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Mutter und Kind

Fortunata (hinter der Szene).
Was, Mutter! –

Mutter.                     Komm einmal!

(Der Vater geht kopfschüttelnd ins Haus) 184

Fortunata (auftretend).                     Hier! – und du wünschest?

Mutter. Ein Wort mit dir zu reden (Fortunata zuckt zusammen)
                                                    und ein ernstes!

Fortunata. Hab ich etwas getan – –?

Mutter.                                                 So fragt ein Kind,
Das Schläge fürchtet! Aber, Fortunata,
Du bist kein Kind, und keine Kinderdinge,
Nein reife, schwere, wohl auch bittre Dinge –
Du weißt wohl, mußt es wissen, was ich meine.

Fortunata (zitternd).
Ich muß es wissen! – Ist es doch das eine,
Was zwischen mir und meiner Mutter (Suchend) braut.

Mutter. Ja, braut, ein gutes Wort! behalten wir's!
Wie eine Wolke hängt es über uns
Seit Jahr und Tag, seit Jahren, liebes Kind,
Und trübt nicht uns allein den lieben Himmel,
Der, ach, wie heiter, Mädchen, könnte sein,
Wenn ein gewisses Ding Verstand annähme,
Und seine melancholischen Grillen ließe! – 185
So regnet, oder droht zu regnen, tröpfelt
Es immer zwischen uns, und überm Haus
Liegt es wie trüber Nebel! Sieh, dein Vater –
Er sagt natürlich nichts – doch sieh ihn nur,
Wie es ihn drückt zu all den schweren Sorgen –
Welch böse Zeiten sind das! – die ihn drücken –
Doch du – was kümmert's dich?

Fortunata (leise).                                 Was kümmert's mich?
Glaubst du, o Mutter, daß es mich nicht kümmert?

Mutter. Nun ja, ich glaub es wohl, es drückt dich mit,
Ein bißchen mit! Doch um es aufzuheben,
Die ganze Qual mit einem Schlag zu enden –
Und was für einem grausigen! – ja potztausend,
Wie schrecklich ist's, Graf Adalbert zu nehmen,
Gräfin von Klingen sein, und seinen Eltern
Mal einen leichten Tag im Leben machen – –

Fortunata (leise).
Ja ja, euch einen leichten Tag, doch mir
Ein schweres Leben – –

Mutter. Ein schweres Leben! du grundgütiger Himmel!
Woher das Kind zu diesem Schwermut kommt? 186
Kein einzig Mädchen ist im ganzen Land,
Das nicht in dieses schwere Leben flöge
Ja, ist nicht Adalbert vom Hof verbannt,
Weil er Prinzessin Gisela verschmäht,
Für die der Herzog selber bei ihm warb?
Sie müssen wohl das Leben nicht so schwer
An seiner Seite und so schrecklich finden! –
Doch wollt ich ja zu allem gar nichts sagen,
Wenn du nicht selbst so wankelmütig wärst,
Und ihn, den armen Tropf, so grausam quältest!
Welch ewiges Geschwanke hin und her
Von kalt zu warm, von schöner Glut zu Eis,
Von Hoffnungsfreudigkeit und hellem Glück
Zum Zweifel wieder fallend und zur Flucht – –

Fortunata (leise).
Ich weiß es wohl und haß mich selbst darum!

Mutter. Und er erträgt es, still und freundlich, liebreich –

Fortunata. O Mutter!

Mutter.                       – Und es rührt dich nicht! ich kann,
Ich sag es frei, ihn selber nicht begreifen!
Du nahmst einst seine Werbung an – 187

Fortunata.                                                   O Mutter!

Mutter. Und hast dich ihm verlobt (Fortunata stöhnt vor Schmerz)
                                                    und hältst ihn nun
Von Jahr zu Jahr, von Mond zu Monat hin,
Gleich jener listigen Griechenkönigin
In deinen Nächten das Gespinst zerstörend,
Das du am Tage schufst – ich schweig ein Wort!

