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– und den Göttern ein Wohlgefallen

Adalbert (nähert sich, von Scham gebrochen, zaghaft).
O – Fortunata – noch ein letztes Wort –
Und einen Blick noch gib mir mit, zum Abschied! –
Sag an: verachtest – du mich – sehr?

Fortunata.                                                   Adalbert!
Verachten? – nein! – wie sollt ich dich verachten?
Nur – sieh! – hier lieb ich! – dir war ich nur gut!

Adalbert. Und doch – ich schäme mich – vor dir – vor ihm,
Am tiefsten doch vor meiner eignen . . . . .
O Fortunata! laß mich Leere sagen –
Ich darf den Namen ›Seele‹ nicht mehr nennen,
Da dieser sie erst heute fand! – O Weib,
Daß ich die schlechte Hand nach dir gestreckt,
Da dieser vor dir scheute! –

Fortunata.                                     Adalbert?
Hab ich die wankende dir nicht gereicht?
Versöhnen wir uns wieder mit uns selbst,
Verzeihe jeder sich und ihm! wir wußten
Nicht, was wir taten! Aber als wir's wußten, 229
Da haben wir davon gelitten! Leid
Ist halbe Sühne – –

Adalbert.                         Und die andre Hälfte –
Leb wohl, mein Mädchen! – wird ihr bald sich einen!

Fortunata. Was willst du tun? – halt an! – in deinem Aug
Ist Nacht –

Adalbert.           Im Herzen! Dunkelt schon der Blick?
Leb wohl! – und denke manchmal eines Mannes,
Der dich sehr liebte – und der ohne dich
Nicht leben konnte – –! (Will fort)

Fortunata (mit Bewegung nach ihm).
                                          Adalbert!

Erdmann (wieder in ganzer Mannheit).     Halt an! –
Wenn sie noch manchmal deiner denken soll!
Willst du in tödliches Vergessen sinken?
Wir sind das Leben! Was ist uns ein Toter!

Adalbert. Besser vergessen sein, als dieses Sein
In deinem tiefen Schatten weiterleben! 230
Laß mich! – Da sie verloren ist, hab ich
Nichts mehr auf dieser Welt zu suchen!

Erdmann.                                                         Wie?
Nicht eine Seele, Adalbert?

Adalbert (erst betroffen, dann:)   Laß mich!
Ich habe nicht die Kraft dazu! – Was soll
Mir eine Seele, auch wenn ich sie fände,
Da sie verloren ist!

Erdmann.                         Du bist ein Tor!
Du sollst nicht meine Seele suchen – deine!
Und ihren Raum dazu!

Adalbert.                               Du höhnst mich noch?
Gib frei!

Erdmann.       Ich gebe nicht! (Faßt ihn an)

Adalbert (stößt ihn zurück).     Du mußt!

Erdmann (nachpackend).
Ich muß nicht! Aber du mußt – hören! 231

Adalbert (mit ihm ringend).                             Weg!
Ich will nicht – hörst du – nichts von dir – laß los.
Laß mich mit mir und meiner Scham allein –
In einem – dunkeln – Winkel – sterben –! laß! –

Erdmann. Ich laß dich nicht! du sollst und mußt mich hören!

(Sie geraten auf ein Blumenbeet und zerstampfen es in einem wütenden Ringkampf)

Fortunata (entzückt zuschauend).
Er ringt um seinen Tod mit seinem Feinde,
Der Feind um seines Feindes Leben – ha! –

(Endlich überwindet Erdmann den Jüngling und hält ihn frei vom Boden in die Luft)

Erdmann (keuchend).
Du hast noch Muskeln, Mensch, und feste Knochen,
Und davon läßt sich etwas noch erwarten!
So setz ich denn dich wieder auf die Erde – –
        (Sieht, daß Adalbert sich die Hüfte hält)
Was ist dir? – du erbleichst! – verdammt! sag an,
Hab ich dir eine Rippe eingedrückt!

