, alles – das schwierigste prima vista vom Blatt, spielt aus der Partitur usw. und ist, von 16 Jahren und bei ziemlich hübscher Bildung, mir doch höchst odios – die übrigen helfen aus. – Mit zwei ganz besonders guten, ja vortrefflichen Tenoristen, sowie mit einem ganz Herrlichen Bassisten hat uns der Heiland gesegnet, und unter den übrigen gibt es nur zwei, die nur schwach musikalisch sind; sonst wird gut und fertig vom Blatt gesungen, und Sie können daher denken, daß mein Amt nicht eben schwer ist. Der Umstand, daß wir bis jetzt nur schon einstudierte Opern geben, setzt uns in den Stand, merklich und für den Herbst und Winter ein ganz neues Repertoir zu schaffen. – Auch dies habe ich alles genau so gefunden, wie Rochlitz mir es schrieb! – Zu andern Dingen! –
Sie haben in der Tat recht, liebster Doktor! daß ich aus dem stillen friedlichen Lande in Tumult und Krieg gezogen, und in gewisser Art damit geeilt, ja mich auf den ersten Blick übereilt habe. Allein so froh, so gemütlich ich mich in manchem glücklichen Augenblick unter meinen lieben Freunden befand, so selten ich mich an irgendeinem andern Orte auf diese herzliche innige Weise angesprochen fühlte, so war ich doch im Innersten überzeugt, um nicht auf immer verloren zu sein, Bamberg so schnell als möglich verlassen zu müssen. – Erinnern Sie Sich nur lebhaft an mein Leben in Bamberg vom ersten Augenblicke meiner Ankunft, und Sie werden gestehen, daß alles wie eine feindliche dämonische Kraft wirkte, mich von der Tendenz – oder besser von der Kunst, der ich nun einmal mein ganzes Dasein, mein Ich, in allem Regen und Bestreben geweiht habe, gewaltsam wegzureißen. – Meine Lage bei Cuno selbst, das aufgedrungene fremde Fach bei Holbein, welches noch dazu soviel Verführerisches hatte, aber vorzüglich die nie zu vergessenden und zu verwindenden Auftritte mit D. (dem Konzertmeister Dittmayer?), die armseligen dümmlichen Plattituden des alten Mannes; in anderer Hinsicht aber doch verderblich wirkend, die fatalen Auftritte mit K. und ganz zuletzt mit dem S., der mir wie ein ganz neugebackenes aber mißratenes Teufelchen vorkam – kurz – die ganze Opposition gegen alles bessere Tun, Wirken und Treiben in dem höheren Leben, wo der Mensch sich mit regem Fittich über den stinkenden Pfuhl seines armseligen Brotbettellebens erhebt, erzeugte in mir eine innere Entzweiung, einen inneren Krieg, der mich viel eher vernichten konnte, als jeder Tumult um mich von außen her. – Jeder unverdiente harte Kränkung, die ich erleiden mußte, vermehrte meinen inneren Groll, und indem ich mich immer und immer mehr an Wein als Reizmittel gewöhnend das Feuer nachschürte, damit es lustiger brenne, achtete ich das nicht, daß auf diese Art nur aus dem Untergange das Heil ersprießen könne. – Mögen Sie in diesen wenigen Worten – in dieser Andeutung den Schlüssel zu manchem finden, was Ihnen, wo nicht rätselhaft, doch widersprechend schien. Übrigens transeant cum caeteris! –
Eine größere Antipolarität in wissenschaftlicher und künstlerischer Hinsicht als Bamberg und Leipzig kann es wohl in der Welt nicht geben. Ja ich möchte sagen: ist es in Bamberg des Guten zu wenig, so ist es in Leipzig beinahe des Guten zuviel. Aber soviel ist doch gewiß, daß man sich wie ein Fisch im Wasser, im rechten Elemente, froh und frei bewegen kann. Mein Empfang war überall über alle Maßen herzlich und gemütlich; Härtel und Rochlitz begrüßten mich wie einen alten Freund, und die Herren des Orchesters behandelten mich mit einer Artigkeit, ja mit einer Art von Submission, die mich in gewisser Art verlegen machte. Ich sah wohl ein, daß das kleine Samenkorn, was ich gestreut (ich meine die Musik. Zeit.) hier aufgeschossen und geblüht habe. – Die ganz eigene Empfindung hierbei kann ich nicht beschreiben, da mir alle Eseleien in Bamberg einfielen. – Wir verstanden uns gleich, und der weise Herr D. mag herkommen, um sich zu überzeugen, ob es möglich ist, am Flügel zu dirigieren, und ob ich das Dirigieren verstehe oder nicht. – Das Leben in Leipzig ist sehr angenehm und gar nicht so teuer, wie man es ausgeschrieben. Man würde noch wohlfeiler leben, wenn nicht eine ganz fatale Einrichtung stattfände, die manchen Gulden kostet. Auf dem Markte und in der Petersstraße gibt es nämlich sogenannte italienische Keller: Marinoni, Treiber, Rossi u. a. m. Geht man nun vorüber, so ist die Straße vor der Türe so abschüssig, daß man ganz unversehens die Treppe hinunterstolpert; ist man unten, so befindet man sich zwar in einem sehr artig möblierten Zimmer, aber die verdammte Kellerluft – gegen diese muß man ein Glas Bischof oder Burgunder trinken, und einen Sardellensalat mit Muscheln, Zervelatwurst, Oliven, Kapern, Luccheseöl usw. essen – ja diese Einrichtung kostet manchen Gulden! –
Sagen Sie doch dem Kunz, daß Rochlitz die Witwe des Bankiers Winkler mit 150 000 rth. Vermögen geheiratet hat, ein ganz herrliches Landhaus in Connewitz besitzt, in der Stadt fürstlich eingerichtet ist usw. Er macht ein gar angenehmes gemütliches Haus, und ich habe mich bei ihm sehr gut befunden. –
In Dresden wohne ich – auf dem Lande! – d. h. vor dem schwarzen Tore in einer Allee, die nach dem Linkischen Bade führt. Aus meinem mit Weinlaub umrankten Fenster übersehe ich einen großen Teil der herrlichen Elbgegend, d. h. jenseits des freundlichen Stroms einen Teil der sächsischen Schweiz, Königstein, Lilienstein usw. Gehe ich nur zwanzig Schritte von der Türe fort, welches ich sooft ich will in Mütze und Pantoffeln mit der Pfeife im Munde tun kann, so liegt das herrliche Dresden mit seinen Kuppeln und Türmen vor mir ausgebreitet, und über denselben ragen die fernen Felsen des Erzgebirges hervor. Will ich weiter gehen, so wende ich mich nach der bretternen Saloppe der stillen Musik – dem lustigen Winzer – dem spanischen Kragen – lauter possierliche Namen von nah gelegenen Weinbergen an der Elbe, wo man Erfrischungen bekommt und Gesellschaft findet. Diese große Annehmlichkeit muß ich mit der Beschwerde erkaufen, wöchentlich dreimal eine Meile und viermal eine halbe Meile zu wandern, denn so weit habe ich hin und her zur Probe und Vorstellung, nämlich ½ Stunde jeder Gang. Das tue ich aber gern, es ist gesund, und Essen und das Glas Landwein schmecken trefflich – Das Bier ist seit einiger Zeit nicht mehr trinkbar, da, läge ein Frosch darin, Sie ihn unmöglich entdecken würden. –
Erst hier in Dresden ist die bedeutende Kopfwunde meiner Frau zugeheilt; sehr lange wird sie aber wohl eine schmerzliche Empfindung und lebenslang die Narbe behalten. Sie hat recht oft und dringend sich Ihre Gegenwart gewünscht, da sie von einer inneren durch Sie angeordneten Kur viel eher zu genesen hoffte, als sonst. Übrigens ist sie sehr heiter und froh und empfiehlt sich Ihrem gütigen Andenken ...
Dresden, den 12. August 1813.
... Am 10. hatten wir hier Napoleons Geburtstagsfeier durch Freitheater, Illumination, Gartendiner unter freiem Himmel, Feuerwerk und hauptsächlich Kanonendonner, daß die Fenster klirrten und die Häuser wackelten. – Das in der Tat feurige Feuerwerk wurde auf der Brücke abgebrannt und gewährte mit seinen dito feurigen Reflexen im Wasser einen wunderbar feenhaften Anblick.
Sehr hübsch war es, daß unsere Primadonna (es wurden Paers Wegelagerer gegeben) ihre Bravourarie förmlich mit obligaten Kanonen absang. Von dem Tumult den ganzen Tag und die ganze Nacht haben Sie keine Idee; mir brummt noch der Kopf davon! – übrigens wissen wir von Krieg und Frieden nicht das mindeste ...
