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Libussa. Nicht jetzt. Mich ekelt an der anspruchsvolle Tand.
(Einen der Blumensträuße in der Hand haltend.)
Die Butterblumen hier sind helles Gold
Und reines Silber nickt in diesen Glöckchen.
Hat jemand Lust an ihrem toten Hort
Zu Schmuck und zu Gerät, sei's ihm gegönnt.
Ah, Brom! Wie lebst du und wie lebt dein Weib?
Seid ihr versöhnt und streitet ihr nicht mehr?
Demnächst komm ich zu dir mich des zu überzeugen.
Nicht immer von Gehorsam sprich zu ihr,
Sie wird dir um so williger gehorchen.
Das heißt: wenn du im Recht; denn hast du unrecht,
So seh ich nicht warum sie weichen sollte.
Ich blicke rings um mich und finde nirgends
Den Stempel der Mißbill'gung, den Natur
Der offnen Stirn des Weibes aufgedrückt.
Sieh, deine Fürstin ist ein Weib, und braucht sie Rat,
Geht sie zu ihren Schwestern, und hier Wlasta,
Sie wacht in Waffen und gebeut statt mir.
Fühlt sich dein Knecht als Mensch dem Herren ähnlich,
Warum soll sich dein Weib denn minder fühlen?
Kein Sklave sei im Haus und keine Sklavin:
Am wenigsten die Mutter deines Sohns.
(Zu dem Weibe mit dem Kinde.)
Ah, Gute! und dein Kind! Ist's nun gesund?
Und machten jene Kräuter es genesen?
Doch eine Narbe noch, hier nächst der Stirn!
Nimm Pfeilwurz, wie es auf den Wiesen wächst
Und drück ihms an die Stirne wiederholt
Und sag dazu: in Gottesnamen. – Gut!
Auch gibt's hier eine Hochzeit sagt man mir.
(Das Tänzerpaar von vorher und der Vater treten näher.)
Ei, alter Risbak, fühlst du dich erweicht
Und nennst sie Mann und Weib das hübsche Paar?
Du tust sehr wohl, sie sind einander wert.
Denn was du immer sprachst von arm und reich
Da ist nicht Sinn dabei. Wohl denn, Glück auf!
Kehrt nur zu Spiel und Tanz, und froh zur Arbeit.
(Das Volk zieht sich zurück. Sie kommt gegen den Vorgrund.)
Sieh da ihr Herrn, so vornehm abgesondert?
Wie unzufrieden oder doch erstaunt?
Domaslav. Vielleicht erstaunt; daß du, den Göttern ähnlich,
Die Gaben spendest, die du selbst nicht teilst.
Libussa. Leih deinen scharfen Sinn mir weiser Lapak,
Daß ich verstehe was dort jener meint.
Domaslav. So stiftest du nicht Ehen, hohe Fürstin,
Und bist der Ehe doch, der Liebe feind.
Libussa. Du hältst mich wohl für rasend, guter Mann?
Wie sollt' ich hassen was so menschlich ist?
Allein zu Lieb' und Ehe braucht es zwei;
Und, sag ich's nur, mein Vater, euer Fürst,
War mir des Mannes ein so würdig Bild,
Daß ich vergebens seinesgleichen suche.
(Sich von ihnen entfernend.)
Zwar einmal schien's, doch es verschwand auch schnell.
Lapak. Du willst Geprüfte, doch du willst nicht prüfen.
Libussa (vor sich hin).
Stellt er sich denn der Prüfung? wollt' ich auch.
Domaslav. Was man entfernt wünscht, hüllt man gern in Dunkel.
Libussa. Nun weiser Lapak denn und starker Biwoy
Und mächt'ger Domaslav, die ihr euch teilt
In das was ich im Mann vereint mir denke,
Hört denn ein Rätsel, und als halbe Lösung
Füg ich ein Zeichen bei nach Seherart.
War doch die Kette stets der Ehe Bild.
