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Ihro Kaiserlichen Hoheit
der Frau Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar und -Eisenach
Zu würdiger Umgebung deines Bildes,
Wie es mir immerfort im Geiste waltet,
Wählt ich in Tagen, wo der Frühling schaltet,
Des Gartens Blumen, Blumen des Gefildes.
Dann schien der Rand des Achilleischen Schildes
So reich er war, nicht reich genug gestaltet;
Ja, würd ein Purpurteppich umgefaltet,
Darauf gesät der Sterne blendend Mildes.
Nun aber wird ein zierlich Heft geschmücket,
Ein treuer Diener widmets deiner Hoheit,
Und du vergönnest mir die erste Weihe.
Wie sprech ich aus, wie sehr mich das beglücket:
Jetzt fühl ich erst in neubelebter Froheit:
Die schönsten Kränze winden Lieb und Treue.
Zum 20. Februar 1824
Man ist gewohnt, daß an den höchsten Tagen
Zum Herrscherthron sich alle Völkerschaften
Nach eigner Weise zuversichtlich wagen,
Mag seltsam auch der Schmuck an ihnen haften.
Wie denn das Äußre sei von Pelz und Kragen,
Man sieht hindurch die innern Eigenschaften.
Hier bringt nun ein Korsar, zum Schein verwegen
Einsiedlerischer Zelle stillen Segen.
Ihro Kaiserlichen Hoheit
Grossfürstin Alexandra
Der Frühling grünte zeitig, blühte froh
Narziss und Tulpe, dann die Rose so;
Auch Früchte reiften mit gedrängtem Segen
Der nah- und nähern Sonnenglut entgegen;
Sie zierten wechselnd längst ersehnte Zeit
Und schmeichelten der tiefsten Einsamkeit.
Da stellte sich dem Hocherstaunten dar
Ein hehrer Fürst und Jugend, Paar um Paar,
So gut als lieb, ehrwürdig und erfreulich;
Der innre Sinn bewahret sie getreulich,
In Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Wintertagen
Die holden Bilder auf- und abzutragen.
So kann er dann, bei solcher Sterne Schein,
Auch wenn er wollte, niemals einsam sein.
Weihnachten
Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt- und junges Herz erregend –
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;
Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.
Aber, Fürst, wenn dirs begegnet
Und ein Abend so dich segnet,
Daß als Lichter, daß als Flammen
Vor dir glänzten allzusammen
Alles, was du ausgerichtet,
Alle, die sich dir verpflichtet:
Mit erhöhten Geistesblicken
Fühltest herrliches Entzücken.
Ihro Hoheit
der Prinzessin Maria von Sachsen-Weimar und -Eisenach
mit Raffaels Gärtnerin zum 3. Februar 1820
Sanftes Bild dem sanften Bilde
Unsrer Fürstin widmet sich;
Solche Ruhe, solche Milde
Immerfort umschwebe dich!
Denn ein äußerlich Zerstreuen,
Das sich in sich selbst zerschellt,
Fordert inneres Erneuen,
Das den Sinn zusammenhält.
Aus dem bunten Weltbeginnen
Wende deinen holden Blick
So vertrauensvoll nach innen,
Wie aufs heilige Bild zurück.
Ihro Hoheit
der Prinzessin Auguste von Sachsen-Weimar und -Eisenach
mit Elsheimers Morgen. Aurora, zum 30. September 1820
Alle Pappeln hoch in Lüften,
Jeder Strauch in seinen Düften,
Alle sehn sich nach dir um;
Berge schauen dort herüber,
Leuchten schön und jauchzten lieber;
Doch der schöne Tag ist stumm.
Lust-Schalmeien will man hören,
Flöten, Hörner und von Chören
Alles, was nur Freude regt.
Selbst an seiner strengen Kette
Springt das Freundchen um die Wette,
Immer hin und her bewegt.
Und so täuschen wir die Ferne,
Segnen alle holden Sterne,
Die mit Gaben dich geschmückt.
Neue Freude, neue Lieder
Grüßen dich! Erscheine wieder,
Denn der neue Frühling blickt.
Dem 30. Januar 18 . .
Von Osten will das holde Licht
Nun glänzend uns vereinen,
Und schönre Stunden fand es nicht,
Als diesem Tag zu scheinen.
Vorüber führt ein herrliches Geschick
Erhabne Helden, hochverehrte Frauen;
Nun fesselt uns des heutgen Tages Glück,
Als Bleibende dich unter uns zu schauen.
Soll auch das Wort sich hören lassen?
Der Tag ist schön, der Raum ist klein;
So mag die Inschrift kurz sich fassen:
Ein Herz wie alle, sie sind dein.
Zum 16. Februar 1812
Wer Marmor hier und Erz und Elfenbein erblickt,
Und was noch sonst von Stoff die edle Kunst beschickt,
Der denkt: Wie möchten wir mit emsigem Fleiß
Und treuem Sinn das alles umgestalten,
In tausend Bildern ihren hohen Preis
Und unsre Liebe zu entfalten!
Die Blumen, in den Wintertagen,
Versammeln froh sich hier zuhauf,
Mit heitern Blicken uns zu sagen:
An ihrem Fest blüht alles auf.
Eleonore
Wenns jemand ziemt, zu sprechen mit Vertrauen,
So ziemt es mir: ich stelle heut den Chor
Gebildeter und liebevoller Frauen,
Der sich so gern um sie versammelt, vor.
Mir ist vergönnt, an ihr hinaufzuschauen,
Mich zu erquicken an dem frischen Flor,
Der jede Stunde neuen Wert betätigt
Und Frauenwürde ewiglich bestätigt.
An Herrn Abbate Bondi
Aus jenen Ländern echten Sonnenscheines
Beglückten oft mich Gaben der Gefilde:
Agrumen reizend, Feigen süß und milde,
Der Mandeln Milch, die Feuerkraft des Weines.
So manches Musenwerk erregte meines
Nordländschen Geistes innigste Gebilde,
Wie an Achilleus' lebensreichem Schilde
Erfreut ich mich des günstigsten Vereines.
Und daß ich mich daran begnügen könnte,
War mir sogar ein Kunstbesitz bereitet,
Erquickend mich durch Anmut wie durch Stärke.
Doch nichts erschien im größeren Momente,
Voll innern Werts, von so viel Glück begleitet,
Als durch Luisen, Bondi, deine Werke.
An Gräfin O'Donell
Karlsbad, den 8. August 1818
Ich dachte dein, und Farben bunt erschienen
Im Sonnenglanz mir vorm Gesicht,
Von Blättern sah ich mancherlei ergrünen,
Da waren Rosen, auch Vergiß-mein-nicht!
Pfeile dazwischen, golden anzuschauen,
Durchscheinend alles, rings ein goldner Kranz;
Und angestimmt das hohe Lob der Frauen –
Nun, Becher, zu der Freundin! Bleibe klar und ganz.
An Dieselbe
Karlsbad, den 1. Mai 1820
Hier, wo noch ihr Platz genannt wird,
Hier, wo noch ihr Becher steht,
Doch nur wenigen bekannt wird,
Was von ihrem Grabe weht,
Sag ich: Freundin! halte heilig,
Was dir von der Holden blieb,
Die so groß – ach, übereilig
Von den Allertreusten schied.
Uns, den Liebenden, den Treuen,
Sei nun weiter nichts begehrt;
Nur ist, wenn wir sie erneuen,
Unser Leben etwas wert.
Herrn Staats-Minister von Voigt
zur Feier des 27. Septembers 1816
Von Berges Luft, dem Äther gleich zu achten,
Umweht, auf Gipfelfels hochwaldiger Schlünde,
Im engsten Stollen, wie in tiefsten Schachten
Ein Licht zu suchen, das den Geist entzünde,
War ein gemeinsam köstliches Betrachten,
Ob nicht Natur zuletzt sich doch ergründe?