In diesem Augenblick war der Arzt bei mir und untersagt mir das Ausgehen auf zwei Tage, denn Sie müssen wissen, daß ich auf eine ganz verfluchte Art krank geworden bin, wahrscheinlich durch Ansteckung; nämlich ein Anfall von wirklicher Ruhr, die hier grassiert und von den aus dem Lager kommenden Soldaten verbreitet wird, wirft mich körperlich nieder, aber nicht geistig ...
(Über den Anfang des »Goldenen Topfes
Dresden, den 19. August 1813.
... In keiner als in dieser düstern verhängnisvollen Zeit, wo man seine Existenz von Tag zu Tag fristet und ihrer froh wird, hat mich das Schreiben so angesprochen, – es ist, als schlösse ich mir ein wunderbares Reich auf, das, aus meinem Innern hervorgehen und sich gestaltend, mich dem Drange des Äußern entrückte. – Mich beschäftigt die Fortsetzung der »Fantasiestücke in Callots Manier« ungemein, vorzüglich ein Märchen, das beinahe einen Band einnehmen wird. – Denken Sie dabei nicht, Bester! an Scheherezaden und Tausend und eine Nacht – Turban und türkische Hosen sind ganz verbannt – feenhaft und wunderbar, aber keck ins gewöhnliche alltägliche Leben tretend und seine Gestalten ergreifend soll das Ganze werden. So zum Beispiel ist der geheime Archivarius Lindhorst ein ungemein arger Zauberer, dessen drei Töchter, in grünem Gold glänzende Schlänglein, in Kristallen aufbewahrt werden; aber am heiligen Dreifaltigkeitstage dürfen sie sich drei Stunden lang im Holunderbusch an Ampels Garten sonnen, wo alle Kaffee- und Biergäste vorübergehen – aber der Jüngling, der im Festtagsrock seine Buttersemmel im Schatten des Busches verzehren wollte, ans morgige Kollegium denkend, wird in unendliche wahnsinnige Liebe verstrickt für eine der Grünen; – er wird aufgeboten – getraut – bekommt zur Mitgift einen goldenen Nachttopf mit Juwelen besetzt; – als er das erstemal hinein ..., verwandelt er sich in einen Meerkater usw. – Sie bemerken, Freund! daß Gozzi und Faffner spuken! auch werden Sie bei Lesung des Ganzen wahrnehmen, daß eine früher in Bamberg gefaßte Idee, die durch Ihre sehr richtigen Bemerkungen und Einwürfe nur nicht zur gänzlichen Ausführung kam, die Grundlage des Märchens bildet.
Mit meiner Gesundheit geht es besser, nur muß ich in diesem Augenblick beinahe zuviel arbeiten, da schwere Oper auf schwere Oper folgt – Iphigenia – Fanisca – Sylvana – Cortez; es ist arg! – Mein Arzt hat das Nervenfieber befürchtet, indessen: der Sturm ist abgeschlagen! Übrigens sind jetzt hier die Stufen: Ruhr – Nervenfieber – Tod! Vor zwei Tagen war ich noch so krank, daß ich wirklich daran dachte, ein schöner Engel zu werden, und heute habe ich das Billett an Nikomedes aus dem »Magnetiseur« geschrieben und alles ins Reine gebracht zum absenden! –
... Über Krieg und Frieden soll ich schreiben? – Ach, Teuerster! Krieg ist es! – arger, böser Krieg! Der Kaiser mit den Garden ging vorigen Sonntag fort, und seit der Zeit wird die Straße nicht leer von Truppen, – wie eine ewige Prozession zieht Artillerie, Kavallerie, Infanterie vorüber, die schlesische Straße hinauf. – Von einer vorgefallenen Schlacht weiß man bis dato nichts; aber Alles ist in der größten Spannung und weiß der Himmel, wie es uns ergehen wird. Wir vertrauen ganz auf das Glück und Napoleons Waffen, sonst sind wir verloren. – Ich ziehe übrigens in die Stadt, da mein Häuschen äußerst angenehm, gerade in der Schußlinie einer bedeutenden Schanze liegt.
In diesem Augenblick, da ich dieses schreibe (nachts 12 Uhr) kommt Kavallerie, die auf der ganzen Straße vor meinem Fenster biwakiert, meine Wirtin hat für 12 Mann zu kochen usw. Von dem Leben hier, mitten im Kriege, haben Sie alle, verehrungswürdigste Bamberger, keine Idee!
Hoffmann hatte seine Erlebnisse während der Schlacht bei Dresden nach seinen Tagebucheintragungen weiter ausführen wollen. Diese Ausführungen beginnen mit dem 15. August, brechen aber schon am 29. August mitten im Satze ab.
Dresden, den 15. August 1813.
Schon seit der Feier des Napoleonsfestes am 10. waren täglich Truppen und Geschütz herausgegangen. Heute verließ der Kaiser mit den Garden die Stadt und zog fort auf der Straße nach Schlesien, man spricht von einer nahen entscheidenden Schlacht.
16., 17., 18., 19. Gänzliche Totenstille – man spricht ganz heimlich, daß Osterreich den Verbündeten beigetreten.
20. Es sollen sich Preußen und Russen der Stadt nähern.
21. Augenscheinliche Retirade der Franzosen von der schlesischen Seite her; eine zahllose Menge Verwundeter auf Wagen –. Kavalleristen ohne Pferde – Infanterist(en) ohne Gewehr ppp
22. Früh morgens ein ungewöhnliches Hin- und Hertreiben in der Stadt – das Militär ist in voller Bewegung – nur mit Mühe gelang es die schwierige Hauptprobe der »Iphigenia in Tauris«, die den Abend gegeben werden sollte, zu beendigen, denn während derselben kam die Nachricht, daß Tore und Schläge gesperrt sind, weil die Russen und Preußen ganz in der Nähe stehen. Polnische Offiziere, die des Morgens in einem Kaffeehause dicht vor dem Freiberger Schlag Billard spielten wurden von Kosacken überfallen und gefangen abgeführt. Gegen Abend wurde es ruhiger und »Iphigenie« wurde wirklich gegeben. – übrigens zog ich in aller Eil vom »Sande« hinein auf die Moritzstraße.
23. Größere Unruhe als gestern. Man hörte ganz in der Nähe Kanonendonner und vor dem Seetor ganz deutlich das Tirailleurfeuer. Auf den Straßen sieht man Verwundete noch unverbunden blutig zurückkommen. Zum Teil werden sie auf Schubkarren hineingebracht; in dieser Art begegnete ich auf der Seegasse eine(m) Offizier, dem beide Augen ausgeschossen waren.
24. Die Unruhe steigt; Kanonen, Pulverwagen werden im Galopp zu den Toren hinausgeführt – immerwährendes Schießen; das schwarze Tor war offen und ich eilte nach dem Linkschen Bade, wo man die franz. und feindlichen Batterien von Pirna ganz deutlich arbeiten sehen konnte. – Abends wurde in der Stadt vom Walle bei dem Theater Viktoria geschossen des Sieges bei Löwenberg wegen, den auch ein öffentlicher Anschlag verkündete. Es hieß darin: die Kavallerie habe sehr schöne Angriffe gemacht.
25. V. M. alles ganz still und ruhig. N. M. hörte man sehr nahe tiraillieren; ich ging mit dem Schauspieler Keller zum Pirnaer Schlage heraus, der geöffnet war, und so weit, daß die Linie der französischen Tirailleurs nur 50 Schritt vor uns stand. 300 Schritt weiter ritten einzelne Kosacken ganz ruhig hin und her und nahmen gar keine Notiz von dem Plänkern der Franzosen. Ich sah, wie einer abstieg und den Gurt des Pferdes fester schnallte. Plötzlich brachen russische Tiraill. aus einem Gebüsch hervor und nun wurde das Plänkern hitziger und hitziger – viele Franz. fielen tot und andere kamen blutig und schreiend zurück. Franz. Bataillone formierten sich und es wurde eine Batterie von 4 Kanonen aufgestellt; noch ehe diese anfing zu spielen, kamen aber schon feindliche Kugeln von einer Batterie, die ich nicht bemerkt hatte, und nun sah ich auch, wie eine schwarze Linie sich von den Bergen herab bewegte. Da die Kugeln bis dicht vor den Schlag niederfielen, hielten wir es für ratsam, mit vieler Schnelligkeit durch das Willsdruffer Tor zu Hause zu eilen. – Die Nacht hat dem Gefecht (dem ersten, das ich so in der Nähe angesehen) ein Ende gemacht. Die Franzosen meinen: es sei nur ein Streifcorps, das sich Dresden genähert, das ist aber nicht wahr, dem, von dem Boden des hohen Nebenhauses, auf den ich stieg, sieht man rings umher eine unzählige Menge Wachtfeuer, auf jeden Fall ist es also eine starke Armee, die Dresden umschließt.
