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Auf der Gnepfi hatte sein Vater ihm ein altes Haus gekauft und eine Konzession richtig erhalten. DGnepfi lag an einer Straße, Steffen hoffte dabei aber noch, daß akkurat bei seinem Hause künftig eine zweite Straße sich münden werde. Und wenn die Leute seine Hoffnung auslachen wollten, so lachte er noch mehr und sagte: Er verlasse sich auf gute Bekanntschaft, und auf einen Zapfen oder zwei käme es ihm nicht an. Da ließen sie nun bauen, zwegmachen, einrichten, und während das geschah, sollte Eisi geschwind das Kochen lernen. Steffens Mutter hatte bald gemerkt, wie es mit Eisis Kochkunst bestellt war und daß die Schweine allemal gränneten, wenn Eisi ihren Hafen in Obhut gehabt hatte. Sie gab daher Steffen untern Fuß, Eisi sollte doch wäger noch ein wenig kochen lernen, es sei nicht einmal imstande für dTauner z'koche und dHandwerkslüt, geschweige denn für neuis Grechts, e Kindbetti, es Hochzyt oder gar für dGrichtsmanne. Steffen begriff das. Er aß nicht ungern was Gutes, und Eisi hatte ihm einmal einen Eiertätsch gemacht, der war zäh wie Sohlleder gewesen und hatte gestunken wie ein verbranntes Haus, wo alles Veh dringeblieben war. Seitdem hatte er großen Respekt vor Eisis Kochen, und wenn er es in der Küche sah, so hielt er allemal die Nase zu. Er hatte einen Freund, der auch Scharfschütz war, ein Wirtshaus besaß und eine Frau, von welcher Steffen sagte, das sei ihm ein Donnstigs Ketzerli von einer Frau, die gefiel ihm, so sollten alle Wirtinnen sein. Diesen fragte er, ob er sein Eisi nicht drei oder vier Wochen zu ihm tun könnte für ds Koche z'lehre, öppe gar e Hex drin sei es noch nicht. Der Freund war ganz bereitwillig, schwerer war Eisi zu bereden, es meinte, selb wär nicht nötig, und was es öppe nicht könne, sei bald gelernt, es werd ihm de, wenn Not a Ma chömm, scho zSinn cho, wie dSach müeß gmacht sy, u de chönn me öppe probiere, bis es guet chömm, es syg jetzt alles gar wohlfeil. Je weniger man von einer Sache kennt, desto leichter kömmt einem das Erlernen derselben vor, und je weniger Begriff man von einer Kunst oder Wissenschaft hat, desto geringer schätzt man sie.
Indessen ließ es sich bereden; vier Wochen seien bald vorbei, dachte es, und geschrieben stehe es nirgends, daß es den ganzen Tag in der Küche sein und den Kuchimutz machen müsse. Es nahm eine ganze Kiste voll Kleider mit, aber Kuchischurz keinen einzigen; dere werden sie dort wohl haben, dachte es, wenn es einen sein müsse. Die Wirtin dort war ein lustig, leichtfertig Ding, die sich um die Küche wenig bekümmerte, aber mit den Gästen lustig tun konnte, wenn dieselben für sie waren. Sie waren reich, ihre Wirtschaft hatte einen eingeurbeten Gang, es mochte sich da schon etwas erleiden. Sie hatte anfangs ihren Mann tüchtig ausgeschnauzt, daß er ihr so eine bringe, mit der sie sollte in der Küche sein, dergleichen tun, was sie für eine Köchin sei, und er wisse ja wohl, wie ihr das in der Küche Hocken zuwider sei, wie sie auch nichts weniger erleiden möge als das. Als aber Eisi kam, grollte sie mit ihrem Manne nicht länger, sie sah, daß es mit dem in der Küche Sitzen nicht so gefährlich sei, und sie und Eisi waren bsunderbar wohl für einander. Eisi war die Welt neu, es sah hundert Dinge mit staunenden Augen an, welche Weltmenschen alltägliche Dinge waren, und brach darüber in Lobeserhebungen aus. Es tat daher der Wirtin bsunderbar wohl, wenn sie Eisi ihre Herrlichkeiten in Stuben und Kasten auspacken und zeigen konnte und Eisi dann aus Herzensgrund zu loben begann: «Eh aber ni, aber ni, tusige Schieß, Türk abenangere, wie schön! Selligs han ih no niene gseh, ni aber, was doch de Lüte afe nit zSinn chunt, mi steyht fry uf e Gring!» So ein herzgründlich Lob, dem man es von weitem anhört, daß es nicht ein übliches, alltägliches ist, tut einem sogenannten großen Geiste wohl. Warum sollte also dadurch eine Wirtin nicht gewonnen werden, warum sollte sie mit einer solchen Freundin nicht die herrlichsten Tage verleben? Eisi war daheim gezwungen gewesen, spätestens um fünf Uhr des Morgens aufzustehen, bei seines Mannes Eltern hatte es es bis sechs döselen lassen können, hier kam oder, wie man sagt, schloff es das erstemal erst um sieben füre und zwar sehr erschrocken und wollte sich sehr fürexgüsieren von wegen dem guten Bett und weil niemand es geweckt. Aber es fand niemand, dem es die Entschuldigung anbringen konnte. Erst lang nachher zeigte der Wirt sich, und später noch