Fortunata (erglühend).
Ich trag es nicht, Mutter! dies trag ich nicht!
Leichtsinnig hab als Mädchen ich gehandelt!
Mein töricht Herz, das sein Gewicht nicht kannte,
Nahm wohl erglühend seine Werbung an,
Doch als der Finger in den Goldreif glitt,
Erbleicht ich auch, da biß es mich ins Herz,
Und nichts heilt diesen Biß! sein stilles Wort,
Und all dein Lärmen nicht –

Mutter.                                           Doch immer, sag ich,
Ist's eine krankhaft überspannte Grille,
Eine törichte Mädchengrille!

Fortunata.                                       Mutter!
Und weißt du das so fest? 188

Mutter.                                       Ich spür's.

Fortunata.                                                   Ich spür es,
Du aber sprichst nur, Mutter! Aber wär es
Auch krankhaft, töricht oder überspannt –
Heilt das ein kühles Wort –?

Mutter.                                           Ist meines kühl?

Fortunata. Ja, Mutter! Worte, das ist Wind, und Wind
Ist kühl! doch heiß da innen sitzt der Biß!

Mutter. Das ist doch unerhört! der Mutter Wort
Dem Kinde Wind –

Fortunata.                       Ja, wenn des Kindes Schmerz
In ihrer Brust nicht mitgewogen wird.

Mutter. Nicht mitgewogen?

Fortunata.                             Nein, mit kurzen Worten
Befiehlst du schnell und leicht dem schweren Dinge! 189

Mutter. Das ist der Dank des Kindes und die Ehrfurcht!
Denk an die Schrift –

Fortunata.                           Ich denk an meinen Gott,
Und tief in meiner Brust lebt ein Gefühl:
Du sollst dein Kind verstehen und es ehren,
Denn es weiß mehr von sich als du – – o Mutter,
Ich bin dir fremd wie eine ferne Welt!

Mutter. Nein hör – –!

Fortunata.                   Ja, Mutter! wär ich dir vertraut,
Du ließest mich des eignen Weges ziehn,
Auf eignen Füßen –

Mutter.                             Gelt, ins Uferlose?

Fortunata. Und wär es so! du durftest mich nicht halten!
Was ließest du dereinst die Hand mir los,
Als ich zum erstenmal alleine stand,
Und wankend noch das erste Schrittchen machte?
Du freutest dich, und heute zürnst du mir,
Da ich den Fuß zum ersten Schritte hebe 190
Ins große, eigne Leben! Mutter, geh!
Du weißt nicht, was du tust –!

Mutter. Als ob ich andres wollte, als dein Glück!

Fortunata. Du willst nur das, was du im Auge trägst,
Die Ehe –.

Mutter.             Nun?

Fortunata.                 Ist aber Ehe Glück?

Mutter. Glückliche – ja!

Fortunata.                       Wird meine glücklich sein?

Mutter. Wie könnt ich zweifeln! Sieh doch Adalbert –
Wie ist er fein und edel, reich und schön.

Fortunata. Ja, unsre Ehe könnte glücklich sein,
Und doch ich tief unglücklich! – Stell dich drum
Nicht meinem Gotte in den Weg, der mich
Nach dieser Richtung zwingt, vielleicht zum – Glück! 191

Mutter. Ich? deinem Gotte –?

Fortunata.                                 Ja! – der dunkeln Kraft,
Dem Zuge, dem ich folgen muß, drängst du
Mit eifersüchtiger Gewalt entgegen!
Sieh doch, ich will ja nichts und weiß von nichts,
Und was ich will und weiß, wird mir zerstört!
Ein übermächtiger Strom reißt mich dahin,
Ruder und Steuer hat er mir zerbrochen –
So gleit ich hin auf seinen dunkeln Wogen,
Der Bucht entgegen, wo er sanft mich ländet –
Oder der Klippe, wo ich endlich scheitre!

Mutter. Das sind die neuen, überspannten Bücher,
Die ich dir oft verwehrt, die ungesunden!
Wie ich ihn hasse, diesen – diesen – –!?

