Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Oden und Lieder.
Drittes Buch.


Aufmunterung zum Vergnügen.

Erlernt von muntern Herzen
Die Kunst beglückt zu scherzen,
Die Kunst vergnügt zu sein.
Versucht es. Laßt uns singen,
Das Alter zu verjüngen,
Die Jugend zu erfreun.
Macht neue Freundschaftsschlüsse!
Ihr Kinder, gebt Euch Küsse!
Ihr Väter, gebt Euch Wein!

 

Anacreon.

In Tejos und in Samos
Und in der Stadt Minervens
Sang ich von Wein und Liebe,
Von Rosen und vom Frühling,
Von Freundschaft und von Tänzen;
Doch höhnt' ich nicht die Götter,
Auch nicht der Götter Diener,
Auch nicht der Götter Tempel,
Wie hieß ich sonst der Weise?

Ihr Dichter voller Jugend,
Wollt ihr bei froher Muße
Anacreontisch singen:
So singt von milden Reben,
Von rosenreichen Hecken,
Vom Frühling und von Tänzen,
Von Freundschaft und von Liebe;
Doch höhnet nicht die Gottheit,
Auch nicht der Gottheit Diener,
Auch nicht der Gottheit Tempel.
Verdienet, selbst im Scherzen,
Den Namen ächter Weisen.

 

Chloris.

In jenem zarten Alter,
Als ich mit meinem Schäfchen
Mich noch zu messen pflegte
Und älter war, doch kleiner,
Als mein getreues Schäfchen,
Da folgt ich schon der Chloris,
Wie mir mein treues Schäfchen.
Auch schon in jenen Zeiten
War sie in meinen Augen
Mehr als ein sterblich Mädchen,
Und ist noch eine Göttin,
Und mir die schönste Göttin,
Die jemals sichtbar worden.
Einst sagt' ich ihr: ich liebe;
Ich liebe dich, o Chloris.
Dies war des Herzens Sprache,
Dies sagten meine Seufzer;
Die kindisch blöde Zunge
Ließ Herz und Seufzer reden
Und fand sich keine Worte.
Doch mich verstand die Schöne
Und schenkte mir ein Mäulchen,
Ein unvergeßlich Mäulchen.
Und sprach zu mir: Du Kleiner,
Du kennst noch nicht die Liebe.
Seitdem entbrannte Chloris,
Jedoch für andre Schäfer.
Seitdem fing mancher Schäfer
Aus Chloris Augen Feuer.
Seitdem kam ich ins Alter,
In dem wir Menschen lieben,
Wie unsre Väter liebten.
Es reiften meine Jahre,
Es gab mir jeder Frühling
Mehr Zärtlichkeit und Wünsche.

Noch jetzt verehr' ich Chloris;
Mir aber ist sie spröde
Und wünscht nicht zu erfahren,
Ob ich die Liebe kenne;
Und jener süßen Stunde
Und ihres kleinen Schäfers
Und ihres holden Kusses
Vergißt die stolze Schöne.
Nur ich kann ihrer Lippen,
Die sie mir lächelnd reichte,
Nur ich kann ihres Kusses
Und ihrer nicht vergessen.

 

Der Traum.

Ich schlief in einem Garten,
Den Ros' und Myrthe zierten,
In dem drei holde Schönen
Den halbentblößten Busen
Mit frischen Blumen krönten,
Die jede singend pflückte.
Bald gaukelten die Spiele
Des Stifters leichter Träume
Mir um die Augenlider,
Und mich versetzten Morpheus
Und Phantasus, sein Bruder,
Ans Ufer von Cythere.
Der bunte Frühling färbte
Die Blumen dieser Insel;
Der leichte Zephyr küßte
Die Pflanzen dieser Insel;
Und sein Gefolge wiegte
Die Wipfel dieser Insel.
Wie manches Feld von Rosen,
Wie mancher Busch von Myrthen
War hier der Venus heilig!
Der Göttin sanfter Freuden,
Der Freuden voller Liebe,
Der Liebe voller Jugend.
Ich sah die Huldgöttinnen,
Geführt vom West und Frühling,
Gefolgt von Zärtlichkeiten,
Mit Rosen sich umkränzen,
Sich Mund und Hände reichen
Und ohne Gürtel tanzen
Und bei den Tänzen lachen.
Hier fand ich auch den Amor,
Der seine Flügel sonnte,
Die ihm vom Thau befeuchtet
Und so betröpfelt waren,
Als da er seinen Dichter
Anacreon besuchte.
Er wollte von mir wissen,
Wer von den holden Dreien
Bei mir den Vorzug hätte,
Als mich von jenen Schönen,
Die sich die Blumen pflückten,
Die Schönste lächelnd weckte.

