Heinrich Hansjakob
Erinnerungen einer alten Schwarzwälderin
Heinrich Hansjakob

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Schon oft habe ich dich sagen hören, die Großeltern kehrten leiblich und geistig in den Enkeln wieder. Bei dir trifft das vollständig zu, denn ich habe auch deine väterlichen Großeltern noch wohl gekannt.

Oefters, wenn wir zwei, dein Großvater und ich, vom Hausieren heimkehrten, Hasle zu, trafen wir in der Nähe des Städtchens den Eselsbeck, der entweder in der »Bettlerkuche« unter den Eichen stand oder seine Runde als Hirtenmeister gemacht hatte.

Er schloß sich uns jeweils an; denn so lange der Wälder-Xaveri nicht »Herr« hieß und ihm nicht Konkurrenz machte im Erzählen, verkehrte der Eselsbeck freundlich mit dem Hausierer.

Oft kamen wir auch in sein Haus; denn bei ihm kehrten die Bauern vom Rohrhardsberg und aus dem Prechtal an, wenn sie auf die Märkte nach Hasle gingen. Dort suchten wir sie auf, und sie kauften stets was vom Xaveri. Bei der Gelegenheit hörte ich den Eselsbeck räsonieren, schimpfen, kritisieren und erzählen.

Auch seine große, blasse, schwarzhaarige Frau, die Marianne mit ihren schwermütigen Augen, sah ich dann und hörte sie singen in der Küche.

So kannte ich alle, von denen du deine leiblichen und geistigen Eigenschaften ererbt hast. Von der väterlichen Großmutter hast du deines Leibes Länge, das schwermütige, schwarzgallige, pessimistische und nervöse Wesen und die Liebe zum Singen beim Alleinsein überkommen, vom Eselsbeck das »böse Maul«, das Schimpfen Kritisieren und Sticheln und die demokratische Ader.

Dein Gesicht ist eine Mischung der Züge deiner mütterlichen Großeltern. Dein unruhiges, unstetes Hin- und Her-, Auf- und Abwandeln ist ein Erbstück des hausierenden Wälder-Xaveri, der viele Jahre nirgends eine bleibende Stätte hatte. Von ihm ist auch deine Sucht, zu lesen und zu studieren und nie müßig zu sein.

Von seinem Weib, der Luitgard, hast du deine Derbheit und deine oft so unkluge Offenheit: denn sie konnte, wenn sie einmal die Arme übereinander gelegt hatte, jedermann dick und dünn die Wahrheit sagen und die schönsten Grobheiten machen.

Daß du, wenn du willst, auch liebenswürdig sein kannst, verdankst du wieder dem Wälder-Xaveri, der als Hausierer es vortrefflich verstand, die Leute für sich einzunehmen.

Verschlimmert wurden deine schlechten Eigenschaften noch durch deinen Bildungsgang, der dir alle möglichen Waffen in die Hand gab, die Eigenheiten des Eselsbecks zu vervollkommnen.

Deine von Haus aus schwachen Nerven hast du überreizt durch vieles Trinken und Rauchen in deiner Studienzeit, durch übermäßiges Studieren und durch dummes Politisieren in den folgenden Jahren.

So bist du geworden, der du bist: ein launenhafter, aufgeregter, oft kleinlicher und widerwärtiger, selten liebenswürdiger, unruhiger, unzufriedener Schwätzer und Räsoneur – und in deinen bessern und ruhigern Stunden bald ein Schwärmer, Wolkensegler und Idealist, bald ein Melancholiker und schwarzgalliger Pessimist.

Aber zu bedauern bist du bei all diesen Eigenschaften, und wenn ich nicht schon vorher die Erfahrung gemacht hätte, welch zweifelhaftes Glück es sei, ein Mensch zu sein, so hätte ich sie bei dir machen können. Denn niemand hat so oft dich seufzen hören als ich.

Aber an dir lernte ich in der Richtung etwas Neues, das nämlich, daß der kultivierte, der gebildete Mensch noch weit schlimmer daran ist als der ungebildete, und daß der Bauer auf dem Schwarzwald viel gesünder und zufriedener lebt, als der Gelehrte in seiner Studierstube. Auf meinen vieljährigen Hausierreisen unter dem gemeinen Volk traf ich fast nur glückliche oder geduldige Menschen; glücklich in guten und geduldig in schlechten Tagen.

