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Gespielin meiner Nebenstunden,
Bei der ein Theil der Zeit verschwunden,
Die mir, nicht andern, zugehört;
O Dichtkunst, die das Leben lindert!
Wie manchen Gram hast du vermindert,
Wie manche Fröhlichkeit vermehrt!
Die Kraft, der Helden Trefflichkeiten
Mit tapfern Worten auszubreiten,
Verdankt Homer und Maro dir.
Die Fähigkeit, von hohen Dingen
Den Ewigkeiten vorzusingen,
Verliehst du ihnen, und nicht mir.
Die Lust, vom Wahn mich zu entfernen,
Und deinem Flaccus abzulernen,
Wie man durch ächten Witz gefällt;
Die Lust, den Alten nachzustreben,
Ist mir im Zorn von dir gegeben,
Wenn nicht mein Wunsch das Ziel erhält.
Zu eitel ist das Lob der Freunde:
Uns drohen in der Nachwelt Feinde,
Die finden unsre Größe klein.
Den jetzt an Liedern reichen Zeiten
Empfehl' ich diese Kleinigkeiten:
Sie wollen nicht unsterblich sein.
Was mag der Wunsch des Dichters sein,
Der den geweihten Phoebus bittet?
Und was ruft er ihn an, da er den neuen Wein
Aus seiner Opferschale schüttet?
Er wird den Reichthum voller Aehren
Nicht aus der feisten Flur Sardiniens begehren,
Auch nicht um den Besitz der schönen Heerden flehn,
Die in Calabriens erhitzten Triften gehn.
Kein indisch Elfenbein noch Gold
Sind das, warum er Bitten waget,
Auch Felder nicht, um die der stumme Liris rollt,
Der sie mit stillem Wasser naget.
Der, dem ein günstig Glück bei Cales Wein gegeben,
Beschneid' und keltre sich die ihm gegönnten Reben!
Die güldnen Kelche leer' ein reicher Handelsmann
Von Weinen, die sein Tausch in Syrien gewann!
Der Götter Liebling sei nur Er!
Daß drei- ja viermal alle Jahre
Er straffrei und verschont des Atlas breites Meer
Mit sichern Frachten überfahre!
Mir sind Cichorien, mir sind des Oelbaums Früchte
Und leichte Malven stets vergnügende Gerichte.
Gib mir, Latonens Sohn, bis zu des Lebens Schluß,
Zum Gegenwärtigen Gesundheit und Genuß.
Nur etwas wünsch' ich mir dabei,
Verweil' ich länger auf der Erde:
Daß auch mein Alter noch ein Stand der Ehre sei
Und mir zu keinem Vorwurf werde.
Alsdann vermindre mir kein Kummer, kein Geschäfte,
Und keiner Krankheit Gift die mindern Seelenkräfte,
Und, wie der Dichter Kunst mir immer wohlgefiel,
So sei der Saiten Scherz auch meines Alters Spiel.
Du büßest, unverdient, der Väter Missethaten,
Bis du, o sichres Rom, die Tempel wieder baust,
Der Götter Wohnungen, die in Verfall gerathen,
Auf deren Bildern du noch Rauch und Moder schaust.
Durch Ehrfurcht gegen sie hast du das Heft erhalten.
Sie gründete den Flor, der dir den Vorzug gibt;
Doch sahn die Götter kaum den ersten Dank erkalten,
So ward Hesperien durch öftre Noth betrübt.
Wir kriegten ohne sie, uneingedenk der Zeichen:
Schon zweimal bändigt uns Monaeses und Pacor.
Durch größrer Ketten Gold, den Raub von unsern Leichen,
Hebt sich der Parther Hals weit stolzer, als zuvor.
Bald hätt' Aegyptens Volk, das mit der Seemacht schreckte,
Und bald der Dacier, der frech den Wurfpfeil schwenkt,
Als alles schwürig war und voller Aufruhr steckte,
Die Mauern unsrer Stadt in öden Staub versenkt.
Der Zeiten öftre Brut, der Frevel und die Schande,
Beschmutzten anfangs bald die Ehen, Haus und Stamm;
Und diese Quelle war's, aus der dem Vaterlande,
Dem Volke des Quirins, der Strom der Strafen kam.
