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Heutzutage, wo das geflügelte Wort: »Es gibt keine Entfernungen mehr!« infolge der großartigen Verkehrsmittel zur Wahrheit geworden ist, kann man das australische Inselreich leicht erreichen. In zwölf Tagen führen uns die modernen Schnelldampfer von der Westküste Amerikas aus dem lärmenden, ruhelosen und wüsten Getriebe der Weltstadt San Francisco hinüber zu den Gestaden der vielumworbenen Samoainseln, über deren zukünftiges Schicksal, über deren politische Zugehörigkeit zu Deutschland, England, Nordamerika oder über deren Aufteilung zwischen diese drei Mächte die letzte Zeit entschieden hat.
Die fast ohne Ausnahme um 1722 durch den Holländer Roggeveen entdeckten Samoainseln, oder wie sie früher häufig genannt worden, die Schifferinseln, sind wohl fast ohne Ausnahme vulkanischen Ursprungs.
Davon zeugen ihre zerklüfteten, rauhen Gebirgspartien, wie sie besonders wildromantisch auf der Insel Tutuila auftreten; davon zeugen die meilenweiten Lavafelder Savaiis und die hier und dort sprudelnden heißen Quellen; davon zeugen vor allem die noch nicht alten vulkanischen Ausbrüche, so der letzte im Jahre 1866, der von wochenlang andauerndem Aschenregen begleitet war.
Doch nicht allein vulkanische Gewalten haben diese Inselgruppe in ihrer charakteristischen Eigenart geschaffen, sondern zum Teil auch die unermüdlichen, jahrhundertelangen Arbeiten jener winzig kleinen Meerestierchen, die in ihren vielfältigen und buntfarbigen Vertretern zu der großen Familie der Korallen gehören. Sie richten mit Bienenfleiß und baumeisterlicher Kunst ihre ewigen Monumente auf, indem sie von dem Meeresgrunde der Wasseroberfläche zustreben. Aber ein grausiges Verhängnis waltet über ihnen; denn sie beschließen ihr fleißiges Leben in dem Augenblicke, da sie durch Bodenerhebungen in geringere Tiefen geraten oder das Tageslicht schauen.
Die Samoagruppe besteht aus den drei größeren Inseln Savaii, Upolu und Tutuila und mehreren kleineren; sie liegt zwischen 13 ½ und 14 ½ Grad südlicher Breite, 169 bis 173 Grad westlicher Länge v. Gr. Der Gesamtflächeninhalt beträgt etwa 50 Quadratmeilen, wovon 49,5 auf die drei Hauptinseln entfallen. Nach unerquicklichen Streitigkeiten zwischen Deutschen, Engländern, Amerikanern und Samoanern wurde 1899 die Gruppe so geteilt, daß Deutschland Savaii und Upolu, Amerika Tutuila und Manua erhielt.
Der wirtschaftliche Wert der polynesischen Inselgruppen ist durchaus verschieden. Allgemein aber hält man die Samoainseln, und unter diesen vor allen andern die Insel Upolu, für die fruchtbarsten und produktivsten. Der dicke, braune, poröse Tuffboden erzeugt eine äußerst üppige Vegetation, in welcher man häufig Vertreter indischer Pflanzenarten findet. Wohin das Auge des Reisenden auch schauen mag, auf die Höhenzüge und Berge mit der malerischen Gruppierung ihrer dichtbewaldeten Spitzen und Kegel, auf die tiefen, in geheimnisvollem Halbdunkel und düsterem Schweigen daliegenden Täler, oder auf die sanft zum Meere abfallenden, sonnigen Abhänge und welligen Ebenen, überall trifft der Blick auf eine überreiche Flora.
Gewaltige Waldungen von Kokospalmen mit Blättern gleich Riesenwedeln, weit ausgedehnte Strecken von Baumwollbäumen, in denen die kräftigen Stämme mit den eigenartig geformten, schmalen, dünnwandigen und hochkantigen, aber sehr widerstandsfähigen Wurzeln grotesk hervortreten, wechseln ab mit mächtigen Platanen- und Bananenfeldern und vielen anderen teils auffallend breitblätterigen, teils hochstengeligen Pflanzengattungen. Vor allen aber breiten sich die Farne in mehr als hundert verschiedenen Arten üppig aus; dazwischen wuchern kolossale Lianen als nicht zu unterschätzende Vertreter der Schmarotzerfamilien an den Baumstämmen hoch. Sie umschlingen mit ihren wundersam gewundenen, oft 1,5 bis 2 cm dicken Armen die prächtigen Baumriesen. Wohl kämpfen diese tapfer mit dem furchtbaren Feind; aber nach Jahrzehnte langem Widerstand erlahmt die Kraft des einst so stattlichen Stammes, das Lebensmark ist vom Schlinggewächs ausgesogen, der einst so blühende Baum stirbt langsam dahin.
