Andreas Gryphius
Catharina von Georgien
Andreas Gryphius

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Gesan. O Himmel! solte diß ein Mensch von Abas dencken!
Wie hilt sich Alovas?

Cath.         Er liß sich eilend lencken
Kam eher man vermeint in Tamaras Gezelt /
Vnd sprach; mein Bruder schaw' heckt auch die hel'sche Welt
So eine grimme Pest / die beid' vns zu verletzen
Durch eigne Glider sucht? heist Chach das Schwerdt mich wetzen?
Vnd reitzt er dich auff mich? sucht er durch vnser Blut
Der Länder vntergang? Nein Glaub ich bin zu gut
Daß ich sein Hencker sey. Gott müsse diß verhütten!
Leg alle Feindschafft ab / laß vns nicht ferner wütten.
Nim die Princessin weg / vnd gib mir deine Hand
Zum Zeichen erster Gunst vnd Brüderlichem Pfand.
Las deß Verräthers Hoff. Wil Ispahan nicht nützen
So kan / Trotz List vnd Macht vnd Waffen! Stambol schützen.
Printz Tamaras vmbarmmt mit Lust so wertten Gast.
Die Zwytracht ward gestillt / deß grausen Kriges Last
Verfil in Hochzeit Freud' vnd alle Mord-Trompeten
Geselten Tamaras zu seinen Braut Panqueten.
Man machte neue Bünd / vnd lif den Bospher an.
Weil man vom Tyger nichts / denn Meineyd hoffen kan.

Gesan. Wie nam diß Abas auff?

Cath.         Diß Werck blib so verschwiegen
Daß er das minste nicht zu Ohren konte kriegen.
Biß daß durch Bottschafft jhm / der Türcken Fürst anbracht;
Daß er zu seinem Zug auch Gurgistanscher Macht
Zu brauchen sich erklärt. Doch wolt er vorhin wissen
Ob sie mit Abas nicht sich in Vertrag einlissen /
Vnd ob er zu dem Volck' hett Anspruch oder Recht.
Chach lacht in seine Faust vnd weil er Stambol schlecht
Zu hönen willens war; versprach er dem Gesandten /
Es solten sonder feil jhm seine Schutz verwandten
Der Fürst von Tefflis selbst vnd der von Gurgistan
Zu Red' vnd Antwort stehn / da er in Ispahan
Wolt jhre Gegenwart in zweymal virtzig Tagen
Erwarten. Diser schloß so wenig Zeits zu wagen.
Stracks hat Chach gegen vns vnd Tefflis sich erklärt;
Daß er / so Fürst als Volck auff seinen Hoff begehrt.
Die Printzen thaten jhm drauff unverzagt zu wissen;
Daß sie auff Osman sich vnd nicht auff Chach verlissen.
Vnd gantz mit keinem Heer vil minder in Person
Gesonnen auff sein Wort zu nähern Abas Thron.
Chach welchem diser Schimpf mehr denn erträglich schmertzte
(Als der Gesandte noch mit seinem Hochmutt schertzte
Vnd lachend sich von jhm an heim nach Stambol macht.)
Schwur bey der höchsten Krafft die über Fürsten wacht;
Daß er den Kopff fort an nicht sanffte wolte legen
Biß er den frechen Hohn mit Flammen Mord vnd Degen
Vnd vnserm Vntergang vollkommen abgewischt
Vnd seine dörrend Ehr in mildem Blut erfrischt.
Er wolte selbst ins Feld / vnd hub an scharff zu toben
Auff alle / welche nicht den Vorsatz konten loben.
Can Alovard der jhm diß auszureden tracht;
Ward vnversehns mit Gifft an seinem Tisch' vmbbracht.
Er hiß in tollem Grimm den Curtzi Bassi prügeln /
Vnd nach gehäuffter Schmach in einem Thurm verrigeln.
Er biß als sein Gemahl ihn bat / nicht auß dem Land
Zu weichen / jhr erhitzt / die Finger von der Hand /
Ja liß gantz Gurgistan in solcher Eil bespringen
Daß vns nicht möglich Schutz vnd Beystand auffzubringen.
So gehts wenn sich ein Schiff an scharffe Klippen schmeist /
Vnd mit dem ersten Schlag die gantze Last auffreist.
    Doch suchten wir noch eins (behertzt bey aller zagen)
Diß Leben / für das Blut Georgiens zu wagen
So bald wir vnser Kind vnd Schnur hinweg geschickt /
Vnd schon der Persen Zelt von dem Gebirg' erblickt;
Begaben wir vns recht zu deß Tyrannen Füssen
Vnd wolten seine Faust in tiffster Demut küssen.
Er / dem der schwere Zorn durch alle Sinnen kracht /
Erhitzt in geiler Brunst / als wir der grausen Macht
Mit Thränen zugesetzt / als wir mit eigner Leichen
Vns den gereitzten Grimm erboten zuerweichen.
Die offt verkehrte Rött' im Angesicht entdeckt;
Wie hefftig seine Seel durch Rach vnd Lib entsteckt.
Er sprach vns freundlichst an (doch war die Gunst vergellet)
Vnd fragte warumb sich nicht vnser Kind einstellet.
Zwar / sagt er / ist es eins! wo jhr mit ernster Trew
Den hochverletzten Bund für Reich vnd Euch auffs New
Bekräfftigt wündtscht; so schafft daß die man euch wird nennen
Für vns mit Eyden sich zu dem Vertrag erkennen.
Diß ists was wir begehrt. Geht jhr den Vorschlag ein;
So wird man Gurgistan gantz nicht beschwerlich seyn.
    Wir gaben alles nach. Man must auff sein begehren
Ihm eilend fünffmal Zehn der Edelsten gewehren /
Den er / nach dem sie sich auffs euserste verpflicht
Den Heimzug stracks erlaubt. Doch wolt er daß man nicht
Sich Landwerts kehren solt' vnd auß dem Läger reisen
Als nach dem Gast Pancket / das mit gehäufften Speisen
Vnd reichem Vberfluß sich in die Nacht verzog.
O Hellen-schwartze Nacht! die auß dem Abgrund flog!
Vnd stette Finsternüß in diser Brust erweckte!
Die Abas Grausamkeit vnd Meineyd vberdeckte!
Die Funfftzig welch' er nun von sich nach Hause liß;
Die warens die sein Volck auff erstem Weg' erstiß /
Auff sein selbst eigen Wort. Vns führt' er mit gefangen /
Vnd helt vns noch biß heut'. Als Tamaras entgangen
Ergriff er Alovas den er mit Ketten band
Vnd mit dem Meurab schnell nach Persens Hoffstadt sand.
Den Thron bestig ein Man / der ob er wol geboren
Auß Grichscher Fürsten Blut / doch Christum längst verschworen.
Dem trau't er beyde Reich'. Euch ist nicht vnbewust
Wie Alovas den Geist durch Gifft ausblasen must!
Wer weiß nicht wie alhir deß Meurabs Fraw gehandelt?
Wie Chach mit Meurabs Sohn vnd Tochterlein gewandelt?
Vor Meurabs Augen selbst? biß Meurab dahin bracht;
Daß er für Persens Gunst deß HErren Creutz verlacht.

