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Die klagenden Königinnen.

Zu Speyer war's im Dome, wo einst das Wunder geschah,
Daß man am gleichen Tage drei römische Könige sah:
Der eine kraftvoll ragend in funkelnder Krone Schein,
Die andern leblos schlafend im aufgeschlagenen Schrein.

Doch auch von Königinnen erschien die gleiche Zahl,
Denn jeden der Gesalbten umgab auch sein Gemahl.
Die eine vor der andern die ärmste Witwe schien,
Und auch der Frauen reichste sah trauernd vor sich hin.

Wer aber waren die Herrscher, versammelt dort zugleich?
Es waren Albrecht und Adolf, die sich gefolgt im Reich.
Im Leben feindlich geschieden, im Tod jedoch vereint,
Und von dem siebenten Heinrich vor allem Volk beweint.

Doch aber auch die Hehren, sie galten für wohlbekannt:
Imagina, bis lange von grimmigem Haß gebannt,
Elisabeth nun selber, an Seele gebrochen und Leib,
Dazu auch Margarete, des thronenden Königs Weib.

Den Rhein heraufgefahren zur offenen Kaisergruft,
Begrüßt vom frommen Geläute aus abendlicher Luft,
Vom Herrscherpaar empfangen im wallenden Trauerstaat,
War mit des Teuren Hülle die Witwe Adolfs genaht.

Zehn Jahre kaum verstrichen noch waren seit dem Tag,
Da dort dem anderen Paare sie flehend zu Füßen lag,
Auf daß dem Besiegten werde die letzte Grabesruh',
Doch ward es ihr verweigert, und sie verwiesen dazu.

Wie aber in ihrer Bedrängnis der Stolzen sie geflucht,
So hatte Gott, der Vergelter, auch diese heimgesucht.
Der seinen Herrn erschlagen und ihm das Scepter entwand,
Er mußte selbst auch fallen von pflichtvergessener Hand.

Den Rhein herabgefahren mit ihm im düsteren Sarg,
Den, seine Schuld zu sühnen, an heiliger Stätte sie barg,
Begrüßt vom frommen Geläute aus abendlicher Luft,
Schritt Albrechts Witwe trauernd zur offenen Königsgruft.

Und als sie sich wiedersahen, die ärmsten Frau'n im Reich,
Da standen sie vor der Bahre und sah'n sich an zugleich.
Doch, als sie um sich schauten, im gleichen Augenblick,
Schon lagen sie sich in den Armen, beweinend ihr Geschick.

Mit fast erstickter Stimme, jedwede zu klagen begann,
Indes aus aller Augen die Zähre des Mitleids rann.
Dem Könige zugewendet, stund sinnend die Königin,
Was mochten ihr für Gedanken wohl ziehen durch den Sinn?

Noch hielten sich jene umschlungen, wie Schwestern durch ihr Leid:
Aus ihren Herzen geschwunden war aller Haß und Neid.
Erst als den einstigen Gegnern sich schloß der Erde Schoß,
Brach, wie aus einem Munde, der Jammer von beiden los.

»Fahr' wohl, den ich erkoren als meines Lebens Stab!
Fahr' wohl, den ich verloren so frühe schon im Grab!
Wär' mir der Trost, im Himmel zu finden dich, verlieh'n,
Ich wollte barfuß und bettelnd die ganze Welt durchzieh'n!«

»»Fahr' wohl, der auserlesen vor allen Helden galt!
Fahr' wohl, der mir gewesen im Sturm der einz'ge Halt!
Mit Nähen und mit Spinnen ich gern mich nähren wollt',
Wenn ich nochmals hienieden dich wiederfinden sollt'!««

So drang es laut zum Gewölbe, ja höher noch hinan,
Und hallte länger wieder, als die Glocken schlugen an,
Doch Heinrichs Anvermählte sah nieder vor sich stumm,
Sie bat, daß erspart ihr bleibe solch schweres Witwentum.


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