Zwischen diesem Gewirr von Ästen und Zweigen wuchernder Schlingpflanzen sendet eine Bananenart, die Ohiva, tausende von Luftwurzeln zum feuchten Erdreich nieder. Durch die dichtbelaubten Kronen der hoch und schlank gewachsenen Palmen und die knorrigen Zweige der stämmigen Baumwollenbäume dringen nur selten und spärlich die Sonnenstrahlen hindurch; daher findet man auch unter den vielen, den feuchten Boden bedeckenden Pflanzen keine bunte Farbenpracht, vielmehr herrscht die weiße oder graue Färbung vor.
Ein etwas verändertes Bild zeigt uns die Flora in den höheren Regionen. Steigen wir hinauf in die Berge, die sich bis zu 1300 Meter über den Meeresspiegel erheben, so werden Bäume und Sträucher niedriger, gedrungener, die Blätter kürzer, breiter; dagegen treten die vielen Arten der Farne in den Vordergrund. Durchrankt sind sie von hübschen, den weiten Gottesgarten zierenden Pflanzen mit seltener Blütenpracht in herrlichen satten, besonders dunkelroten Farben. Und wo der Boden starken Feuchtigkeitsgehalt hat, wo Morastboden und Sumpf vorhanden sind, da gedeiht fast undurchdringlich das schlanke Bambusrohr mit den schmalen grünen Blättern und gelben Rohrstielen.
Während ein großer Teil der zahlreichen Baumarten Verwendung als Nutzholz findet, liefert ein anderer Teil Faserstoffe, welche zur Herstellung von Matten dienen. Die Samoaner haben es hierin zu großer, kunstvoller Geschicklichkeit gebracht. Sie verwenden hauptsächlich den Bast des Papiermaulbeerbaums zur Anfertigung der Tapamatten, die oft einen hohen Wert repräsentieren und einen Teil des Wohlstandes einzelner Familien wie ganzer Stämme ausmachen.
Das Hauptkontingent unter den vielen Pflanzenarten stellt unstreitig die Kokospalme, und in dieser liegt auch der große Wert der ungeheuren, nur zum Teil urbar gemachten Waldungen; denn die aus den Kokosnüssen gewonnene Kopra bildet den Haupthandelsartikel. Die schlank und kerzengerade zum Himmel strebende Kokospalme erreicht eine Höhe von 15 – 25 Meter. In ihrer luftigen, durchsichtigen Krone, aus sich biegenden und wiegenden Fächern hängen an kurzen Stielen die Kokosnüsse. Die Anzahl ist sehr verschieden. Ich habe nicht selten Bäume mit 150 – 200 Nüssen bemerkt. Die Palme trägt das ganze Jahr, und man berechnet die durchschnittliche Ertragsfähigkeit derselben an Kopra auf einen Zentner. Die jungen Kokosnüsse liefern einen kühlen, erquickenden und sehr nahrhaften Trank, die Kokosmilch. Eine Nuß enthält etwa ¾ Liter Milch; je älter sie wird, um so geringer wird dieses Quantum; dagegen verdickt sich die unter der festen Schale sitzende weiße Masse mehr und mehr und liefert in getrocknetem Zustande die Kopra. Bei diesem Trockenprozeß, zu welchem sie in schmale, etwa ein Zentimeter lange Streifen geschnitten wird, verliert sie etwa die Hälfte ihres ursprünglichen Volumens.
Im Laufe der letzten Jahre sind vielfache Versuche gemacht worden, andere wertvolle Bodenprodukte anzubauen. Tabak, Baumwolle, Kaffee, Kakao und Reis sind kultiviert worden, und überall mit gutem Erfolg; sogar Tee ist mit günstigen Resultaten angepflanzt worden. Die Achillesferse des ganzen Betriebes ist leider auch hier, wie so häufig anderswo die Arbeiterfrage. Der Samoaner arbeitet nicht gern, aus Gründen, die teils in dem Volks- und Familienleben wurzeln, teils aber in dem mühelosen Erwerb reichlicher Nahrung zu suchen sind.
