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Offener Gartensaal, gegen den Hintergrund zu mit einem halbmannshohen Marmorgeländer geschlossen. Es wird angenommen, daß hinter demselben der Garten terrassenförmig abwärts geht. Im Vorgrunde zu beiden Seiten Türen, daneben Bildsäulen. Der Haupteingang ist zwischen den Säulen, links an der Balustrade.
Zawisch (tritt lachend auf).
Ich bin verliebt! O weh, mein Herz ist fort!
Ihr Leute, kommt zu Hilfe! Ha, ha, ha!
Wie sie mich ansah mit dem schwarzen Blick,
Die stolze Ungarin! Hilft alles nichts!
Und schön ist sie, beim wunderbaren Gott!
Ein adlig, wildes, reuterscheues Füllen,
Den Zaum anschnaubend, der es bänd'gen soll.
Auch sonst geht alles, wie es Gott gefällt!
Die Österreicher reißen tüchtig aus,
Seit Margarethe fort, die Königin;
Der eine rechts, der andre links, doch alle
Nach Frankfurt auf die Kaiserwahl. Nu! nu!
Sie legen dort wohl die Gesuche nieder,
Daß man doch ja Herrn Ottokar erwähle!
Milota (von innen).
Nur hier herein indes!
Zawisch.
Wen bringt man da?
(Gewaffnete bringen Seyfried von Merenberg gefangen. Milota, ganz gerüstet, folgt, einen versiegelten Brief in der Hand.)
Milota.
Der König ist noch beim Turnier?
Zawisch.
Ja wohl!
Sich da, Herr Merenberg? und so begleitet!
Milota.
Sein Vater, der Verräter, sandt' ihn fort
Mit diesem Schreiben an den Erzbischof
Von Mainz. Er hatt' ihm Eile wohl geboten –
Seyfried.
Ob er's gebot!
Milota.
Allein der junge Herr,
Da ihn sein Weg am Schloß vorüberführte,
Wo Bruder Benesch haust mit seiner Tochter,
Wollt' er noch einmal sehn sein altes Lieb;
Doch fing man ihn und sendet ihn hierher.
Zawisch.
So? Bei schön Mühmchen? Ei, bei Fräulein Berta?
Seyfried.
Im heißen Fieber liege sie und rase,
Ward mir gesagt. Ich wollte sie nur sehn,
Nur wissen, ob sie lebt, und so gab ich
Des Vaters Haupt und mich in ihre Hand.
Tor, der ich war, verruchter, blinder Tor!
Milota.
Hier ist der Brief, die Aufschrift an den Mainzer.
Seyfried.
Herr Zawisch, seht, ich hab Euch nie geliebt!
Für doppelsinnig hielt ich Euch und falsch,
Doch sagt mein Vater, Menschen kennt' ich nicht;
O zeigt mir, Herr, daß ich Euch nicht gekannt!
Gebt mir den Brief, laßt ihn uns hier vernichten.
Mit mir könnt Ihr beginnen, was Ihr wollt!
Ich hab Euch sonst wohl auch schon Liebs getan.
Als Ihr mit Euren Sippen da und Freunden,
Wißt Ihr? im Vorgemach der Königin
Gar sonderbare Reden einst geführt;
Ich ging nicht hin und sagt's dem König an,
Wie ich gekonnt, vielleicht wohl gar gesollt!
Denn damals ehrt' und liebt' ich noch den König,
Als meiner angebornen Fürstin Gatten
Und meinen wahren, rechtgesinnten Herrn.
Zawisch.
Hörst du, Freund Milota?
Milota.
Wer achtet sein!
Zawisch.
Der Brief ist richtig! (Er liest.) An den Erzbischof
Von Mainz. Du bist verloren, guter Freund,
Wenn dieser Brief dem König kommt zu Hand!
Seyfried.
Herr, rettet mich!
Zawisch.
Schon gut! schon gut!
Die Leute sind vertraut? (Auf die Wache zeigend.)
Milota.
O ja! Warum?
Zawisch (den Brief in der Hand wägend).
Der Brief kann viel enthalten – oder wenig.
Ein Tröpflein Gift vielleicht –
(Die Hand mit dem Briefe schnell auf den Rücken gelegt.)
Ein Meer von Argwohn!
(Zur Wache gekehrt.)
Geht ihr nach Haus und grüßet Vetter Benesch.
Milota.
Was tust du?
Zawisch.
Geht ihr nur! (Gewaffnete ab.) Und du, mein Freund,
Was gibst du mir, wenn ich dich diesmal rette?