Und manches Jahr des stillsten Erdelebens
Ward so zum Zeugen edelsten Bestrebens.
Im Garten auch, wo Dichterblumen sprossen,
Den äußern Sinn, den innern Sinn erquicken,
Gefahrlos nicht vor luftigen Geschossen,
Wie sie Eroten hin- und wiederschicken,
Da haben wir der Stunden viel genossen
An frisch belebter Vorwelt heitern Blicken,
Gesellend uns den ewig teuren Geistern,
Den stets beredten, unerreichten Meistern.
Dahin bewegten wir von dornigen Pfaden
Verworrnen Lebens gern die müden Schritte,
Dort fanden sich, zu gleicher Lust geladen,
Der Männer Tiefsinn, Frauengeist und -sitte,
Und Wissenschaft und Kunst und alle Gnaden
Des Musengottes, reich, in unsrer Mitte;
Bis endlich, längst umwölkt, der Himmel wettert,
Das Paradies und seinen Hain zerschmettert.
Nun aber Friede tröstend wiederkehret,
Kehrt unser Sinn sich treulich nach dem Alten,
Zu bauen auf, was Kampf und Zug zerstöret,
Zu sichern, wie's ein guter Geist erhalten. –
Verwirrend ists, wenn man die Menge höret,
Denn jeder will nach eignem Willen schalten;
Beharren wir zusamt in gleichem Sinne,
Das rechn ich uns zum köstlichsten Gewinne.
Dem Fürsten Hardenberg
Zum 70. Geburtstag
Wer die Körner wollte zählen,
Die dem Stundenglas entrinnen,
Würde Zeit und Ziel verfehlen,
Solchem Strome nachzusinnen.
Auch vergehn uns die Gedanken,
Wenn wir in dein Leben schauen,
Freien Geist in Erdeschranken,
Festes Handeln und Vertrauen.
So entrinnen jeder Stunde
Fügsam glückliche Geschäfte.
Segen dir von Mund zu Munde!
Neuen Mut und frische Kräfte!
An Lord Byron
Ein freundlich Wort kommt eines nach dem andern
Von Süden her und bringt uns frohe Stunden;
Es ruft uns auf, zum Edelsten zu wandern –
Nicht ist der Geist, doch ist der Fuß gebunden.
Wie soll ich dem, den ich so lang begleitet,
Nun etwas Traulichs in die Ferne sagen?
Ihm, der sich selbst im Innersten bestreitet,
Stark angewohnt, das tiefste Weh zu tragen.
Wohl sei ihm doch, wenn er sich selbst empfindet!
Er wage selbst, sich hochbeglückt zu nennen,
Wenn Musenkraft die Schmerzen überwindet;
Und wie ich ihn erkannt, mög er sich kennen.
Ottilien von Goethe
Ehe wir nun weiter schreiten,
Halte still und sieh dich um:
Denn geschwätzig sind die Zeiten,
Und sie sind auch wieder stumm.
Was du mir als Kind gewesen,
Was du mir als Mädchen warst,
Magst in deinem Innern lesen,
Wie du dir es offenbarst.
Deiner Treue seis zum Lohne,
Wenn du diese Lieder singst,
Daß dem Vater in dem Sohne
Tüchtig-schöne Knaben bringst.
An Geheimerat von Willemer
Reicher Blumen goldne Ranken
Sind des Liedes würdge Schranken,
Goldneres hab ich genossen,
Als ich euch ins Herz geschlossen.
Goldner glänzten stille Fluten
Von der Abendsonne Gluten,
Goldner blinkte Wein zum Schalle
Glockenähnlicher Kristalle.
Weisen Freundes goldne Worte
Lispelten am Schattenorte,
Edler Kinder treu Bekenntnis,
Elterliches Einverständnis.
Goldnes Netz, das euch umwunden
Wer will dessen Wert erkunden?
Wie dem heilgen Stein der Alten
Muß sich Golde Gold entfalten.
Und so bringt vom fernen Orte
Dieses Blatt euch goldne Worte,
Wenn die Lettern, schwarz gebildet,
Liebevoll der Blick vergüldet.
An Grafen Paar
Karlsbad, den 12. August 1818
Der Berge denke gern, auch des Gesteins,
Sie waren Zeugen freundlichsten Vereins;
Zutrauen, schnell gegeben, schnell gefunden,
Beschleunigte das Glück gezählter Stunden.
Behagen schaut nicht vorwärts, nicht zurück,
Und so verewigt sich der Augenblick!
An Denselben
Karlsbad, am 16. August 1818. Nachts
Dem Scheidenden ist jede Gabe wert,
Ein dürres Blatt, ein Moos, ein Steinchen aus der Quelle,
Daß er des Freunds gedenke, jener Stelle,
Wohin er ewig hin und hin begehrt;
Ein Zeuge bleibts, wie sinnig sie gewandelt.
So wird ein Nichts zum höchsten Schatz verwandelt.
Wenn aber solche Gabe tiefen Wert,
Gestaltet, mit sich führt, für sich allein
Dem Sinn des Künstlers wünschenswert begegnete,
Wie muß das nun ein Schatz der Schätze sein,
Wenn ihn der Freund im Scheiden treulich segnete!
Der Gräfin Titinne O'Donell,
die eine meiner Schreibfedern verlangte
Als der Knabe nach der Schule,
Das Pennal in Händen, ging
Und mit stumpfer Federspule
Lettern an zu kritzeln fing,
Hofft' er endlich schön zu schreiben
Als den herrlichsten Gewinn;
Doch daß das Geschriebne bleiben
Sollte, sich durch Länder treiben,
Gar ein Wert der Federspule,
Kam ihm in der engen Schule,
Auf dem niedern Schemel-Stuhle
Wahrlich niemals in den Sinn.
Die abgestutzten, angetauchten,
Die ungeschickten, vielgebrauchten,
Hast du, die Freundliche, gewollt.
Nun aber nimm ein frisch Gefieder,
Das niederschreiben süße Lieder
Allschönster Tage dir gesollt.
An Gräfing Jaraczewska
Karlsbad, den 5. September 1818
Da sieht man, wie die Menschen sind:
Nur Leidenschaft und kein Gewissen!
Wie haben sie dem schönen Kind
Das Röckchen halb vom Leib gerissen!
Doch mir begegnete das Glück in später Zeit,
Ein frommer Jüngling wird mich neiden:
Dir, Freundin, dank ich die Gelegenheit,
Den holden Schatz von Kopf bis Fuß zu kleiden.
An Fürst Biron von Kurland
Karlsbad, den 8. September 1818
Als Luthers Fest, mit gläubiger Schar,
Im vorigen Herbst gefeiert war,
Dacht ich, es brauche hundert Jahr,
Um es mit Würde zu erneuen;
Doch beim verliehnen Ehrenbild,
Wie ernst es ist und kräftig mild,
Beim Herkules und seinem Schild
Kann ich der Feier mich an jedem Tage freuen.
Grafen Karl Harrach
Karlsbad, den 25. September 1819
Die sich herzlich oft begrüßten,
Die das Leben sich versüßten,
Führt ein guter Geist zur Stelle
Wieder an dieselbe Quelle!
Treues Wirken, reines Lieben
Ist das Beste stets geblieben.
Der vollkommenen Stickerin
Marienbad, am 28. August 1821
Ich kam von einem Prälaten,
Dem die herrlichsten Stolen
Über die Schulter hingen,
Worauf unverhohlen
Wundertaten
Der Heiligen auf und nieder gingen.
Mir aber war ein andres beschert:
Lieblichste Blumen-Gehänge,
Farbenglanz und -Übergänge,
Wie Natur den Künstler belehrt;
Ein allerliebstes Frühlings-Gelände,
Mit Nadeln zierlich schattiert und gebrochen,
Daß, wäre selbst das Herz durchstochen,
Man es gewiß gar wohl empfände.