Während sich Mutter Natur in so verschwenderischer Pracht präsentiert, ist die Fauna auf den Samoainseln nur schwach vertreten. Hunde, ein Gemisch aller nur denkbaren Rassen, und Schweine, letztere teilweise wild; einige Eidechsenarten und wenige ungiftige Schlangen, Fledermäuse und fliegende Hunde und schließlich mehrere Arten wilder Tauben: das ist der ganze Reichtum der samoanischen Tierwelt.
Getrost und furchtlos schreitet der Wanderer durch die Wälder. Nie wird der Biß eines giftigen Gewürms oder der Überfall eines reißenden Tieres sein Leben gefährden. Und hemmen Seen, Flußläufe, wildschäumende Bäche und tosende Wasserfälle, deren es auf diesem schönen Inselreiche viele in oft wunderbar lieblicher, romantischer Lage gibt, des sorglos Dahinschreitenden Fuß, so mag er sich ruhig und getrost den kühlen, klaren, zum Bade lockenden Wassern anvertrauen.
Unter den Samoainseln ist die größte das am meisten westlich gelegene Savaii, dessen einzig geeigneter und vor den Passatwinden Schutz bietender Ankerplatz Matautu ist. Die nicht sehr breite flache Küste ist besonders an der Ostseite stark bevölkert. Hier reiht sich Dorf an Dorf. Das Innere ist infolge des fast undurchdringlichen Urwaldes und der rauhen vulkanischen Natur des Gebirges gänzlich unbewohnt. Noch hat kein Europäer die Insel durchquert.
Eine von Riffen, Klippen und Untiefen freie Wasserstraße trennt Savaii von der östlich liegenden zweitgrößten Insel Upolu, der fruchtbarsten und interessantesten. Hier haben die meisten Europäer, die Kaufleute, Pflanzer, Handelsgesellschaften, ihre Niederlassungen. Hier konzentrieren sich der Handel und der Verkehr in dem an der Nordküste freundlich gelegenen Hafen von Apia, dem einzigen Orte, den die amerikanischen und australischen Dampferlinien anlaufen.
Upolu ist ringsum umsäumt von Korallenriffen und weniger hoch als Savaii. Die vielen Gebirgsbäche mit ihren seeartigen Erweiterungen, kleineren und größeren Wasserfällen, unterirdischen Zu- und Abflüssen sorgen für eine genügende Bewässerung des fruchtbaren Erdreichs.
Weiter ostwärts von Upolu liegt die dritte Insel Tutuila. Sie ist die rauheste und ihrem streng vulkanischen Charakter gemäß die zerrissenste, birgt aber den besten Hafen der ganzen Samoagruppe, Pago-Pago. Seine stillen, tiefen Wasser sind rings umgeben von hohen Gebirgsmassen von überwältigender, wilder Schönheit. Nie Amerikaner haben in richtiger Erkenntnis der Wichtigkeit dieses Hafens für sich das Recht erworben, hier eine Kohlenstation zu errichten, ein Recht, welches die Deutschen für den Ort Saluafata, nahe bei Apia, auf Upolu erworben haben.
Vor den Augen des Reisenden, der sich auf dem stolzen Ozeandampfer dem Hafen von Apia nähert, entwickelt sich nach und nach das kleine, anfangs formlose Fleckchen am Horizonte zu bestimmten Formen, bis er schließlich die Bucht in ihrer ganzen tropischen Pracht und Schönheit vor sich sieht. Die Einfahrt ist nicht ganz gefahrlos, da die Ufer von Korallenriffen umsäumt sind. Ja, an einzelnen Stellen reichen diese unheimlichen Feinde der Schiffahrt bis in die Mitte der Bucht hinein.
Bei ruhiger, glatter See, wie sie in der sogenannten guten Jahreszeit etwa von Mai bis Oktober, meist mit langsamer, leichter Dünung majestätisch über die gefährlichen Klippen dahinrollt, ist nichts von ihnen zu sehen. Nur die Welle, die während des niedrigen Wasserstandes zur Zeit der Ebbe, darübergleitet, bäumt sich schäumend auf, um hinter den Riffen sich zu überschlagen, dem Seefahrer ein warnendes Zeichen.
Der Hafen ist nicht allzu groß. Die weit hineinragenden Riffe verengen ihn; besonders in der unruhigen Jahreszeit, November bis März, gilt er für unsicher, ja gefährlich.
Wer erinnert sich nicht des wütenden Orkans, der im Jahre 1889 die Samoainseln heimsuchte und der deutschen Marine durch den Verlust zweier Kriegsschiffe und des größten Teils ihrer Besatzungen so schwere Wunden beibrachte. In diesem Sturm gingen nicht nur der »Adler« und »Eber« und drei amerikanische Kriegsschiffe, sondern auch mehrere Kauffahrteischiffe zu Grunde.
