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Eine der ihm so tröstlichen Cigarren rauchend, ließ sich der Australier nieder und machte sich daran, seine Büchse wieder instand zu setzen, was ihm mit leichter Mühe gelang, da der Armenier nur wenig Zeit zu seinem Zerstörungswerk gehabt hatte.
Als er die Waffe mit einem Seufzer der Erbitterung, wieder zum Gebrauch bereit, neben sich niederlegte, sagte Errol plötzlich: »Ich hatte gehofft, in diesem maurischen Hause über jeden Aufruhr oder Tumult in der Stadt verborgen bleiben zu können, aber nun diese beiden Schurken, die mein Versteck verraten werden, draußen sind, muß ich mich durchzuschlagen suchen, so gut es geht.«
Mit besorgtem Gesicht begann er nachzudenken, fragte nach einer Weile Lady Annerley, ob sie ihm zu sagen vermöge, auf welche Weise ein einzelner Mann zwei Eingänge gleichzeitig verteidigen könne.
»Warum nicht den einen verbarrikadieren?«
»Einen verbarrikadieren? Mit was? Mit Diwans, Teppichen und Matten?« ließ sich Errol vernehmen, während er diese Dinge, aus denen allein die Ausstattung der nach türkischer Weise eingerichteten Zimmer bestand, mit den Augen überflog.
»Dann nageln Sie die Thür zu,« erwiderte Lady Annerley.
»Ein prächtiger Gedanke! Die Thür zunageln!« antwortete Errol mit finsterem Lachen.
»Ich freue mich, daß Sie es für einen guten Gedanken halten. Wir wollen es sofort thun,« gab die englische Dame zurück, ganz stolz im Bewußtsein, eine schwierige Frage gelöst zu haben.
»Das ist recht! Bringen Sie nur auch gleich Hammer und Nägel herbei,« verlachte er höhnisch die weibliche Gedankenlosigkeit.
Hier mischte sich die Martin ins Gespräch: »Das würde ich gern thun, wenn ich mich nicht fürchtete.«
»Wie so?« fragte Errol verwundert.
»Es ist eine ganze Werkstatt unten,« erwiderte das Mädchen. »Ich sah es, als ich mich heute morgen vor dem Schießen verstecken wollte.«
Der Eseljunge, der bis dahin ausschließlich mit der Befriedigung seines Hungers beschäftigt gewesen war, bestätigte die Behauptung der Martin, indem er sagte: »Abdallah, der Maure, macht Kupfersachen.«
»Ah, ein Kupferschmied! Wir können was Nützliches finden!« Und Errol ergriff eine Lampe und war, von der ganzen Gesellschaft gefolgt, in einer Minute unten, nur Lady Annerley blieb oben, um ihn zu warnen, falls sich jemand dem kleinen Eingang näherte, der bis jetzt nur durch ein Schloß verwahrt wurde.
Abdallah, der Maure, war offenbar nicht zum Gebrauch moderner Instrumente herangebildet worden, und Errol fand nur wenig, was ihm nützen konnte: eine kleine Säge, einige Kupfernägel, eine starke Metallschere, die wohl dazu geeignet war, schwere Kupferplatten zu durchschneiden, und einige Stücke Holz von verschiedener Größe, aber nicht groß genug, um zu Barrikadenzwecken zu dienen. Außerdem eine Anzahl zur Bearbeitung des Kupfers nötiger Instrumente, deren Bestimmung der Australier aber gar nicht kannte. Nachdem er überall herumgestöbert hatte, fand er noch einige altmodische Bohrer, die er mit sich hinaufnahm, denn er beabsichtigte, in Ermangelung von Nägeln, die einem Angriff standhalten konnten, die schmale Thür mit großen Holzpflöcken in ihrem Rahmen zu befestigen.
Dann untersuchte er die nach der Straße führende Thür am Ende der kleinen Treppe, fand sie aber viel zu abgenutzt und verfallen für seinen Zweck, wogegen sich die andre, oben an der Treppe sehr gut dazu eignete, da sie aus anderthalb bis zwei Zoll dickem, trockenem Eichenholz bestand. Er schickte sich eben an, diese Thür zu befestigen, als Lady Annerley, die ihm zugesehen hatte, den engen Steingang betrachtete, durch den die Stufen ziemlich senkrecht von der Straße heraufführten, und plötzlich rief: »Welch ein Platz für eine Mitrailleuse!«
»Ganz prachtvoll,« erwiderte Errol grimmig. »Ich wünsche mir nichts mehr als eine gute Gatling und sechs Mann zu ihrer Bedienung. Wie kommen Sie aber dazu, gerade an eine Mitrailleuse zu denken, Lady Annerley?«
»Nun ich habe gelesen, daß Mitrailleusen sich sehr gut zur Verteidigung schmaler Plätze eignen, wo die Leute ihrem Feuer nicht ausweichen können. – O, Herr Errol, was ist Ihnen denn?«
Der Australier war wie elektrisiert aufgesprungen und schrie laut auf vor freudiger Erregung. »Lady Annerley, ich führe Ihren Gedanken aus! Diese Thür soll meine Gatlingkanone sein.«
Bei diesen Worten zog er eine seiner Remingtonpatronen hervor, verglich sie sorgsam mit der Dicke der Thür und sagte leise vor sich hin: »Himmel, werden sich die Kerls wundern! Der Gedanke ist prima!« und andre entzückte Bemerkungen mehr.