Adalbert (stammelnd).
Ich weiß nicht – 232

Erdmann (ihn freundschaftlich anfassend).
                            Na, was liegt an einer Rippe!
Die magst du für das neue Leben zahlen –
Du weißt: beim Sterben kostet's vierundzwanzig!
Und du wirst leben jetzt! denn jetzt versprichst du,
Erst eine Nacht darüber hinzuschlafen!
Das heiße Ding von heute wird verkühlen,
Und diese neuen, die ich hart und kalt
In deine Knabenseele senke, glühen!
Du bist ein Knabe noch, aus edlem Blut,
Und wolltest feurig dich zum Opfer bringen –
Doch solche Opfer sind zu gut zum Sterben,
Das heißt, das Sterben ist zu schlecht für sie!
Wenn's aber sein muß, nun so gehe hin:
Das Vaterland hat Not an solchen Leben,
Die locker in den Scheiden sitzen! Aber
Das gute Flämmchen Leben, das in dir
Noch stark genug zu schönsten Möglichkeiten
Im jungen Busen brennt, soll nicht verderben! –
Und wolltest du es wirklich nicht versuchen?
Nicht deinen Jammer, mein ich, zu verlängern,
Nein, ihn zu überblühn in stärkerm Leben –
Bis heute war es schwach vor lauter – Gutheit!
's ist möglich, daß du böser werden mußt,
Ein bessrer Mann zu werden! – Sieh, du hingst
Von Jugend aus an etwas außer dir, 233
Das nicht in deiner Macht stand, nur im Wollen!
Daß es das Beste war auf dieser Welt,
Das war dein Heil im Elend, im Verlangen!
Nun aber steure auf den Pol in dir,
Saevis tranquillus in undis, deutsches Blut!
Sei wahr und treu zu dir, und sonst – gerecht!
Und fange hier bei uns an! Froh und stolz
Gib uns das Unsre – auch auf deine Kosten!
Ist Mitlust nicht ein Glück und eine Ehre,
Und ist es nicht die höchste Qual und Schmach:
Mitleid erregen und dann – von ihm leben?
Um Mitleid, nicht um die versagte Liebe,
Die sich nicht geben konnte, geben kann,
Hast du dies göttliche Geschöpf umstürmt,
Das du zu lieben wähntest! laß mich lachen:
Auch diesen Menschenfraß noch nennt man Liebe!
Nun siehst du leuchten sie und freust dich nicht,
Daß ihr das Ihre ward, nicht du? geh – pfui!

Adalbert (nurmelnd).
Ich muß vor Scham vergehn –!

Erdmann.                                           Und sollte drum
Dein eignes Leben häßlich, wertlos sein!
Dort einen lichten Stern am hohen Himmel,
Hier einen heißen Sporn zu jeder Schönheit! 234
Das Bild von einem Weib dort, dir ein Maß,
Die Braut daran zu messen! Hier ein Freund –
Weißt du, was Freundschaft heißt? Da – die harte Hand
Des Feinds, der wohl dir will, und weh dir tut!
Das nenn ich einen Freund, das andre: Schmutz und Schwäche!
Komm her, und richte hier dich auf, an mir,
Zu deiner ganzen, zornigen Länge! willst du? –
Du windest dich vergebens! wund und weh
Verkocht dein Herz sich noch im ersten Leid,
Und schon ein neuer Biß? – Komm her – leg an!
Und wenn du willst, so beiße – oder – küsse!

(Adalbert liegt bitterlich weinend an seiner Brust; nach einer kleinen Weile löst ihn Erdmann sanft davon und führt ihn an die Fortunatas; diese hebt ihm, gleichfalls nach einer kleinen Weile, das Haupt und küßt ihn zärtlich; es durchschauert ihn, dann entwindet er sich und stürzt bedeckten Antlitzes fort)

Fortunata (tut ihm triebmäßig einen Schritt nach, hält aber inne).
Nein! – (Froh) er wird leben! – (Geht zu Erdmann) O wie dank ich dir
Für deine weichen und so lieben Worte!
Nun liegt kein rotes Mal auf dieser Stunde!