 

Die Empfindung des Frühlings.

Du Schmelz der bunten Wiesen!
Du neu-begrünte Flur!
Sei stets von mir gepriesen,
Du Schmelz der bunten Wiesen!
Es schmückt dich und Cephisen
Der Lenz und die Natur.
Du Schmelz der bunten Wiesen!
Du neu-begrünte Flur!

Du Stille voller Freuden!
Du Reizung süßer Lust!
Wie bist du zu beneiden,
Du Stille voller Freuden!
Du mehrest in uns beiden
Die Sehnsucht treuer Brust.
Du Stille voller Freuden!
Du Reizung süßer Lust!

Ihr schnellen Augenblicke!
Macht euch des Frühlings werth!
Daß euch ein Kuß beglücke,
Ihr schnellen Augenblicke!
Daß uns der Kuß entzücke,
Den uns die Liebe lehrt.
Ihr schnellen Augenblicke!
Macht euch des Frühlings werth.

 

Die Landlust.

Geschäfte, Zwang und Grillen,
Entweiht nicht diese Trift:
Ich finde hier im Stillen
Des Unmuths Gegengift.
Ihr Schwätzer, die ich meide,
Vergeßt mir nachzuziehn:
Verfehlt den Sitz der Freude,
Verfehlt der Felder Grün.

Es webet, wallt und spielet
Das Laub um jeden Strauch,
Und jede Staude fühlet
Des lauen Zephyrs Hauch.
Was mir vor Augen schwebet,
Gefällt und hüpft und singt;
Und alles, alles lebet
Und alles scheint verjüngt.

Ihr Thäler und ihr Höhen,
Die Lust und Sommer schmückt!
Euch, ungestört, zu sehen
Ist, was mein Herz erquickt.
Die Reizung freier Felder
Beschämt der Gärten Pracht,
Und in die offnen Wälder
Wird ohne Zwang gelacht.

Die Saat ist aufgeschossen
Und reizt der Schnitter Hand.
Die blättervollen Sprossen
Beschatten Berg und Land.
Die Vögel, die wir hören,
Genießen ihrer Zeit:
Nichts tönt in ihren Chören,
Als Scherz und Zärtlichkeit.

Wie thront auf Moos und Rasen
Der Hirt in stolzer Ruh'!
Er sieht die Heerde grasen
Und spielt ein Lied dazu.
Sein muntres Lied ergötzet
Und scheut die Kenner nicht;
Natur und Lust ersetzet
Was ihm an Kunst gebricht.

Aus Dorf und Büschen dringet
Der Jugend Kern hervor
Und tanzt und stimmt und singet
Nach seinem Haberrohr.
Den Reihentanz vollenden
Die Hirten auf der Hut,
Mit treu-vereinten Händen,
Mit Sprüngen voller Muth.

Wie manche frische Dirne
Schminkt sich aus jenem Bach;
Und gibt an Brust und Stirne
Doch nicht den Schönsten nach!
Gesundheit und Vergnügen
Belebt ihr Aug' und Herz,
Und reizt in ihren Zügen
Und lacht in ihrem Scherz.

In jährlich neuen Schätzen
Zeigt sich des Landmanns Glück,
Und Freiheit und Ergötzen
Erheitern seinen Blick.
Verleumdung, Stolz und Sorgen,
Was Städte sklavisch macht,
Das schwärzt nicht seinen Morgen,
Das drückt nicht seine Nacht.

Nichts darf den Weisen binden,
Der alle Sinnen übt,
Die Anmuth zu empfinden,
Die Land und Feld umgibt.
Ihm prangt die fette Weide
Und die bethaute Flur:
Ihm grünet Lust und Freude,
Ihm malet die Natur.

 

Das Kind.

Als mich die Mama
Hänschen küssen sah,
Strafte sie mich ab.
Doch sie lachte ja,
Als ihr der Papa
Heut' ein Mäulchen gab.

Warum lehrt sie mich:
Mädchen! mach's wie ich?
Sieh, was andre sind.
Nun ich solches thu',
Schmählt sie noch dazu:
Ach ich armes Kind!

Schwestern! sagt mir's fein:
Ist mir, weil ich klein,
Noch kein Kuß vergönnt?
Seht! ich wachse schon,
Seit des Nachbars Sohn
Mich sein Schätzchen nennt.

 

Die Alte.