schloff die Wirtin füre. Die lachte Eisi weidlich aus und wie ihm recht geschehen, daß es so lange auf das zMorgen hätte warten müssen, einen andern Tag werde es wohl witziger sein. Das ließ Eisi sich nicht zweimal sagen, war es doch ja hier zum Lernen, was der Brauch sei, und o wie wohl tat ihm das lange Liegen, und je länger es lag, desto härter hielt das Aufstehen; es war ihm, als müsse es für zweiundzwanzig Jahre nacheliege. Am Morgen, ehe sie die Kaffeekanne hinausnahm, frug die Köchin, ob sie etwas solle zwegmachen? «He ja, mach etwas», sagte die Wirtin, «wenns zweg ist, so sag es uns, wir wollen kommen und luegen.» Das Luegen war ihr aber gewöhnlich bald erleidet. «Abah», sagte die Wirtin, «du hast jetzt schon gesehen, wie man es macht, wir wollen es dann probieren, wie es ist, das ist allweg dHauptsach.» Versucht wurde dann gründlich, und Eisi lebte herrenwohl daran; das war andere Kost als daheim auf dem Gugger! Dere wolle es viel machen, sagte es gewöhnlich, «was nimmt me neue dry?» Dann gab die Köchin etwas Bericht, und die Wirtin meinte: «Abah, was witt doch die Müehy ha, du wirst doch öppe nit e Narr sy u welle selber koche, und e Köchi weiß selligs scho; öppe allbeeinisch öppis agä, für daß me geng öppe weiß, wer Meister ist, mehr ist nit nötig. Und drfür kauf dir eins dere Büecher, wo man hat, wo alles drin aufgemacht ist, was man kochen kann und wie man kochet, Kochbüecher seit me ne.» «E ni, aber ni, was du mr doch nit sist, het me de o no dere Büecher, wo vom Koche drin stit, vo dene han ih doch afe no nüt ghört», sagte Eisi und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Nebenbei lernte Eisi auch, daß man an Fische eine Fischsauce mache, wenn man sie nicht brägle, an Brägelwürste eine Zwiebelnschweize, an einen Hasenpfeffer aber öppis ganz angers, daß man das Rindfleisch und ds Bratis nicht im gleichen Hafen koche und daß wenn man saure Lebern machen wolle, man Essig nehmen müsse dazu, und wenn man eine Suppe mache ohne Krebsstiele, so könne man dieser «falsche Krebssuppe» sagen. Das lernte Eisi, meinte nun was es wüßte, hielt seine Kochgelehrsamkeit für groß, dachte, wenn es noch ein Buch hätte, wie die Wirtin gseit heyg, un de no e Köchi, su förcht es ke Tüfel nüt. Nachmittags fuhren sie dann aus oder stellten sonst etwas an oder gingen in einen Krämerladen oder ließen eine Näherin kommen, um Eisi eine Kappe zu machen, wie die Wirtin eine hatte, oder was anderes sonst, das Eisi noch nicht hatte. Kurz sie führten zusammen ein Leben wie die Vögel im Hirse, aus den vier Wochen wurden sechs, und Eisi kam zu der Überzeugung: Wirten oder im Himmel sein, das komme akkurat aufs Gleiche.
Nach sechs Wochen kam Eisi heim, viel stolzer als ein Student, der drei Jahre auf der Hochschule gewesen und ein Doktordiplom circa philosophiam errungen hatte. Es brachte drei neue Kappen heim, Fürtücher, zwei Tschöpleni, brodierte Schuh, einen Fingerring und sonst noch allerlei, strählte das Haar niedsig, kannte einige Redensarten: «Das wird öppe nit sy»,«dihr cheut doch afe vexiere», «schenket ech bald wieder dEhr, zun is z'cho» und dergleichen mehr. Es wußte von Fischsauce zu reden und falscher Krebssuppe, wo verfluecht chüstig sy, wenn me brav dryghey, hatte auf dem Heimweg eins dere Büecher gekauft, wo das Koche drin azoge war vo zvorderist bis zhingerist, und die Wirtin hatte versprochen, ihm für eine Köchin z'luege, wo alles kochen könne, wie mes ume wünsch. Hatte also Eisi nicht Ursache, stolz zu sein, und zwar wenigstens so stolz wie ein Doktor circa philosophiam, der vielleicht nicht halb so viel heimbrachte als Eisi?
Eisi imponierte auch damit, und Steffens Leute konnten sich nicht genug verwundern, wie Eisi afe geändert heyg in sechs Wochen, es sei schon eine ganze Wirtin, chönn rede wien es Örgeli und dr Sach dr Tätsch gä vom Tüfel. Steffen hatte rechte Meinig mit Eisi, sagte allenthalben, er sei gfellig gsi, er hätts breicht, aber bis er die gehabt, heygs Müehs gha; ds Auslesen hätte ihm mehr Mühe gegeben als allbets de Bernmetzgere dr Ostermändigstier. Und wenn Eisi so freundlich und holdselig die Leute einlud, si sölle sih doch dEhr gä un si bsueche, so dachte er, das chömm guet, grad so müsse man mit den Leuten sein, un mit süeße Worte chönn me dr sur Wy ds Halb verbessere. So dachte Steffen, von wegen in den Sprachformen war Steffen eben nicht stark. Auf die Kälber verstund er sich etwas besser, obgleich er auch in dieser Wissenschaft kein Hexenmeister war.