Gesan. So ists! doch hat er nu den schweren Fall bereuet
Vnd mit erhitzter Rach' jhr vnd seyn Land erfreuet.
Vnd Ispahan erschreckt. So steht nach erstem Fall
Ein Held behertzter auff! so härtet man Metall
Durch Schmeltzen / also helt im strengen Wette-lauffen
Der Renner etwas ein / der bald den schnellen Hauffen
Als fligend überholt. Wie vil durch jhn geschehn
Wird eure Majestet mit vns in kurtzen sehn /
Wenn jhr gekrönter Sohn mit Thränen auff den Wangen/
Die ware Lust außprest / sie küssend wird vmbfangen/
Wenn jhr erlöstes Reich jhr wird entgegen zihn
Vnd ruffen durch die Lufft; Es lebe Catharin!

 

Chach Abas.

Der SchauPlatz verändert sich in den Königlichen Lustgarten.

Der Schluß ist endlich fest! das harte Joch sol brechen
            In welchem wir so lange gehn!
Chach wil sich endlich heut' erquicken oder rächen
            Eh' als der Monden auff wird stehn.
        Chach wil / eh' heut die Sonne muß verschwinden
                Lust oder Ruhe finden!
    Verzeih' es heisse Lib die Rachgier steckt vns an!
    Halt in / Rach halt! die Lib ists / die vns hindern kan.

Wir sind der Worte loß die (als es schin /) vns bunden;
            Sie sol vor Abends freye seyn.
Wir haben rechte Salb' auff disen Brand gefunden;
            Frey von deß langen Kerckers Pein.
        Sie sol recht frey / heut vnsern Thron besteigen /
                Wo nicht; ins Grab sich neigen.
    Wol Fürstin du bist frey. Nu wehle: Lust vnd Noth.
    Diß schlegt dir Abas vor: sein Ehbett oder Tod.

Kan jemand vns mit Recht jhr Himmel diß verweisen
            Wozu vns das Verhängnüß zwingt?
Man heilt die Wunde doch durch Pflaster oder Eisen /
            Die strenge Seuch' ists die vns dringt!
        Du selbst Princessin (wo du nur zu lencken!)
                Kanst Abas nicht verdencken /
    Daß er / der dich bißher gelibt ohn alle Frucht;
    Mit Ernst sein eigen Heil in deiner Wolfart sucht.

Ach! aber muß man dich durch solchen Ernst betrüben?
            Wird dir so kurtze Zeit gesetzt?
Fürwar die liben nicht / die vns gezwungen liben!
            Man flucht der Hand die vns verletzt.
        Wie wenn du wolltest eh den Tod erwehlen
                Vmb vns noch mehr zu quälen?
    Ists möglich daß vns die auch kan gewogen seyn
    Die schon durch dise Faust verdamt zu rauher Pein?