26. Früh morgens 7 Uhr wurde ich durch den Donner der Kanonen geweckt; ich eilte sogleich auf den Boden des Nebenhauses und sah wie die Fr. in geringer (Entfernung vor den Schanzen mehrere Batterien aufgestellt hatten, die mit feindlichen Batterien, welche am Fuße der Berge standen, auf das heftigste engagiert waren. Mit Hilfe eines sehr guten Glases konnte ich deutlich bemerken, daß sehr starke russische und österreichische Kolonnen (an der weißen Uniform sehr kenntlich) sich von den Bergen herab bewegten. Eine Batterie nach der andern rückte näher, die Franzosen retirierten bis in die Schanzen und nun wurde sogar von den Stadtwällen aus grobem Geschütz gefeuert; der Kanonendonner wurde so heftig, daß die Erde bebte und die Fenster zitterten – Die Russen hatten den großen Garten erstürmt sowie die Preußen die Schanzen vor der Friedrichstadt – ersteres konnte ich sehen. Die Nachricht kam, daß der Kaiser eintreffen würde, ich eilte daher auf die Terrasse des Brühlschen Gartens an der großen Brücke. Um 11 Uhr kam der Kaiser auf einem kleinen falben Pferde über die Brücke schnell geritten – es war eine dumpfe Stille im Volk – er warf den Kopf heftig hin und her und hatte ein gewisses Wesen, was ich noch nie an ihm bemerkte – er ritt bis vors Schloß, stieg aber nur wenige Sekunden ab und ritt wieder an die Elbbrücke, wo er umgeben von mehreren Marschällen stillhielt – Die Adjutanten sprengten ab und zu und holten Ordres, die er allemal in kurzen Worten, aber sehr laut erteilte – er nahm sehr häufig Tabak und schaute noch häufiger durch ein kleines Taschenperspektiv die Elbe herab. Die Garden kamen im Doppelschritt über die Brücke und eilten, nachdem sie eine sehr kurze Zeit auf dem Platz vor dem Kaiser gehalten, zu den Toren heraus. Ich mußte fort; weil der Brühlsche Garten besetzt wurde und ging wieder auf mein Observatorium. Zwischen 4 und 5 Uhr donnerten die Kanonen am heftigsten – Schlag auf Schlag – man konnte die Kugeln sausen hören, ich bemerkte es zuerst, man wollte mir es aber nicht glauben, gleich darauf stürzte aber in einer Entfernung von höchstens 25 Schritt eine Feuermauer von einer Kugel getroffen ein, und nun war es wohl klar, daß Geschütz auf die Stadt gerichtet worden. – Wir gingen herab, da unser Aufenthalt oben jetzt lebensgefährlich wurde. Eben wollte ich in meine Haustüre treten, als zischend und prasselnd über meine(n) Kopf eine Granate wegfuhr und nur 15 Schritte weiter vor der Wohnung des Gen. Gouvion St. Cyr zwischen vier gefüllten Pulverwagen, die eben zur Abfahrt bereit standen, niederfiel und sprang, so daß die Pferde sich bäumend Reißaus nahmen. – Wenigstens dreißig Personen standen daneben auf der Gasse, und außerdem daß die Pulverwagen verschont blieben, deren Explosion das ganze Stadtviertel vernichtet hätte, wurde kein Mensch, kein Pferd beschädigt, es ist unbegreiflich, wo die Stücke der Granate geblieben sind, da in unserm Hause nur ein ganz unbeträchtliches gefunden wurde, welches die Fensterladen des unteren Stocks zerschlagen und in ein unbewohntes Zimmer gefallen war. Wenige Minuten darauf kam eine zweite Granate und riß ein Stück vom Dache des gegenüberstehenden Cagiorgischen Hauses weg und drückte drei Fenster der Mezzane zusammen, daß das Holzwerk und die Ziegelsteine prasselnd auf die Gasse stürzten – bald darauf fiel eine dritte in der Nebengasse in ein Haus, und es war mir klar, daß eine Batterie gerade auf unser Stadtviertel spielte – Alle Bewohner des Hauses – Frauen – Männer – Kinder, versammelten sich auf der gewölbten steinernen Treppe des ersten Stocks, die aus der Richtung der Fenster lag! – Da gab es bei jeder Explosion der jetzt häufiger, doch in größerer Entfernung hineinfallenden Granaten ein Jammern und Wehklagen!
– Nicht einmal ein Tropfen Wein oder Rum zur Herzstärkung – ein verdammter ängstlicher Aufenthalt – ich schlich leise zur Hintertür heraus und durch Hintergäßchen zum Schauspieler Keller, der auf dem Neumarkt wohnt – wir sahen ganz gemütlich mit einem Glase Wein in der Hand zum Fenster heraus, als eine Granate mitten auf dem Markte niederfiel und platzte – in demselben Augenblick fiel ein Westfälischer Soldat, der eben Wasser pumpen wollte, mit zerschmettertem Kopf tot nieder – und ziemlich weit davon ein anständig gekleideter Bürger – Dieser schien sich aufraffen zu wollen – aber der Leib war ihm aufgerissen, die Gedärme hingen heraus, er fiel tot nieder – (Zu bemerken: fünf Minuten später ritt der Kaiser über den Neumarkt, gerade wo der Bürger getroffen, nach dem Pirnaer Tor) – noch drei Menschen wurden an der Frauenkirche von derselben Granate hart verwundet – Der Schauspieler Keller ließ sein Glas fallen – ich trank das meinige aus und rief: »Was ist das Leben! nicht das bißchen glühend Eisen ertragen zu können, schwach ist die menschliche Natur!« – Gott erhalte mir die Ruhe und den Mut in Lebensgefahr, so übersteht sich alles besser! – Es gelang mir den Kaufmann Schmidt aus seinem verschlossenen Gemach hervorzutreiben, der belud mich mit Wein und Rum für mich und meine Hausgenossen. Ich trat wieder ein wie eine Erscheinung des Trostes und der Beruhigung – Eine der Frauen (Mad. Stein), die gerade im obersten Stock wohnte, hatte den Mut gehabt, allerlei nützliche Lebensmittel herabzubringen. – Das war alles bonum comm. und uns allen, die wir keinen Mittag gegessen, schmeckte es im Biwak auf der Treppe herrlich, das Kelchglas ging fleißig herum und unter dem Donner der Kanonen, unter dem Prasseln der Granaten ging uns allen ein fröhlicher Humor auf, der immer der Nachklang einer durch Gefahr exaltierten Stimmung ist. Erst als es ganz finster war, ließ das Schießen nach. Die Garden hatten, wie man nun erfuhr, die genommenen Schanzen wieder erstürmt und die verbündete Armee sich auf die Höhen zurückgezogen. – Das Kammermädchen der Gräfin Breza trat vor die Haustüre, vor welcher der Wagen stand, der die Gräfin in Sicherheit in ein anderes Stadtviertel bringen soll, in eben demselben Augenblick wurde sie aber von einer Granate im strengsten Sinne des Wortes zerrissen. Einer Hebamme auf der Pirnaer Vorstadt wurde, als sie zum Fenster hinausschaute, der Kopf weggerissen; ebenso verlor ein Handlungskommis, der im Kontor saß, den Arm. Noch mehrere Bürger sind teils verwundet, teils getötet.
27. Die Nacht verging ruhig. Erst um 8 Uhr morgens ging eine lebhafte Kanonade an, daß die Fenster bebten – es fiel unaufhörlich Regen, man konnte daher nicht viel bemerken. Nachmittags entfernte sich das Schießen und man erfuhr, daß die russ. und österr. Armee 5 St. weit zurückgedrängt worden. Abends kamen ungefähr 2 – 300 russische und pr. und wohl an 10 000 österr. Gefangene wie auch 4 österr Fahnen und 6 Kanonen.
28. Die Russen und Österr. stehen auf den Höhen von Kesselsdorf, man hört sehr deutlich Kanonen und Pelotonfeuer. Über der Elbbrücke bemerkte ich eine augenscheinliche Retirade der Franzosen, und die Nachricht, daß bei Berlin die Fr. geschlagen sind, ist daher wahr. –
29. Heute ging ich vor den Moszynskischen Garten und sah zum ersten Mal in meinem Leben ein Schlachtfeld – Erst heute hatte man angefangen aufzuräumen und zwar wurden, wie ich bemerkte, zuerst die gebliebenen Franzosen nackt ausgezogen und in große Gruben zu 20, 30 verscharrt – Hier hatten die russischen Jäger unter dem wütenden Feuer der franz. Kanonen gestürmt, das Feld war daher überdeckt mit Russen, zum Teil auf die schrecklichste Weise verstümmelt und zerrissen – So z. B. sah ich einen, dem gerade die Hälfte des Kopfes weggerissen – ein scheußlicher Anblick – Pferde – Menschen – daneben Gewehre – Säbel – gesprengte Pulverwagen – Tschakos – Patronentaschen – alles in wilder Unordnung durcheinander geworfen – Auf manchem unverstümmelten Gesicht sah man noch die Wut – den Grimm des Kampfes – einer hatte gerade in die Patronentasche gegriffen, um frisch zu laden, und so hatte ihn der Tod getroffen – Ein russ. Offizier, ein herrlicher schöner Jüngling (höchstens 23 Jahre), hielt noch den Säbel über dem Kopfe geschwungen in der rechten Hand und war so zum Tode erstarrt – Eine Kano(nen)kugel hatte ihn gerade auf der Brust am linken Arm getroffen, diesen weggerissen und die Brust zerschmettert – sein Tod war leicht! – Mir schien es, als bewege sich etwas im Grase in geringer Entfernung, ich teilte es meinem Begleiter, dem Advokaten Conradi, mit, wir gingen darauf zu, und siehe da, ein Russe, dem beide Füße auf das jämmerlichste zerschossen waren, so daß alles von geronnenem Blute klebte, saß ganz gemütlich aufrecht und zehrte von einem Stück Kommisbrot. So lag der Mensch seit dem 26. AugN.M. und war der starken Verwundung unerachtet frisch und munter. Er zeigte uns seine leere Feldflasche und Conradi eilte sie mit Wasser zu füllen – wie gut war es, daß ich ...