Ein reifes Mädchen lernt der geilsten Griechen Tänze,
Der Stellung Wissenschaft, der Glieder Fertigkeit,
Und sinnt, voll Ungeduld, in ihrem ersten Lenze,
Schon auf ein Meisterstück der frühen Lüsternheit.
Sie freit und wagt beim Schmaus vom Mann sich wegzustehlen.
Sucht jüngre Buhler auf, mit denen sie entschleicht,
Und ihnen, schnell und frech und ohne langes Wählen,
Wann sie das Licht entfernt, verbotne Küsse reicht.
Doch nein! Sie heißt den Mann, der Schande Hehler, trinken,
Steht auf und schmieget sich an eines Fremden Brust;
Es mag ein Mäkler ihr, es mag ein Schiffherr winken,
Als die Meistbietenden für manche schnöde Lust.
Roms tapfre Jugend ist von solchen nicht entsprungen;
Nie färbt' ein Meer durch sie der Poener Blut und Fall.
Durch Söhne bess'rer Art ward Pyrrhus Heer bezwungen,
Der Held Antiochus, der grimme Hannibal.
Durch rüstig Bauernvolk, durch manchen Held im Kittel,
Der, durch den Feldbau stark, gehärtet durch den Pflug,
Nach scharfer Mütter Sinn, noch emsig Scheit und Knüttel
Zum Schluß der Arbeit hieb und in die Hütte trug:
Bis, wann die Sonne nun den Wagen tiefer lenkte
Und an den Bergen sich der spätste Schatten wies,
Die süße Stunde kam, die ihm die Ruhe schenkte
Und aus dem schweren Joch die müden Rinder ließ.
Was mindert nicht die Zeit? Verarten wir nicht immer?
Die Römer sind nicht mehr was sie gewesen sind:
Die Ahnen waren arg, die Väter wurden schlimmer,
Und ärger, als wir selbst, wird Kind und Kindeskind.
Du bist gelehrt, mein Telephus!
Du weißt und du erzählst, wie manches Jahr verstrichen
Vom fast vergeßnen Inachus
Bis auf des Codrus Zeit, der, nach des Schicksals Schluß,
Beherzt fürs Vaterland verblichen;
Du kennst den Stamm des Aeacus:
Von ihm nennt niemand uns geschwinder
Die Kinder und die Kindeskinder:
Um Trojens Göttersitz, um den Scamanderfluß
Kennst du die Fliehenden, du kennst die Ueberwinder:
O hochgelehrter Telephus!
Hingegen hast du mir die Preise
Der Chier Weine nie gemeldt,
Auch nie den Ort der nächsten Schmäuse;
Nicht, wo, noch wann man mir ein warmes Bad bestellt,
Wenn ein Peligner Frost die Glieder überfällt.
Gib, Schenke, gib vom Saft der Reben!
Dem Neumond und der Mitternacht
Sei dieser Weihtrunk ausgebracht.
Gib noch den dritten Kelch: Es soll Muraena leben,
Den sein Verdienst zum Augur macht!
Aus jenen Bechern wählt, die euch die besten dünken.
Drei- oder neunmal müßt ihr trinken.
Der Dichter muß begeistert sein.
Er weiß, es sind der Musen neun.
Bald wird er dem Bedienten winken,
Der füll' ihm von dem Dichterwein
In den Pocal neun Stutzer ein.
Die Huldgöttin, zu der sich zum Vergnügen
Die beiden nackten Schwestern fügen,
Pflegt Zanklust und Verdruß zu scheun,
Und sie erlaubt von solchen Zügen
Nicht mehr als drei, euch andre zu erfreun.
O daß der Ernst die Flucht erwähle!
Mir lob' ich Lust und Raserei.
Wie? Stimmt kein Spiel dem Jubel bei?
Auf! daß die Flöte der Cybele
Sich jetzt mit neuem Hauch beseele!
Auf! auf! daß Leyer und Schalmei
Die Töne wohlgepaart vermähle,
Nicht unsern Freuden länger fehle,
Nicht stumm der Wände Zierrath sei!
Man sollte sich der Hände schämen,
Die langsam sich zur Lust bequemen:
Wie haß' ich ihre Zauderei!
Streut Rosen aus; lärmt durch die Chöre,
Daß unser tobendes Geschrei
Des dürren Lycus Neid vermehre!
Daß unsre Nachbarin, voll Scheu
Vor dieses Alten Schmeichelei,
Auf unser wildes Jauchzen höre!