Und werd es nur zu Feiertagen
Süßer Namen und lieber Geburten tragen.
Eine Schachtel Mirabellen
Kam von Süden, zog nach Norden;
Als die Frucht gespeist geworden,
Eilt sich wieder einzustellen
Das Gehäus, woher es kommen.
Bringet keine süßen Früchte,
Bringt vielmehr ein ernst Gesichte,
Das im Weiten und im Fernen
Nimmer will Entbehrung lernen.
An Freund Mellish
Durch Vermittlung einer Teuren
Geht ein Täschchen bis zur Elbe,
Kommt, vom Freunde zu beteuren:
Immer bleibet er derselbe.
Immer wie in Dornburgs Gauen,
Wo, beim allerbesten Weine,
Waren hell im Sonnenscheine
Berg' und Täler anzuschauen.
Du nun an der reichen Elbe,
An dem spiegelbreiten Flusse,
Weit entfernt vom trauten Kusse
Bleib auch immerfort derselbe!
An Fräulein Kasimira Wolowska
Dein Testament verteilt die holden Gaben,
Womit Natur dich mütterlich vollendet:
Vermächtnis nach Vermächtnis ausgespendet,
Zufrieden jeder, seinen Teil zu haben.
Doch wenn du Glückliche zu machen trachtest,
So war es der, dem du dich ganz vermachtest.
Gesendet von Marienbad
Einer Gesellschaft versammelter Freunde
Zum 28. August 1823
In Hygieas Form beliebts Armiden,
Im Waldgebirg sich Schlösser aufzubauen,
Verspricht dem Kranken Heil, dem Lebensmüden
Erwacht auf einmal hoffendes Vertrauen;
Dem halb Genesnen schnell zu heiterm Frieden
Entfaltet sich ein Kreis erlesner Frauen!
Dann weiß sie uns nach aller Art zu kirren,
Durch Spiel und Tanz und Neigung zu verwirren.
So wird von Tag zu Tag ein Traum gedichtet,
Dem Wachen gleich, ein labyrinthisch Wesen;
Doch zu der Ferne bleibt mein Blick gerichtet,
Wo meinem Herzen sich ein Kreis erlesen,
Wo er sich mir und ich mich ihm verpflichtet:
Dort fühl ich mich vollkommener genesen.
So trägt es mich zum ehrenvollen Feste,
Schon bin ich da. – Gesegnet alle Gäste!
Du hattest gleich mirs angetan,
Doch jetzt gewahr ich neues Leben:
Ein süßer Mund blickt uns gar freundlich an,
Wenn er uns einen Kuß gegeben.
Tadelt man, daß wir uns lieben,
Dürfen wir uns nicht betrüben:
Tadel ist von keiner Kraft.
Andern Dingen mag das gelten;
Kein Mißbilligen, kein Schelten
Macht die Liebe tadelhaft.
Du Schüler Howards, wunderlich
Siehst morgens um und über dich,
Ob Nebel fallen, ob sie steigen,
Und was sich für Gewölke zeigen.
Auf Berges Ferne ballt sich auf
Ein Alpenheer, beeist zuhauf,
Und oben drüber flüchtig schweifen
Gefiedert weiße, luftige Streifen;
Doch unten senkt sich grau und grauer
Aus Wolkenschicht ein Regenschauer.
Und wenn bei stillem Dämmerlicht
Ein allerliebstes Treugesicht
Auf holder Schwelle dir begegnet,
Weißt du, obs heitert? ob es regnet?
Wenn sich lebendig Silber neigt,
So gibt es Schnee und Regen,
Und wie es wieder aufwärts steigt,
Ist blaues Zelt zugegen.
Auch sinke viel, es steige kaum
Der Freude Wink, des Schmerzens,
Man fühlt ihn gleich im engen Raum
Des lieb-lebendgen Herzens.
Du gingst vorüber? Wie! ich sah dich nicht;
Du kamst zurück, dich hab ich nicht gesehen –
Verlorner, unglückseiger Augenblick!
Bin ich denn blind? Wie soll mir das geschehen?
Doch tröst ich mich, und du verzeihst mir gern,
Entschuldigung wirst du mit Freude finden:
Ich sehe dich, bist du auch noch so fern!
Und in der Nähe kannst du mir verschwinden.
Am heißen Quell verbringst du deine Tage,
Das regt mich auf zu innerm Zwist;
Denn wie ich dich so ganz im Herzen trage,
Begreif ich nicht, wie du woanders bist.
An Madame Marie Szymanowska
Die Leidenschaft bringt Leiden! – Wer beschwichtigt,
Beklommnes Herz, dich, das zu viel verloren?
Wo sind die Stunden, überschnell verflüchtigt?
Vergebens war das Schönste dir erkoren!
Trüb ist der Geist, verworren das Beginnen;
Die hehre Welt, wie schwindet sie den Sinnen!
Da schwebt hervor Musik mit Engelsschwingen,
Verflicht zu Millionen Tön um Töne,
Des Menschen Wesen durch und durch zu dringen,
Zu überfüllen ihn mit ewger Schöne:
Das Auge netzt sich, fühlt im höhern Sehnen
Den Götter-Wert der Töne wie der Tränen.
Und so das Herz erleichtert merkt behende,
Daß es noch lebt und schlägt und möchte schlagen,
Zum reinsten Dank der überreichen Spende
Sich selbst erwidernd willig darzutragen.
Da fühlte sich – o daß es ewig bliebe! –
Das Doppel-Glück der Töne wie der Liebe.
In das Stammbuch
Der Frau Hofmarschall von Spiegel
Januar 1821
Der Dichtung Faden läßt sich heut nicht fassen;
Ich bitte, mir die Blätter weiß zu lassen!
Am 25. Februar 1824
Seit jenen Zeilen bis zum heutigen Tage
Sind fast zweihundert Wochen fortgeschritten,
Und immer ist es noch die alte Klage,
Als lasse sich die Muse nicht erbitten;
Doch wenn ich sie im stillen ernstlich frage,
Versetzt sie mich, mit Adlerflug, inmitten
Von jener Feier einzigen Augenblicken,
Wie es erscholl im freudigsten Entzücken:
»Nun geht es auf, das Licht der Morgenländer,
Die Tochter von Byzanz. Ihr seht sie hier!
Als Kaiserskind trägt sie die Goldgewänder,
Und doch ist sie des Schmuckes höchste Zier.
Die goldnen Schuhe, jene teuren Pfänder,
Die Liebesboten zwischen ihm und ihr,
Sie bringt der Zwerg, die frohste Morgengabe:
Ein Liebespfand ist mehr als Gut und Habe.«
Da sprach das Lied, so heiter als bedächtig,
Von König Rothers unbezwungner Kraft,
Dem, wie er schon in Waffen groß und mächtig,
Auch Liebe nun das höchste Glück verschafft.
»Als Pilger klug, als Gast freigebig, prächtig,
Hat er als Held zuletzt sie weggerafft,
Zum schönsten Glück, zum höchsten Mutterlose:
Von ihnen stammt Pipin und Karl der Große.«
Wie denn das Gute, Schöne nimmer schwindet
Und, immer wirkend, immer sich erhält,
Sich ungesäumt zum höchsten Wahren findet,
Als lebend zu Lebendigem gesellt;
Und glücklich ist, wer ihnen sich verbindet,
Beständig bleibt ihm die bewegte Welt;
So wars auch mir im Augenblick, dem süßen,
Nach langer Zeit die Freundin zu begrüßen.
Der zierlichsten Undine
Gib acht! es wird dir allerlei begegnen:
Bist du im Trocknen, wird es regnen,
Zum Schwimmen wird die Welle sich versagen,
Wen aber hast du deshalb anzuklagen?
Merkst du nicht eifersüchtgen Zorn?
Ein Lächeln wird er wohl verdienen;
Und du verzeihst dem Onkel Kühleborn,
Man sagt ihm nach, er liebe selbst Undinen.