Seine ganze angestrengte Arbeit an der Tod bringenden Thür begleitete er mit ähnlichen Ausdrücken freudiger Natur, wie: »Dies wird ihnen den Star stechen!« »Wird Niccovie große Augen machen!« »Da wird Osman hüpfen!« »Das ist ein Rippenknacker für die Türken!« u. s. w. Dabei arbeitete er, als gelte es sein Leben.
Zuerst maß er die Thür, die aus altem, festem Eichenholz bestand und stark genug war, eine Remingtonpatrone festzuhalten und zu verhüten, daß sich ihre Kupferhülse ausdehne, wenn sie abgefeuert wurde. Darauf mußten alle Abdallahs Werkzeuge durchstöbern, bis sich ein Bohrer fand, dessen Durchmesser nur wenig stärker war, als der der Patronen.
Dies gethan, untersuchte er seine Patronentasche und fand, daß er an zweihundert Patronen Munition hatte, außer sechs Stück in dem Magazin seines Remington, denn Charles Errol hatte in Erwartung eines Tumultes in Alexandria allen Mundvorrat beiseite geworfen, um mehr Patronen tragen zu können.
Fünfzig Stück davon konnte er auf seine Höllenmaschine verwenden und genau so viel Löcher bohrte er in die etwa acht Fuß hohe, dreißig Zoll breite, zwei Zoll dicke Thür, die nach morgenländischer Mode nicht in Felder abgeteilt war.
Diese Löcher verteilte er auf fünf quer über die Thür gezogene Linien, von denen jede zehn Zoll von der andern, die unterste aber etwa einen Fuß breit von der Schwelle entfernt war. In jeder Reihe waren demgemäß zehn Löcher und die höchste Reihe befand sich etwa vier und einen halben Fuß über dem Boden.
Die niederste Linie hatte er so angebracht, daß sie die Treppe in ihrer ganzen Ausdehnung bestrich und keinen fehlen konnte, der sich der Thür etwa kriechend zu nähern suchte; während die oberste Linie einen jeden etwa ans Knie treffen mußte, der am Fuß der Treppe stand. Sämtliche Löcher waren so verteilt, daß sie ein völliges Kreuzfeuer über die kleine gemauerte Treppe ermöglichten. All dies vollbrachte Errol mit einem großen Aufwande von Arbeit und Genauigkeit, nachdem es aber zu Ende geführt war, versah er jede Oeffnung mit einer Remingtonpatrone, die er mit einem Stück Holz bis an die kupferne Einfassung der Hülsen eintrieb, so daß die Kugeln an der Treppenseite der Thür leicht hervorragten. Nun mußte er aber auch noch die Vorrichtung zum Abfeuern treffen. In Abdallahs Werkstatt fand er zwei etwa einen Achtelzoll dicke Kupferplatten von geeigneter Größe, in deren jede er fünfzig Löcher schnitt von etwa einem Viertelzoll Durchmesser, eine mühsame Arbeit, die er dadurch zu Ende führte, daß er die Platten mit Hilfe eines Kohlenbeckens und eines Blasebalges erhitzte und die gewünschten Oeffnungen mittels eines Bolzen und eines Schmiedehammers einschlug. Schließlich befestigte er die Platten derartig hinter der Thür, daß jede dieser Oeffnungen das Zündhütchen freiließ. Als dies geschehen war, schloß er die Thür und verwahrte sie so gut, als möglich. Wieder eilte er in die Werkstätte hinab und versuchte dann mit einem spitzen Hammer, den er dort fand, im Keller an einer Patrone, ob sie explodiere; als er seiner Sache ganz sicher war, nahm er den Hammer mit hinauf, legte ihn neben die Thür und erklärte, die Mitrailleuse sei zum Gebrauch bereit, und nun wurde er dermaßen vom Erfinderstolz befallen, daß er die mohammedanischen Bettler beinahe herbeiwünschte, um seine Kunst an ihnen zu erproben. Nachdem nun die Hinterthür auf diese Weise in Verteidigungszustand gesetzt war, versuchte er etwas zu ersinnen, um auch das Feuer seiner Büchse, die den Haupteingang schützen sollte, möglichst erfolgreich zu machen. Zu diesem Zwecke wollte er die genaue Stellung seiner Feinde durch das Gehör, statt durch das Gesicht ermitteln. Als er hinunterging, um einen Blick auf die Vorderthüre zu werfen, vernahm er das Klingen der Glöckchen, mit denen Ammeds Esel geschmückt waren, und dies brachte ihn auf einen guten Einfall.