(Sie nimmt ihren Halsschmuck und legt ihn auf ein Kissen, das ein Page hält.)
Wer mir die Kette teilt,
Allein sie teilt mit keinem dieser Erde,
Vielmehr sie teilt, auf daß sie ganz erst werde;
Hinzufügt was, indem man es verlor,
Das Kleinod teurer machte denn zuvor:
Er mag sich stellen zu Libussas Wahl,
Vielleicht wird er, doch nie ein andrer ihr Gemahl.
Domaslav. Wer mir die Kette teilt.
Biwoy. Und wieder doch nicht teilt.
Domaslav. Hinzufügt was –
Libussa. Müht euch nicht ab!
Der weise Lapak, sah ich, schrieb sich's auf.
Verbirg es nicht und teil es diesen mit,
Er soll für alle. Nun mit Gott! ihr Herrn.
Sucht auf die Lösung; aber hört zugleich:
Bis ihr's gefunden meidet meine Nähe. –
Libussa ist kein Ziel, das gar so nah.
(Zum Pagen.)
Geh nur voran! Ihr folgt! Glück auf den Weg!
Biwoy (im Abgehen leise).
Sie narrt uns, sagt' ich euch.
Lapak (ebenso).
Wart ab das Ende.
(Die drei samt dem Pagen ab nach der linken Seite.)
Libussa. Wer einsam wirkt spricht in ein leeres All,
Was Antwort schien ist eigner Widerhall.
Ha Wlasta komm! Ist irgendein Geschäft,
Ein Mühen, eine Sorge, eine Qual,
Daß ich bevölkre meines Innern Wüste?
(Die im Hintergrunde Stehenden drängen sich nach der linken Seite.)
Was dort?
Wlasta. Zwei Männer streiten wie du siehst.
Sie fassen sich am Bart.
Libussa (in die Szene blickend).
Schlägst du den Bruder?
Gebt mir ein Schwert, er soll des Todes sterben!
Und doch, schelt ich den Zorn und fühl ihn selbst?
Trennt sie!
(Einige gehen nach der linken Seite.)
Und ist das Tier erst Mensch geworden,
Bringt sie, auf daß ich schlichte ihren Streit.
Ei Streit und Streit!
(Die Hand auf die Brust gelegt.)
Ist's hier denn etwa Friede?
(Ab nach der rechten Seite. Die übrigen zerstreuen sich.)
Kurze Gegend mit Felsen und Bäumen.
Die drei Wladiken kommen, vor ihnen der Knabe mit dem Kissen.
Domaslav. Setz nur das Kissen ab, dort leg es hin,
Indes wir uns beraten was zu tun.
(Der Knabe setzt das Kissen auf ein niedres Felsstück links im Vorgrunde und geht. – Domaslav dem Knaben nachblickend.)
Mir dünkt ich sehe Spott in seinen Augen.
Biwoy (der sich rechts im Vorgrunde zur Erde niedergeworfen hat, mit seinem Schwerte spielend).
Hat er nicht recht und sind wir nicht genarrt?
Lapak (im Hintergrunde, die Hände auf dem Rücken, auf und ab gehend).
Das frägt sich noch!
Biwoy. Ei ja, dann klügle du!
Domaslav (der links im Vorgrunde auf das Felsenstück gestützt, unverwandt die Kette betrachtet)
Wer mir die Kette teilt –
Biwoy. Allein – Wie heißt's?
Lapak (unwillig hervorsprechend).
Allein sie teilt mit keinem dieser Erde.
(Er geht wieder auf und nieder.)
Biwoy. Sie teilt, allein mit niemand. Guter Schwank!
(Aufstehend.)
Ich hab es satt. Ich sag euch, es ist Unsinn.
Der Widerspruch, ja die Unmöglichkeit
Geknüpft in Reimwerk um uns zu verspotten,
Und uns zu bannen fern von ihrem Hof,
Weil sie uns scheut und unsre Nähe fürchtet.