Du bist mein Telephus, an vollen Locken reich,
Dem heitern Abendstern macht dich dein Anblick gleich,
Und Chloe, die dir reift, lockt dich zu zarten Trieben.
Erkenne, wie beglückt du bist,
Da meine Glycera nicht so gefällig ist,
Das Feuer kennt und nährt, das mich schon lange frißt,
Und doch nicht eilet, mich zu lieben.
Ergebet euch mit freiem Herzen
Der jugendlichen Fröhlichkeit:
Verschiebet nicht das süße Scherzen,
Ihr Freunde, bis ihr älter seid.
Euch lockt die Regung holder Triebe;
Dieß soll ein Tag der Wollust sein:
Auf! ladet hier den Gott der Liebe,
Auf! ladet hier die Freuden ein.
Umkränzt mit Rosen eure Scheitel
(Noch stehen euch die Rosen gut)
Und nennet kein Vergnügen eitel,
Dem Wein und Liebe Vorschub thut.
Was kann das Todtenreich gestatten?
Nein! lebend muß man fröhlich sein.
Dort herzen wir nur kalte Schatten:
Dort trinkt man Wasser, und nicht Wein.
Seht! Phyllis kommt: O neues Glücke!
Auf! Liebe, zeige deine Kunst,
Bereichre hier die schönsten Blicke
Mit Sehnsucht und mit Gegengunst.
O Phyllis! glaube meiner Lehre:
Kein Herz muß unempfindlich sein.
Die Sprödigkeit bringt etwas Ehre;
Doch kann die Liebe mehr erfreun.
Die Macht gereizter Zärtlichkeiten,
Der Liebe schmeichelnde Gewalt,
Die werden doch dein Herz erbeuten;
Und du ergibst dich nicht zu bald.
Wir wollen heute dir vor allen
Die Lieder und die Wünsche weihn.
O könnten Küsse dir gefallen
Und deiner Lippen würdig sein!
Der Wein, den ich dir überreiche,
Ist nicht vom herben Alter schwer.
Doch, daß ich dich mit ihm vergleiche,
Sei jung und feurig, so wie er.
So kann man dich vollkommen nennen:
So darf die Jugend uns erfreun,
Und ich der Liebe selbst bekennen:
Auf Phyllis Küsse schmeckt der Wein.
Unzählich ist der Schmeichler Haufen,
Die jeden Großen überlaufen,
So lang er sich erhält.
Doch gleitet er von seinen Höhen;
So kann er bald sich einsam sehen.
Das ist der Lauf der Welt.
Ein Dürftiger sucht seine Freunde:
Doch alle meiden ihn als Feinde;
Allein er erbet Geld.
Sogleich erscheinen zehn Bekannten
Und zehn entbehrliche Verwandten.
Das ist der Lauf der Welt.
Ein Schulfuchs hofft mit dürren Gründen
Den Beifall aller Welt zu finden:
Allein er wird geprellt.
Mein Mädchen macht oft falsche Schlüsse:
Doch überzeugt sie mich durch Küsse.
Das ist der Lauf der Welt.
Ein freies Weib von zwanzig Jahren
Ist zwar in vielem unerfahren:
Doch, was sie sagt, gefällt.
Gebt ihr noch zwanzig Jahre drüber:
So hört man ihre Tochter lieber.
Das ist der Lauf der Welt.
Leander stimmet süße Töne,
Und singt und seufzet seiner Schöne,
Bis ihr das Ohr fast gellt.
Allein, eh' er recht ausgesungen,
Hat schon ein andrer sie bezwungen.
Das ist der Lauf der Welt.
Stax sucht am Montag Doris Küsse:
Am Dienstag find't er Hindernisse:
Am Mittwoch siegt der Held.
Am Donnerstag vergehn die Triebe:
Am Freitag sucht er neue Liebe.
Das ist der Lauf der Welt.
Cephise schwört: Sie will ihr Leben
Der stillen Einsamkeit ergeben,
Und höhnt was sich gesellt.
Drauf will sie sich durch Heirath adeln,
Und spricht zu allen, die sie tadeln:
Das ist der Lauf der Welt.
Ein Mädchen voller Weisheitsgründe
Hält jeden Kuß für eine Sünde,
Bis ihr ein Freund gefällt.