Hastig nimmt er sie den Eseln ab: es sind kleine, dünne Glöckchen, die an drei etwa fünf Fuß langen Lederriemen aufgereiht sind. Den ersten dieser Streifen spannt er quer vor den Durchgang, da, wo er in den Hof mündet, denn er war entschlossen, nicht an der Außenthüre zu kämpfen, sondern seinen Schießstand auf dem kleinen Altan zu nehmen, der den Eingang in den Hof und die von da in den zweiten Stock führenden Stufen gleichzeitig beherrschte.
»Das Lumpenvolk kann in das Erdgeschoß herein, wenn es will. Vor Feuer habe ich keine Angst,« denkt er, »das Haus ist ganz aus Steinen und Backsteinen erbaut, und außerdem –« er zögert, pfeift vor sich hin und überlegt die Aussagen des Jungen, »außerdem werden die Herren Niccovie und Osman kaum Lust haben, tausend und einhundert Beutel zu verbrennen, abgesehen davon, was sie mir gern anthun würden. Bei Gott, ein neuer Faktor in der Strategie; Lady Annerleys Schönheit.«
Den ersten Glockenstreifen befestigte er etwa einen Fuß hoch, ließ ihn dann in der Mitte etwas tiefer hängen, so daß die Glöckchen gleich bei der leisesten Berührung erklingen mußten. Den zweiten Riemen spannte er in ähnlicher Weise über die aus dem Hof heraufführende Treppe. Er versuchte sie, fand sich von seinem Werk befriedigt und kicherte grimmig vor sich hin: »Es wird den Schurken, dunkel wie es ist, wohl kaum gelingen, darüber weg zu kriechen, ohne daß ich es höre.« Dann kehrte er zu Lady Annerley zurück und sagte: »Nun bin ich, wie ich glaube, bereit für sie, aber es war eine harte Arbeit!« Damit wischte er sich große Schweißtropfen von der Stirne.
All dies hatte Stunden erfordert, obgleich der junge Mann, das Feuer des Erfinders in den Augen, wie ein Besessener gearbeitet hatte. In Wahrheit hatte seine ganze Umgebung gehörig herhalten müssen, bald mußten sie diesen, bald jenen Befehl ausführen, wie Sklaven in Vulkans Schmiede, und selbst Lady Annerley hatte er gesagt, sie solle »sich rühren!« Eine Anordnung, der die Dame auch redlich nachkam, denn obgleich Sarah ans Befehlen gewöhnt war, liebte sie es doch, wie die meisten Frauen, dem rechten Manne zu gehorchen, wenn er ihr nur in der rechten Weise zu gebieten verstand. In der That hatte der junge Australier, als er diese Nacht Waffen schmiedete, die ihr die Freiheit wahren sollten, auch Fesseln um das Herz der jungen Dame geschmiedet, die sie für immer zu seiner Sklavin machten.
Während Errol sich niederlegte, brummte er vor sich hin: »Bei Sankt Georg! Ich würde mir eine Cigarre holen, wenn ich noch dazu im stande wäre,« und im nächsten Augenblick war er erstaunt, eine von Niccovies Cigarren in der Hand zu halten, und Lady Annerley mit einer kleinen glühenden Kohle zum Anzünden vor sich stehen zu sehen.
»Ich bitte um Verzeihung,« sagte er, »das hat der Martin gegolten, nicht Ihnen. Verzeihen Sie meine Trägheit.«
»Ich ziehe es vor, Sie selbst zu bedienen,« sagte sie mit leichtem Erröten.
»Und warum das?«
»Stellen Sie keine Fragen. Sie sind – Sie sind viel zu müde. Ach, wie haben Sie sich in dieser heißen Nacht um meiner Sicherheit willen abgemüht.«
Dies war wirklich nur allzu wahr, noch standen die Schweißtropfen auf Errols Stirn, seine Arme schmerzten und sein Atem ging infolge der Erschöpfung stoßweise und schwer.
Nachdem sie die Worte gesprochen, entfernte sie sich ein wenig von ihm, ließ sich ebenfalls nieder und betrachtete den jungen Mann ernst und stumm, was bei Frauen von Lady Sarahs Temperament stets ein sehr bedenkliches Symptom ist.
Errol rauchte seine Cigarre zu Ende und bemerkte, nachdem er sich noch einmal alles überlegt hatte: »Nun stehe ich für den Haupteingang und habe starkes Vertrauen auf die Mitrailleuse an der Hinterthür.«
»Dann ist es Zeit für Sie, zu schlafen,« meinte Lady Annerley.
»Schlafen? Kein Mensch kann wissen, in welchem Augenblick sie kommen.«
»Für den Augenblick aber müssen Sie vor allem Ihre Kraft bewahren. Ich kann nicht kämpfen, aber ich kann wachen. Lassen Sie mich wenigstens dies besorgen!«
Nach einigem Widerspruch willigte Errol schließlich ein und legte sich nieder, bereit, beim ersten Ruf zur Hand zu sein. Denn beide glaubten, da sie nicht wußten, was der ägyptische Befehlshaber in der Stadt zu thun gesonnen war, sie schwebten eben jetzt in der höchsten Gefahr.