Dresden, den 8. September 1813.
... Übrigens lebe ich jetzt hier bis auf einige Angst und Not ein wahres Schlaraffenleben, da das Theater schon seit 14 Tagen geschlossen ist, Seconda aber dem unerachtet wenigstens bis jetzt die Gage ordentlich zahlt. – Der stillste Ort, wo man entfernt von allem Kriegsgetümmel sich wie in einer andern Welt befindet, ist die Bildergalerie, und Sie können denken, daß ich jeden Nachmittag da zubringe, indem der Inspektor Schweikard, ein braver junger Künstler, der eben an einem schönen Bilde nach Schillers Dichtung: Pegasus im Joche, arbeitet, mein Freund geworden. Ebenso finde ich in der Dreysigschen Singakademie ein Asyl und erhebe mich über die Unbill der Zeit. Abends gehe ich zu Eichelkraut auf den Altmarkt, wo ich den jovialen Sekretär Schulz (Friedrich Laun), Winklern (Theodor Hell) und den Kind finde – Schade nur, daß die wahrhaft großen Ereignisse des Tages jedes andre Gespräch ertöten. Es scheint, als wären wir großen Katastrophen nahe! –
Nach der Schlacht Bei Dresden begann vielleicht die furchtbarste Zeit für die eingeschlossene Stadt. Täglich erwartete man, zum Mittelpunkt des Entscheidungskampfes zu werden. Vollends als die Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen war, stieg die Spannung aufs höchste. Hoffmann hatte inzwischen Anschluß an den Dresdener Dichterkreis gefunden, der jeden Abend im Kaffee Eichelkraut sich zusammenfand. Friedrich Laun (Pseudonym für den Sekretär Schulz), Theodor Hell (eigentlich Winkler) und Kind, später als Verfasser des Textes der Oper »Der Freischütz« bekannt geworden, bildeten den Mittelpunkt der gemütlichen Runde. Ihnen schloß sich der Advokat Conradi an, derselbe, mit dem Hoffmann das Schlachtfeld bei Dresden besucht hatte. Wie stark diese Wochen auf Hoffmann eingewirkt haben, ergibt sich daraus, daß er sie mannigfach geschildert hat. Sogar Anselmus, den Helden seines Märchens »Der goldene Topf«, ließ er in jenen Wochen in der Erzählung »Erscheinungen« ein artiges Abenteuer erleben.
Gedachte man der letzten Belagerung von Dresden, so wurde Anselmus noch blässer als er sonst schon gewesen. Er faltete die Hände auf dem Schoß, er starrte vor sich hin, ganz verloren in trübe Gedanken, er grollte und murmelte sich selbst an: Herr des Himmels! ...
Nach einer ziemlich langen Pause fing er an: »Morgen früh um acht Uhr sind es gerade zwei Jahre her, als der Graf von der Lobau mit zwölftausend Mann und vierundzwanzig Kanonen aus Dresden auszog, um sich nach den Meißner Bergen hin durchzuschlagen ... Lebendig gestaltet in Fleisch und Blut, tritt mich eben heute die Macht an, welche in jenen dunklen Tagen waltete und mich forttrieb von Kunst und Wissenschaft in das wilde blutige Getümmel. – War es dir denn möglich, am Schreibtisch sitzen zu bleiben? – Ich trieb mich auf den Gassen umher, ich lief den ausziehenden Truppen nach, soweit ich durfte, nur um selbst zu schauen und aus dem, was ich geschaut, Hoffnung zu schöpfen, erbärmliche prahlhafte Anschlagzettel und Nachrichten nicht achtend. Als nun vollends jene Schlacht aller Schlachten geschlagen war, als ringsumher alles hoch aufjauchzte im entzückenden Gefühl wiedergewonnener Freiheit, und wir noch gefesselt in Sklavenketten lagen, da wollte mir die Brust zerspringen. Es war mir, als müßte ich durch irgendeine entsetzliche Tat mir und allen, die mir gleich an die Stange gekettet, Luft und Freiheit verschaffen. – Es mag dir jetzt und so, wie du mich überhaupt zu kennen glaubst, abenteuerlich, spaßhaft vorkommen, aber ich kann es dir sagen, daß ich mich mit dem wahnsinnigen Gedanken trug, irgendein Fort, das der Feind, wie ich wußte, mit starken Pulvervorräten versehen, anzuzünden und in die Luft zu sprengen ... Der ganze Tag verstrich in dumpfer ahnungsvoller Stille, vor den Toren blieb alles ruhig, kein Schuß fiel. Spät abends, es mochte beinahe zehn Uhr sein, schlich ich nach einem Kaffeehause auf dem Altmarkt, wo in einem entlegenen Hinterstübchen, das keiner der verhaßten Fremden betreten durfte, gleichgesinnte Freunde sich einander in Trost und Hoffnungen ermutigten. Dort war es, wo allen Lügen zum Trotz, die wahren Berichte der Schlachten an der Katzbach, bei Kulm usw. mitgeteilt wurden, wo unser R. schon zwei Tage nachher den Triumph bei Leipzig verkündet, den er, Gott weiß auf welche geheimnisvolle Art, erfahren. Mein Weg führte mich bei dem Brühlschen Palast, in welchem der Marschall wohnte, vorüber, und es fiel mir die ganz besonders helle Beleuchtung der Säle, sowie das rege Getümmel im Flur des Hauses auf. Eben sagte ich dies den Freunden mit der Bemerkung daß gewiß etwas bei dem Feind im Werk sein müsse, als R. ganz erhitzt und außer Atem schnell eintrat. »Hört das Neueste,« fing er sogleich an, »soeben hielt man bei dem Marschall großen Kriegsrat. Der General Mouton (Graf von der Lobau) will sich mit 12 000 Mann und 24 Kanonen nach Meißen hin durchschlagen. Morgen früh geschieht der Ausfall.« Vieles wurde nun hin und her geredet, und man pflichtete endlich R.'s Meinung bei, daß dieser Anschlag, der bei der regen Wachsamkeit unserer Freunde draußen sehr leicht dem Feinde verderblich werden könnte, vielleicht früher den Marschall zur Kapitulation zwingen und unser Elend enden würde. »Wie kann R. in demselben Augenblick des Beschlusses erfahren haben, was beschlossen worden«, dachte ich, als ich um Mitternacht zurückkehren wollte in mein Haus, aber bald vernahm ich, wie es durch die Grabesstille der Nacht dumpf zu rasseln begann. Geschütz und Pulverwagen, reichlich mit Furage bepackt, zogen langsam bei mir vorüber nach der Elbbrücke zu. »R. hat doch recht«, so mußt' ich mir selbst sagen. Ich folgte dem Zuge und kam bis auf die Mitte der Brücke an den damals gesprengten Bogen, der durch hölzerne Gerüste ersetzt war. Von beiden Seiten des Gerüstes, hüben und drüben, befand sich auf der Brücke eine starke Verschanzung von hohen Palisaden und Erdwällen. Hier vor der Verschanzung drückte ich mich dicht an das Geländer der Brücke, um nicht bemerkt zu werden ... Auf den Meißner Bergen loderten mächtige flackernde Flammen hoch in die Lüfte, ihr Widerschein strahlte in der Elbe ...,»Allons! – Allons!« erscholl es von allen Seiten; ich mußte mich aufraffen und schnell auf die Seite springen, um nicht von aufs neue heranziehenden Kanonen und Pulverwagen gerädert zu werden. Andern Morgens trieben die Russen den übermütigen Heerführer mit Schmach herab von den Bergen und hinein in die Schanzen. – »Es ist eigen«, sagte man, »daß die Freunde draußen von dem Vorhaben des Feindes wußten, denn das Signalfeuer auf den Meißner Bergen zog die Truppen zusammen, um mit voller Kraft da widerstehen und siegen zu können, wo der Feind den unerwarteten Hauptstreich auszuführen gedachte.«
(Aus »Erscheinungen!«)
