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Als ich am frühen Morgen des 6. Mai aufs Deck kam, wurde ich durch ein rhythmisches, höchst unmelodisches Geschrei oder Geheul überrascht, welches von Knabenstimmen herzurühren schien und dessen Ursache ich bald erkannte, über Bord blickend, hatte ich ein Schauspiel vor Augen, das nie jemand vergessen wird, der es gesehen. In der grünen Flut unten schwammen und ruderten Scharen junger Burschen von 10 – 15 Jahren umher, beständig bald einzeln, bald im Chor mit durchdringender Stimme schreiend: Have a dive! Have a dive! (welches verderbte Englisch bedeuten soll: Soll ich tauchen? Es klang ganz wie háftadai, háftadai! oder A la mer! A la mer!) – braune, schokoladefarbene Knaben, die mehr Amphibien als Menschen zu sein schienen, so heimisch fühlten sie sich in dem nassen Elemente. Sie waren in den kleinsten Booten, die ich je gesehen, vom Lande gekommen, ausgehöhlten Baumstämmen von oft nur drei Meter Länge, so leicht, daß sie durch die winzigen Ruder, die ganz die Gestalt einer Pritsche für das Ballspiel hatten, rasch und geschickt gelenkt werden konnten. Das Geschrei bedeutete, daß man eine Münze ins Meer werfen sollte, die sie dann auffischen würden. Doch besaß die Rotte einen gewissen Stolz, denn auf Kupfer wollten sie nicht tauchen, das Geldstück mußte blank und von Silber sein. Aber wahrlich, sie verdienten das bißchen, was man ihnen zuwarf, durch ihre Geschicklichkeit in vollem Maße. Ihre Blicke hingen an den Augen und Händen der Reisenden über ihren Köpfen; sobald ein Arm sich zum Wurfe hob, entstand eine Bewegung unter ihnen; die weit aufgerissenen schwarzen Augen funkelten, jede Faser ihres Körpers spannte sich an, wie zum Sprung ausholende Tiger duckten sie sich in ihren schwankenden Nachen, während die im Wasser befindlichen rasch auf die wahrscheinliche Wurflinie zueilten. Jetzt erreichte das Metall die Wasserfläche, wie Federn schnellten die braunen Körper aus den Booten, wie Pfeile fuhren die Schwimmenden nach der Tiefe, alle kopfüber, die weißen Sohlen nach oben kehrend. Im Moment waren sie verschwunden und nur eine Silbersäule aufsteigender Luftblasen bezeichnete den Weg, den sie genommen. Das dauerte eine Viertelminute, eine halbe Minute, noch länger, beängstigend lange, dann erschien ein Krauskopf, dann noch einer, ein dritter, die ganze Schaar, pustend, plätschernd, lärmend, der glückliche Finder mit triumphierendem Grinsen die Beute zwischen den Perlenzähnen weisend. Das Geld geht nie verloren; die Jungen tauchen schneller als das Metall sinkt, und da sie im Wasser ganz gut sehen, erhaschen sie die Münze stets, ehe sie in die Tiefe gelangt. Die Kraft, mit welcher die kleinen Taucher in das Wasser eindringen, und die Tiefe, die sie erreichen, sind ganz erstaunlich; für 1 Schilling (= 1 Mark) schwammen zwei Burschen unter unserem über 7 Meter unter den Meeresspiegel hinabragenden, über 30 Meter breiten Schiff weg, und kaum an der Oberfläche angelangt, verschwanden sie sofort wieder, um den versprochenen Schilling aus dem Wasser zu holen. Die Bürschchen sind übrigens nicht so häßlich, als man nach den Beschreibungen erwarten sollte. Sie gehören zum äthiopischen Stamme der Somali und sind offenbar den Abessiniern verwandt; man möchte behaupten, daß es manche recht hübsche Gesichter unter ihnen gibt. Ihre Haut ist schokoladefarben, ein gutes Teil dunkler als die der Berbern. Die Farbe der Berbern ist die frischer Bronze, die Somali sehen aus wie eherne Denkmäler, die ein Jahrzehnt lang den Unbilden der Witterung getrotzt haben. Erst jetzt, nachdem ich in Gegenden gereist bin, wo braune Menschen leben, habe ich das richtige