So sah Lady Annerley am zweiten Tag des englischen Angriffs auf die Stadt die Sonne aufgehen und hoch am Himmel heraufziehen.
Als Errol die Augen aufschlug, hielt sie noch immer Wache. Er sah auf seine Uhr und rief: »Zwölf Uhr! Warum haben Sie mich nicht früher geweckt? Jetzt sind Sie an der Reihe, Lady Annerley, jetzt müssen Sie sich hinlegen. Ich werde für Sie Ausschau halten – ich bin wie neugeboren. Bitte, gehen Sie auf Ihr Zimmer.«
Allein sie antwortete: »Nicht, ehe Sie mir sagen, was die Bewegung im Hafen zu bedeuten hat.«
»Ah, sind die englischen Schiffe noch da?«
»Ja.«
»Hurra! Dann glaube ich, daß alles noch recht wird,« und damit sprang er die kleine Treppe hinauf; als er aber sah, daß sie ihm folgte, drehte er sich um und half ihr auf das Dach, von wo sie miteinander den Hafen betrachteten.
Die ägyptischen Forts liegen alle still und demoliert, ihre Schanzen in Ruinen, ihre Geschütze umgestürzt, zerstört und verlassen. Die englische Flotte dagegen scheint sich noch in beinahe ebenso guter Verfassung zu befinden, wie den Tag zuvor, als sie das Feuer eröffnete, obgleich auch ihre Schiffe sämtlich Spuren der Beschießung zeigen und das eine ein großes Loch im Rauchfang hat. Sie stehen alle unter Dampf, aber weit weg im äußeren Hafen, was Errol wundert, denn vom Leuchtturmfort weht eine Parlamentärflagge und eine kleine Dampfjacht mit ägyptischer Flagge liegt neben dem britischen Schiff, das die Admiralsflagge führt.
»Wir sind gerettet!« rief er.
»Wie können Sie das wissen? Sind Sie dessen sicher?« fragte Lady Annerley mit bebenden Lippen.
»Natürlich! Sie verhandeln über die Bedingungen der Uebergabe. Noch vor Nacht haben unsre Truppen die Stadt besetzt! Gott sei Dank!«
»Gott sei Dank!« wiederholt auch das englische Weib an seiner Seite.
Einen Augenblick später meint er: »Es wäre besser, Sie gingen hinunter und legten sich ein wenig zur Ruhe. Es ist alles vorbei!«
»Nicht, ehe die Boote landen! Ich könnte jetzt doch nicht schlafen.«
»Gut. Ich gehe hinunter und hole mir eine Cigarre.« Er ging und brachte zwei Cigarren mit.
Dann erschien der Kopf des arabischen Knaben im Dachfenster, sah ihm zu, wie er rauchte, und sagte: »Mich keine Cigaretten!« worauf ihm Errol in seinem Glück dadurch antwortete, daß er ihm eine Cigarre zuwarf, die dieser sofort in den Mund steckte.
Errol teilte Lady Sarah mit, er wolle dem Jungen, der sich so brav gehalten habe, eine ganze Eselherde in Alexandria kaufen, doch der Kleine lehnte dies Anerbieten mit den Worten ab: »Es war nicht für dich, Giaur, nur wegen der schönen Dame, deren Thränen Perlen sind!« Bei diesen Worten ging er auf Lady Annerley zu und streichelte ihr die Wangen und sagte: »Schön! Schön!«
Sie errötete ein wenig und brach in heiteres Lachen aus, sie konnten ja jetzt wieder lachen, wirklich lachen, sie waren ja so glücklich!
Mit Ammeds Hilfe brachte die Martin etwas Frühstück herbei, das sie einnahmen, während sie gleichzeitig nach der Landung spähten, von der noch immer nichts zu merken war.
Die ägyptische Jacht hat das Schiff des englischen Admirals verlassen und ist wieder ans Ufer zurückgekehrt, die weiße Flagge weht noch immer vom Leuchtturmfort, aber von den englischen Kriegsschiffen, welche, zwei halb so große schaukelnde amerikanische Schiffe hinter sich, fast unbeweglich auf der ziemlich hochgehenden See liegen, stößt kein Boot ab.
Die Stadt war noch immer ruhig, obgleich die Feuer im Fremdenviertel noch brannten und auch die im Palast und Harem des Khedive noch nicht erloschen waren.