Reichtum und Blüte
Blumen und Gold zugleich
Machen reich.
Goldnen Rahmen siehst du erfüllt
Mit deinem Bild.
Sieh nur, wie köstlich es ist,
Was du hast und bist.
Myrt und Lorbeer hatten sich verbunden;
Mögen sie vielleicht getrennt erscheinen,
Wollen sie, gedenkend selger Stunden,
Hoffnungsvoll sich abermals vereinen.
Das holde Tal hat schon die Sonne wieder
Mit Frühlingsblüt- und Blumen angefüllt,
Die Nachtigall singt immer neue Lieder
Dem Hochgefühl, das ihr entgegenquillt.
Erfreue dich der gottverliehnen Gaben!
Froh, wie er dich erschuf, will er dich haben.
Julien Gräfin Egloffstein
Freundlich werden neue Stunden
Zu vergangnen sich gesellen;
Blüten, Blumen, wohl empfunden,
Bleiben ewig Immortellen.
Derselben
Reise-Segen
Sei die Zierde des Geschlechts! –
Blicke weder links noch rechts;
Schaue von den Gegenständen
In dein Innerstes zurück;
Sicher traue deinen Händen,
Eignes fördre, Freundes Glück.
An Julien
Zur Dresdner Reise
Ein guter Geist ist schon genug,
Du gehst zu hundert Geistern;
Vorüber wandelt dir ein Zug
Von großen, größern Meistern.
Sie grüßen alle dich fortan
Als feinen Jung-Gesellen
Und winken freundlich dich heran,
Dich in den Kreis zu stellen.
Du stehst und schweigst am heilgen Ort
Und möchtest gerne fragen;
Am Ende ists ein einzig Wort,
Was sie dir alle sagen.
An Julien
Von so zarten Miniaturen,
Wie der schönen Hand sie glücken,
Schreitest du auf breitre Spuren,
Wichtiger umher zu blicken.
Heil den ernsteren Geschäften!
Seligen Erfolg zu schauen,
Einigest zu Mannes Kräften
Liebenswürdiges der Frauen.
Derselben
Abgeschlossen sei das Buch,
Es enthält fürwahr genug;
Was davon dich kann erfreuen,
Wird sich immerfort erneuen.
Und was mag dem Scheiden frommen
Als ein baldig Wiederkommen?
Herrn Kanzler von Müller
Weimar, den 13. April 1822
Will sichs wohl ziemen, dir zum zweiten Male
Dieselbe Gabe festlich darzubringen?
Den Dichter-Trank in deiner eignen Schale,
Und nur dazu das alte Lied zu singen?
So sei es denn! – Es bleiben alte Lieder
Den Christ-Gemeinden wie gewohnt erbaulich;
Und hört er Freundes Wunsch und Segen wieder,
Er findet sie wie immer lieb und traulich.
Zu Thaers Jubelfest
dem 14. Mai 1824
Wer müht sich wohl im Garten dort
Und mustert jedes Beet?
Er pflanzt und gießt und spricht kein Wort,
So schön auch alles steht.
Das er gepfropft und okuliert
Mit sichrer, kluger Hand,
Das Bäumchen zart ist anspaliert
Nach Ordnung und Verstand.
Doch sagt mir, was es heißen soll?
Warum ist er so still?
Man sieht, ihm ist der Kopf so voll,
Daß er was andres will.
Genug, ihm wird nicht wohl dahier,
Ich fürcht, er will davon;
Er schreitet nach der Gartentür,
Und draußen ist er schon.
Im Felde gibts genug zu tun,
Wo der Befreite schweift;
Er schaut, studiert und kann nicht ruhn,
Bis es im Kopfe reift.
Auf einmal hats der Biedre los,
Wie er das Beste kann:
Nicht ruhen soll der Erdenkloß,
Am wenigsten der Mann!
Der Boden rührt sich ungesäumt
Im Wechsel jedes Jahr,
Ein Feld so nach dem andern keimt
Und reift und fruchtet bar;
So fruchtets auch von Geist zu Geist
Und nutzt von Ort zu Ort.
Gewiß, ihr fragt nicht, wie er heißt,
Sein Name lebe fort!
Die Feier
Des achtundzwanzigsten Augusts
dankbar zu erwidern
Sah gemalt, in Gold und Rahmen,
Grauen Barts, den Ritter reiten,
Und zu Pferd an seinen Seiten
An die vierundzwanzig kamen;
Sie zum Thron des Kaisers ritten,
Wohlempfangen, wohlgelitten,
Derb und kräftig, hold und schicklich;
Und man pries den Vater glücklich.
Sieht der Dichter nah und ferne
Söhn und Töchter, lichte Sterne,
Sieht sie alle wohlgeraten,
Tüchtig, von geprüften Taten,
Freigesinnt, sich selbst beschränkend,
Immerfort das Nächste denkend;
Tätig treu in jedem Kreise,
Still beharrlich jeder Weise;
Nicht vom Weg, dem graden, weichend,
Und zuletzt das Ziel erreichend.
Bring er Töchter nun und Söhne,
Sittenreich, in holder Schöne,
Vor den Vater alles Guten,
In die reinen Himmelsgluten,
Mitgenossen ewger Freuden! –
Das erwarten wir bescheiden.
Der Frau von Ziegesar geb. von Stein
zum Geburtstage
Zwar die vierundzwanzig Ritter
Ehren wir in allen Fällen;
Doch auch Fräulein sind nicht bitter,
Wenn sie sich dazwischen stellen.
Heute lasset mich beachten
Solche lieblichsten Vereine,
Wenn sie bunte Reihe machten,
Die Ziegesar und die Steine.
Kämen sämtlich angezogen
Dieser Stämme frohe Lichter,
Würden Könige gewogen
Und begrüßten sie die Dichter.
Und besonders aber Eine,
Welche wir zu segnen kamen;
Freunde nennen sie die Kleine,
Sie verdient gar viele Namen.
Meinem Freunde von Knebel
zum 30. November 1817
Lustrum ist ein fremdes Wort!
Aber wenn wir sagen:
Lustra haben wir am Ort
Acht bis neun ertragen
Und genossen und gelebt
Und geliebt bisweilen,
Wird, wer nach dem Gleichen strebt,
Heute mit uns teilen;
Wenn wir sagen: das ist viel!
Denn das Leben streuet
Blum und Dorne! – Ziel ist Ziel!
Das uns heute freuet.
An Bernhard von Knebel
Weimar, den 30. November 1820
Den November, den dreißigsten,
Feire stets als heiligen Tag
Mit Opfern, wie's nur dem fleißigsten,
Dem besten Sohne gelingen mag:
Denn der Vater ist heut geboren,
Der dich liebt, wie's billig ist.
Kindlein, sei ihm zugeschworen
Freude nur bringt, was willig ist.
An Gräfin Marie von Einsiedel
geboren Jena, den 18. Oktober 1819
Zum Tauftage, den 30. Oktober 1819, treuliches Eingebinde
Töchterchen! nach trüben Stunden
Zu der Eltern Lust erschienen,
Hast so jung das Glück gefunden,
Den Geliebtesten zu dienen.
Mögest du den frohsten Stunden
Ihres Lebens blühend grünen.
Wiegenlied dem jungen Mineralogen
Walter von Goethe
Den 21. April 1818
Singen sie Blumen der kindlichen Ruh,
Käfer und Vögel und Tierchen dazu;
Aber du wachest, wir treten herein,
Bringen was Ruhiges, bringen den Stein.
Steinchen, die bunten, ein lustiges Spiel!
Was man auch würfe, und wie es auch fiel'.
Kindischen Händchen entschnickt sich so fein
Knöchlein und Bohnen und Edelgestein.
Knabe, du siehest nun Steine behaun,
Ordnend sich fügen, zu Häusern sich baun.