Du dauerst mich oft, wenn ich sehe, wie du von ewiger Unruhe geplagt bist. Kaum sitzest du an deinem Schreibtisch und hast einige Sätze geschrieben, so stehst du wieder auf und gehst pfeifend oder singend oder seufzend im Zimmer auf und ab. Gleich darauf langst du wieder nach einem Buch und liest einige Zeit. Nach kurzem wird wieder die Feder ergriffen: doch bald geht das Pfeifen und Singen wieder an. Zwischen hinein streckst du dich auch müde auf dem Sofa aus; aber kaum liegst du einige Augenblicke still, so wird liegend wieder eins gepfiffen oder gesungen.

Das hab' ich dabei dir abgemerkt; pfeifen kannst du immer, auch wahrend des Schreibens und in trüben Stunden, aber singen tust du nur, wenn du gut aufgelegt bist.

Wenn ein Hund bellt oder Kinder lärmen auf dem Platz vor deinem Hause, so springst du vom Lesen und Schreiben auf, wie von einer Tarantel gestochen, und murmelst Verwünschungen in dich hinein.

Zu all' den obengenannten Fehlern und zu deinem unruhigen Wesen kommt noch eine große Empfindlichkeit. Wer dir ein Sandkorn an die Fensterscheiben deines Seelenlebens wirft, den siehst du an, als ob er dir einen Felsberg oder eine Dynamitpatrone vor die Füße geworfen hätte.

Und dein Größenwahn ist wahrlich auch nicht klein. Du meinst, es gäbe noch viel dümmere Leute als du, und hassest und bespöttelst die Dummheit anderer, während du selbst, richtig genommen, der Dümmsten einer bist.

Dann empörst du dich oft über das Unrecht, das andern Menschen geschieht, und siehst nicht ein, daß Recht und Wahrheit allezeit auf Erden mit Füßen getreten wurden und daß Gewalt und Lug und Trug immer obenan sind in dieser Welt.

Du eiferst gegen Servilismus und Byzantinismus, während die meisten Menschen, wie du oben richtig gesagt hast, von Herzen gerne Knechte und selige Knechte sind.

Du sprichst von Freiheit und meinst, alle Leute sollten darüber so denken wie du, während die Mehrzahl von ihnen die Knechtschaft liebt und mit Freuden unterkriecht.

Du eiferst gegen die Dummheit und merkst nicht, daß sie auf Erden eine Großmacht ist, welche überall die Majorität hat, über Aemter und Würden verfügt und Zaunkönige zu angesehenen Leuten macht.

Du meinst, es sei klug, seine eigene Meinung zu haben und sie offen zu vertreten, und siehst nicht ein, daß es nur Nutzen, Ruhe und Frieden bringt, wenn man mit den Wölfen heult, mit den Schafen blökt und mit dem Strom schwimmt, selbst wenn er noch so schmutzig, träg und geistlos sich dahinwälzt.

Du sprichst und schreibst für die Erhaltung des guten Alten und eiferst gegen die Neuzeit und ihre Gebilde, die überall ins Volk dringen und es verwüsten. Aber du siehst nicht ein, daß, wie ein altes Sprichwort sagt, wer zum Teufel gehen will, sich nicht aufhalten läßt. Unsere Zeit will aber das, also laß das Räsonieren gegen sie; es nützt ja doch nichts.

Du wirfst den weiblichen Wesen Neigung zum Lügen vor und gehst selbst mit der Wahrheit nicht nach Gebühr um. So z. B. sagst und schreibst du immer, du seist ein armer Mann. Ich habe davon noch nichts gemerkt, weder an dir und in deinem Haus, noch an mir, die du als ein armer Teufel nicht so hättest ausstatten lassen können.

Auch für fromm und für gut katholisch giltst du nicht bei gewissen Leuten. Und das ist eine Schande für einen katholischen Pfarrer; der muß in alleweg mit den frommen Leuten gehen; auch soll er kein so scharfer Demokrat sein und nicht die Revolution verteidigen, wie du.