Wenn nicht der Sinn von Rätsel und von Kette
In jener Knechtschaft liegt, die uns ihr Vater
Vor Jahren auferlegt, und die sein Sprößling
Mit zarten Händen gern verdoppeln möchte.
Drum ist mein Rat: Geh' jeder auf sein Schloß;
Du Lapak, du bist weise, Domaslav
Bist reich, hast Diener, Schreiber, die dir helfen
Um auszuklügeln was vielleicht der Sinn.
Ich bin ein Mann des Schwerts. Gebt mir das Kleinod,
Ich will es hüten, daß, gelingt die Lösung,
Nicht einer ernte wo gesät für drei,
Und sich allein das Ziel der Werbung eigne.
Domaslav. Das darf nicht sein!
Biwoy (die Hand am Schwert).
Es darf nicht?
Lapak. Nein und nein!
Biwoy. So laßt das Los denn zwischen uns entscheiden.
Wir werden doch nicht wie die Blinden wandeln
Uns wechselseits umklammernd mit den Händen?
Geführt von jenem Gold als unserm Auge
Und jenem Knaben – Ruft den Knaben her!
Er soll entscheiden, werfen uns das Los.
Domaslav. Damit er rückgekehrt, am Hof Libussas
Uns ihren Weibern schildre zum Gespött?
Biwoy. Da hast du recht!
Lapak. Dort geht ein Wandersmann,
Des Weges scheint's hierher. Er kennt uns nicht;
Sei unser Los sein unbestochnes Wort.
(Da Biwoy sich nach der bezeichneten Seite wendet.)
Tritt du nicht vor! Des Menschen Sinn ist rasch,
Zuerst gesehn ist ihm zuerst gekannt.
Er soll uns gleich, mit einem Male schaun.
(Sie ziehen sich zurück.)
(Primislaus tritt im Vorgrunde von der linken Seite auf.)
Primislaus. Sowie der Wolf rings um die Herde kreist,
Halb Hunger und halb Furcht, schleich ich im stillen
Her um das Haus, das jene Hohe birgt.
Und in der Brust trag ich das reiche Bild,
Das sie mir gab, vielmehr: das ich mir nahm,
So daß, wenn's hier zur linken Seite pocht,
Ich unterscheide kaum, ob es mein Herz,
Ob es ihr Kleinod was so mächtig stürmt;
Und beide drängen hin zu ihrer Herrin.
Doch nah ich ihr, rückstattend meinen Raub,
Lohnt sie mit Gold die Tat, die mich beglückt,
Und bleib ich fern, so deckt ein schnell Vergessen
Was sie kaum weiß mehr und nur hier noch lebt.
Ich sah dort einen Knaben ihres Hauses,
Gekleidet in die Farben seines Diensts,
Vielleicht kann ich ein Wort versteckter Mahnung,
Rückrufender Erinnrung ihm vertraun,
Daß sie gedenkt des Vorfalls jener Nacht.
(Indem er sich nach rückwärts wendet, treten die drei Wladiken vor.)
Lapak. Erschrick nicht, fremder Mann!
Primislaus. Erschrak ich denn?
Domaslav. Du kennst nicht uns, wir dich nicht.
Primislaus. Also scheint's.
Lapak. Zum Schiedsmann bist du demnach wie erlesen.
Primislaus. Was ist zu scheiden und was ist getrennt?
Lapak. Etwa die Kette hier.
Primislaus (für sich).
Libussas Kette.
Domaslav. Sie gab uns eine hohe Frau.
Primislaus. Libussa!
Lapak. So weißt du –?
Primislaus. – Nichts, als nur, daß es die ihre.
Domaslav. So sag denn kurz, wie kurz ist unsre Frage:
Wes von uns dreien soll das Kleinod sein?
Primislaus. Ich bin kein Mann des Zufalls und des Glücks,
Zumal wo's Richterspruch gilt und Entscheidung.