Plötzlich sagte Lady Annerley seufzend: »Es ist zwei Uhr und noch immer rührt sich nichts.«
Errol antwortete nicht; er bestrich mit seinem Fernglas den äußeren Hafen und bemühte sich, hinter dem Kap Ras-el-Tin einen Blick auf das Mittelmeer zu bekommen, wo er etwas zu suchen schien. Nachdem er dies wieder und wieder gethan hatte, wandte er sich von seiner Gefährtin ab, als ob er sie nicht durch sein Benehmen zu erschrecken wünsche. Sie merkte dies aber, trat auf ihn zu und fragte: »Was wollen Sie mir verbergen?«
»Nichts – ich – ich –«
»Weichen Sie mir nicht aus; ich verlange, zu wissen, was es gibt.«
»Nun denn, wenn Sie darauf bestehen – ich sehe kein Transportschiff, es sind keine Soldaten da, um die Stadt zu besetzen.«
»Oh, die werden noch kommen; in einem oder zwei Tagen.«
»In einem oder zwei Tagen werden wir –«
Statt seiner vollendet Lady Annerley den abgebrochenen Satz: »Werden wir tot sein, wollten Sie sagen?«
»Es sieht sich beinahe so an.«
»Aber diese Panzerschiffe können doch einige Leute ausschiffen?«
»Zu wenige! Auch scheinen sie dies nicht zu wagen, obgleich Arabi die Forts räumt.« Dabei deutete er auf lange Züge Infanterie und Artillerie, welche die Straße Ras-el-Tin herabzogen und den Weg durch das die »Säule des Pompejus« genannte Thor nach Kairo einschlugen. »Diese modernen Schiffe sind voll von Dampfmaschinen, aber nicht von Mannschaft,« fuhr er fort. »Sie können eine Stadt nicht mit Maschinen besetzen. Eines von Nelsons alten Linienschiffen hätte mehr Matrosen entbehren können, als diese ganze Flotte.«
»Dann halten Sie unsre Lage für ganz verzweifelt?«
»Für sehr verzweifelt. Es wäre unrecht, Ihnen dies verheimlichen zu wollen. Bitte, gehen Sie jetzt hinunter und suchen Sie, ein wenig zu ruhen; leben Sie wohl bis – heute nacht!« Errol betonte das letzte Wort, als ob dies die Zeit der Entscheidung bezeichne; sie verstand ihn und seufzte leise, sagte aber kein Wort. Dann ließ sie ihn allein, um zu warten und die Hoffnungen, die den Morgen mit ihrem Glanz verklärt hatten, am Abend eine um die andre entschwinden zu sehen.
Noch immer rührte sich nichts auf der englischen Flotte, aber die Kolonnen der Soldaten, die aus der Stadt abzogen, wurden immer schwerfälliger, immer dichter und immer undisziplinierter. Hatte sich auch die Vorhut in völlig militärischer Ordnung bewegt, so war doch schon das Zentrum teilweise in Unordnung geraten, und die Zahl der Ausreißer hatte immer mehr zugenommen; der Nachtrab aber, der vorüberzog, war nichts andres mehr als eine bewaffnete Volksmenge, die jeden Offizier niederschlug, der versuchte, sie in Ordnung zu halten. In einzelnen Rotten verbreiteten sie sich, nach Beute und Getränken lüstern, über die unglückliche Stadt.
Die Feuer im Fremdenviertel lohten heller und wurden zahlreicher, und auch in andern Stadtteilen brannte es an mehreren Stellen. Das gellende Geschrei der betrunkenen Soldaten und der den erbrochenen Gefängnissen entströmenden Verbrecher erfüllte, mit dem Wehklagen der Weiber und Kinder vermischt, die Luft, während ab und zu ein Flintenschuß Gewaltthat und Mord verkündete.
Und als sich Nacht und Dunkelheit auf die unselige Stadt herniedersenkten, war die militärische Ordnung der Anarchie gewichen. Die Schrecknisse der Wollust und Trunkenheit, des Aufruhrs und der Mordbrennerei, des Raubes und des Mordes herrschten in Alexandrien, und alles wurde noch grausamer und schrecklicher, weil es ein fanatischer morgenländischer Pöbel war, der dies blutige Werk vollbrachte und der in derartigen Thaten unerreicht dasteht.
Als Errol auf dies alles herniedersah, stöhnte er: »Gott steh uns bei!« warf noch einen letzten Blick nach der britischen Flotte, die noch immer keine Miene machte, einen Anker zu lichten oder ein Boot auszusetzen, und fluchte dem Leiter der Regierung, der wohl eine Flotte gesandt hatte, um das ägyptische Gesetz zu beseitigen, aber keine Soldaten, um das Niedermetzeln der Christen zu verhüten.
»Zum Teufel mit diesem Minister der halben Maßregeln!« rief er empört. »Seine Truppen kommen zu spät. Noch mehr als ein Mann außer mir wird in diesem Krieg nach einer Hilfe ausblicken, die zu spät kommt.«
Damit ging der Australier die Treppe hinab, um seine letzten Vorbereitungen für den Kampf zu treffen, der ihm, wie er wohl wußte, in dieser Nacht bevorstand. Als er Waffen und Verteidigungsvorrichtungen untersucht und in gutem Stand gefunden hatte, fühlte er sich müde und matt, denn es war ein glühend heißer Tag. Er legte sich auf einen Diwan nieder und wollte ein wenig schlafen, falls ihm dies bei dem Lärm und Getöse in den Straßen möglich sein würde.