Seyfried.
Mein Leben –
Zawisch.
Ei, behalt das nur für dich!
Kannst du auch springen?
Milota.
Zawisch!
Zawisch.
Nun, so komm!
Hier hast du deinen Brief; so, und nun spring!
(Er hat ihn ans Geländer geführt, Seyfried springt hinab.)
Milota.
Wahnsinniger!
Zawisch.
Hei, was der Junge läuft!
Milota.
Ihm nach!
Zawisch.
Zurück! Hast du dich mir vertraut?
Nun, hast du es getan, so traue mir!
Ich weiß am besten, was sich fügt, was nicht;
Zu seiner Zeit wird sich's dir offenbaren.
Und dann – das junge Blut, mein gutes Herz!
Ha, ha! – Sprich nicht und geh! Es kommen Dinge,
Bei denen ich nach Zeugen nicht verlange.
Du gabst dein Wort, daß du mich läßt gewähren,
Drum geh!
Milota (kehrt am Ausgange um).
Folgst du auch nicht mehr zum Turnier?
Zawisch.
Die Waffen hab ich schon von mir gelegt,
Der Preis ist mein! – Geh jetzt! Der Augenblick
Pocht wie ein Gläubiger und will, was sein!
(Milota ab.)
Ich sehe sie den Gang herunterkommen,
Begleitet nur von einer Kämmerin;
Nun rasch ans Werk!
(Zu einer Bildsäule der Liebesgöttin gewendet, die im Vorgrunde links steht.)
Du keusche Liebesgöttin,
Getreue Gattin deines holden Gatten,
Dich fleh ich an: verleih mir deinen Schutz!
(Er zieht ein Blatt hervor und steckt es, zur Bildsäule auf einer Stufe des Untersatzes emporsteigend, unter den halbgehobenen Fuß der Göttin.)
Bewahre mir dies Blatt hier und bestell es!
Man kommt! – Ich muß noch etwas zögern! – Jetzt!
(Er springt herab und eilt, wie betroffen, fort.)
(Die Königin tritt in demselben Augenblicke mit ihrem Kammerfräulein links im Hintergrunde auf.)
Kunigunde.
War das nicht Rosenberg? der Unverschämte!
Ruf ihn zurück!
Fräulein (in die Szene rufend).
Herr Zawisch! Kommt hierher!
Die Königin befiehlt es! Hier! Ihr sollt!
(Zawisch kommt zurück, verschämt das Barett in der Hand drehend.)
Königin.
Ich weiß nicht, Herr, bin ich nicht voll bei Sinnen,
War ich im Fiebertraum, die Tage her;
Wie, oder seid Ihr ganz so unverschämt,
So rasend – Nein! Die Sprache hat kein Wort!
Verrückung möcht' am ersten es bezeichnen –
So unverschämt-verrückt, als Ihr Euch zeigt?
Bei meiner Ankunft schriet Ihr gellend auf –
Ihr wart's! Ich stand drei Schritte fern und weiß es!
Seitdem verfolgt Ihr rastlos mich mit Blicken,
Mit Blicken, die ich näher nicht bezeichne,
Doch regt sich mir der Ingrimm, denk ich dran.
(Näher zu ihm tretend.)
Nur erst, beim Tanz, als ich die Hand Euch reichte,
Ja, Frecher, ja! Ihr drücktet mir die Hand!
Wer bin ich, Herr? und wer seid Ihr?
Zawisch.
Verzeiht!
Kunigunde.
Behandelt so hier Lands man Königinnen?
Wär' ich zu stolz nicht, meines Gatten Zorn
In meiner eignen Sache aufzurufen,
Wär's hier in Böhmen wie bei uns daheim,
Wo auch die Frau ein Recht hat, eine Stimme,
Und Macht, um zu vollführen, was sie denkt,
Wo eine Königin nicht bloß des Königs Gattin,
Wo sie Gebietrin ist; es sollt' Euch reun!
Zawisch.
Verzeiht!
Königin.
Und nun: verzeiht! Erst frech und kühn,
Und nun so knechtisch, daß es an mich ekelt!
Was stecktet Ihr an jene Säule hin?
Zawisch.
An jene Säule? Steckt was dort?
Königin.
Ein Zettel.
Zawisch.
Ein Zettel, in der Tat!
Königin (zum Kammerfräulein).
Nimm ihn herab!
(Es geschieht.) Was steht auf dem Papier?
Zawisch.
Ich weiß es nicht!
Königin.
Ihr stecktet's doch hinauf!
Zawisch.
Ich? Wahrlich nicht!