Sol Tyger denn vnd Rha auff vnsern Meyneyd fluchen
            Mit dir stirbt leider! vnser Ehr!
Erhält der Reussen Fürst diß auff sein hoch ersuchen
            Traut vns / wer Athem holet mehr?
        Wird nicht die Nachwelt ewig auff vns schreyen
                Vnd für vnd für anspeyen?
    Wer wird den neuen Bund der durch so vil bemühn
    Kaum in sein Wesen bracht; nicht in den Zweifel zihn?

Ha! was erwegen wir! wer darff sich vnterstehen
            Zu tadeln was vns billich scheint?
Pflegt nicht das heilge Recht ans Königs Hand zu gehen
            Weil recht was der gekrönte meint?
        Gesetzt auch! daß wir etwa vns beflecken!
                Der Purpur kan bedecken.
    Man wird durch Majestet vnd Sonne so verblend't;
    Daß man so wenig der / als jener feil erkent.

Kan wer / der bey Verstand / den Zwang der Libe schmähen?
            Sie ists die vns gebunden hält!
Verbind vns nicht die Cron auff Persens Heil zu sehen;
            Das durch der Frauen Freyheit fält.
        Entschuldigt den der sigt vnd auch gekrönet /
                Doch den ein Weib verhönet!
    Rach / Lib vnd Zepter sind die vnser Hertz bekrigt.
    Rach / Lib vnd Zepter sind die vber vns gesigt.

 

Chach Abas. Imanculi.

Komm't Imanculi dar? recht! stracks geh' vnd erkläre
Gurgistans Königin / daß Abas jhr gewehre
Die Freyheit die sie sucht / vnd seine Cron darzu /
Doch / daß sie auch was wir bißher gefordert / thu.
Der Zepter ist vor sie: wo sie was Persen lehret
Zu glauben sich entschleust / vnd Abas der sie ehret /
Der Heyrath wuerdig schätzt. Taug jhr der Vorschlag nicht!
So werd' (vnd bey Verlust deß Kopffs) in eil verricht
Was diß Papir dich heist. Laß dich nicht eher schauen
Als nach vollbrachtem Werck. Ach was beklämmt vor grauen
Die abgekränckte Brust! verzeuch! geh hin! Ach nein!
Halt in! kom her! ja geh! es muß doch endlich seyn.

 

Reyen der gefangenen Jungfrauen

Süsses Land das wir gegrüsset
      Als der Tag vns angelacht;
Das mit vns die Freyheit misset /
      Vnd in Persens Banden schmacht;
          Laß nu ab von langem Klagen
          Vnd verkehr' in Lust dein Zagen.

Richte die zerschellten Glider
      Auß der Aschen frölich auff!
Dichte neue freuden-Lider /
      Weil dir nun in vollem Lauff
          Deine Wolfart wil begegnen
          Vnd mit höchster Lust dich segnen.

Ob dein Zepter Stab vnd Crone
      Vorhin in den Staub verfil;
Doch setzt der / der Reich vnd Throne
      Handhabt deiner Angst ein Zil!
          Vnd wil dir / durch die du leben
          Einig kanst / jtzt wiedergeben.

Strenges Persen sey gesegnet!
      Rufft: Georgien glück zu!
Himmel! jhr habt außgeregnet!
      Winde legt euch nun zu Ruh!
          Last mit Jauchtzem-vollen Lachen
          Vns deß Heimzugs Anfang machen.

Heute sihst du vns zu letzte /
      Reiches Chiras! gute Nacht!
Ob es Ispahan nicht schätzte;
      Gott hat doch vns wiederbracht.
          Vns wird nicht vor Sirvan grauen
          Da sie Thürm auß Köpffen bauen.

Auß der Edlen Todtenköpffen
      Die das grimme Schwerdt auffraß.
Last vns etwas Ruhe schöpffen
      Wo die keusche Fürstin saß
          Die vil liber wolt ihr Leben
          Als die Jungferschafft hingeben.

Nymphen die ihr vmb die Wipffel
      Der besteinten Felsen springt;
Die jhr vmb die grünen Gipffel
      Der bejahrten Palmen singt;
          Last euch weit vnd breit zu Ehren
          Eurer Catharinen hören.

Preiset nicht nur jhre Sige /
      Vnd den nie erschreckten Mutt /
Nicht die ehren-reichen Züge /
      Vnd jhr nie beflecktes Blut.
          Singt daß sie in Angst genesen
          Vnd in Banden frey gewesen.

Singt daß sie das rauhe Toben
      Deß erhitzten Grimms verlacht;
Daß sie das geschmünckte loben
      Der verlibten Lust veracht;
          Daß sie / ob sie gleich gebunden /
          Reich / vnd sich / in sich gefunden.


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