Verständnis für die braune Farbe bekommen, und ich weiß jetzt, daß sie ganz prächtig kleidet. Ich sage absichtlich kleidet, denn sie ist selbst ein Kleid, und jener Reisende, der sagt, ein dunkler Mensch könne sich überhaupt nicht so nackt auskleiden als ein Europäer, hatte ganz recht, ebenso wie jener andere, der berichtet, daß er, mit seinen Dienern in einem Flusse badend, sich seiner Nacktheit geschämt habe; dabei sei ihm seine weiße Hautfarbe ungesund, kränklich erschienen im Vergleich zu dem kräftigen, warmen Braun seiner Begleiter! Was mich aber in der Erscheinung der Somaliknaben mehr als alles andere in Erstaunen versetzte, das war der Umstand, daß sie fast alle das schönste goldblonde Haar trugen, das man sich vorstellen kann, und zwar meist in feine Löckchen geordnet, wie man es in Europa auf den Köpfen der Schauspielerinnen sieht, wenn sie auf der Bühne Pagen darstellen. Auf mein Befragen erfuhr ich von einem Schiffsoffizier, daß die Haare, wie sich ja auch erwarten ließ, gefärbt seien. – Was ist in Aden zu sehen? fragt lange, ehe der Anker fällt, der Reisende, der die Zeit seines kurzen Aufenthalts möglichst gut auszunützen wünscht. Was zu sehen ist? Wenig, wird er belehrt, fast gar nichts; und doch ist Aden einer der interessantesten Punkte der Erde. Aden ist die gänzliche Verneinung alles dessen, was einen Menschen zur Erbauung seines Wohnortes reizen kann; es ist einzig durch das, was es nicht bietet. Und dennoch haben hier wahrscheinlich schon vor Jahrtausenden menschliche Wohnungen gestanden, und steht jetzt eine Stadt, wichtig genug, um den überaus kostspieligen Unterhalt zu rechtfertigen. Das macht die Geldgier des Menschen und seine Sucht, sich aller Punkte zu bemächtigen, von denen aus er seinen Mitgeschöpfen schaden kann. Ja, der Anblick dieser Wüstenfestung, die Erwägung der Summen an Kraft und Geld, die darauf verwendet worden sind, gibt zu denken. Aden ist ein zweites Gibraltar in jeder Hinsicht; in Gestalt, Lage, Bedeutung, besonders jetzt, da der gesamte Verkehr mit dem ungeheuren Osten hier vorbeizieht. Gibraltar, Malta, Aden! Durch diese drei Halbinselchen und Inselchen beherrscht England die wichtigsten Meere. Und alle Völker zusammen, die um jene Meere wohnen, können diese Pfähle, die in ihr Fleisch getrieben sind, nicht ausreißen. Sie haben es versucht. Gibraltar weiß davon zu erzählen, spanische und französische Flotten sind dort erlegen. Gäbe es gar keinen anderen Beweis dafür, daß die Engländer nicht bloß ein Krämervolk, sondern auch ein Kriegervolk sind (auch Hannibal befehligte ein »Krämervolk!«), würde selbst die Geschichte davon schweigen: diese Felsen müßten es dem blödesten Auge dartun.
Aden liegt ziemlich in der Mitte zwischen Äquator und Wendekreis des Krebses. Es ist ein südlicher Ausläufer des arabischen Festlandes und ist mit ihm durch einen so schmalen Küstenstreifen verbunden, daß der lateinische Ausdruck peninsula (Beinahe-Insel) bezeichnender dafür wäre, als das Wort Halbinsel. Jene Landzunge ist ganz flach, liegt nur wenig über Wasser und wird zuweilen bei Springfluten ganz überschwemmt. Gegen das Festland wird sie durch eine jetzt nicht mehr streng bewachte Mauer abgegrenzt, also alles ganz wie bei Gibraltar. Die Halbinsel selbst hat eine längliche Gestalt, ihr größter Durchmesser beträgt nur etwa zehn Kilometer. Wie die Inseln von Perim und viele andere Felsen in jener Gegend ist sie auf feurigem Wege entstanden und ist eigentlich nur ein großer erloschener Krater, dessen östliche Wand eingestürzt ist, vom Meere her freien Zugang gestattend, während alle übrigen, steilen, schroffen, über fünfhundert Meter ansteigenden Kratermauern