Wahr ist's, daß nach der Leipziger Schlacht, als mit jedem Tage unser Schicksal beängstigender, drückender wurde, Freunde oder vielmehr Bekannte, die ein gleiches Los, gleicher Sinn einander nähergebracht hatte, sich wie die Jünger zu Emmaus am späten Abend in dem Hinterstübchen eines Kaffeehauses versammelten. Der Wirt hieß Eichelkraut, war ein fester gerader Mann, verhehlte ganz und gar nicht seinen entschiedenen Franzosenhaß und wußte die fremden Gäste, die ihn besuchten, in Respekt, ja was noch mehr sagen will, sich ganz vom Leibe zu halten. In jenes Stübchen durfte nun vollends gar kein Franzmann eindringen, und gelang es zufällig einem, hineinzuschlüpfen, so bekam er, er mochte bitten, fluchen, wie er wollte, durchaus nichts an Speise und Trank. Und dabei herrschte eine tiefe Totenstille, und alle bliesen mit angestrengter Kraft dicke Tabakswolken aus den Pfeifen, so daß bald ein erstickender Dampf das kleine Stübchen erfüllte, und der Franzose im eigentlichsten Sinne des Wortes weggeräuchert wurde, wie eine Wespe, wirklich auch wie diese brummend und summend durch die Tür abfahrend. – Dann wurde der Qualm durch die Fenster gelassen, und man kam wieder in Ruhe und Behaglichkeit. Ein sehr gemütlicher, lebenswürdiger Dichter, der sonst mit seinen Kapitelchen die Lesewelt fütterte, wie mit würzhaften Bonbons, war die Seele dieses heimlichen und heimischen Klubs, und mit Vergnügen erinnere ich mich noch der Augenblicke, wenn wir auf den obersten Boden des Hauses gestiegen durch das kleine Dachfenster hinausschauten in die Nacht und ringsumher die Wachtfeuer der Belagerer aufleuchten sahen; wenn wir dann uns selbst noch allerlei Wunderliches vorfabelten, das in dem rätselhaften Schimmer des Mondes und jener Feuer uns aufgehen wollte und dann den unten harrenden Freunden all die Wunderdinge erzählten, die wir geschaut. – Wahr ist's, daß in einer Nacht einer von uns (ein Advokat), der, mag der Himmel wissen aus welchen Quellen, immer die schnellsten und gewissesten Nachrichten hatte, zu uns hereintrat und uns von dem eben im Kriegsrat beschlossenen Ausfall des Grafen von der Lobau geradeso erzählte, wie ich es euch vorlas. Wahr ist es, daß ich dann, als ich mitternachts nach Hause zurückkehrend auf der Straße mit Furage bepacktem Geschütz begegnete, als die französischen Bataillone im dumpfen Schweigen sich sammelten (es wurde kein Generalmarsch geschlagen), als sie über die Brücke zu marschieren begannen, nicht länger an der Richtigkeit jener Nachricht zweifeln konnte ... Wahr ist es endlich und zugleich das Allerwunderbarste, daß, als ich mit aufgeregtem Gemüt in meiner Wohnung angekommen auf den obersten Boden kletterte und hinausschaute, ich auf den Meißner Bergen ein Feuer gewahrte, das ebensowenig ein brennendes Gebäude als ein Wachtfeuer sein konnte. Hoch auf loderte pyramidalisch eine Flamme, die nicht abnahm, nicht zunahm, und ein Bekannter, der in demselben Hause wohnte und mit mir heraufgestiegen war, versicherte, die Flamme müsse ein Signalfeuer sein. Der Erfolg lehrte, daß die Russen durchaus von dem Ausfall, der am andern Morgen stattfinden sollte, schon in der Nacht unterrichtet sein mußten, denn gerade auf den Meißner Bergen hatten sie zum Teil sehr entferntliegende Bataillone herangezogen, ihre Kraft auf diese Weise konzentriert, und es war vorzüglich russische Landwehr, die nach kurzem Kampf die französischen Bataillone von den Meißner Bergen hinabjagte, als wenn der Sturm über ein Stoppelfeld braust. Als der Überrest der Korps die Schanzen erreichte, zogen sich die Russen ruhig in ihre Stellung zurück. Also in demselben Augenblick als der Kriegsrat bei Gouvion St. Cyr gehalten wurde, erfuhren oder noch wahrscheinlicher, hörten den Beschluß selbst Leute, die keineswegs dazu berufen. Merkwürdig genug wußte der Advokat jedes Detail der gepflegten Beratung, sowie vorzüglich, daß Gouvion anfangs gegen den Ausfall gewesen und nur nachgegeben, um nicht einer Mutlosigkeit beschuldigt zu werden da, wo es einen kühnen Entschluß galt ...
(Aus den »Unterhaltungen der Serapionsbrüder«, 7. Abschnitt.)
10. November 1813. Mittwoch: Probe – Conradino brachte die frohe Nachricht von einer geschloss. Kapitulation, vermöge der Dresden übergeben wird – die Nachricht bestätigt von allen Seiten – frohe Hoffnungen, gemütliche Stimmung – mit Glück komponiert.
11. Donnerstag: Vor- und Nachmittag Probe – die Nachricht bestätigt sich – N. M. ein österreichischer und ein russischer Offizier in voller Gala gesehen – ganz eigenes herrliches Gefühl – ja es ist wahr! Freiheit! Abends bei Eichelkraut die Kapit. gelesen – Franzosen sind Kriegsgefangen – Sehr gemütliche Stimmung – mit Glück komponiert.
Dresden, den 17. November 1813.
Freiheit! – Freiheit! – Freiheit! – Meine schönsten Hoffnungen sind erfüllt, und mein fester Glaube, an dem ich selbst in der trübsten Zeit treulich gehalten, ist bewährt worden. Haben nicht selbst manche meiner Freunde, auch Sie geliebter Freund! gar kleinmütig mich in einem frommen Wahne befangen geglaubt, wenn ich immer hoffte und hoffte, und Ansichten, die so weit entfernt schienen, ins Leben trug? – Freilich wurde ich durch manches, was ich vor meinen Augen geschehen sah, und was wohl manchem entgangen, gar oft gestärkt und erhoben, aber ich mußte schweigen, da es unmöglich war, daraus irgendeinen überzeugenden Beweis meiner innigsten Meinung zu geben. – Was soll ich von der letzten Zeit, die ich hier erlebt, sagen? Sie war gewiß die merkwürdigste meines Lebens, da ich alles das, was sonst lebhafte Träume mir vor Augen brachten, wirklich und in der Tat vor mir erblickte! – Gewiß wird Sie und meine Freunde in Bamberg eine detaillierte Beschreibung der hiesigen Verhältnisse interessieren und ich weiß nichts besseres, als eine Art Tagebuch beizulegen, das das merkwürdigste enthält.
Gewiß ist es ein Glück ohnegleichen, daß ich nur mit der allgemeinen Angst und Not gelitten, auf meine spezielle Lage dagegen das Ungemach der entsetzlichen Begebenheiten in und bei Dresden keinen Einfluß gehabt hat. Nur nach der Schlacht bei Dresden, am 26. u. 27. August, blieb das Theater 14 Tage geschlossen, sonst ist unausgesetzt bei vollem Hause gespielt worden, und Seconda hat gerade diesen Sommer bessere Geschäfte gemacht als sonst, da, wie man mir sagt, oft schlechte Witterung den Besuch des Theaters im Bade verminderte. So ist es auch wirklich eine ganz besondere Schickung des Himmels, daß weder ich noch meine Frau, dicht am Lazarett wohnend, erkrankt sind, da selbst in dem Hause, wo wir wohnen, mehrere an dem Nervenfieber, welches einen wahrhaft pestartigen Charakter angenommen, gestorben sind. Der kurze Klimax dieser Krankheit ist: Kopfschmerz, Schwindel, Betäubung, Tod! – Alles in wenigen Stunden. Bei dem gänzlichen Mangel an soliden Lebensmitteln (Brot war nicht zu haben, Fleisch nur dann und wann in geringer Qualität) mußte jenes Übel nur zu sehr um sich greifen, und noch in der letzten Woche vor der Kapitulation starben an 200 Personen bürgerlichen Standes, in den Spitälern aber täglich über 200 bis 250, so daß die Leichname aufgetürmt auf dem Neustädter Kirchhofe lagen. – Franzosen auf der Straße auf das jämmerlichste sterben zu sehen, war etwas gewöhnliches! ...
Dresden, den 1. Dezember 1813.