Kaum ist der Anker des einlaufenden Schiffes in die Tiefe gerauscht, so umringen zahlreiche Kanoes den schwimmenden Koloß. Die Kanoes, etwa 3–4 m lang und 0,4 m breit, aus Baumstämmen gefertigt, haben an einer Seite einen sogenannten Ausleger, ein rundes, volles Stück leichten Holzes, am vorderen Ende zugespitzt und mit dem Kanoe fest verbunden. Dieser Ausleger verleiht dem Kanoe die nötige Sicherheit gegen das Kentern.
Ein Boot des Dampfers bringt uns ans Land und legt an einer bequemen Brücke an. Am Strande zieht sich eine breite, chaussierte Landstraße entlang. An derselben liegen, dem Innern der Insel zu, in kurzen Entfernungen voneinander niedrige, einstöckige, meist in Holz aufgeführte Gebäude, durch ihre Bauart und Ausführung die Anwesenheit von Europäern verratend. Hotels, Magazine, Kirchen, Kaufläden reihen sich aneinander. Da lesen wir Tivoli-Hotel, Apia-Hotel, Kaufhaus von Gebauer, Samoan Weekly Herald – denn Apia hat sogar eine wöchentlich erscheinende Zeitung – und andere Firmen. Es folgen verschiedene Konsulate, die katholische Kathedrale, welche allerdings noch nicht völlig ausgebaut ist und welcher der hier residierende Bischof aller Südseeinseln vorsteht, ferner das auf der Wasserseite gelegene deutsche Konsulat, das »sich durch sauberes Aussehen vorteilhaft abhebt, das deutsche und kurz dahinter das samoanische Postamt und schließlich die großen Kontore und Lagerräume.
Man bezeichnet allgemein den westlichen Teil der Bucht von Apia mit dem Namen »Molinu«. Hier wohnte der verstorbene König Malietoa. Hier haben auch die Braven der deutschen Marine ein Denkmal gefunden. Der mittlere Teil, das eigentliche Apia, ist reich an Kirchen, Hotels und Kaufhäusern. Den Hintergrund zu dem reizenden Panorama bilden dichtbewaldete Berge, deren höchster, der Apiaberg, sein Haupt wie schützend in die Wolken erhebt.
Zu den großartigen Naturschönheiten kommt dann noch ein herrliches, mildes Tropenklima mit 25° C. Die Luft ist rein und klar. Dezember und Januar sind die heißesten Monate mit 27,5°, Juli und August die kühlsten mit 23° C. Besonders schön und erquickend sind die kühlen Nächte. Man kann sich nichts Stimmungsvolleres denken als eine samoanische Landschaft in stiller Mondscheinnacht.
Die Samoaner sind ein kräftig gebauter, schöner Menschenschlag, die Männer groß, muskulös, von selbstbewußter Haltung. Die Frauen von lieblichen, oft schönen Gesichtszügen, glänzenden dunklen Augen, tadellosen Zähnen, rabenschwarzen, schönwelligen Haaren und weichen, anmutigen Formen. Die Samoaner sind friedliche, freundliche und schöne Menschen. Den richtigen Typus dürfen wir natürlich nicht an der Küste suchen, sondern in den zurückliegenden kleinen Dörfern und Gemeinden. Gefahr läuft man nirgends. Braune Knaben und Mädchen umringen uns neugierig; von allen Seiten erschallt das traute Talofa! d. h. »sei gegrüßt, Fremdling!« Die tapo empfängt uns, heißt uns niedersitzen und reicht uns eine Schale kawa. Wer ist die tapo! Sie ist die Heilige des Dorfes, der gute Genius, ein Mädchen aus vornehmer, jedenfalls edler Familie. Sie ist vielleicht schon mit dem vierten Jahr auserlesen und seitdem mit Sorgfalt für diesen Ehrenposten erzogen worden. Dem Stamme erscheint sie als die Verkörperung aller guten und schönen menschlichen Eigenschaften. Immer ist sie festlich geschmückt, Licht und Sonnenschein, Friede und Freude sind ihre Begleiter. So geht sie vor uns her wie die Königin des Frühlings. Und ihr Hofstaat? Das sind alle mißwachsenen und kleinen Personen des Stamms, die nicht kämpfen und nicht arbeiten können. Bei Tanz und Spiel leitet sie alle Festzüge und ist stets die Vortänzerin.