Solch ein Mensch, so vereigenschaftet bist also du und wagst es noch, deinem Nächsten und uns Wibervölkern Fehler nachzusagen, die du meist selber hast! Schlage also an deine eigene Brust und laß die männlichen und weiblichen Nebenmenschen in Ruhe.

Am besten wird es sein, du gibst deine Bücherschreiberei ganz auf, dann hört auch dein Räsonieren und Kritisieren zum Teil auf, und du bekommst eher Frieden mit deinen Mitmenschen, unter denen viele sind, die dich für hochmütig und boshaft halten und die dich hassen, weil du nicht so knechtselig bist wie sie und noch ein offenes Wort hast, während sie sich alles gefallen lassen. –

So denunziert mich die alte Holzkiste zum Abschied von meinen Lesern und Leserinnen. Ich würde dazu schweigen, wenn ich nicht annehmen müßte, daß sie überall und in allem Glauben fände.

Ich kann mir aber nicht alles gefallen lassen von der alten Keiferin, sondern muß mich gegen einzelne ihrer Anklagen wehren und antworte ihr deshalb also:

Ich will dich, meine gute Freundin, nicht des Undanks zeihen, weil du dem, der dich aus unwürdigem Dasein erlöst, dich in ein Prachtgewand gehüllt und zu einer Königin deines Standes erhoben hat, vor aller Welt Spott und Schande sagst. Ich verüble es dir deshalb nicht, weil du fast durchweg die Wahrheit gesagt hast, und das liebe ich, auch wenn ich selbst darunter leide.

Du hast recht, ich bin empfindlich, launisch, derb, größenwahnig, sehr aufgeregt und unruhig, dumm, unendlich dumm, in vielen Dingen und Anschauungen zu offen und mit einer scharfen Zunge und einer galligen Feder behaftet. Allein bedenke, so spann es mir die Parze aus dem Hanf, den meine Eltern und Voreltern ihr in die Hände gegeben. Du hast das ja selber eben zugestanden.

Aber, glaube mir, es ist keine Kleinigkeit, so veranlagt zu sein. Denn eine solche Veranlagung, wie ich sie habe, schafft innere und äußere Feinde, Kämpfe und Stürme und paßt vorab gar nicht in unsere Zeit.

Es ist auch keine Kleinigkeit, von aufgeregten Nerven gehetzt zu werden, wie von Dämonen und von Furien und energielos sie schalten und walten lassen zu müssen.

In meinen jungen Jahren schon, lange ehe du meine nähere Bekanntschaft machtest, war ich nicht viel besser daran als im Alter; aber ich hatte noch Energie und Spannkraft, während jetzt die Stürme über mich hinsausen und mich niederbeugen wie die Zweige einer alten Trauerweide.

Daß du deshalb selber Mitleid mit mir hast, freut mich. Aber du tust mir unrecht, sofern du meinst, ich lüge, wenn ich sage, ich sei ein armer Mann. Arm ist nach meinen Begriffen jeder, der nicht von seinem Kapital oder seinem Gut leben kann. Arm ist drum jeder, der um sein täglich Brot arbeiten und einen Dienst, ein Amt versehen muß, wobei er oft noch Vorgesetzte hat, die unfähiger und dümmer sind als er. Reich und unabhängig ist nur der Kapitalist und der Bauer auf einem schuldenfreien Gut.

Wer im Verhältnis des Arbeitnehmers zu einem Arbeitgeber steht, oder in einem Amte dienen muß, wenn er leben will, ist ein abhängiger, armer Teufel, und wenn er nebenbei alle Weisheit Salomons besäße.

Darum sagt auch die hl. Schrift: »Weisheit ist nur schön mit einem Erbgut, auf daß man sich der Sonne freuen kann.« –

Recht hast du aber, wenn du meinst, ich sei nicht fromm, soferne du darunter wahre, echte Frömmigkeit verstehst – jene Art christlichen Lebens, die in Demut, Selbstverleugnung und Nächstenliebe sich äußert. In diesen Tugenden lasse ich leider vieles zu wünschen übrig.