Fortunata. O Mutter, tu mit einem ›Un‹ und ›Über‹
Nicht alles leichthin ab, was nicht genehm!
Das frohe Blühen einer andern Seele,
Und wär's ein Traum nur oder eine Torheit –
Das schöne Glühen eines zweiten Lebens,
Und wär's ein Rausch – nenn es nicht ungesund;
Und diesen Glauben an ein höheres Glück, 192
Das seinen Himmel hinter diesem niedern,
Der uns den nächsten Horizont umsäumt,
In eine ferne, selige Höhe wölbt,
Und wär's ein Wahn nur, aber doch ein Wahn,
Der uns gleich einem edeln Bogen spannt,
Und unsern Willen aus dem flachen Leben,
Das uns gemein, und schal, und fremd geworden,
In eine unentweihte Höhe schickt,
Wo Leben Lust noch ist, nicht Not und Qual –
Nenn ihn, o Mutter, nenne diesen Glauben,
Nicht diese Spannung, Mutter, überspannt!

Mutter (sich die Ohren zuhaltend).
– Was soll das uns? uns Frauen?
Wir sind zum Leiden da, steht in der Bibel.

Fortunata. Halt! Mutter! – ich verzichte! – Oder aber
Gib mir das höhere Leiden, gib den Schmerz!
Das Leiden gib mir, das mich frisch erhält,
Den Kampf, das Ringen um das hohe Glück –
Und blieb es ewig fern! – Gib mir den Schmerz!
Ich will ihn zärtlich in die Brust mir drücken,
Als Sporn und Stachel wie zu höherem Leben!
Nur nicht ersticken! nicht! im dumpfen Leiden,
Und nicht in schmutziger Zufriedenheit –
Ich habe Durst nach mehr! 193

Mutter.                                       Und bleibst unglücklich!

Fortunata. Lieber unglücklich ist mein Wort, als glücklos!
Doch weiß ich, was ich bin? Mir fehlt zu viel,
Die Hälfte wohl, um glücklich ganz zu sein,
Doch halber bin ich es! Und, Mutter, sieh:
Unglücklich bin ich nur, und krank, und elend,
Gab ich dem Hang zum kleinen Glücke nach,
Das greifbar nah, ergriffen schon! mich lockt –
Und erst, wenn ich mich wieder höher stimme,
Mich spanne, Mutter! Mutter, überspanne –
Dann wird mir wieder wohl, und schön das Leben – –
        (Sich verdunkelnd)
Bis es sich wieder trübt, und meine Glut
Unsinnig mir und ungesund erscheint,
Und wieder ich zum nahen Glücke sinke,
Und wieder von ihm schrecke – und so fort!
Kein Ende, nirgendwo, kein sichtbar Ende! – –

Mutter. Mein Kind, unglücklich Kind! ein einzig Wort –! –
Die Mutter darf es ihrem Kinde sagen: –
Dir fehlt das Mutterglück! – und das ist alles! –
        (Fortunata wendet sich erglühend ab)
Und jedes Jahr wird deine Leere tiefer! 194

Fortunata. Laß mich! – o Mutter! – daran rühre nicht!

Mutter. Ah! siehst du, daß ich's weiß!

Fortunata. Mutter! – hier schweige! –

Mutter.                                                     Tochter! – welcher Ton!

Fortunata. An welche Saite griffst du!

Mutter.                                                     Ich, die Mutter!

Fortunata (flammend).
Die Mutter? – Nun so wisse, was ich fühle:
Auch ich bin Mutter – –

Mutter (schreit, und atmet dann erleichtert auf).

Fortunata.                               – meiner fernen Kinder!
Es ist ein Ding in mir, das such empört –
(Leise) Denk ich daran, mein Kind von ihm zu nehmen!
An seinem Halse hab ich schon geweint,
Daß ich ihm gut nur sein, nicht lieben kann! – –
Er läßt mir zu viel Fasern leer! – Mutter, 195
Er ist mein Gatte nicht – –
In diesem Augenblick, im Streit mit dir,
O Mutter, spür ich's einmal zwingend wieder!
Nicht immer ist es so; mein schwaches Herz
Wird oft betört, betört so oft sich selbst
Im wechselvollen Wandel eines Jahrs.
Der Blick wird dunkel und das Blut erbleicht,
Und Zweifel foltern mich an mir und allem
Und machen krank mich; Wünsche täuschen mich,
Und oft ist mir, als liebe ich den Guten,
Und täusch ihn selbst mit meinem eignen Irren –
Doch an dem neuen, heißen Blick vergeh ich
Ins Herz getroffen wieder – –
Nun, Mutter, kannst du noch von Grillen sprechen?
Schickst du zum Ball mich mit gebrochnem Fuß,
Und in die Ehe mit zerrissner Seele – –