Wohl! du verwunderst dich, stimmest mit ein
Das ist wahrhaftig ein nützlicher Stein!
Spielst du mit Schussern, das Kügelchen rollt,
Dreht sich zur Grube, so wie du gewollt,
Laufest begierig auch hinter ihm drein,
Das ist fürwahr wohl ein lustiger Stein!
Steinchen um Steinchen verzettelt die Welt,
Wissende habens zusammengestellt;
Trittst du begierig zu Sälen herein,
Siehst du zuerst nicht den Stein vor dem Stein.
Doch unterscheidest und merkest genau:
Dieser ist rot und ein andrer ist blau,
Einer, der klarste, von Farben so rein,
Farbig erblitzet der edelste Stein.
Aber die Säulchen, wer schliff sie so glatt,
Spitzte sie, schärfte sie glänzend und matt?
Schau in die Klüfte des Berges hinein,
Ruhig entwickelt sich Stein aus Gestein.
Ewig natürlich bewegende Kraft
Göttlich gesetzlich entbindet und schafft;
Trennendes Leben, im Leben Verein,
Oben die Geister und unten der Stein.
Nun! wie es Vater und Ahn dir erprobt,
Gott und Natur und das All ist gelobt!
Komme! der Stiftende führet dich ein,
Unserem Ringe willkommener Stein!
Zum Geburtstag
mit meinen kleinen Gedichten
Wenn Kranz auf Kranz den Tag umwindet,
Sei dieser auch ihr zugewandt,
Und wenn sie hier Bekannte findet,
So hat sie sich vielleicht erkannt.
Wen ein guter Geist besessen,
Hält sich das Gedächtnis rein;
Alles Übel sei vergessen,
Eingedenk der Lust zu sein!
Bleib ein fröhliches Vermächtnis
Jed Ergetzen, jede Ruh;
So belebe dein Gedächtnis
Und dann denke mich dazu!
Zur Erinnerung trüber Tage
Voll Bemühen, voller Plage;
Zum Erinnern schöner Stunden,
Wo das Rechte war gefunden.
Viel Geduldetes, Genoßnes,
Halbverschwiegnes, laut Ergoßnes
Ward in ferner Welt vertan;
Aber jene guten Zeiten,
Tiefurts Tal, ätherische Weiten,
Gehen dich besonders an.
Lieblich ists, im Frühlings-Garten
Mancher holden Blume warten;
Aber lieblicher, im Segen
Seiner Freunde Namen pflegen:
Denn der Anblick solcher Züge
Tut so Seel als Geist Genüge,
Ja, zu Lieb und Treu bekennt
Sich der Freund, wie er sich nennt.
Hörst du reine Lieder singen,
Ohr ist eins mit deiner Brust;
Siehst du Farben um dich klingen,
Wirst du deines Augs bewußt.
In das Innere zu dringen,
Gibt das Äußre Glück und Lust.
Zuerst im stillsten Raum entsprungen,
Das Lied erklingt von Ort zu Ort;
Wie es in Geist und Seel erklungen,
So hallts nach allen Seiten fort.
In ein Stammbuch
Zum Bildchen Ruine Hanstein
bei Göttingen
Auf diesen Trümmern hab ich auch gesessen,
Vergnügt getrunken und gegessen
Und in die Welt hinausgeschaut:
War aber wenig nur davon erbaut.
Kein liebes Kind gedachte meiner,
Und ich fürwahr gehörte keiner;
So war die ganze Welt umgraut.
Ihr wißt ja selbst, was sie erheitert,
Die Horizonte stufenklar erweitert.
In ein Stammbuch
Zum Bildchen von Ulrichs Garten
Daß zu Ulrichs Gartenräumen
Soll ein Verslein mir erträumen,
Ist ein wunderbarer Streich;
Denn es war von süßen Träumen
In den ländlich engen Räumen
Mir ein Frühling hold und reich.
Sollt es euch zu Lust und Frommen
Auch einmal zugute kommen,
Freut euch in dem engsten Raum.
Was beglückt, es ist kein Traum.
In eine Sammlung künstlich
Ausgeschnittener Landschaften
Zarte, schattende Gebilde,
Fliegt zu eurer Künstlerin,
Daß sie, freundlich, froh und milde,
Immer sich nach ihrem Sinn
Eine Welt von Schatten bilde;
Denn das irdische Gefilde
Schattet oft nach eignem Sinn.
Flora, welche Jenas Gauen
Reich mit Blum- und Früchten schmückt,
Ist verwundert, anzuschauen,
Was ein fremder Himmel schickt.
Sorget nun, in dichten Häusern,
Daß auch hier der Wachstum frei,
Daß den allerzartsten Reisern
Hier ein ewiger Sommer sei.
Wer hats gewollt? wer hats getan?
So Liebliches erzielt?
Das ist doch wohl der rechte Roman,
Der selbst Romane spielt.
Verirrtes Büchlein! kannst unsichre Tritte
Da- oder dorthin keineswegs vermeiden;
Irrsternen zu bewegst du deine Schritte,
Und vor dem Kommen bist bereit zu scheiden.
Für diesmal aber wollen wir dich fesseln,
Du sollst mir diese Botschaft nicht verfehlen;
Sei es durch Rosen, Dornen, Veilchen, Nesseln,
Nur immer grade zu, geh zu Adelen!
An zwei Gebrüder,
Eifrige junge Naturfreunde
Marienbad, 182–
Am feuchten Fels, den dichtes Moos versteckt,
Erblühen Blumen, flattert manch Insekt;
Scheint es auch dürr den kahlen Berg hinan,
So nährt es doch, das Schaf bewollt sich dran.
Die Wiese grünt, gehörnte Herde bräunt,
Da wandeln Menschen, gut und bös gelaunt,
Genießen reichlich, spärlich, früh und spat,
Den Wunderwuchs der folgereichen Saat.
Und wenn der Kranke fast am Ziel erliegt,
So steigt die Quelle rasch, die Hoffnung siegt.
Ihr! vom Gestein hinauf zur Atmosphäre
Gedenket mein! – Dem Höchsten Preis und Ehre!
Toast zum akademischen Mittagsmahl
am 22. April 1820
Abwesend ist kein Freund zu achten,
Der immer für uns denkt und strebt
Und, wie es auch die Zeiten brachten,
Für uns in gleichem Sinne lebt.
Bei Sonnenschein und Regenschauer
Ruft ein verklärter, heitrer Blick
Dem zweifelhaften Zustand Glück
Und jedem Glück die längste Dauer.
Toast zum 28. August 1820
beim akademischen Gastmahl auf der Rose
Wo Jahr um Jahr die Jugend sich erneut,
Ein frisches Alter würdge Lehre beut,
Wo Fürsten reichlich hohe Mittel spenden,
Was alles kann und wird sich da vollenden,
Wenn jeder tätig froh an seinem Teil. –
Heil jedem Einzelnen! dem Ganzen Heil!
Toast zum Landtage
Das Wohl des Einzelnen bedenken,
Im Ganzen auch das Wohl zu lenken,
Welch wünschenswertester Verein!
Den guten Wirt beruft man zum Berater;
Ein jeder sei zu Hause Vater,
So wird der Fürst auch Landesvater sein.
Maskenzüge
Die Gestalten gehn vorüber,
Masken scheinen sie zu sein;
Doch sie sind uns beiden lieber,
Uns vom edelsten Verein.
Sie sind wahr; denn wohl vernommen
Haben wir sie selbst gefühlt
Und, wie es vielleicht gekommen,
Sie zum Teile mitgespielt.
Denke nun zum vielten Male,
Was, nach sternenheller Nacht,
Holder Tag im hohen Saale
Wunderfältig dargebracht.
Der Abwesende dem Maskenfest
zum 16. Februar 1818
So wandelt hin, lebendige Gestalten,
Bewegten Lebens reichliche Gebilde;
Dem schönsten Tage lasset Liebe walten,
Im Reihen schmückt elysische Gefilde.