Zu meiner Zeit
Bestand noch Recht und Billigkeit.
Da wurden auch aus Kindern Leute;
Da wurden auch aus Jungfern Bräute:
Doch alles mit Bescheidenheit.
Es ward kein Liebling zum Verräther,
Und unsre Jungfern freiten später:
Sie reizten nicht der Mütter Neid.
O gute Zeit!

Zu meiner Zeit
Befliß man sich der Heimlichkeit.
Genoß der Jüngling ein Vergnügen,
So war er dankbar und verschwiegen:
Und jetzt entdeckt er's ungescheut.
Die Regung mütterlicher Triebe,
Der Fürwitz und der Geist der Liebe
Fährt oftmals schon ins Flügelkleid.
O schlimme Zeit!

Zu meiner Zeit
Ward Pflicht und Ordnung nicht entweiht.
Der Mann ward, wie es sich gebühret,
Von einer lieben Frau regieret,
Trotz seiner stolzen Männlichkeit!
Die Fromme herrschte nur gelinder!
Uns blieb der Hut und ihm die Kinder.
Das war die Mode weit und breit.
O gute Zeit!

Zu meiner Zeit
War noch in Ehen Einigkeit.
Jetzt darf der Mann uns fast gebieten,
Uns widersprechen und uns hüten,
Wo man mit Freunden sich erfreut.
Mit dieser Neuerung im Lande,
Mit diesem Fluch im Ehestande
Hat ein Komet uns längst bedräut.
O schlimme Zeit!

 

Der Jüngling.

Mein Mädchen mit dem schwarzen Haare
Vollendet heute sechszehn Jahre,
Und ich nur achtzehn: Welch' ein Glück!
Die Sehnsucht weckt uns jeden Morgen
Und die Unwissenheit der Sorgen
Versüßt uns jeden Augenblick.

Wir wachsen, und mit uns die Triebe:
Denn unsrer Jugend gönnt die Liebe
Viel Unschuld; aber nicht zu viel.
Verstand kömmt freilich nicht vor Jahren;
Allein was wir bereits erfahren
Ist gleichwol auch kein Kinderspiel.

Der Liebreiz, der uns früh verbunden,
Beschäftigt unsre frohen Stunden
Und bringt dich wieder, güldne Zeit!
Zwar lehren wir und lernen beide;
Doch unsre Wissenschaft ist Freude,
Und unsre Kunst Gefälligkeit.

Ich will die besten Blumen pflücken,
Euch, Wunder der Natur, zu schmücken;
Dich, freies Haar! dich, schöne Brust!
Wir wollen, diesen Tag zu feiern,
Den allerschönsten Bund erneuern,
Den Bund der Jugend und der Lust.

Dann soll ein Bad in sichern Flüssen,
Auf dieses Bad ein frisches Küssen,
Auf frische Küsse frischer Wein,
Auf Wein ein Tanz, bei Spiel und Liedern,
Mit regen Schwestern, muntern Brüdern:
Das alles soll mich heut' erfreun.

So fröhlich soll der Tag verstreichen!
Ihm soll kein Tag an Freude gleichen.
Nichts übertreff' ihn, als die Nacht!
Die Zeit erwünschter Finsternisse,
Die wacher Schönen stille Küsse
Den Müttern unerforschlich macht.

 

Der Alte.

Ich werde viel älter und Schwermuth und Plage
Droht meiner schon sinkenden Hälfte der Tage:
Kaum wallet noch weiter mein zögerndes Herz
Bei winkenden Freuden, bei lockendem Scherz.

Die schmeichelnde Falschheit der lachenden Erben
Verheißt mir das Leben und wünschet mein Sterben:
Ein fingernder Doctor besalbt mir den Leib:
Bald lärmet der Pfarrer, bald predigt mein Weib.

Die warnenden Kenner der Wetter und Winde,
Die stündlichen Forscher: Wie ich mich befinde?
Die thränenden Augen, die keichende Brust
Entkräften den Liebreiz, verscheuchen die Lust.

Nun soll mich doch einmal mein Leibarzt nicht stören.
Verjüngende Freunde, hier trink ich mit Ehren!
Weib, Pfarrer und Erben, nur nicht zu genau!
Hier frag' ich nicht Pfarrer, nicht Erben, noch Frau.

Im Beisein der Alten verstellt sich die Jugend:
Sie trinkt nur bei Tropfen, sie durstet vor Tugend;
Ich ehrlicher Alter verstelle mich auch,
Bezeche den Jüngling und leere den Schlauch.

Mein Auge wird heller: wer höret mich keichen?
Ich suche der muthigen Jugend zu gleichen;
Und will, auch im Alter, bei Freunden und Wein,
Kein Tadler der Freuden, kein Sonderling sein.