in ursprünglicher Wildheit himmelauf trotzen. Lange, lange hat ihnen der Zahn der Zeit nichts anzuhaben vermocht, der Zerstörer, aber auch der Förderer des Lebens, der aus harter Felsenkruste eine weiche Decke schafft, auf der frisches grünes Leben aus den Ruinen sproßt. Hier ist noch alles tot, so tot, als ob erst jüngst alles organische Dasein vom Feuer weggesengt worden wäre. Wo sich je ein neugieriger Grashalm, von einem Vogel gesät, aus dem Boden wagt, da tötet ihn die unerbittliche Sonne. Sie ist hier Alleinherrscherin, sie duldet keine Wolke, keine Ansammlung von Wasser in der Luft, das sich befruchtend über die lechzende Erde ergösse. Hier regnet es alle Jahre etwa einmal, und das ist dann ein Festtag für die ganze vertrocknete Menschheit, das in den Felsenspalten herabrinnende Wasser wird gesammelt, als wäre es flüssiges Gold; und es wird haushälterisch verwaltet, damit es bis zum nächsten Wolkenbruche reiche, denn als Wolkenbrüche kann man die tropischen Regen bezeichnen. Läge Aden nur als öder Fels im Meere, so wäre das ja nichts Besonderes, das kommt auch sonst vor; es wäre ein Stück Sandwüste in der Wasserwüste, aber hier wohnen auf engem Räume 30 000 Menschen, und eben als menschliche Wohnstätte ist Aden ein so trostloser Ort. Es ist das Sibirien der heißen Zone, aber viel schrecklicher als jenes (zum Teil mit Unrecht) verrufene nordische Land. Dort ist es kalt, hier heiß; gegen Kälte kann man sich schützen, gegen Hitze nicht; dort genießt der Mensch die herrlichste Gabe der schaffenden Natur, den Wechsel der Jahreszeiten, hier herrscht ewiges Einerlei; dort gibt es grüne Wälder, hier nicht, dort Quellen und Bäche und Flüsse, hier nicht; dort herrscht Leben in der belebten Natur, singen Vögel auf den Bäumen, tummelt sich Wild in Wäldern, hier ist alles tot, nur heisere Seevögel krächzen und stummes Meergetier kriecht zur Ebbezeit im Uferschlamm.
Schon der erste Anblick von Aden ist entmutigend. Von der Reede aus erscheinen auf dem kahlen, ungastlichen rötlichen Strande und seinen Hügeln glänzend weiße Häuser, deren eines, das Kasino der Offiziere, alle anderen an Größe und Kraft des Baues überragt. Darum und dazwischen überall Bastionen und Mauern und Zinnen, aus deren Lücken lange schwarze Röhren verdächtig hervorschielen. Wir gehen ans Land: alle Zeichen der Zivilisation empfangen uns; Kommissionäre drücken uns die Anzeigen der wetteifernden Hotels in die Hand, Führer bieten sich an, Einspänner und Zweispänner drängen sich um uns; eine Horde bettelnden Gesindels überfällt uns; in seinen Augen ist der Fremde nur dazu da, um Geld auszuteilen, dazu hat ihn Allah geschaffen. Aber sie täuschen sich, der Aufenthalt in Italien und Ägypten hat unser Herz gegen alle Bitten verstockt, und das offenbar nur aus reiner Gewohnheit bettelnde Volk machte heute schlechte Geschäfte. Wir lassen uns auch auf kein Anerbieten ein, sondern gehen unter Anführung eines in Aden bekannten Holländers ruhig auf den nächsten Gasthof zu. Unsere Verfolger begleiten uns bis an die Türe, wo sie gleich Hunden niederkauern und warten, bis wir wieder zum Vorschein kommen. Wir befinden uns jetzt noch nicht in der eigentlichen Stadt, sondern nur in der Hafenvorstadt mit den Gasthöfen; der unsrige ist von einem Franzosen gehalten und selbstverständlich sehr einfach eingerichtet; ein paar zweifelhafte Billards und ein greulich verstimmtes Klavier deuten auf höheres Streben, als das nach Matrosenunterhaltung. Obwohl aber der Komfort sehr gering ist, so versäumt doch auch der, welcher schon wiederholt in Aden gewesen ist, nicht, ans Land zu gehen, und wäre es auch nur, um das Gefühl zu haben, daß man auf