Ergetzen sollt ihr, geistreich unterhalten,
Belehren auch und warnen freundlichst milde.
Der Dichter alle segnet euch zum Frieden,
Abwesend sei es oder abgeschieden.
Bilder-Szenen
Zur Feier des 2. Februar 1817
Mit Säulen schmückt ein Architekt aufs beste,
Mit Statuen, Gemälden seine Hallen;
Dann finden sich am frohen Tag die Gäste
Von Melodie bewegt, einher zu wallen.
Nun wirket umgekehrt, am schönsten Feste,
Durch Widerspruch die Kunst, ihm zu gefallen.
Statt laute Freude frisch bewegt zu schildern,
Erstarrt das Lebende zu holden Bildern.
Bilder-Szenen
Den 15. März 1816 bei Freiherrn von Helldorf
Ihr kommt, Gebildetes allhier zu schauen,
Gebildet scheinbar, doch ein lebend Bild;
So weiß die Kunst vielfältig anzubauen
Der Fabel, der Geschichte reich Gefild.
Ihr sehet tüchtge Männer, wackre Frauen,
Zu Taten mächtig, wie zur Hilfe mild;
Und so entgegnen wir euch, starr erscheinend,
Lebendig, uns zu eurer Lust vereinend.
Wohin er auch die Blicke kehrt und wendet,
Je mehr erstaunt er über Kunst und Pracht;
Mit Vorsatz scheint der Reichtum hier verschwendet,
Es scheint, als habe sich nur alles selbst gemacht.
Soll er sich wundern, daß das Werk vollendet?
Soll er sich wundern, daß es so erdacht?
Ihn dünkt, als fang er erst, mit himmlischem Entzücken,
Zu leben an in diesen Augenblicken.
Den 6. Juni 1816
Du versuchst, o Sonne, vergebens,
Durch die düstren Wolken zu scheinen!
Der ganze Gewinn meines Lebens
Ist, ihren Verlust zu beweinen.
Lebe wohl auf Wiedersehn!
Wenig Jahre meine Freude,
Sei mir Hoffnungs-Trost im Leide,
Du, nun als ein Engel schön.
Lebe wohl auf Wiedersehn!
Lasst nach vielgeprüftem Leben
Hier den edlen Pilgrim ruhn!
Ehrt sein Wollen und sein Streben
Wie sein Dichten und sein Tun.
Reichen Beifall hattest du erworben,
Allgemeine Neigung rein erzielt;
Viel Personen sind in dir gestorben,
Und du hast sie alle gut gespielt.
Rhein und Main
Zu des Rheins gestreckten Hügeln,
Hochgesegneten Gebreiten,
Auen, die den Fluß bespiegeln,
Weingeschmückten Landesweiten
Möget, mit Gedankenflügeln,
Ihr den treuen Freund begleiten.
Was ich dort gelebt, genossen,
Was mir all dorther entsprossen,
Welche Freude, welche Kenntnis,
War ein allzulang Geständnis.
Mög es jeden so erfreuen,
Die Erfahrenen, die Neuen!
Erst Empfindung, dann Gedanken,
Erst ins Weite, dann zu Schranken;
Aus dem Wilden, hold und mild,
Zeigt sich dir das wahre Bild.
Wenn ihrs habt und wenn ihrs wißt,
Wißt ihr denn, wer es vermißt?
Bleibet eurem Sinne treu!
Neu ist alt, und alt ist neu.
Hier sah ich hin, hier sah ich zu
Nach liebevoller Weise;
Die fernen Lieben, du, auch du,
Sie lebten froh im Kreise.
Aussicht
Siehst du das, wie ich es sah,
Wohnst du so, wie ich gewohnt:
Lieb und Freundschaft sind dir nah
Und ein jeder Tag betont.
Blumenkelche, Blumenglocken
Folgen deinem Reiselauf;
Unter Schneegestöbers Flocken
Suche mir ein Liebes auf.
Nicht ist alles Gold, was gleißt,
Glück nicht alles, was so heißt,
Nicht alles Freude, was so scheint;
Damit hab ich gar manches gemeint.
An die Stelle des Genusses
Trete Bildchen holden Scheins,
Zur Erinnerung des Flusses,
Der Terrasse, dieses Hains.
Den 15. August 1815
Wohlerleuchtet, glühend-milde
Zog der Fluß im Abendschein,
Über Brück und Stadtgebilde
Finsternisse sanken ein.
Den 16. August
Doch am Morgen ward es klar,
Neu beganns umher zu grünen
Nach der Nacht, wo jenes Paar
Sternengleich uns angeschienen.
Du bist auch am Rhein gewesen,
Auch am Hof zu Bieberich;
Magst nun an dem Maine lesen,
Wie es lustig war um dich.
Also lustig sah es aus,
Wo der Main vorüberfloß,
Als im schmucken Hain und Haus
Festlich Eilfer überfloß.
Ferner Freunde ward gedacht:
Denn das heißt genießen,
Wenn zu Fest- und Flusses Pracht
Tausend Quellen fließen.
Wasserfülle, Landesgröße,
Heitren Himmel, frohe Bahn;
Diese Wellen, diese Flöße
Landen auch in Winkel an.
Fluss und Ufer, Land und Höhen
Rühmen seit geraumer Zeit
So dein Kommen, so dein Gehen,
Zeugen deiner Tätigkeit.
Pfeifen hör ich fern im Busche!
Das ist wohl der Vogelsteller? –
Neben mir es pfeift noch greller;
Schelme sinds, es sind Cartouche!
Diese geben sich ein Zeichen. –
Keineswegs! Ein Vielgewandter
Und uns allen Wohlbekannter
Kommt zum Lustmahl ohnegleichen.
Wenn was irgend ist geschehen,
Hört mans noch in späten Tagen;
Immer klingend wird es wehen,
Wenn die Glock ist angeschlagen.
Und so laßt von diesem Schalle
Euch erheitern, viele, viele!
Denn am Ende sind wir alle
Pilgernd Könige zum Ziele.
*
Worte sind der Seele Bild –
Nicht ein Bild! sie sind ein Schatten!
Sagen herbe, deuten mild,
Was wir haben, was wir hatten. –
Was wir hatten, wo ists hin?
Und was ists denn, was wir haben? –
Nun, wir sprechen! Rasch im Fliehn
Haschen wir des Lebens Gaben.
Festliche Lebens-Epochen, und Lichtblicke traulicher Verhältnisse, vom Dichter gefeiert
[Die Ziffern beziehen sich auf die Gedichte in der Abteilung Inschriften, Denk- und Sendeblätter.]
1 Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbgroßherzogin war ein kostbares Stammbuch von treuer geschätzter Hand verehrt worden und mir ward die Gnade zugedacht, dasselbe durch vorstehendes Sonett einzuweihen.
2 Das löbliche Herkommen, die höchsten Herrschaften bei festlichen Maskenzügen durch ein dichterisches Wort zu begrüßen, ließ man auch diesmal obwalten. Ein Korsar, an den Helden Byrons erinnernd, übergab es im Namen des als Anachoret lebenden Dichters.
3 Durch meine beinah absolute Einsamkeit, auf welche schon der Schluß des vorigen Gedichtes anspielt, hatte ich mir den Namen des Eremiten verdient, der sich aber in Zelle und Garten höchst geehrt und erfreut fühlte, als mein Herr und Gebieter mir zwei liebenswürdige junge Fürstenpaare zuführte und der freundlichste Besuch durch das Gedicht erwidert werden durfte.
4 Als der Fürst bei der Christbescherung seiner teuren Enkel gegenwärtig war, überreichten sie ihm ihrerseits mit obigen zwei Strophen eine Sammlung Gedichte auf die Gründung der neuen Bürgerschule, im Namen sämtlicher Jugend.