 

Der verliebte Bauer.

Rühmt mir des Schulzens Tochter nicht.
Nein! Sagt nur, sie ist reich.
Im ganzen Dorf ist kein Gesicht
Der flinken Hanne gleich.
Das Mensch gefällt, auch ungeputzt;
Ich sag' es ohne Scheu:
Trotz mancher, die in Flittern stutzt;
Sie sei auch wer sie sei.

Wie frei und weiß ist ihre Stirn
Und roth und frisch ihr Mund!
Wie glatt der Haarzopf meiner Dirn
Und ihre Brust wie rund!
Ihr Aug' ist schwarz wie reifer Schlee:
Schier komm' ich auf den Wahn,
Wann ich ihr lang in's Auge seh,
Sie hat mir's angethan.

Ihr wißt, wie wir im Rosenmond
Die Maien hier gepflanzt;
Da ward der Füße nicht geschont,
Da hat sich's g'nug getanzt.
Des Schaffers Tenne knarrte recht,
Wir schäkerten uns satt:
Der Hüfner Heins und Hans, der Knecht,
Und Hartwig aus der Stadt.

Den Vorreihn, Nachbarn, ließ man ihr
Flugs rief sie mich herbei.
Beim Element! wie flogen wir
Nach Kilians Schalmei.
Wann Hanne nur in Schaukeln schwebt,
Wie muthig steigt ihr Schwung!
Und wann sie sich im Tanzen hebt,
Wie schön ist jeder Sprung!

Allein beim Kehraus glitschte sie;
Doch ich ergriff sie stracks:
Und dafür sah ich auch ein Knie,
Das war so weiß als Wachs.
Des Pfarrers Muthe schimpft' aus Neid
Und zwackte mich gar an.
Ich sprach: Mensch, laßt mich ungeheit
Und kneipt den Leiermann.

Mein Liebchen ging mit mir in's Feld:
Ich half ihr übern Zaun.
Da hab' ich mich nicht mehr verstellt,
Sie war bei guter Laun'.
Wir lagerten uns drauf ins Gras,
Wie Nachbarskinder thun:
Doch ich empfand, ich weiß nicht was,
Das ließ mich gar nicht ruhn.

G'nug, daß sie mich ihr Büfchen hieß,
Mir Hand und Guschel reicht',
Und mir ein saftig Schmätzchen ließ,
Dem auch der Most nicht gleicht.
Ihr schmunzelt? Denket, was ihr wollt.
Glaubt, daß sie euch nur neckt,
Und daß ihr nicht erfahren sollt,
Was Hannens Mieder deckt.

Die Edelfrau ist zart und fein;
Mein Mensch ist wohl so schön.
Sollt' ich nur ihr Leibeigner sein,
Den Dienst wollt' ich versehn.
Ihr, die ihr gern was Neues wißt,
Das euch die Ohren kraut;
Hört, was ihr alle wissen müßt:
Sie ist schon meine Braut.

Der Herr Magister merkt schon was:
Bring' ich den Decem hin,
So fragt er mich ohn' Unterlaß:
Ob ich verplempert bin?
Und wann sie in die Kirche tritt,
So singt er, glaubt es mir,
Noch weniger als sonsten mit,
Und schielt und gafft nach ihr.

Die Hochzeit soll auch bald geschehn,
Noch vor der Ernte Zeit.
Da sollt ihr manchen Luftsprung sehn,
Der Leib und Seel' erfreut.
Die ganze Dorfschaft komme mir,
Sie soll willkommen sein:
Und ich versprech' euch Kirmißbier
Und guten Firnewein.

 

Zemes und Zulima.

Zemes.
Als noch dein Mund um meine Lippen scherzte,
Als nur mein Arm den weißen Hals umfing,
Da schien es mir, wann ich dich zärtlich herzte,
Daß mich, an Glück, kein Sophi überging.

Zulima.
Eh Zulima (du solltest noch erröthen!)
In deiner Wahl zuletzt Aminen wich,
Da hielte sie die Tochter des Propheten,
Fatimen selbst, nicht halb so groß als sich.

Zemes.
Nun fesselt mich die schönste der Circassen,
Amine nur, ihr Lied und Saitenspiel,
Und ohne Furcht möcht' ich für sie erblassen,
Entfernt mein Tod nur ihrer Tage Ziel.

Zulima.
Ich wußte längst mir Selim zu erwerben,
Des Achmets Sohn, den schönsten Muselmann;
Mit tausend Lust will ich auch zweimal sterben,
Wenn ihm mein Tod das Leben fristen kann.