... Nächst der Komposition und meinem Treiben in der Musik, bewege ich mich auch fleißig in literis, das heißt: es ist ein Stück Autor aus mir geworden; es ist nämlich zum Anfange ein kleines Werk von mir sub titulo: Fantasiestücke in Callots Manier, wozu Jean Paul Fr. Richter eine Vorrede geschrieben, bei Kunz verlegt worden; bekommen Sie es zur Hand, so bin ich auf Ihr Urteil begierig. Nächst manchen schon in der M-Z. abgedruckten enthält es zwei Aufsätze, die vielleicht Ihr Interesse erwecken werden, nämlich: Nachrichten von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza und der Magnetiseur. Bis zur Ostermesse sollen noch zwei Bändchen erscheinen. – Undine ist vollendet und ich warte nur den günstigen Augenblick ab sie würdig auf die Bühne zu bringen; ich tue mir auf diese Musik etwas zugute und glaube vorzüglich in der Undine selbst und dem prächtigen Kühleborn den Sinn des herrlichen Dichters getroffen zu haben. Mein lieber Freund, eine recht herzliche Bitte, nämlich: Antworten Sie mir sobald als möglich, und schreiben Sie mir umständlich, was Fouqué macht und wo er sich jetzt befindet, auch wenn Sie es erfahren können, wo sich jetzt der Staatsrat von Hippel, der im Bureau des Hardenberg arbeitet, aufhält; nächstdem erbitte ich mir recht sehr die Novitäten von Berlin, soweit sie mich interessieren. – Der bekannte Schriftsteller Schulz (Fr. Laun), ein sehr gemütlicher Mann, mit dem ich sehr viel lebte, liegt auch am Nervenfieber darnieder – er hatte eben ein dramatisches Märchen in Gozzi's Manier vollendet, das ich im Manuskript zu lesen erhalten sollte, darüber ist er aber erkrankt. – Ist denn Werner noch in Rom? –
Wir gehen in kurzem nach Leipzig, adressieren Sie gefälligst den Brief dahin mit dem Zusätze: zu erfragen in der Breitkopf und Härtelschen Handlung ...
An Kunz in Bamberg
Leipzig, im goldenen Herz in der Fleischergasse,
den 28. Dezember 1813.
... Leipzig hat dadurch, daß sich hier das Schicksal Deutschlands durch eine Schlacht, die so glorreich, als Napoleon nie eine erfocht, gewonnen wurde, entschieden ein so hohes Interesse erhalten, als nie zuvor; die Menschen sind, unerachtet noch so vieles zu tun, heiterer, freundlicher geworden. – In den öffentlichen Häusern kehrt das alte Leben zurück, und man sieht mit freudiger Erwartung einer reichen ergiebigen Neujahrsmesse entgegen. – Die Feier des Alexandertages am 24. war wahrhaft herzlich gemeint; im Theater gaben wir Faniska von Cherubini, und als ich vor dem Anfange und in den Zwischenakten fleißig pauken und trompeten ließ, erdröhnte das Haus von dem Vivat der Deutschen und dem Hurrah der Russen.
Eben heute hat sich unser alte Seconda, der schon seit mehreren Tagen klagte, gelegt; sollte der Mann Gottes ein schöner Engel werden, so dürfte mit unserem Theater sich manches ereignen, was vielleicht auch auf mich Einfluß hätte. Doch wer kann alles voraus wissen. –
31. Dezember 1813. Freitag: V. M. Besuch bei Rochlitz. Abends an der Abschrift des Märchens geschrieben und aufs Neue gefunden, daß es gut ist. – Spät bis ½2 Uhr bei Keller gepunscht, jedoch ohne eigentlich gemütliche Stimmung – noch sind die verlassenen Freunde in keiner Art ersetzt – und von dieser Seite kein Genuß zu erwarten – Der Punsch war erbärmlich und die Gesellschaft trist! – Adolph Wagner – ein gebildeter Mann – spricht 1700 Sprachen – aber es will nicht recht passen –
– So hätt' ich denn ein höchst merkwürdiges Jahr beschlossen! – Was wird das Neue bringen? Ich will hoffen – Gutes! –
Schon der Silvesterabend brachte Gutes, nämlich die Bekanntschaft mit Adolf Wagner, der bald zu den besten Freunden Hoffmanns gehören sollte. Ein Wort über das Verhältnis Hoffmanns zur Familie Wagner sei hier eingeschaltet.
Als Hoffmann in Dresden bei seinem ersten Aufenthalt den Bruder seines Theaterdirektors, Franz Seconda, besuchte, fielen ihm einige herrliche Porträts auf, die wahrscheinlich von dem Schauspieler Ludwig Geyer, von der Theatertruppe Franz Secondas, herstammten. Dieser Ludwig Geyer ist vielleicht der eigentliche Vater Richard Wagners, jedenfalls hatte er ein in ganz Leipzig bekanntes Verhältnis mit der Frau des Aktuars Friedrich Wagner, des juristischen Vaters von Richard Wagner. Am 23. Mai 1813 traf Hoffmann in Leipzig ein. Am Tage vorher war Richard Wagner geboren worden. Übrigens lernte Hoffmann auch sehr bald den Aktuar Friedrich Wagner kennen. Am 17. Juni schrieb er in sein Tagebuch: »Abends in der ›grünen Linde‹, Actuarius Wagner ein exotischer Mensch der Opitz, Iffland pp copiert und zwar mit Geist – er scheint auch der besseren Schule anzuhängen – un poco exalt. durch den Genuß vielen Rums.« Aktuar Wagner starb bald darauf, und seine Witwe heiratete ihren Freund, den Schauspieler Geyer. In demselben Jahre, in dem Richard Wagner geboren wurde, fast am gleichen Tage, da Hoffmann in die Geburtsstadt dieses Dichterkomponisten einzog, schrieb Jean Paul in Bayreuth in seiner Vorrede zu Hoffmanns »Fantasiestücken in Callots Manier«: »... bisher warf immer der Sonnengott die Dichtgabe mit der Rechten und die Tongabe mit der Linken zwei so weit auseinanderstehenden Menschen zu, daß wir noch bis diesen Augenblick auf den Mann harren, der eine echte Oper zugleich dichtet und setzt.« Hoffmann war dieser Mann nun freilich nicht, aber in seiner Nähe war er gerade in dem Augenblick geboren worden.
Wichtiger aber noch als dieses seltsame Zusammentreffen ist die Freundschaft Hoffmanns mit Adolf Wagner, dem Bruder des verstorbenen Aktuars und also dem Onkel Richard Wagners, geworden. Hoffmanns Einflüssen begegnen wir im Schaffen Wagners auf Schritt und Tritt. Kein Wunder; denn Adolf Wagner, der mit Hoffmanns Ideenwelt tief Vertraute, wurde der eigentliche Mentor des jungen, heranwachsenden Knaben Richard Wagner, der sich noch im späten Alter der gemeinsamen Spaziergänge mit dem feurigen und kenntnisreichen Onkel als einer der Hauptbildungsquellen seiner Jugend erinnerte. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß es der Einfluß dieses Onkels gewesen ist, auf den Richard Wagners genaue und frühe Kenntnis von Hoffmanns Dichtungen zurückgeht.
Leipzig, den 4. März 1814.
... Ich habe Ihnen, teuerster Freund! sehr viel Wichtiges über mich selbst und manches was sich hier seit kurzem ereignet hat, zu sagen! ich halte aber damit zurück, bis ich einen Brief von Ihnen erhalten und gelesen, alsdann sollen Sie das ausführlich hören, was Sie, da ich Ihren Anteil an meinem Schicksale unbedingt voraussetze, gar sehr interessieren wird. – Wir haben hier mehrere Tage hindurch (in den letzten Tagen des Februar) 16 bis 18 Grad Kälte gehabt; die Proben der Camilla und höchst unvernünftiger Opernballette, die der Weimarsche Ballettmeister Uhlig gibt, in dieser strengen Kälte im ungeheizten Theater von 9 bis 1 Uhr zogen mir rheumatische Beschwerden zu, die sich zu meiner Pein und Qual auf die Brust warfen, so daß ich durch einen schnellen Aderlaß (der erste in meinem Leben) und durch siebentausendachthundertvierzig andere Mittel nur der wirklichen Brustentzündung und vielleicht dem Tode entging. – Schreiber dieses sitzt in diesem Augenblick auf dem Bette, hinter seinem Rücken türmen sich eine Unzahl Kissen auf, die Füße sind mit Flanell umwickelt und Betten darüber gelegt – die Handgelenke sind mit Müffchen umwickelt – ... Lassen die unsäglichen Schmerzen, die ich noch zuweilen leide, nur etwas nach, so bin ich bei der besten Laune, auch versichert mir der Arzt, daß an langwierige Folgen nicht zu denken – Seconda ringt die Hände, da das Orchester verwaiset – ...