fester Erde steht und ein paar Schritte gehen kann, ohne an eine Bretterwand zu stoßen. Man läßt sich ein Frühstück vorsetzen, das von hier ab durch den ganzen Osten Tiffin heißt, wobei nach der Meinung meiner Gefährten der Champagner nicht fehlen darf. Aber auch frisches Wasser und selbst Eis war hier zu finden, und darauf hatte ich nach den Beschreibungen, die man sonst von Aden hört und liest, nicht gerechnet. Das Eis wird künstlich bereitet, das Wasser stammt aus einem großartigen Zisternensystem, das die Engländer neuerdings mit enormen Kosten angelegt haben. Diese Wasserwerke sind auch der einzige Grund, warum man die eine Stunde entfernte Stadt aufsucht, was entweder zu Pferde oder Esel, oder bequemer in leichten, mit einem Zelttuch bedeckten Wagen geschieht. Der Weg führt erst die Küste entlang, zur Linken das prächtig blaugrüne Meer, zur Rechten steile Felsen mit Löchern, die zu Kasematten zu führen scheinen; dann einen durch Mauern und Bastionen verteidigten Hügel hinan und in eine hohe beklemmend enge Felsengasse hinein, eine wahre Via mala, die ein einziger Steinblock versperren könnte. Sie bildet den einzigen Zugang zum Innern der Halbinsel und zur eigentlichen Stadt, die jetzt vor uns ausgebreitet liegt, und zu der der Weg rasch hinabführt. Einen anderen Weg einzuschlagen, um nach Aden zu gelangen, ist unmöglich; denn über die Felsen weg kann kein Mensch klettern, und erlaubten es ihm auch seine Kräfte, die feindlichen Kugeln würden den völlig Schutzlosen sofort niederstrecken. Die einzige offene Seite der Halbinsel zieht nach Osten, nach dem Meere zu, ist aber durch eine befestigte kleine Insel und durch Erdwerke so gesichert, daß jeder Versuch einer Landung Wahnsinn wäre. Die Stadt liegt in der Mitte des fast eine Stunde durchmessenden Kraterkessels, besteht aus kleinen, meist freundlichen weißen Häusern aus Stein oder einer Art Sandzement und zählt ungefähr 20 000 Einwohner (ausschließlich Garnison); ihre Straßen durchschneiden sich in regelmäßigen Abständen rechtwinklig und stechen, dank der englischen Polizei, durch ihre Sauberkeit angenehm gegen die ägyptischen Straßen ab. Gleich nach dem Eintritt in die Stadt fällt uns ein in edlem Stil gehaltener, steinerner Bau mit Säulen getragenem Dach und abgegrenztem Vorplatz auf, einem antiken Tempel vergleichbar; er ist das Gefängnis, seine Bewohner mögen sich ähnlich warm befinden, wie ihre weiland Genossen unter den Bleidächern Venedigs. Vorüber! Wir gehen, um die Wasserwerke zu sehen, eine Felsenwand entlang, die die Sonnenstrahlen mit solcher Heftigkeit zurückwirft, daß der vorbeigehende Fremdling in Gefahr eines Hitzschlags schwebt. Schon vor dem Verlassen des Schiffes waren wir ausdrücklich aufmerksam gemacht worden, uns auf dem Wege nach den Zisternen doch ja recht gegen die Sonnenstrahlen zu schützen, und man hatte uns zum warnenden Exempel berichtet, wie einst von zehn Reisenden, die von einem französischen Dampfer ans Land gegangen waren, sieben an Sonnenstich erkrankten und einer starb. Wir drückten daher unsere Hüte tief in den Nacken Eine lange Erfahrung in heißen Ländern hat gelehrt, daß eine Bestrahlung des Nackens viel gefährlicher ist und viel leichter Sonnenstich hervorruft, als eine solche des Kopfes selbst, was namentlich Militärärzte und Militärbehörden beachten sollten. Alle Kopfbedeckungen in den Tropen sind daher auch mehr auf den Schutz des Nackens als des Kopfes berechnet. Daß übrigens Rasseneigentümlichkeit und Gewöhnung hier sehr von Einfluß sind, geht daraus hervor, daß man in Aden zur Mittagszeit Leute mit völlig glattrasiertem Schädel in der Sonne umhergehen steht. spannten unsere Schirme