Im nächsten Augenblick erinnerte er sich, daß ihm noch eine seiner köstlichen Cigarren geblieben war, und meinte, die würde ihm jetzt munden. Als er sich aber nach seinem Schatz umsah, war dieser verschwunden und er entdeckte den Stummel in dem Munde des Eseljungen, dem die erste Cigarre so gemundet hatte, daß er sich in Ermangelung seiner geliebten Cigaretten eine zweite angezündet hatte.
Wenn man keine Cigarre hat, hält man eine solche für fast unentbehrlich, und Errol kehrte sehr enttäuscht auf seinen Diwan zurück.
»Es wäre wohl meine letzte Cigarre gewesen,« dachte er, »und dieser beraubt zu werden –« im nächsten Augenblick aber leuchteten seine Augen auf, denn sein Blick war auf das Nargileh gefallen, das Niccovie für sich selbst zurecht gemacht hatte, und er rief: »Das heiße ich Glück! Pfeife und Tabak!«
So begab es sich, daß, weil der Araberjunge zwei der sechs Cigarren geraucht hatte, die ihm der Levantiner zurückgelassen, Charles Errol Herrn Niccovies Pfeife fünf Stunden früher rauchte, als dieser Herr berechnet hatte.
Nach einem oder zwei Zügen hält der junge Mann mißtrauisch inne, sagt dann aber zu sich selbst: »Bah, Niccovie war ja im Begriff, sie selbst zu rauchen,« nach einigen weitern Zügen ist der Wunsch, sich der Pfeife zu enthalten, verschwunden, und er fährt fort, in träumerischem, glücklichem Zustand weiter zu rauchen. Die Schrecken und Aengste des Lebens verschwinden ihm, das Gemach, das von den Schatten der hereinbrechenden Nacht erfüllt gewesen war, leuchtet in der Nachmittagssonne und freundliche Hoffnungen treten an die Stelle trüber Ahnungen; der immer tosender von der Straße heraufdringende Lärm der tobenden Volksmassen verwandelt sich für ihn in Sphärenmusik – und Charles Errol, der hätte wachen sollen, schläft den Schlaf, den Niccovie, der Levantiner, für ihn bereitet hat.
Wenige Augenblicke danach trat Lady Annerley in das Hauptgemach. Außer stande, bei dem Lärm zu schlafen, kam sie aus weiblicher Neugierde auf den Einfall, dem Grund nachzuforschen, aus dem Errol in der vergangenen Nacht den Tod Osmans und Niccovies um ihrer Sicherheit willen für nötig erachtet hatte. Als sie ihn darum fragen wollte, fand sie ihn schlafend und glitt deshalb geräuschlos ins nächste Zimmer; sie glaubte, es sei gut für ihn, wenn er sich für die Anstrengungen stärkte, die ihm die kommende Nacht zweifelsohne bringen würde. Als sie aber an ihm vorüberging, warf sie einen Blick auf ihn, wie ihn diese Frau vorher noch auf keinen andern Mann gerichtet hatte.
In dem Zimmer, in das sie trat – es war dasselbe, aus dem Osman und Niccovie entwichen waren – fand sie den jungen Araber auf einer Matte kauernd.
Auf ihre Fragen berichtete ihr Ammed, welches Schicksal diese Herren ihr und ihrer Jungfer zu bereiten gedacht hatten. Zuerst verstand sie ihn gar nicht, aber dann fühlte sie sich in ihrem Stolz und in ihrer Weiblichkeit aufs tiefste verletzt und schaudernd und errötend barg sie ihr Antlitz in ihren Händen. Die Mitteilungen des Knaben aber hatten eine Empfindung in ihr erweckt, die sie befähigte, in dieser Stadt manches zu vollbringen, was ihr unter andern Umständen unmöglich gewesen wäre.
Dies war kaum geschehen, als der Martin erschrockenes Gesicht in der Thür erschien und ihre Stimme sagte: »Gnädige Frau, bitte, was ist denn mit Herrn Errol geschehen?«
»Wie so?«
»O, er schnarcht so entsetzlich.«
»Dann weck ihn auf!«
»Ich kann nicht, gnädige Frau, ich habe es vergeblich versucht.«
»Du kannst ihn nicht aufwecken? Unsinn!« rief Lady Annerley, trat an die Seite des jungen Mannes und versuchte wieder und immer wieder, ihn aus seinem Schlummer zu reißen, doch ohne Erfolg.
»Opium,« sagte nun der Knabe bedeutungsvoll, der nach ihr und der Martin ins Zimmer geschlendert war und an der Pfeife gerochen hatte.
»Opium? Was meinst du damit?«
»Ihm rauchte Opium!«
»Guter Gott!« rief Lady Annerley, der nun ein Blick auf das Nargileh die ganze Verräterei des Levantiners enthüllte.