Auch das weiß ich, daß es Leute gibt, die mich für nicht gut katholisch halten, weil ich noch eine eigene Meinung habe in Dingen, über welche jeder Katholik frei denken und frei reden kann und darf.

Ich lasse mich auch nicht bevormunden von diesen oder jenen Parteiführern oder von diesen und jenen Zeitungsschreibern, die Tag für Tag unzähligen Katholiken vorsagen, was sie zu reden und wie sie zu denken haben über Tagesfragen, Zeitbedürfnisse und Zeitverhältnisse.

Zu diesen Unmündigen, die heute so und morgen anders reden und denken, wie es ihnen eben vorgemacht wird, gehöre ich nicht und will ich nicht gehören.

Auch zu jenen Leuten zähle ich mich nicht, die alles und jedes, was von den höheren Organen der Kirche ausgeht und verordnet wird, für weise und zeitgemäß halten und zu allem in Demut schweigen oder gar noch Lob dazu singen.

Allerdings ist man heutzutage in den Augen vieler Leute nicht mehr katholisch, wenn man nicht zu jenen Unmündigen, blind Gehorsamen und alles geduldig Hinnehmenden gehört. Ich habe aber vom Katholizismus eine andere und bessere Auffassung. Er soll und will nicht Unmündige und Sklaven heranziehen, sondern freie, selbstbewußte Kinder Gottes. Denn das echte Christentum ist Wahrheit und Freiheit und nicht Knechtssinn und Geistlosigkeit.

Die Zukunft gehört, wie der Demokratie, so auch mehr als bisher der Religion. Und es wäre drum so leicht in unserer Zeit, einer echt christlichen und echt katholischen Weltanschauung eine Gasse zu machen, wenn man die Gläubigen nicht taxieren und behandeln wollte nach dem Grade ihrer Unterwürfigkeit und ihres Gehorsams in Dingen, die nicht zum Wesen des Christentums gehören.

Und ich meine, daß nicht jene die guten Katholiken sind, welche zu allem »Ja« und Amen sagen, sondern jene, welche trauern, daß in unsern Tagen so manches geschieht, was den wahren Interessen der Religion und der Kirche schadet. –

Freilich hab' ich es schon oft bedauert, eine eigene Meinung zu haben. Man macht sich dadurch unnötig Feinde, und die Dinge gehen doch, wie sie gehen, weil die Mehrheit der Menschen eben gewöhnt ist, sich führen und leiten und sich alles gefallen zu lassen, und weil sie drum jeden scheel ansieht und für einen Ketzer hält, der nicht genau so tut und denkt wie sie. Na, wo die meisten Menschen auf Stelzen laufen, gelten diejenigen, so sicher und weise zu Fuß gehen, für Narren. Und wo bei einer Herde das Schaf, welches sich etwas freier bewegt als das Gros der Herde, mit Hundegebell und Peitschenhieben behandelt wird, ist es nicht gescheit, eine andere Meinung zu haben als die Majorität.

Drum hab' ich mir schon oft selbst laut zugerufen: »Du bist ein Esel und ein Narr!« –

In Bezug auf meine Auslassungen über Demokratie und Revolution will ich dir, greises Holzmöbel, das du noch aus den Zeiten des Absolutismus stammst, einen klassischen Zeugen bringen, der für mich spricht. Es ist dies der amerikanische Erzbischof Ireland, ein Mann, der in Rom viel gilt. Dieser Erzbischof hielt anno 1893 in der Kathedrale zu Baltimore eine Rede, worin er von unserem demokratischen Jahrhundert und von der Stellung der katholischen Kirche zur Demokratie spricht. Er meint, die Kirche fürchte die Demokratie deshalb nicht, weil dieselbe ihren eigenen Grundsätzen am meisten entspreche. »Die Geschichte der katholischen Kirche,« so sagt er, »ist die Geschichte der Befreiung der Sklaven, der Unterdrückung der Gewaltherrschaft, der Verteidigung des Armen, des Volkes, des Weibes und aller sozialen Wesen, welche durch Herrschsucht und Leidenschaft unterdrückt wurden und unterdrückt werden.«