5 An Prinzessin Maria mit Raffaels Gärtnerin.
5a An Prinzessin Auguste. Der Kupferstich von Elsheimers Aurora, mit einigen Strophen zum Geburtstag, von Jena her, geschrieben in dem Garten der Prinzessinnen.
6 – 7 – 8 Inschriften, bei der Anwesenheit Ihro Majestät der regierenden Kaiserin von Rußland.
9 – 10 Tafelaufsätze zum Geburtstag Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbgroßherzogin.
11 Zum Schluß einer dramatischen Vorstellung in Teplitz, an Ihro Majestät die Kaiserin von Österreich, gesprochen von Gräfin O'Donell.
12 Ein Pracht-Exemplar der Werke des Abbate Bondi ward mir durch die allerhöchste Gnade Ihro Majestät der Kaiserin; zur Erwiderung schrieb ich das mitgeteilte Sonett.
13 Mit einem heiter und glänzend gemalten Glase, der unschätzbaren Freundin, von Karlsbad nach Franzenbrunnen.
14 An dieselbe, als ich sie ganz unverhofft in Franzenbrunnen antraf, wo sich unsere Unterhaltung ganz auf den höchst beklagenswerten Verlust unserer Herrin einschränkte. Sie vertraute mir, daß noch manches teure Pfand von der Höchstseligen in ihren Händen sei, wozu sie ein kostbares Kästchen habe verfertigen lassen, für welches sie eine Inschrift von mir verlange, sie wolle damit die inwendige Seite des Deckels bekleiden. Hiezu sendete ich jene Strophen von Karlsbad, und wer über Bedeutung des darin erwähnten Platzes und Bechers das Nähere zu erfahren wünscht, findet solches in der Reihe der Karlsbader Gedichte.
15 Herrn Staatsminister von Voigt zu seiner Jubelfeier: ein Denkmal viel jährigen und mannigfaltigen Zusammenwirkens. Die erste Strophe bezieht sich auf den Ilmenauer Bergbau, dem wir mit Fleiß und Studium mehrere Jahre vorstanden. Die zweite und dritte deutet auf die in Gesellschaft höchst gebildeter Frauen und Männer gefundene Erheiterung von oftmals lästigen und gefährlichen Geschäften; der Schluß auf die Schrecken der feindlichen Überschwemmung, auf den Drang der wechselvollen Kriegsjahre, auf das Glück endlicher Befreiung und zugleich auf die Notwendigkeit des Zusammenhaltens geprüfter Freunde in einer Zeit, wo eine Verwirrung aller Begriffe die hohe Kultur des Vaterlandes zu vernichten drohe.
16 Dem Fürsten Hardenberg Durchlaucht zum siebzigsten Geburtstag unter dessen Bildnis, auf Anregung der Gebrüder Henschel, der ich mich um so lieber fügte, als der Fürst im Jahre 1813 sich, bei seiner Anwesenheit in Weimar, der frühsten akademischen Jahre in Leipzig erinnerte, wo wir zusammen bei Oesern Zeichenstunde genommen hatten.
17 An Lord Byron. Dieser merkwürdige Mann hatte manches Freundliche schriftlich und mündlich durch Reisende begrüßend nach Weimar gelangen lassen, welches ich durch jene Strophen zu erwidern für Pflicht hielt. Sie trafen ihn noch glücklicherweise in Livorno, eben als er für Griechenland sich einzuschiffen im Begriff war, und veranlaßten ihn noch zu einer schriftlichen Erwiderung vom 24. Juli 1823, die mir unschätzbar bleibt; wie denn das Nähere dieser Verhältnisse in den Beilagen zu Kapitän Medwins Unterhaltungen, dem ich auf Anfrage das Allgemeinste mitteilte, zu finden ist. Das Umständlichere, zugleich mit Abschriften der Originale, wird früher oder später bekannt werden.
18 Der unter meinen Augen aufgewachsenen lieben Gattin meines Sohnes, als Zuschrift der Wanderjahre.
19 Als ich eine Zeitlang im Orient hauste, liebte ich meine Gedichte mit goldblumigen Verzierungen einzufassen; dies geschah denn auch an diesem Gedichte, dem geprüften alten Freunde Geheime-Rat von Willemer gewidmet.
20 Graf Paar, Adjutant des Feldmarschalls Fürsten von Schwarzenberg, war mir in Karlsbad einer der liebsten und eifrigsten Gesellschafter. Aus Wohlwollen zu mir befreundete er sich mit der ihm bisher ganz fremden Geognosie; ich überreichte ihm ein Heft über böhmische Gebirgsarten mit diesen wenigen Reimzeilen.
21 Derselbe ließ abreisend eine höchst merkwürdige Statue von Bronze mir zurück, wofür ich meinen Dank auf einem Erwiderungsblatt ausdrückte. Noch jetzt schmückt dieses Gebilde vorzüglich meine kleine Sammlung.
22 Gräfin Titinne O'Donell, geborne Gräfin Clary, hatte in jugendlicher Heiterkeit und freundlicher Laune eine meiner Schreibfedern verlangt, die ich ihr mit solchen Zeilen zuschickte.
23 An dieselbe, mit einer neuen, kaum angeschriebenen Feder zugesendet.
24 Eine mit der deutschen Literatur aufs innigste bekannte polnische Dame vereinigte sich mit mir im Lobe von Fouqués Undine und bemerkte zugleich, daß eine französische Übersetzung das Original keineswegs erreiche, und versprach, sie mir zu eigener Überzeugung mitzuteilen. Als ich das Buch erhielt, fand ich es in einem Zustande, der dem Verfasser gewiß geschmeichelt hätte. Die vordere Decke fehlte ganz, die ersten Bogen konnten als gerollt und geknittert kaum gelesen werden; ich schaffte es zum Buchbinder, der es denn völlig wiederherstellte, und so erhielt es die Dame zurück mit jenen eingeschriebenen Zeilen.
25 Fürst Biron von Kurland, dessen freundlicher Neigung ich schon früher angenehme Kunstgaben verdankte, schickte mir von Teplitz nach Karlsbad eine höchst merkwürdige Zeichnung. Sie ist sehr wohl erhalten, in mäßigem Querfolio, von Peter Vischer, dem trefflichen Erzgießer, mit der Feder sehr sauber gezeichnet, ausgetuscht und angefärbt, eine Allegorie zu Ehren Luthers vorstellend, welcher hier als Herkules siegreich aufgeführt wird.
26 Graf Karl Harrach, mit dem ich vor vielen Jahren zu Karlsbad, in Gesellschaft der Seinigen, glückliche Tage verlebte, hatte sich der Heilkunde gewidmet und darin durch eifriges Studium und getreuliche Ausübung bedeutend hervorgetan. Er begegnete mir wieder an derselbigen Stelle, das alte Vertrauen trat sogleich wieder ein und es eröffnete sich von dem bisherigen Leben und Treiben die erfreulich wirksamste Unterhaltung.
27 Zwar kein Kleidungsstück, aber ein zum Ankleiden höchst nötiges Erfordernis, welches wohl zu erraten sein möchte, war in seltenem Grade verziert worden. Es begrüßte mich im böhmischen Gebirg an meinem Geburtstag aus weiter Ferne, und sein blumenreicher Anblick ergetzte mich mitten zwischen Fichten und Tannen.
28 Aus der Strophe selbst erklärbar: das Bildnis des Freundes, in einer ausgeleerten Schachtel getrockneter Früchte übersandt.
29 Die Tochter eines Freundes, mit dem man frei heitere Jahre zugebracht, der nun aber längst entfernt lebte, diese findet zufällig unter den ausgestellten Waren des Frauenvereins ein Taschenbuch von dem Dichter dorthin geschenkt, eignet sichs an und verlangt dazu einige Worte von dessen Hand.