»Guter Gott! Er hat uns unseres Verteidigers beraubt! Weckt ihn auf! Weckt ihn auf! Gott steh mir bei! Was soll ich thun, daß er aufwacht – zur Zeit?«
»Kaffee,« schlägt Ammed vor, der wie alle, die im Morgenlande leben, mit der Gewohnheit des Opiumgenusses vertraut ist, »schwarzes Kaffee, starkes Kaffee!«
»Kaffee, Martin, hörst du? Mach einen möglichst starken Kaffee! Es gilt das Leben!«
»Ich kann nicht, gnädige Frau, ich bin zu angegriffen.«
»Blödsinniges Geschöpf, so laufe wenigstens und hole Wasser. Rasch!« schreit Lady Annerley und greift selbst nach dem Paket mit den kostbaren Bohnen.
Aber Ammed nimmt es ihr aus der Hand, sagt: »Mich wissen!« und braut auf den glühenden Kohlen im Becken mit der ganzen Geschicklichkeit eines Arabers einen heißen, starken, satzigen Kaffee, gibt aber während dessen fortgesetzt Anweisungen zur weitern Behandlung des Schläfers.
Zuerst befiehlt er Lady Annerley und ihrer Jungfer, Errol in eine sitzende Lage zu bringen, ihn mit Kissen zu unterstützen und seine Glieder zu bewegen, um die Blutzirkulation zu befördern. Als dann der Kaffee fertig ist, sperren sie seinen Mund auf, und Ammed flößt ihm eine Menge glühend heißer schwarzer Flüssigkeit und schwarzen Satzes ein, daß es einen Toten hätte erwecken können.
Dann schreit der Knabe: »Macht den Giaur gehen!« Und mit der Kraft der Verzweiflung, von der Jungfer, die sich immer unfähiger zeigt, je nötiger ihre Hilfe wird, kaum unterstützt, zwingt die zarte Frau die sechs Fuß unbeweglicher Knochen und Muskeln auf die Füße und versucht, sie mit verzweifelten Püffen und Stößen in Bewegung zu setzen, allein mit einem halben Straucheln fällt Errol zu Boden.
»Mehr Kaffee!« schreit der Junge, der seinen Stolz an sein Werk setzt, und er gießt ihm eine noch größere und noch heißere Menge Kaffee ein, während er den Frauen zuruft: »Schlagt seine Füße! Peitscht den ungläubigen Hund ins Leben zurück!« Sogleich läßt er dem Wort die That folgen und pufft und knufft den menschlichen Klotz vor ihm mit dem Aufgebot all seiner kindlichen Kräfte.
In dieser Thätigkeit wird er in etwas gemäßigterer Weise von Lady Annerley und ihrer Jungfer unterstützt. Als jener noch immer kein Anzeichen der wiederkehrenden Besinnung wahrnimmt, stürzt der Araber aus dem Zimmer, kommt einen Augenblick darauf mit einer Anzahl Stöcke zurück, die Abdallah vermutlich dazu benutzt hatte, in seinem Harem Ordnung zu halten, wirft jeder der Frauen einen davon hin und schreit: »Schlagt ihn! Schlagt ihn!« und bearbeitet bei jedem Ruf die Glieder des Australiers.
Nun entsetzt sich aber Lady Annerley über diese Entweihung der Person ihres Helden; sie schreit: »Laß ihn in Ruhe, du kleiner Teufel! Laß uns in Frieden sterben!« und sucht, ihn von seinem Opfer fernzuhalten.
Allein er wälscht: »Das einzige Sach! Kein Zeit zu wart! Haben vorher so gesehen!« und schlägt zu, bis er ganz erschöpft ist, welche Behandlungsweise wenigstens den Erfolg hat, daß Errol sich umdreht und stöhnt.
»Ah, er kommt wieder zu sich! Gott segne dich, Ammed!« schluchzt die englische Dame, die echt weiblich, jetzt lobt, was sie vorhin verdammt hat, und nun anfängt, das Werk des Arabers mit Streichen zu unterstützen, die eigentlich nur Liebkosungen sind.
Ammed schneidet aber alle Gefühlsergüsse mit einer neuen Dosis Kaffee ab, wobei der Australier die Augen aufschlägt, sie aber sofort wieder schließt, doch nicht für lange, denn der Knabe bearbeitet ihn so mit dem Stock, daß er den Mund aufthut und bittet: »Geh weg und laß mich schlafen!«
»Kein Schlafen jetzt! Steh auf!«
»Ich – ich bin zu müde!« sagte er mit trägem Seufzer, und der Opiumträumer dreht sich um und will vom Himmel weiter träumen trotz des Höllenlärmes, der von der Straße heraufdringt, und trotz der Bitten und Thränen des Weibes, das ihn anfleht, aufzustehen um ihretwillen.
Doch im nächsten Augenblick springt Errol auf mit einem gellenden Schrei, nicht des Schmerzes, aber der Wut; die Wirkung des Opiums ist zu mächtig, als daß er etwas fühlte, aber er will seine Ruhe haben. Der Araberjunge hat den Augenblick benutzt, in dem Lady Annerley den Rücken wandte, um Errols orientalische Pantoffeln abzuziehen und mit tückischer Kraft seine Fußsohlen in Angriff genommen.