Die wichtigen Ereignisse, auf die Hoffmann hier anspielt, waren zum Teil wenig glücklicher Natur. Abgesehen von seiner schweren Erkrankung war es mit Seconda zu einem ernstlichen Zerwürfnis gekommen. Seconda hatte ihm die Stelle gekündigt. » Aufkündigung!! Heute hat mir Seconda die Stelle aufgekündigt – consterniert – ich mußte Abends in die Probe von ›Camilla‹ mit unbeschreiblichen Gefühlen – mi. ganze Carriere ändert sich abermals!! Den Mut ganz sink. lassen ...« trug Hoffmann am 26. Februar in das Tagebuch ein. Am Tage vorher war ihm freilich die Musikdirektorstelle in seiner Vaterstadt Königsberg angeboten worden, aber er war entschlossen, sie nicht anzunehmen. Ihm schwebte für seine Zukunft etwas ganz anderes vor. Zunächst arbeitete er zum Zwecke des Geldverdienens an Karikaturen für den Verlag Baumgärtner, schmierte auch – unter dem Pseudonym Arnulph Vollweiler – eine Schlachtsymphonie hin. Das Wichtigste aber: er begann seinen ersten großen Roman, »Die Elixiere des Teufels«.
(Über den Anfang der »Elixiere des Teufels«)
Leipzig, den 24. März 1814.
... Eben vor einiger Zeit habe ich, wie Kanne, gelobt, 40 Tage und Nächte bei meinem Liebchen zu bleiben, und Oneiros der Traumgott hat mir einen Roman inspiriert, der in lichten Farben hervorbricht, indem Tom. 1. beinahe vollendet. – Das Büchlein heißt: Die Elixiere des Teufels, aus den nachgelassenen Papieren des Paters Medardus, eines Kapuziners. Es ist darin auf nichts geringeres abgesehen, als in dem krausen, wunderbaren Leben eines Mannes, über den schon bei seiner Geburt die himmlischen und dämonischen Mächte walteten, jene geheimnisvollen Verknüpfungen des menschlichen Geistes mit all den höheren Prinzipien, die in der ganzen Natur verborgen und nur dann und wann hervorblitzen, welchen Blitz wir dann Zufall nennen, recht klar und deutlich zu zeigen. – Um mich musikalisch auszudrücken, fängt der Roman mit einem Grave sostenuto an – mein Held wird im Kloster zur heiligen Linde in Ostpreußen geboren, seine Geburt sühnt den verbrecherischen Vater – Joseph und das Christuskind erscheinen pp. – dann tritt ein Andante sost. e piano ein – das Leben im Kloster, wo er eingekleidet wird – aus dem Kloster tritt er in die buntbunteste Welt – hier hebt ein Allegro forte an. – Schon daraus, daß ich soviel von dem Dinge schwatze, können Sie sehen, daß es mich stark beschäftigt und mir die Arbeit zusagt. In fünf Wochen sind 20-30 Bogen vollendet, und das Ganze geschlossen, also noch zum Verkauf bis zur Ostermesse. – Ohe jam satis! ...
... Meine Krankheit hat mir hart zugesetzt. Das Rheuma ist in wirkliche Gichtschmerzen ausgeartet, an denen ich periodisch und vorzüglich bei der geringsten Wetterveränderung leide – also ein lebendiger Thermometer. Der Arzt untersagte mir gänzlich das Theater, sowie die Reise nach Dresden; Seconda, der sonst unbillig, grob, insolent gegen die Schauspieler ist, macht bei mir eine glänzende Ausnahme! Er hat mir bis jetzt noch nicht einen Pfennig abgezogen, bezahlt vielmehr die volle Gage die ganze Zeit seines Hierseins, unerachtet ich nur die Proben im Hause abzuhalten imstande bin, und vielleicht nur künftige Woche, wenn die Witterung sich hält, dirigieren werde. Er läßt mich hier, und künftigen Herbst, wenn er wieder herkommt, trete ich, hoffentlich ganz hergestellt, wieder ins Amt. Den Sommer über bleibe ich also hier, pflege privatisierend, schreibend, komponierend usw. meine Gesundheit, und muß ernstlich darauf denken, nächst dem wenigen Gelde, das ich aus Königsberg erhalte, mir einen Zuschuß zu verschaffen. – Der Roman: Die Elixiere des Teufels, muß für mich ein Lebenselixier werden! – Podagristen haben gewöhnlich einen besonderen Humor – brillante Laune – dies tröstet mich, ich empfinde die Wahrheit, denn oft mit den heftigsten Stichen schreibe ich con amore; – wird es aber gar zu toll, so nehme ich Bleistift und Pinsel und zeichne – Karikaturen der Zeit!
Jetzt komme ich zu der wichtigen Nachricht von mir, die ich Ihnen mitteilen wollte, und schäme mich sehr, daß sich gar nichts jetzt darüber sagen läßt, wovon ich damals, als ich schrieb, so sehr erfüllt war! Nur so viel: Auf eine ganz unerwartete Weise ist mir eine äußerst ehrenvolle glänzende Laufbahn in der Kunst in meinem Vaterlande eröffnet worden! Meine Freunde, die sich jetzt an der Spitze des Staates befinden, denken an mich, und ein ewiger Vorwurf ist es mir, daß ich in meiner unbegreiflichen Indolenz nicht früher an sie dachte. – Sie kennen meine Verbindungen! – Alles hängt aber noch von dem Eintritt gewisser Umstände in Berlin ab. – Nach dem Frieden ein Mehreres! – Wer weiß, auf welchem Stuhl ich künftigen Sommer sitze!
Hoffmann schildert hier seine Lage rosiger, als er sie selbst empfand. Insonderheit ist sein Verhältnis zu Seconda sehr euphemistisch dargestellt. Seconda dachte offenbar nicht daran, Hoffmann wieder einzustellen. Und die Hoffnungen auf die Berliner Freunde schwebten auch noch völlig in der Luft. Deutlicher erkennt man die Wahrheit aus dem folgenden Schreiben an Hitzig. Hoffmann bietet Hitzig verblümt seinen Roman »Die Elixiere des Teufels« an, der ihm so absolut gar nicht zum eigenen Lebenselixier werden sollte. Bekanntlich hatte dieses wahrhaft hinreißende Werk zu Lebzeiten des Dichters keinen Erfolg.
Leipzig, den 8. Juni 1814.
... Vor Ablauf des Winters bin ich an einer Brustentzündung und gichtischen Anfällen, den Folgen einer enormen Erkältung im Theater, hart erkrankt, so daß es beinahe um mich geschehen gewesen wäre. Dies, sowie ein unangenehmer Vorfall der mich über meine subordinierten Verhältnisse ganz aufklärte, gab die Veranlassung, mich von Seconda zu trennen und seit der Zeit sehe ich auch nun wieder einem besseren Schicksal entgegen, das aber wohl nicht ausbleiben wird; wenigstens habe ich nie mehr gehofft als eben jetzt. – Während der Krankheit entwarf ich allerlei lustige Zeichnungen, die in gewisser Art mich gegen den Schmerz, den ich zu erdulden hatte, im Gleichgewicht erhielten und noch überdem, da sie sämtlich in Baumgärtner den Verleger fanden, mich aus der Verlegenheit zogen. Nächstdem ging mir zu derselben Zeit ein Roman besonderer Art auf, dessen ersten Teil ich längst ins Reine gebracht, mit dem es bei der Indolenz der hiesigen Buchhändler, sobald es Verlagsartikel gilt, mir aber bis jetzt hier so gegangen ist wie mit Fouqués Galgenmännlein, indem er mir immer wieder in die Tasche kam. – Rechnen Sie es, teurer Freund! nur dem unbegrenzten Zutrauen, das ich in Ihre wie ich weiß unwandelbare Freundschaft setze, wenn ich Ihnen das Manuskript mit der Bitte beilege: ob Sie, bei Ihrer Verbindung mit so vielen Buchhändlern in Berlin mir nicht für das Werkchen einen Verleger verschaffen könnten? – Über das Werk selbst mag ich nichts sagen, nur rücksichts des Verlags:
Sein Sie nicht böse, teurer Freund, daß ich Sie mit dieser Angelegenheit behellige. Sie können wohl denken, daß bis auf bessere Zeiten mich die literaria durchhelfen müssen, und das würde freilich schwer gehen, wenn ich nicht jetzt an drei Zeitschriften mitarbeitete, nämlich an der Musikalischen Zeitschrift, an der Zeitung für die elegante Welt und am Morgenblatt. Zum letzteren hat mich Cotta bei seinem Hiersein artigerweise aufgefordert und ich glaube, daß ich das den Fantas. St. in Callots Manier verdanke, von denen die beiden letztern besseren Bändchen schon im Manuskript an Herrn Kunz versendet sind und zu Michaelis im Druck erscheinen. – Die Komposition des herrlichen Operngedichts Undine habe ich längst vollendet, und ich glaube, daß mir das Werk besonders gelungen. Wegen der Ausführung habe ich noch nicht einen einzigen Schritt getan und das mit gutem Vorbedacht. – Hätte die Holbeinsche Entreprise in B. noch einige Zeit fortgedauert, so würde die Oper dort ganz im Sinn des Dichters und des Komponisten auf die Bühne gekommen sein. Bei dem ganz plebejen Seconda und der mit jedem Tage sinkenden Truppe, die nun im Linkschen Bade in Dresden spielt und Pantomimen gibt, z. B. Napoleons Stolz und Sturz ( sic!) war das unmöglich, denn außer dem Direktor, dem alles ästhetischer Unsinn (nach seinem wörtlichen Ausdruck) schien was über die gewöhnliche Opernschmiererei hinausging, wußte auch keiner der übriggebliebenen das Ding nur auf irgendeine Weise zu ergreifen. – Sagen Sie mir nun, teurer Freund! ob und wie es vielleicht möglich sein sollte die Oper in Berlin auf die Bühne zu bringen, ob es geraten sein dürfte noch einige Zeit damit zu warten? – Sollte eine Aussicht vorhanden sein die Oper wirklich auf die Bühne zu bringen, so würde ich Ihnen eine saubere Abschrift der Partitur und des Gedichts senden. Ich denke mir die Wirkung der ausgestellten musikalischen Massen sehr ergreifend. Es ist doch ein gar herrliches Gedicht des prächtigen Fouqué und ich wüßte in der Tat kein einziges Operngedicht, das ich der Undine an die Seite setzen könnte. Wagner'n hat die Oper noch mehr wie die Erzählung angesprochen ...