Wie bei allen Polynesiern, so ist auch bei den Samoanern das Tätowieren eine sehr verbreitete Sitte. Bei allen festlichen Gelegenheiten salben sich Männer und Frauen mit Kokosnußöl ein und erzeugen so eine wie poliert erscheinende, glänzende Haut. Auch im Kampf und in der Schlacht schreitet die tapo allen voran, furchtlos und mutig. Wie eine Jungfrau von Orleans führt sie die Krieger in den Streit. Wehe, wenn sie ein feindliches Geschoß zu Boden streckt! Es ist die größte Schande, die den Feind treffen kann; niemals würde ein Samoaner ein Weib verwunden oder gar töten. Die tapo, der verzogene Liebling des Dorfes, muß ein fleckenloses Leben führen; ihre Reinheit ist ihr Stolz. Sie wird durch ihr Gefolge streng überwacht. Mit ihrer Verheiratung endet ihre Amtsführung. Die Ältesten des Dorfs bestimmen ihr einen Mann aus der Schaar der Tapfersten.
Der Kawatrank wird aus der Wurzel des Piper methysticum hergestellt und zwar von den schönsten Jungfrauen des Dorfes. Nachdem sie den Mund mehreremale sorgfältig gereinigt haben, setzen sie sich um eine hölzerne Schüssel, zerkauen die Wurzel zu einem weichen, weißen Brei, den sie dann in die Schüssel abgeben. Nun wird Wasser auf diese breiige Masse gegossen und diese umgerührt, gepreßt und geknetet. Das fertige Getränk ist eine trübe, milchig aussehende Flüssigkeit und schmeckt nach Seife und Tannin. Man kann zwar nicht behaupten, daß die Zubereitung eine besonders appetitliche wäre; aber auch der Weiße überwindet seine Abneigung schnell und zieht das Kawa bald allen andern Getränken vor. Es verursacht ein angenehmes, kühlendes und erfrischendes Gefühl und ist auch dem Magen sehr bekömmlich, übermäßiger Genuß hat die merkwürdige Wirkung, daß der Trinker sein volles Bewußtsein behält, aber die Herrschaft über seine Glieder verliert.
Spielen und Belustigungen aller Art sind die Samoaner leidenschaftlich ergeben. Selbst die Kriegführung nimmt sich bisweilen mehr wie ein Spiel aus. Erklärt die feindliche Partei, daß sie noch nicht kampfbereit sei, so wartet man noch einige Tage, und wenn's zur Schlacht kommt, so fließt wenig Blut. Im allgemeinen verlebt der Samoaner sein Dasein in süßem Nichtstun; denn was er braucht, bietet ihm die Natur ohne sein Zutun. Seine Speisen bereitet er in folgender Weise zu: der zu backende Gegenstand wird in Bananenblätter gewickelt, zwischen heiße Steine gelegt und mit Erde bedeckt. Die so zubereiteten Speisen sind äußerst schmackhaft. In Beziehung auf die Nahrungsmittel herrscht reine Gütergemeinschaft. Kein Samoaner wird daran denken, einem Nachbar etwas von seiner Mahlzeit zu verweigern. Alle Speisen werden in einem der Dorfschaft gehörigen Kochhause zubereitet. Als besondere Delikatesse gilt der sogenannte Palolowurm. Mit fieberhafter Spannung wird auf sein Erscheinen gewartet. Dieses erfolgt nur zweimal im Jahr. Im Oktober und November taucht er an bestimmten Tagen und für wenige Stunden zwischen den Korallenriffen auf. Der Fang geschieht mittelst feingeflochtener Körbe oder Siebe. Für die Samoaner ist der Palolofang ein großes Freudenfest. Bekränzt mit Blumen zieht groß und klein in Booten nach der Stelle hin, wo der Wurm erscheinen soll. Still und schweigend harren alle in dem Dunkel der Nacht auf die Morgendämmerung. Mit dieser kommen die Tiere erst vereinzelt, dann in immer größeren Mengen an die Oberfläche; bald wimmelt dieselbe in unzähligen Scharen. Emsig schöpfen die Eingeborenen die kostbare Beute in die Boote; denn schon mit der aufsteigenden Sonne verschwinden die Würmer in den Spalten des Riffes. Unter Jubel ziehen sie mit ihren vollen Booten heim, und Schmaus, Tanz und Spiel folgen dem Palolofang, die frohsten Stunden im sonnenreichen Leben des heiteren Inselvölkchens.