»Nun ihm sein auf die Fuß, nun ihm nicht laß liegen hier. Halten ihm auf. Ihm ganz gut. Mehr Kaffee!«
So angefeuert, versuchen die beiden Frauen, ihn aufrecht zu halten, allein er schwankt von ihnen auf einen Diwan und murmelt: »Laßt mich nur eine Minute schlafen und träumen.«
Allein Lady Annerley will ihn jetzt ebensowenig mehr unterliegen lassen, als der arabische Junge, denn die Töne, die heraufdringen, treiben sie in Verzweiflung, und sie stürzt zu ihm hin. Trotz seines Sträubens gelingt es ihnen doch mit vereinten Kräften, ihm noch mehr Kaffee einzuflößen, ihn zu schütteln, ihn aufzustacheln und mit ihm zu ringen, bis er sie wütend anschnaubt – es war ja nicht der Mann, der aus ihm sprach, sondern das Gift; sie lassen aber nicht von ihm ab, bis er aufrecht dasitzt und offenbar wieder Herr seiner Bewegung wird.
Dann ruft Lady Annerley den Knaben zu sich heran, denn sie hat eilig eine Botschaft niedergeschrieben: »Kommt mir zu Hilfe! Sarah Annerley im Hause Abdallah, des Mauren.«
Sie läßt sich nun noch von Ammed den Namen der Straße sagen, setzt diesen bei, während sie mit dem Knaben spricht, und sagt: »Ammed, du bist der einzige von uns, der heute nacht ohne Lebensgefahr durch die Stadt kommen kann. Willst du diesen Zettel nach der Marina tragen, dort warten, bis die englischen Boote kommen, und dies dem ersten besten fränkischen Seemann geben, den du siehst?«
Der kleine Bursche antwortet: »Ja, Dame, mich wissen.«
»Ich kann mich auf dich verlassen?«
»So wahr ich lebe und an Allah glaube.«
Dann beauftragt sie die Martin, Errol, der noch immer wie betäubt um sich blickt, wach zu halten, wenn ihr ihr Leben lieb ist, und Lady Annerley geht mit dem Knaben die in den Hof führende Treppe hinunter und durch den Gang nach der Vorderthür, wobei sie sich in acht nimmt, die Riemen mit den Eselsglöckchen nicht zu verschieben, über die sie hinweg muß. Dort drückt sie Ammed etwas Geld in die Hand, sagt »Gott geleite dich«, öffnet das Portal, und er huscht auf die Straße hinaus und verschwindet in dem Tumult und dem Getöse, das ihn nun von allen Seiten zu umgeben scheint.
Eilig läuft sie wieder in das große Zimmer hinauf, stößt aber sofort einen Schrei der Verzweiflung aus, denn Errol schläft wieder.
»Er sagte, es würde ihm so gut thun!« flüsterte Martin gefällig.
»Unbrauchbares, erbärmliches Geschöpf,« schreit ihre Herrin. »Gälte es, dein Leben zu retten, ich ließe ihn schlafen und dich sterben. Aber es handelt sich um ihn. Sie werden kommen und ihn töten, solange er schläft.«
Dann fliegt sie zu ihm hin, liebkost ihn, wirft all ihren Stolz bei Seite, bittet ihn, aufzustehen und zu leben, wenn nicht um seinet-, so doch um ihretwillen. Sie liebt ihn, sie will ihn glücklich machen, ihn, ihren Helden, der sie bis hierher beschützt hat. Dann fängt sie wieder an, das Ding, das sie liebt, zu puffen und zu stoßen und zu schlagen, sie weint um ihn, schlägt ihn aber immer weiter, bis er endlich die Augen öffnet, die diesmal etwas bewußter ins Leben blicken. Sie gibt ihm noch mehr Kaffee und bittet ihn, herumzugehen, denn ihr aller Leben hänge von seiner Vernunft und von seiner Kraft ab. Er gehorcht ihr, denn er hat die Wirkung des Opiums hinlänglich von sich abgeschüttelt, um zu wünschen, wieder er selbst zu sein, und so kommt ihm von jetzt ab seine Männlichkeit zu Hilfe im Kampf gegen das Gift. Und so erwacht, nach vielen Bemühungen, und noch mehr Kaffee, nach tödlicher Uebelkeit und heftigem Erbrechen, Charley Errol bleich, zitternd und schwach wie ein Kind, der Schatten seiner selbst, aus seinem Opiumschlaf gerade in der Stunde, in der Constantin Niccovie ihn am tiefsten davon befangen wähnt. Er erwacht und vernimmt das Klirren von Waffen, das Geräusch einer Anzahl Menschen, welche die kleine Treppe heraufschleichen, über die der Grieche entkommen war. Er hört, wie sie verstohlen und leise versuchen, die Hinterthür zu erbrechen, die er in eine Mitrailleuse verwandelt hat.