Königin.
Nur erst, sowie ich kam.
Zawisch.
Ich war nicht hier;
Ich kam von jener Seite.
Königin.
Nun, beim Himmel!
Ich bin verrückt, der Kopf dreht sich im Wirbel!
Sind das hier Bäume? Ist das Luft und Erde?
Ich sah es ja, ich stand drei Schritte fern,
Als Ihr den Zettel an die Säule stecktet!
Zawisch.
Wenn Ihr es sagt, o hocherhabne Frau,
Dann muß es sein, und wär' es nie gewesen!
Königin.
Und was enthält der Zettel?
Zawisch.
Phantasien;
Die Ausgeburt von dichterischer Glut!
Königin (zum Kammerfräulein).
Zeig her!
(Sie entwickelt den Zettel und liest die Aufschrift.)
»Der Schönsten« – Ha, Verwegener,
Nimm hin das Zeugnis deiner frechen Torheit
(sie wirft ihm denZettel vor die Füße)
Und wagst du's noch einmal, dich mir zu nahn,
So soll der König deinen Frevel strafen!
Zawisch (hebt den Zettel auf und kniet damit vor dem Kammerfräulein nieder).
Nun denn, so wißt, daß ich Euch dienend folge,
Schon lang brennt das Geheimnis meine Brust.
In diesen Zeilen wagt' ich's zu gestehen,
Verloren bin ich, Herrin, wenn Ihr zürnt.
(Er steht auf und geht.)
Königin.
Ha, lachen muß ich wahrlich des Verrückten!
Kammerfräulein.
Seht, gnäd'ge Frau, so komm ich, Hand kehr um,
Zu einem Ritter und zu Minnedienst.
Königin.
Und glaubst du wirklich, dich hab er gemeint?
Nach mir blickt er, der übermüt'ge, Freche!
Kammerfräulein.
Ei, gnäd'ge Frau, was tut's? Der Wahn schon schmeichelt
Von solcher Werbung und von solchem Ritter.
Königin.
Von solchem Ritter? Lachen machst du mich!
Kammerfräulein.
Ja, gnäd'ge Frau, im ganzen Böhmerland
Ist keiner, der dem Zawisch sich vergleicht
Von Rosenberg. Den edlen Glanz, die Haltung,
Des Körpers mannigfache, edle Gaben,
Ihr saht sie, Königin, so gut als ich:
Doch auch an Heldenmut, an Tapferkeit
Steht er vor allen, die sich Ritter nennen.
In Padua hat er jahrelang studiert,
Auch macht er Reim' und singt sie zu der Zither.
Königin.
So schlimmer denn!
Kammerfräulein.
So schlimmer, gnäd'ge Frau?
Königin.
Bei uns daheim lohnt man die Zitherspieler
Mit Geld und mit Verachtung!
Kammerfräulein.
So bei uns nicht!
Manch Edler eifert mit den Troubadours,
Und dieser Zawisch hat sich manches Herz
Ersungen bei den Klängen seiner Zither.
(Den Zettel entfaltend.)
Ihr sollt gleich sehn!
Königin (hat sich gesetzt).
Er soll mir's wahrlich büßen!
Kammerfräulein (liest).
»Der Schönsten « – Nun, ich nehm es dankbar hin!
»O Hand von Schnee« –
Königin.
O Hand von Schnee, was heißt das?
Kammerfräulein.
Weiß wie Schnee.
Königin (den Handschuh abziehend und ihre Hand betrachtend).
Ich denk, er hat die Hand noch nie gesehn,
Den Handschuh höchstens!
Kammerfräulein (lesend).
»O Hand von Schnee,
Und doch so heiß;«
(Die Königin stampft mit dem Fuße.)
Kammerfräulein.
Beliebt Euch, gnäd'ge Frau?
Königin.
Lies weiter nur!
Ich wollte sagen: tu, was dir gefällt!
Kammerfräulein.
»O Hand von Schnee,
Und doch so heiß;
O Blick, so feurig,
Und dennoch Eis!«
Königin.
Ich wollt' er wäre Glut und träfe dich!
Ich wollt' ihn martern, bis ich voll gerächt.
Kammerfräulein.
»Der Mund, so süße,
Spricht herber Art;
Die Brust, ob wogend,
Nicht minder hart.«
Königin.
Schweig still!
Kammerfräulein.
»O Blick, erwarme,
O Brust, erweich!
O Hand –«
Königin.
Ich sage dir, du sollst verstummen!
Kammerfräulein.
So laßt Ihr mich nicht meines Sieges freun?