Mutter. O Kind,. du dummes, das gibt sich doch alles –

Fortunata. Ich weiß nicht, Mutter, was ich stärker fürchte,
Ob das sich alles geben wird, ob nicht –:
Mein Höchstes ist darin und – gäb sich mit!

Mutter (sich unruhig wiegend, nach kleiner Pause).
Ja aber Kind, wie soll das alles werden?
Willst du denn wirklich alte Jungfer werden? 196

Fortunata (schmerzhaft lächelnd).
Nein Mutter, nein, ich will nicht! doch vielleicht
Muß ich's. – Und dann, in Gottes Namen denn – –
(Schreit auf) O Gott! was sag ich! konnt ich's denn vergessen!

Mutter (ängstlich). Was, Kind?

Fortunata (verzweifelt).             Darf ich's?

Mutter.                                                           Wie?

Fortunata (gebrochen).
O Mutter, ich war wieder schwach und klein!
Er warb so rührend wie noch nie, fast groß,
Und alle Stimmen, die sonst warnten, schwiegen,
Und lockend stieg ein lieblich Bild herauf,
Ein sanftes Glück, wie von geschwiegnen Stürmen –
Und ich – gab – nach – – versprach ihm die Entscheidung –
Und heute – ist der Tag – –

Mutter.                                         – und traurig ging er? 197

Fortunata. Ich bat um Aufschub, bis zum Abend, noch!
Wenn Er nicht kommt, bevor die Sonne sinkt,
Werd ich die Seine!

Mutter.                             Wer, Er!? Wie?
Zum erstenmal vernehme ich dies schwüle
Geheimnisvolle ›Er‹! Ah, wird es licht?
Dies ist der Biß! – Ah, so!

(Fortunata windet sich in Scham und Schreck über das Geständnis)

                                            Nun, nur heraus:
Wer ist der sonderbare Glückliche
Mit seinem bösen Zahn? heraus!

Fortunata (schwach).                             Ein Mann – –

Mutter. Natürlich, ja! es wird kein Kätzchen sein!
Doch welch ein Mann, wer ist's, was ist, wie heißt er?

Fortunata (wie ein verschüchtert Schulkind).
Ich weiß es nicht – –

Mutter.                               Du weißt es nicht?
        (Fortunata verneint)
Ei, ei! Das ist ja mehr wie sonderbar – – du, Vater – – 198

(Auf der Veranda hat sich der Vater gezeigt, er bleibt stehen und kommt dann herunter)

Komm doch mal her und höre! denk, das Mädchen
Rückt endlich mit der Sprache doch heraus:
Ein Mann ist's, der sie zaudern macht! Das Wunder
Ist nun entzaubert!

Vater.                             Wie? ein Mann? und wer?

Mutter. Sie weiß es nicht!

Vater.                                   Sie weiß es nicht?

Mutter.                                                               So sagt sie!
Wie's aber ist, wer weiß es?

Vater.                                             Kind, sprich du!

Fortunata (schamhaft, mit einem Ton, der um Schonung fleht).
Einst sah ich einen Mann –

Mutter.                                         So so, einst einen Mann!
Und wo, wenn es erlaubt zu fragen ist?
Bei uns? in dieser Stadt? – so sprich doch! 199

Fortunata (leise).                                                   Nein!
Als ich das erstemal bei Trude war – –

Mutter (rechnend).
Das erstemal bei Trude, das ist lang!
Wann war es doch? vor sechs – nein sieben Jahren?

Fortunata. Es wird so sein!

Mutter (zum Vater).               Du hörst es!
        (Der Vater sieht die Tochter prüfend an)
                                                              So nun weiter!
Wer war's? – du weißt es nicht? – Und Trude, wie?