Wollt ihr den nähern Sinn mir nicht vertraun,
So bleibt mit Gott, ich ziehe meines Wegs.
Lapak. Soll ich?
Biwoy. Tu's immerhin, der Mann scheint klug,
Vielleicht verhilft er etwa uns zur Lösung.
Domaslav. Nun also denn: Wir drei, die du hier siehst,
Sind mächtige Wladiken dieses Landes,
Als mächtig eben, stark und reich, berufen
Zu werben um der Fürstin hohe Hand.
Als heute nun wir solcher Absicht nahten,
Gab uns die Fürstin dieses Halsgeschmeid
Und sprach dazu – Wie heißt's?
Primislaus. Laßt mich es hören.
Lapak (lesend).
Wer mir die Kette teilt –
Biwoy. Doch teilt mit keinem.
Es klingt wie Wahnsinn.
Primislaus. Jedes Wort, ich bitte.
Lapak (lesend).
Wer mir die Kette teilt,
Allein sie teilt mit keinem dieser Erde –
(Während die Wladiken neben Lapak stehen und in die Schrift blicken, hat Primislaus die Kette ergriffen, die hakenförmigen Glieder getrennt und rasch wieder zusammengefügt. – Lapak fortfahrend.)
Vielmehr sie teilt auf daß sie ganz erst werde;
Domaslav (lesend).
Hinzufügt was, indem man es verlor,
Das Kleinod teurer machte denn zuvor –
(Bei diesen Worten fährt Primislaus schnell nach der linken Seite der Brust, wo er das Kleinod verborgen.)
Biwoy (ebenfalls lesend).
Er mag sich stellen zu Libussas Wahl;
Vielleicht wird er, doch nie ein andrer ihr Gemahl.
Primislaus. Ich will zu ihr!
Domaslav. Was ficht Euch an? Ihr geht?
Primislaus. Das Rätsel ist gelöst.
Lapak. Wie nur?
Primislaus. – Es schien so,
Doch decket neue Nacht das kaum Erhellte.
Sie sprach's zu euch als Werbern ihrer Hand?
Domaslav. So war's.
Primislaus (von ihnen wegtretend).
Und überließ dem Zufall denn
Ob sie des Rätsels Lösung dennoch fänden?
Und der es fand, er war ja ihr Gemahl!
Fahr hin, mein Glück, dein Flug war allzurasch!
Doch blieb ein Stachel, scheint's, in ihrer Brust.
Laß mich's versuchen denn: ich drück ihn fester,
Ob ihn die Zeit vertieft, ob sie ihn heilt.
(Laut.)
Nun denn: ob des das Kleinod oder jenes
Ist nicht die Frage, scheint's, zu dieser Zeit,
Nicht einen wollte sie vorerst bezeichnen,
Ihr alle sollt zur Werbung euch berecht'gen,
Den einen wird bestimmen ihre Wahl
Weshalb, da sie zu »teilen« euch gebot
Und »mitzuteilen« doch so streng verpönte,
Sie in Gesamtbesitz euch wünscht zugleich:
Gemeinsam haben heißt als Freunde teilen
Gebt acht, ob ich die Wahrheit näher treffe.
Fürst Krokus gab der Töchter Dreizahl, jeder,
Der Mutter Bild umringt von edlen Steinen
In Gürtelspangen künstlich eingefügt;
Die Spangen sie sind hier, das Bildnis fehlt.
Wie sie's verlor, die Fürstin, wer kann's wissen?
Doch daß es fehlt, und damals schon gefehlt,
Als jene Fraun um Böhmens Krone losten,
Sagt das Gerücht in jedes Mannes Mund;
Wie auch, daß durch den Abgang jenes Bildes
Bezeichnet ward als Herzogin Libussa,
Und in der Tat »durch das was man verlor,
Das Kleinod reicher wurde als zuvor«
Denn es trug ein der Böhmen Herzogskrone.