Erdmann. Wie durft ich hart in dieser Stunde sein, 235
Da mich des Glückes Welle weich umspült!
Und sollt ich Leben nicht verschenken, da
Mein eignes überschäumt! aufrichten nicht,
Da ich in Lüften schwebe! wie verachten,
Da ich geehrt bin und geliebt! – Er ging,
Er schied mit einem Kuß aus einem Leben
Ins andre, er wird leben! und ein Glück,
Sein Eigenglück sich bauen! – Aber wir – –



Fortunata. Wie du verändert bist in einer Stunde!
Wo ist der Raum hin für die große Trauer
Und den unendlichen Triumph, den ich
Als Mädchen schon in deinem Antlitz las
Und vorhin wieder sah!

Erdmann.                               Es wird ein Garten
Die alte Wüste angewandelt haben,
Und den Triumph! spürst du ihn nicht bei dir?

Fortunata (ihn betrachtend).
Ein Garten! und ein schöner Tag darin!
Du Tag, in den ich trete! 236

Erdmann.                                 Schöne Nacht,
Die mich zum Tag erst bildet! Mutter du,
Will es das Glück, von Lichtgestalten einst,
Tagsöhnen und geheimnisreichen Töchtern,
Der Mutter gleichend, Wolken süßen Lebens –

Fortunata. O still! – dies Glück beschweige! – Mag es kommen
Doch laß es uns nicht denken!

Erdmann (gerührt).                           Süßes Weib!
So mag es singen in den Mitternächten,
Wo sonst nur Träume dich besuchten, quälten,
Schatten der Wirklichkeit und Schaum des Lebens!
Doch – sieh, mich lächert's, daß ich daran denke! –
Wenn es nun kommt, das Glück, wie betten wir's?

Fortunata (lächelnd).
Denk an den Raum der kleinsten Hütte –

Erdmann.                                                             Ja!
Wo aber ist sie, diese ›kleinste Hütte‹?
An welchem Bach, in welchen Baumes Schatten
Lehnt sie, und ladet traulich uns zu Gast?
In wenig Augenblicken lockte nur
Und hob mich hoch – bis heut! – das eigne Leben! 237
Sonst lebt ich nur durch die entfesselte
Zweischneidige Lust am großen Leben rings,
Das mich umfunkelt. Sieh, ich lieb das Sein
Und ehr und fürchte es, ehrfürchte es,
Und diese rauhe und zerrissne Hand –
Zerrissen wie mein Leben – streichelt nur
Die Welt, und greift nach nichts und kann nichts halten!
Ihr Frauen aber seid zum halten da,
Zum haben und besitzen – –

Fortunata.                                     Denk es nicht!
Wir geben gern, sind wir nur reich genug!
Doch was ist unser Reichtum, weißt du es?
Und nun bedenk die bittre Armut doch,
In der der Mann uns läßt, an Glück, an Liebe!
So wird die Seele klein und füllt mit Kleinem
Die leeren Räume aus, und wird auch hart.
Und doch, glaub ich, sind wir aus weichem Holz –
Ich spür es hier, wenn ich für alle gelte!
Mich macht nicht glücklich, was ich habe; selten
Freu ich mich seiner recht! Und grade dann,
Wann ich mich seiner freue, fällt wie Blei
Mir der Gedanke an die Armen ein!
Ach! manchmal schäm ich mich vor unsern Mädchen,
Die meine Schränke kennen, ich die ihren.
– – Du bist auch arm! ich freu mich! 238
Wir werden kämpfen! O wie gut wird uns
Das Leben schmecken – –
        (Er beugt sich ergriffen vor ihr)
                                              Lieber was bewegt dich?

Erdmann. Laß mich zergehen, bis ich fester bin!
Noch faß ich nicht das Heilige, das ich halte!
        (Die Arme breitend, zitternd)
Auf diesem Boden Wurzel schlagen dürfen!
O Weib, o meine Heimat du! mein Weib!
Heran! – Wir sind der freie Mensch! Wir dienen.
Aus Dankbarkeit für jeden Atemzug
Der süßen Luft des Lebens, die wir schlürfen!
So ist sie unser, wird das Leben unser!
So dürfen wir es haben, lassen so!
So dürfen wir es schenken, weiterschenken – –
        (Lächelnd)
Tagsöhnen und geheimnisreichen Töchtern,
Der Mutter gleichend, Wolken süßen Lebens – –


 


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