Hat dieser sie dann überwunden,
So sagt sie selbst in frohen Stunden:
Das ist der Lauf der Welt.
Wenn junge Wittwen traurig scheinen,
Und in dem Mann sich selbst beweinen,
So ist es unverstellt.
Doch keine sieht den Trauerschleier
Mit größrer Lust, als einen Freier.
Das ist der Lauf der Welt.
Gewiß! der ist beklagenswerth,
Den seine Göttin nicht erhört;
Dem alle Seufzer nichts erwerben.
Er muß fast immer schlaflos sein,
Und weinen, girren, winseln, schrein,
Sich martern und dann sterben.
Grausame Laura! rief Pedrill,
Grausame! die mein Unglück will,
Für dich muß ich noch heut' erblassen.
Stracks rennet er in vollem Lauf
Bis an des Hauses Dach hinauf,
Und guckt dort in die Gassen.
Bald, als er Essen sah und roch,
Befragt' er sich: Wie! leb' ich noch?
Und zog ein Messer aus der Scheiden.
O Liebe! sagt' er, deiner Wuth
Weih' ich den Mordstahl und mein Blut:
Und fing an, Brod zu schneiden.
Nach glücklich eingenommnem Mahl
Erwägt er seine Liebesqual,
Und will nunmehr durch Gift erbleichen.
Er öffnet eine Flasche Wein,
Und läßt, des Giftes voll zu sein,
Sich noch die zweite reichen.
Hernach verflucht er sein Geschick,
Und holet Schemel, Nagel, Strick,
Und schwört, nun soll die That geschehen.
Doch, ach! was kann betrübter sein!
Der Strick ist schwach, der Nagel klein,
Der Schemel will nicht stehen.
Er wählt noch eine Todesart,
Und denkt: Wer sich erstickt, der spart,
Und darf für Gift und Strick nicht sorgen.
Drauf gähnt er, seufzet, eilt zur Ruh,
Kriecht in sein Bett und deckt sich zu,
Und schläft bis an den Morgen.
Dort, wo im Thal die schlanken Erlen stehn,
Hielt mich mein Schäfer an, bei jenen frischen Quellen,
Und sprach: Gebötest du, mich wieder einzustellen,
Du würdest mich für Liebe sterben sehn.
Ach Liebe! kostet es auch unser beider Leben;
So laß', o laß' ihn doch sich wieder herbegeben!
In diesem Wald, in diesen Gründen
Herrscht nichts, als Freiheit, Lust und Ruh.
Hier sagen wir der Liebe zu,
Im dicksten Schatten uns zu finden:
Da find' ich dich, mich findest du.
Hier paaren sich Natur und Liebe,
Die Jugend und die Fröhlichkeit,
Die Lust und die Gelegenheit:
Und macht Gelegenheit ja Diebe;
So wird der Raub der Lust geweiht.
Die Vögel lieben hier und singen.
Es liebt der in den Lüften schwebt;
Es liebt was kaum der Fittich hebt
Und suchet aus dem Nest zu dringen:
Weil alles nach der Freiheit strebt.
Die Nachtigall in diesen Sträuchen
Gleicht durch die süße Stimme dir;
In ihrer Scherzlust gleicht sie mir:
Und sucht, uns beiden mehr zu gleichen,
Die sichern Schatten, so wie wir.
Die Lerche steiget in die Höhe.
Ihr buhlerischer Lustgesang
Verehrt und lobet lebenslang
Die freie Liebe, nicht die Ehe;
Die stete Wahl, und keinen Zwang.
Wie scherzt und hüpfet durch die Felder
Die oft gepaarte Wachtelbrut!
Die frohen Schläge, die sie thut,
Erschallen in die nahen Wälder
Und tönen nur von Lust und Muth.
Wie buhlen dort die Turteltauben:
Wer kann ihr Girren nicht verstehn?
Die Liebe macht es doppelt schön,
Und will und soll uns auch erlauben,
Das Schnäbeln ihnen abzusehn.
Der Sperling theilt sein kurzes Leben
In Zwitschern und in Lieben ein.
Man weiß, er liebet ungemein:
Will man sein Singen nicht erheben,
So wird er wol zu trösten sein.
Noch eh' wir uns von hier entfernen,
Nimm jetzt nebst mir doch den Entschluß,
Bei jedem Scherz, bei jedem Kuß
Den Vögeln etwas abzulernen,
Das dir und mir gefallen muß.