auf und wanderten unbekümmert um die Hitze, es war mittags 1 Uhr, vorwärts. Nach zehn Minuten kamen wir an eine hektargroße Stelle, auf der eine Anzahl dürftiger junger Pflanzen ein bleichsüchtiges Dasein fristete. Sie ließen alle die Köpfe hängen wie Zimmerblumen, die man zu begießen vergessen. Und doch sind nie Pflanzen so gut gewartet worden, wie gerade diese; zu jeder geht ein eigenes Wasserleitungsröhrchen, und für die empfindlichsten hat man besondere Basthäuschen gebaut, wie gesagt, mit mäßigem Erfolg. Es gehört die ganze Zähigkeit der angelsächsischen Rasse dazu, um unter solch ungünstigen Verhältnissen den Kampf mit der kargen Natur noch länger fortzusetzen; aber die Zähigkeit wird siegen, und sie hat auch schon jetzt einige Siegeszeichen aufzuweisen. Sobald man sich nämlich rechts wendet, gelangt man in eine Felsenschlucht, die in einzelne durch eingehauene Treppen verbundene Terrassen von verschiedener Höhe und Größe zerfällt. Auf jeder Terrasse finden sich ein oder zwei Becken mit mehr oder weniger grünem, aber klarem Wasser. Die Becken, zum Teil zehn Meter tief, sind aus dem harten Stein herausgemeißelt, bezw. gesprengt und wohl zementiert, damit nicht durch etwaige Sprünge des Felsens das kostbare Wasser entschlüpft. In die Becken münden von allen Seiten kleine Kanäle, die aus jeder kleinen Spalte, aus jeder schmalen Rinne die Regentropfen, wie sie herablaufen, sammeln. Auf diese Weise lassen sich in den Becken weit über 100 000 Hektoliter aufstauen, eine gewaltige Menge für eine Stadt, in der früher schlechtes, sumpfiges Wasser mit viel Geld bezahlt wurde. In einer Ecke neben einem Becken stehen die erwähnten Trophäen, der Stolz und das Wunder Adens, zwei Bäume, wahrhaftig echte Bäume, ein Feigenbaum und eine Akazie. Es hat unendliche Mühe gekostet, sie groß zu ziehen, aber es ist gelungen, und die bescheidenen, schnellwachsenden Pflanzen haben schon fast mannsdicke Stämme. Nach Ansicht der Adener ist dieses etwas enorm Großartiges. – Hat man die Wasserwerke besichtigt, so fühlt man das Bedürfnis, von dieser Anstrengung auszuruhen, und tritt im Wagen den Rückweg an. Dieser öde Fleck Erde vor uns war schon lange vor unserer Zeitrechnung eine wichtige Handelsstation gewesen, ja man erzählt, daß König Salomo die ersten Anlagen zu diesen Zisternen habe schaffen lassen. Im Mittelalter war Aden der Sitz eines wichtigen Handels. Historisch gewiß ist aber nur, daß die Engländer, nachdem sie 1839 die Halbinsel besetzt, eine Kohlenstation errichteten, und damit dem Handel einen großen Dienst leisteten. Doch hat Aden seine volle Bedeutung erst durch die Eröffnung des Suezkanals erlangt, durch den ja mit der Zeit der ganze Handel nach dem Orient ziehen wird. Schon jetzt ist die Zahl der Schiffe, welche Aden besuchen, reißend gewachsen, und namentlich legen alle großen Dampfer hier an, um Kohlen einzunehmen. Aber auch Südarabien wird mehr und mehr in den Verkehr hereingezogen werden, und dann steht Aden ohne Zweifel eine bedeutende Zukunft bevor; bewähren sich die Wasserwerke und gelingen die Kulturversuche auch nur im Laufe des nächsten Menschenalters, so ist viel gewonnen; haben die ersten Pflanzungen festen Fuß gefaßt, so werden sich um sie herum leicht andere ansiedeln, und es mag der Kraterkessel in späterer Zeit ein erträglicher Aufenthalt für Menschen werden. Ist aber Aden schon im Frieden wichtig, so gilt dies in erhöhtem Maße im Kriege. Mit den Perim-Inseln zusammen beherrscht es die Straße Bab el Mandeb und damit den Suezkanal. Hier müssen sich alle Schiffe die Erlaubnis zur Durchfahrt holen oder erzwingen; aber das letztere dürfte seine bedenklichen Schwierigkeiten haben.