Zemes.
Wie? wenn die Lieb' uns wiederum verbände,
Wenn ich, den Bund auf ewig einzugehn,
In Zulima das Glück, die Reizung fände,
Die ich in dir, Amine, sonst gesehn?

Zulima.
Mir strahlt kein Stern so schön als Selims Blicke,
Und du bist wild, so wie das schwarze Meer;
Und doch ist mir, wenn ich nur dich beglücke,
Das Leben süß und auch der Tod nicht schwer.

 

Die Vergötterung.

An Phyllis.

Holde Phyllis, die Göttinnen
(Traue mir die Wahrheit zu)
Waren anfangs Schäferinnen
Oder Mädchen, so wie du.
Eine, die mit blauen Augen
Mehr als Männerwitz verband,
Konnte zur Minerva taugen
Und erwarb den Götterstand.

Dichterinnen hießen Musen
Und entzückten Herz und Ohr.
Reifer Schönen volle Busen
Bildete die Ceres vor.
Die durch Jugend uns ergötzte
Schien, mit Recht, des Tempels werth,
Den man ihr, als Heben, setzte,
Die der stärkste Held verehrt.

Eine ward, in spröder Blässe
Und in strenger Häuslichkeit,
Hüterin der Feueresse
Und die Vesta jener Zeit.
Die durch Reiz und Unglücksfälle
Sich den Raub der Grobheit sah,
Ward in ihres Ehstands Hölle
Kläglich zur Proserpina.

Majestätische Geberden,
Hoheit, die sich nie vergaß,
Ließen die zur Juno werden,
Die so großen Geist besaß.
Krone, Scepter, Wolken, Pfauen
Mußten ihren Muth erhöhn;
Zum Exempel aller Frauen,
Die das Regiment verstehn.

Ihr so wohlgepaarten Beide:
Schönheit und Empfindlichkeit!
Und auch du, o süße Freude!
Mund, der lächelnd Lust gebeut;
Rosen aufgeblühter Wangen;
Schlaue Blicke; lockigt Haar!
Ihr nur stellet dem Verlangen
Venus oder Phyllis dar.

Phyllis! ja, in jenen Zeiten,
In der alten Götterwelt,
Wären deinen Trefflichkeiten
Gleichfalls Opfer angestellt:
Gleichfalls würden deinen Wagen
Tauben oder Schwäne ziehn,
Dich die Liebesgötter tragen
Und mit mir nach Paphos fliehn.

 

Der Kuß.

Wie unvergleichlich ist
Die Schöne, die recht küßt!
In ihren Küssen steckt
Was Tausend Lust erweckt.

Den Mund gab die Natur
Uns nicht zur Sprache nur:
Das, was ihn süßer macht,
Ist, daß er küßt und lacht.

Ach, überzeuge dich
Davon, mein Kind! durch mich
Und nimm und gib im Kuß
Der Freuden Ueberfluß.

 

Die Freundschaft.

Du Mutter holder Triebe,
O Freundschaft! dir zur Ehre,
Dir, Freundschaft, nicht der Liebe,
Erschallen unsre Chöre,
Und Phyllis stimmt mit ein:
Doch sollte das Entzücken
Von Phyllis Ton und Blicken
Nichts mehr als Freundschaft sein?

 

Elpin.

Weil nach des Schicksals bestem Schluß
Die junge Welt sich lieben muß,
So ward Elpin verliebt.
Auch er fand, daß es artig sei,
Wenn man, bei süßer Schmeichelei,
Den Schönen Küsse gibt.

Noch hatt' er nur um Pfand geküßt;
Was feuerreich im Küssen ist
War ihm nur halb bewußt:
Doch wann er bei der Chloe stund,
Ward er bald roth wie Chloens Mund,
Bald weiß wie ihre Brust.

Er untersucht sich tausendmal
Und spüret Lust und spüret Qual,
So oft er sich befragt.
Einst, als er seufzt und ihr sich naht,
Wird ihm der Kuß, um den er bat,
Und auch die Hand versagt.

Er flieht und eilet in den Wald
Und klagt, in trauriger Gestalt,
Den Eichen, was ihn drückt.
O wüßt' er, was ihr Herz gewinnt!
Doch alles, was sein Witz ersinnt,
Wird durch die Furcht erstickt.

Nach langen Klagen schläft er ein;
Die Liebe will ihm günstig sein,
Der er die Träume weiht.
Mit ihren Flügeln weckt sie ihn
Und spricht: Ich wünsche dir, Elpin,
Nur List und Wachsamkeit.


 << zurück weiter >>