Mirene stand an einer Quelle,
Bei welcher schöne Veilchen blühn,
Und sah um rasche Wasserfälle
Die ungezählte Heerde ziehn.
Die zählte sie mit wenig Freude,
Und sprach: Kaum daß ich's dulden kann;
Bei allen Weibchen, die ich weide,
Treff' ich nur einen Widder an.
Will meine Mutter mich nur hören,
Ihr Schafe, so gelob' ich euch,
Ich will bald euer Wohl vermehren,
Und meines auch vielleicht zugleich.
Ich kenne schon aus eignem Triebe,
Wie ungerecht das Glück verfährt,
Wann es der Jugend und der Liebe
Die Freiheit und die Wahl verwehrt.
Nichts auf der Welt ist fast verliebter,
Als Damon, der sich mir geweiht:
Doch auf der Welt ist nichts betrübter,
Als seine trockne Zärtlichkeit.
Er folgt mir, wo ich geh' und stehe,
Und kennet noch nicht meine Brust.
Ein solches Leben gleicht der Ehe:
Allein, ihm fehlt noch ihre Lust.
Er schneidet in die nahen Linden
Wol zehnmal meines Namens Zug.
Die Mühe kann mich zwar verbinden,
Und ihm scheint auch mein Dank genug.
Mein Lob erklingt auf seiner Leier;
Mich wecket oft sein Saitenspiel:
Hingegen wird er nimmer freier,
Und ehret mich vielleicht zu viel.
Ich ehrt' und liebt' ihn selbst vor Zeiten:
Das aber that ich als ein Kind.
Nun wachs' ich auf, und gleiche Leuten,
Die klüger und erfahrner sind.
Wahr ist's: mir hat er sich verschrieben.
Soll ich daraus die Folge ziehn:
Ich müsse Damon ewig lieben,
Und keinen lieben, als nur ihn?
Will hier ein Schäfer sich erfreuen:
(Mich däucht, ich merk' es ziemlich oft,)
So führet er mich zu den Reihen,
Und tanzt und küßt mich unverhofft.
Ein einz'ger scheint mir zu gefallen.
Verräth mir Damon seinen Neid,
Ihr Schäfer: ja, so gönn ich allen
Den Kuß, den Damon mir verbeut.
Mein Mädchen und mein Wein,
Die wollen sich entzwein.
Ob ich den Zwist entscheide,
Wird noch die Frage sein.
Ich suche mich durch Beide
Im Stillen zu erfreun.
Sie gibt mir größre Freude:
Doch öftre gibt der Wein.
Erwache, schöne Schläferin,
Falls dieser Kuß nicht zu bestrafen:
Doch wenn ich dir zu zärtlich bin,
Schlaf, oder scheine mir zu schlafen.
Die Unschuld, die nur halb erwacht,
Wann Lieb' und Wollust sie erregen,
Hat öfters manchen Traum vollbracht,
Den Spröde sich zu wünschen pflegen.
Was du empfindest, ist ein Traum:
Doch kann ein Traum so schön betrügen?
Gibst du der Liebe selbst nicht Raum:
So laß dich dann ihr Bild vergnügen.
Nein, nein, man fängt mich nicht so bald!
Ich sage keinem was ich denke.
Ich kenne schon der Schäfer Ränke,
Und bin nun sechszehn Sommer alt.
Und höre meine Schwester sagen:
Man müsse kein Geständniß wagen.
Mein Schäfer kennet mich noch nicht.
Wie wär' es, wenn ich mich verriethe?
O liebt' ich ihn, so wär' es Güte:
Und liebt' er mich, so ist es Pflicht.
Die Schäferinnen selbst bekennen,
Ich sei schon liebenswerth zu nennen.
Er stahl so manchen Kuß allhier.
Ich weiß allein die Zahl von allen:
Ihm aber ist sie halb entfallen;
Und dies Geheimniß merk' ich mir.
Doch sollt' er nicht von meinen Küssen
Nach allem Recht die Anzahl wissen?
Er nenn' es immer Gütigkeit,
Daß ich bei seinen Heerden weide.
Ich nenn' es eine Frühlingsfreude,
Und die ist keine Seltenheit.
Ja, hieß ich's mehr als ein Vergnügen,
So sag' ich's nicht und bin verschwiegen.