Fortunata. Sie weiß es nicht!

Mutter.                                     Weiß sie gar nichts davon?

Fortunata. Doch!

Mutter.                 Und was sagt sie denn?

Fortunata.                                                   Sie lacht. 200

Mutter.                                                                         Ach so!
Sie lacht, und darum gehst du nicht mehr hin?
        (Fortunata bejaht schweigend)
Doch weiter nun, wo hast du ihn gesehen,
Und was ist vorgefallen? So, nun beichte!

Fortunata. Ich war zum Dorf gegangen – auf dem Heimweg,
Da kam er plötzlich hinter mir daher –

Mutter. Wer – Er?

Fortunata.               Der Mann – –

Mutter.                                             Der Mann! Man müßte lachen,
Wenn es so dumm nicht wär und ärgerlich!
Was für ein Mann?

Fortunata (fast weinend). Ja Mutter, weiß ich's denn?

Mutter. Wie sah er aus? – wes Standes konnt er sein –

Fortunata. Ich weiß ja nichts! wie sollt ich ihn beschreiben – (Will weinen) 201

Mutter. Nun bitte, sei gescheit –

Vater.                                               Du frägst zu scharf!
Laß sie erzählen! – Sprich nur, liebes Kind!

(Faßt sie an der Hand; sie gewinnt Mut)

Fortunata. Ich war erschrocken, als ich Schritte hörte,
Doch als ich ihn gesehen, ward ich ruhig.
Er grüßte frei – und wollte erst voran –
Doch hielt er an und fragte, ob ich Scheu
Vor Weggemeinschaft und dem Fremdling hätte.
Ich sah ihn an und sagte tapfer nein,
Obwohl ein leises Zittern in mir war –
So gingen wir die kleine halbe Stunde
Ganz frei zusammen hin. Erst mußt ich ihm –
Denn er war fremd und ganz ein Wandersmann,
Die Berge alle und die Dörfer nennen –
Bald aber sprachen wir von dem und dem
Und ganz vertraut, als ob wir längst uns kannten –
Doch, Mutter, nur ganz allgemeine Dinge! –
Und dennoch war mir warm und froh dabei.
Am Hoftor dankt er mir die Strecke Wegs
Und sah mich still und freundlich an, und ging – – (Schweigt) 202

Mutter. Und du?

Fortunata.           Nichts, Mutter, ich war nur vergnügt!

Mutter. Und das ist alles?

Fortunata.                           Ja!

Mutter.                                     Wahrhaftig, alles?

Fortunata. Nun ja – zunächst – –!

Mutter.                                             Doch dann? und seither? nun?

Fortunata. Erst Jahre nichts, als einzig die Erinnerung,
Und ein Gefühl von Scham, und doch nicht Scham.
Wie Staunen und ein heimliches Vergnügen
An meinem Mut, mit einem Mann zu gehn!
Dann aber – und das weißt du schon – als ich
Von Adalbert den Ring nahm – jener Biß – –
Und immer seit der Stunde (Sie regt sich auf)
Wenn ich die Treue gegen ›Ihn‹ verletze, 203
Spür ich den grauenvollen Rätselbiß –
Und eben, Mutter! eben wieder!

(Sie bedeckt schluchzend das Antlitz und läßt sich auf die Kniee, Vater und Mutter sehen sich an; Pause)

Mutter. Weiß Adalbert darum?

Fortunata.                                   Ja, Mutter!

Mutter.                                                           Und?

Fortunata. Er ist sehr traurig – (Pause)

Mutter.                                         Und wie soll das enden?

Fortunata. O Mutter, weiß ich's?

(Sie schleicht weinend in die Laube hinüber, wo sie auf die Bank sinkt, den Kopf auf den Tisch legt und bitterlich schluchzt)

Mutter (nach einer Pause).           Was ist da zu sagen?

Vater. Am besten – nichts! 204

Mutter.                                 Man muß doch etwas tun!

Vater. Hier darfst du nichts als – schweigen! Höchstens – beten!
Das sind herzbrechende Geschichten, Mutter!

Mutter (besorgt).                                                         Meinst du?

(Sie gehen miteinander ab)

 


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