Aber Hoffmanns Hoffnungen gingen augenblicklich nach einer ganz anderen Richtung als nach künstlerischen Erfolgen. Man muß annehmen, daß er schon damals den Plan hatte, wieder in das juristische Amt zurückzukehren. Vermutlich baute er dabei auf Hippels Unterstützung. Er war des freien Künstlerlebens und seiner Gefahren satt. Insbesondere mochte es vor allem der Gedanke an die Frau sein, der ihn nach einer sicheren Futterkrippe Ausschau halten ließ. Ganz plötzlich sollte für diese Pläne Erfüllung winken. Am 6. Juli 1814 kam Hippel unvermutet von Paris nach Leipzig. Sofort wurden die Pläne Hoffmanns des näheren besprochen, und gemeinsam wurde wohl der Brief aufgesetzt, mit dem in der Hand er in Berlin für die Wiederanstellung des Freundes wirken wollte.
6.–7. Juli 1814: Zwei denkwürdige Tage! – Am 6. erschien ganz unerwartet Hippel in L. – ganz der Alte! – sagte mir die Anstellung in Berlin augenblicklich zu – schenkte mir eine goldene Repetier-Uhr usw. usw. –
Teuerster Freund!
Endlich erfahre ich, daß die Flut von Geschäften, die Dich in der letzten so ereignisreichen Zeit gewiß überströmte, wenigstens für jetzt nachgelassen; so darf ich wohl hoffen, daß Du einige Augenblicke den Angelegenheiten Deines Jugendfreundes zuwenden kannst, und ich säume daher nicht, Dir jetzt alles das zu sagen, was ich schon längst auf dem Herzen hatte! – Du weißt, daß als im Jahre 1806 der unglückliche Krieg mich um meine Regierungsratsstelle in Warschau brachte, ich bei meinen künstlerischen Kenntnissen es für meine Pflicht hielt, meinen hilfsbedürftigen nur auf ihre Wissenschaft beschränkten Kollegen den Platz zu räumen, und so versuchte ich es mir durch die Musik meinen Lebensunterhalt zu erwerben. Nicht wiederholen darf ich es aber, was ich Dir schon früher in Dresden klagte, nämlich, wie sehr ich überall in meinen Erwartungen getäuscht wurde und wie ich bei einem ungewissen ärmlichen Brote noch das wenige Vermögen, was mir übrig geblieben, vollends zusetzen mußte.
Fortwährend trug ich den sehnlichsten Wunsch in mir, wieder im preußischen Staate angestellt zu werden, nie ließ ich aber diesen Wunsch laut werden, denn selbst konnte ich mich ja bescheiden, daß dies damals bei der Konkurrenz so vieler Offizianten, die mit mir im gleichen Falle waren, nicht möglich gewesen sein würde. Jetzt nachdem der so glorreiche Ausgang des Krieges alle Wünsche, alle Erwartungen jedes Patrioten überstiegen, nachdem Preußen mit beispielloser Energie seine Rechte behauptet hat, geht mir die Hoffnung auf, daß auch wohl mir, über den die Bedrängnisse der kriegerischen Zeit gekommen sind, daß nur ein fester Mut – ein standhaftes Vertrauen auf die zuletzt doch siegende gute Sache mich aufrecht erhalten konnte, ein besseres Schicksal bereitet sein werde. – Mit der Treuherzigkeit, die Du gewiß Deinem ältesten Jugendfreund gut deuten wirst, bitte ich Dich daher, mir, wenn es möglich ist, eine Anstellung in irgendeinem Staatsbureau zu verschaffen, die mich nährt; mit gewissenhafter Treue, mit beharrlichem Eifer will ich jedem Dienst dieser Art vorstehen. Wohl darf ich mich auf meine ehemaligen Dienstverhältnisse berufen, da ich weiß, daß mir meine Vorgesetzten nie das Zeugnis der Fähigkeit und des Fleißes versagt haben, und übrigens kennst Du, teuerster Freund, selbst mich ja so ganz und gar, daß ich nichts mehr hinzufügen darf, um meine Bitte, deren Erfüllung, wenn sie möglich ist, ich Dir recht ans Herz lege, zu unterstützen.
Ewig Dein treuester
Hoffmann
Leipzig, den 7. Julius 1814.
Leipzig, den 27. Juli 1814.
Deine plötzliche Erscheinung war, wie ich es Dir schon in Leipzig sagte, in der Tat ein heiterer Sonnenblick, der in mein Leben fiel und mich wunderbar aufregte. Dieser aufgeregten Stimmung magst Du es verzeihen, teuerster Freund, daß ich von einer tötlichen Ungeduld, von einem gänzlichem Mißbehagen an allem, was mich hier umgibt, geplagt, es nicht erwarten kann, daß Du mir schreibst. – Mir ist es, als wäre schon seit Deinem Hiersein gar lange Zeit vergangen, und jeden Posttag habe ich gelauert, ob der kanariengelbe Mann, der bei mir immer mit unglaublicher Schnelligkeit vorüberrennt, nicht einmal bei mir einsprechen würde, aber vergebens. So überzeugt ich bin, daß Deine freundschaftlichen Bemühungen für die Erfüllung meines Wunsches von dem besten Erfolg sein werden, so werde ich doch, vom bösen Schicksal bis jetzt recht herum getrieben, oft von einer düsteren Ahnung heimgesucht, daß man bei meinen gerechten Ansprüchen doch wohl mir manche Schwierigkeit entgegensetzen und ich abermals brotlos bleiben könne. – Schlimm wäre es in der Tat, da ich es nun erfahren, was es kostet und wie schwer es hält, in der Kunst emporzukommen. – Meine einzige Hoffnung hatte ich und habe ich auf Dich gestellt! – Nimm das Billett für weiter nichts, als für den Ausbruch eines recht im Innersten bewegten und beängstigten Gemüts, und tröste mich bald mit ein paar Zeilen, sollten sie auch nur von Hoffnungen sprechen können. – Könnte ich doch nur erst Leipzig verlassen – Du glaubst es nicht, wie schwer es hält, mich hier durchzubringen, da die Teuerung mit jedem Tage steigt, so aber mit meiner Kasse in beständigem Gegensatz steht. – Doch genug von meinen schlechten Lebensverhältnissen, da mir ja doch wohl noch die Hoffnung leuchtet, aus diesem wahren Schlamm hervorgezogen zu werden.
21.–31. August 1814: Dies tristes – Untätigkeit, entstanden aus seltsamen Träumen. Der innere Poet arbeitet und überflügelt den Criticus und den äußeren Bildner – romantische Stimmung rücksichts des Käthchens, die aufwacht, lebendig wird und ihr altes Recht behauptet, mich mit Fantasmatis zu befangen – So wurde der Monat beschlossen.
Am 24. September konnte Hoffmann endlich Leipzig verlassen und nach Berlin gehen, um in den Justizdienst zurückzutreten. Eine Anstellung war ihm zugesagt worden. Hoffmann selbst war sich darüber unschlüssig, ob er sich im Interesse seiner künstlerischen Betätigung nicht lieber mit dem subalternen Posten eines Expedienten in irgendeinem Berliner Ministerium begnügen solle, als eine Ratstelle anzustreben. Nach mannigfachen Experimenten nahm er schließlich die ihm angetragene Stellung eines Kammergerichtsrats an. Als er in Berlin ankam, war jedenfalls von diesen Fragen noch keine gelöst. Nur so viel war klar, daß ein furchtbares Martyrium hinter ihm lag und die Zukunft mit fröhlichen Aussichten lockte.