Ich hab' ihm jüngst ein grünes Band
Um Hut und Stab und Arm gebunden.
Wie sehr er diese Gunst empfunden,
Ist mir nicht gänzlich unbekannt.
Er aber hat es nicht erfahren,
Warum ich bat, es zu bewahren.
Um etwas, Liebe, bitt' ich dich:
Laß ihn nicht diesen Busch beschreiten.
Du möchtest ihn vielleicht begleiten:
Und, wahrlich! dann verrieth ich mich.
Doch hast du das dir vorgenommen:
So laß ihn ja nicht heute kommen.
Ihr Heiligen der alten Zeit,
Treu', Ehrfurcht und Verschwiegenheit,
Und du, o wahre Zärtlichkeit!
Ihr lehrtet uns dem Liebreiz fröhnen.
Nun ist die Treue nur verstellt,
Und die Verschwiegenheit entfällt,
Wenn ja die Ehrfurcht Gunst erhält.
Wer liebt nicht sich in seinen Schönen?
Von seiner Phyllis ferne sein,
Ihr dennoch heiße Seufzer weihn,
Und diese Seufzer nicht bereun:
Das war die Lust des Schäferlebens.
Das Seufzen ist uns unbewußt.
Man seufzet, aber nur vor Lust,
An einer nahen Phyllis Brust,
Und seufzet da nicht leicht vergebens.
Die Fessel küssen, die man trägt,
Die uns ein Mädchen angelegt,
Das reizend Mund und Augen regt:
Das war die Kunst der ersten Zeiten.
Die Fessel und die Knechtschaft fliehn
Und, wo nur schöne Wangen blühn,
Um schöne Wangen sich bemühn:
Das nennt man jetzo Zärtlichkeiten.
Durch mehr als jährigen Bestand
Verehren, was man artig fand,
Und unsre Treu' oft nicht erkannt:
Das war den Vätern vorgeschrieben.
Erwählen was nur Schönheit schmückt,
Genießen was uns oft entzückt,
Verlassen was uns sonst beglückt:
Das ist der Enkel Art zu lieben.
Wie sehr ist euch das Schicksal hold,
Ihr Schwäne, die ich fast beneide!
Ihr Säufer trinkt so viel ihr wollt,
Und bleibt auch dann der Schönen Freude.
Ich weiß es, Bacchus schenkte mir
Den Epheu, welcher ihm gehöret,
Hätt' ich so einen Hals, wie ihr,
Den ihr durch Wasser doch entehret.
Der Liebe Macht ist allgemein,
Ihr dient ein jeder Stand auf Erden.
Es kann durch sie ein König klein,
Ein Schäfer groß und edel werden.
Tyrannen raubt sie Stolz und Wuth,
Den Helden Lust und Kraft zum Streiten;
Der Feigheit gibt sie starken Muth,
Der Falschheit wahre Zärtlichkeiten.
Der Einfalt schenkt sie den Verstand,
Den sie der Klugheit oft entwendet.
Ein Grillenfänger wird galant,
Wenn sie an ihm den Sieg vollendet.
Des strengen Alters Eigensinn
Verwandelt sie in Scherz und Lachen,
Und diese holde Lehrerin
Kann auch die Jugend altklug machen.
Ein Spanier vergißt den Rang,
Unedlen Schönen liebzukosen:
Ein junger Franzmann den Gesang,
Den Wahn, das Selbstlob der Franzosen.
Wenn jenen Reiz und Schönheit körnt,
Entsaget er dem Hochmuthstriebe:
Und dieser seufzet und erlernt,
Die Freiheit prahle, nicht die Liebe.
Sie gibt der deutschen Männlichkeit
Die sanfte Schmeichelei beim Küssen,
Den Heiligen die Lüsternheit,
Und auch den Juden ein Gewissen.
Sie fand, so oft sie sich nur wies,
Verehrer in den besten Kennern.
Nur sie entwarf ein Paradies
Den ihr geweihten Muselmännern.
Ja! deine siegende Gewalt,
O Liebe! wird umsonst bestritten.
Dir unterwirft sich Jung und Alt
An Höfen und in Schäferhütten.
Doch meine Schöne hofft allein
Den Reizungen zu widerstehen.
O laß sie mir nur günstig sein!
Wie wirst du dich gerächet sehen!