»Die großen Theologen der Kirche, ein Thomas von Aquin, ein Suarez, geben uns in ihren Schriften das Programm der politischen Volksherrschaft, welche in unserem Jahrhundert ihre definitive Gestalt annimmt. Sie weisen nach, daß alle politische Gewalt von Gott komme durch das Volk, zu dessen Wohl die Fürsten und Könige mit ihrer Würde betraut sind, und daß, wenn die Könige sich zu Gewaltherrschern machen, dem Volk das unbestrittene Recht der Revolution bleibe.«

»Die Kirche lebt unter allen Regierungsformen. Wenn diese durch das Volk bestätigt sind, sind alle und jede rechtmäßig. Aber die Regierungsform, welche mehr als jede andere die Herrschaft des Volkes durch das Volk und für das Volk ist, ist diejenige, welche der katholischen Volkskirche, ihren Grundsätzen und ihrem Herzen am meisten entspricht.« –

Diese Worte des genialen katholischen Erzbischofs von St. Paul dürften den demokratischen katholischen Pfarrer von St. Martin zu Freiburg genügend rechtfertigen. –

Was endlich meine Schriftstellerei betrifft, so hast du ganz recht, alte Freundin, wenn du meinst, ich sollte sie aufgeben. Ich habe schon mehr als genug geschrieben und komme jetzt in die Jahre, in denen die Menschen gerne zu »geschwätzigen Greisen« werden.

Wenn ich es bis heute noch nicht getan und noch nicht aufgehört habe, Bücher zu schreiben, so geschieht es vorzugsweise aus zwei Gründen. Einmal schreibe ich oft nur, um in müßigen, von den Nerven geplagten Stunden der Verzweiflung zu entgehen und die Armseligkeit meines Daseins zu vergessen. Spazierengehen kann ich nicht, lesen nur in sehr beschränktem Maße, Gesellschaft mag ich nicht, sie langweilt und ermüdet mich; beten kann der Mensch auch nicht den ganzen Tag, auch nicht immer pfeifen und singen. So bleibt mir nichts anderes übrig, als ich setze mich an den Schreibtisch und schreibe nieder, was in meinem unruhigen Kopfe zappelt.

Und dann geht es mir wie einem alten, vereinsamten Landkrämer, der in seiner Bude auf den Tod wartet, aber vorher noch seine Waren an den Mann bringen und verkaufen möchte.

So habe ich auch noch einige Bauernartikel nebst Zündhölzern und Schnupftabak auf Lager. Diese Waren will ich in den nächsten Jahren noch auf den Markt werfen, da und dort noch einige Zündhölzer anzubringen suchen, und dem oder jenem was zum Schnupfen geben. Diese Bücher werden dich, alte Holztante, noch vollends ausfüllen.

Und wenn dann ein neues Jahrhundert anbricht, will ich meine altmodische Schreiberei aufstecken und lediglich auf den Tod warten, wenn er nicht, mir stets willkommen, vorher schon seine Sense gegen mich losläßt.

Sollt' ich aber im oder nach dem Jahre 1900 doch noch leben und schreiben, so denk', alte Base, daß es aus Not geschieht, aus Armut und Geldnot, wenn nicht vorher meine Leserinnen aus Dankbarkeit für das Lob, das ich ihrem Geschlechte schon gespendet habe, mir eine Dotation zusammenbringen, die mich des Darbens im Greisenalter enthebt. –

Dies meine Antwort auf deine Anklagen. Doch nun laß uns Frieden machen, liebe Freundin, und im Frieden leben die kurze Zeit, die wir noch beisammen sind. Wenn aber die Stunde kommt, in der sie mich im Totenbaum an dir vorbeitragen, so sprich aus freudigem Herzen: »Dem Mann ist ein guter Tag geschehen; ich bin froh für ihn, daß er dieses Leben überstanden hat. Es war für ihn wahrlich kein Traum. Gott hab' ihn selig!« –

Die greise Schwarzwälderin reicht mir, da ich diese Worte ganz in ihrer Nähe niederschreibe, die runzelige, braune Hand. In ihren alten Augen glänzt eine Träne und in den meinigen auch. Wir beide sind versöhnt für immer. –

 


 


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