30 Fräulein Wolowska, Schwester der Madame Szymanowska, von einigen vielleicht eingebildeten Leiden geplagt, schön und anmutig, mitunter traurig gestimmt und vom Tode sprechend. Ein geistreicher Freund schrieb in ihr Stammbuch ein Testament, worin sie ihre höchst liebenswürdigen Eigenschaften und Vorzüge einzeln und an verschiedene Personen vermacht. Der Scherz konnte für sehr anmutig gelten, indem der Bezug der Legate auf die Legatarien teils Mängel, teils gesteigerte Vorzüge derselben andeutete, und ich schrieb dieses Gedicht unmittelbar in jener Voraussetzung.
31 Eine Gesellschaft versammelter weimarischer Freunde hatte sich verabredet, meinen Geburtstag zu feiern und ich veranstaltete, als die Nachricht zu mir kam, daß die beiden Strophen gerade am Schluß des Festes zu dankbarer Erwiderung konnten vorgetragen werden.
32–37 Sind als Aufblicke von Galanterie, Neigung, Anhänglichkeit und Leidenschaft im Konflikt mit Weltleben und täglicher Beschäftigung zu betrachten; wie denn der Liebende auch als Wetterbeobachter auftritt.
38 Dieses Gedicht, die Leiden einer bangenden Liebe ausdrückend, steht schon im vorigen Band an seinem gemütlichen Platze; hier durfte es nicht fehlen, weil es ursprünglich durch die hohe Kunst der Madame Szymanowska, der trefflichsten Pianospielerin, zu bedenklicher Zeit und Stunde aufgeregt und ihr ursprünglich übergeben wurde.
39 Frau Hofmarschall von Spiegel hatte mir ein neues Album im Jahre 1821 übergeben; es war mir im Augenblick nicht möglich, etwas Gehöriges zu finden, ich behielt mir ein paar weiße Seiten vor. Ende Februar 1824 erbat ich mir das Album wieder und schrieb jenes Gedicht hinein. Die zwei mittleren Stanzen wird man in dem Maskenzuge »Die romantische Poesie« wiederfinden, wo gedachte Dame als Prinzessin von Byzanz mit König Rother im Glanze der Schönheit und Majestät auftrat. Schade, daß solche Erscheinungen nicht festgehalten, ja nicht einmal, wie gute Theaterstücke, wiederholt werden können.
40 Der zierlichsten aus den Wellen gebornen Undine auf einem Maskenballe durch einen neckischen Unterhändler zugebracht.
41 Ein vorzügliches Blumengemälde in dem reichsten Goldrahmen an passender Stelle geziemend dargebracht.
42 Dieses Gedicht begleitete einen geschlungenen Lorbeer- und Myrtenkranz zum Symbol eines wie Hatem und Suleika in Liebe und Dichtung wetteifernden Paares.
43 Aufruf im Frühling an Gesunde und Genesende.
44 An Julie Gräfin Egloffstein, die ein seltenes Talent zur bildenden Kunst mit manchem andern und überdies mit persönlichen Eigenschaften verbindet, welche allein hinreichend wären, sie als höchst vorzüglich in der Welt auftreten zu lassen. Dieses Gedicht ward veranlaßt durch unverwelkliche Blumen von ausgezeichneter Schönheit.
45 Derselben auf die Reise mitgegeben, die sie in einigem Zwiespalt zwischen sich und eifrig beratenden Freunden antrat, welche besonders wegen Anwendung ihres schönen Talents nicht einig werden konnten.
46 Ebendieselbe hatte sich zu einem Aufenthalt in Dresden entschlossen, wo sie die eigentlichste Fördernis ihrer Bemühungen finden konnte.
47 Dieselbe hatte sich nun aus dem kleinen Format in größeres erhoben, worin es ihr ebenfalls nach Wunsch glückte.
48 Zum Abschluß eines vollgeschriebenen und vollgezeichneten Albums.
49 Herrn Kanzler von Müller hatte ich das vorige Jahr ein vollständiges Exemplar meiner Werke zum Geburtstage überreicht, ungebunden und ungeschmückt. Derselbe gab mir ein Jahr darauf den ersten Band gebunden zurück und Gelegenheit, mich an demselben Tage nachträglich einzuzeichnen.
50 Thaers Jubelfest, bei welchem ich, obschon abwesend, meinen aufrichtigen Anteil dem würdigen Manne zu beweisen nicht verfehlen wollte. Es ward von Zelter komponiert und von ihm an Ort und Stelle selbst ausgeführt. Bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, daß an einen so geistverwandten und herzverbundenen Freund wie Zelter kein besonderes Gedicht in dieser ganzen Sammlung sich vorfindet. Es kommt aber daher, daß alles Lyrische, was ich seit dreißig Jahren gedichtet, als in seinem Sinne und Geiste verfaßt, ihm zu eigentlicher musikalischer Belebung gesendet worden.
51 Mit diesem Gedichte suchte ich den vielfachen Ausdruck von Liebe und freundschaftlicher Neigung zur Feier meines siebzigsten Geburtstags nach allen Seiten hin dankbar zu erwidern.
52 Hierauf ließ der immer tätige und ergetzliche junge Freund Sulpiz Boisserée die zum Andenken auf einen mit Söhnen reichgesegneten Ritter Waldstein geschlagene Medaille in Kupfer stechen. Ich bediente mich dieser neuen Anregung, um jenen Dankesgruß zu wiederholen und zu vermannigfaltigen. Dies geschah denn auch im gegenwärtigen Gedicht. Es ward mit dem vorigen allgemeinen, nebst beigefügter Medaillen-Abbildung, als wahrer heitrer Ausdruck von Teilnahme, einem liebenswürdigen Gliede der gleichfalls zahlreich ausgebreiteten Familien überreicht.
53 An meinen alten weimarischen Urfreund, Major von Knebel, gleichfalls von Zelter komponiert, um vierstimmig zum gefeierten Tage vorgetragen zu werden.
54 An dessen herangewachsenen Sohn, einige Jahre später.
55 Patengruß einem während der schweren Krankheit des Vaters sehnlichst erwarteten Ankömmling.
56 Einem Neugebornen, den die mineralogische Gesellschaft zu Jena nicht früh genug an sich heranziehen konnte.
57 Mit meinen kleinen Gedichten, wo sie sich auf manchem Blatt wie im Spiegel wieder finden konnte.
58–66 In Stammbücher, Zeichnungsmappen, Notenhefte und sonst eingeschrieben. Sie sind teils allgemein verständlich, oder auch im besondern leicht zu deuten.
67–68 Zwei Exemplare der Wanderjahre hatten zwischen zwei Freundinnen gekreuzt und dadurch heitere Mißverständnisse veranlaßt, welche hier freundlich ausgesprochen werden.
69 An zwei hoffnungsvolle Knaben, welche, entzündet durch eifrige Geologen, sich leidenschaftlich ihnen zugesellten und im Aufspüren von merkwürdigen Gebirg- und Gangarten sich besonders tätig erwiesen.
70–72 Bei verschiedenen Gastmahlen.
73–74 Zwischen jene ausführlicheren Maskenzüge einzuschalten.
75–76 Bilderszenen, zu den so beliebten Darstellungen von Gemälden durch lebendige Personen.
77 Ein Bruchstück, das aber der Denkende anzuschließen wissen wird.
78–81 Grabschriften: der Gatte der Gattin, der Vater dem Kinde, die Kinder dem Vater; letzteres für Kosegarten bestimmt und, wie ich vernehme, auf seinen Denkstein gesetzt; das Publikum dem Schauspieler, auf den guten alten Malkolmi gemeint.
82–96 Rhein und Main. Bei meinem Aufenthalt in jenen Gegenden wurden eine Menge kleinere Gedichte, teils in manches Album, meist unter landschaftliche Zeichnungen ja manchmal als Besuch- und Abschiedskarten verteilt, von denen sich vorstehende, vielleicht hie und da rätselhafte, erhalten haben. Freunde werden sich deren gern erinnern, und so mögen sie denn auch hier eingeschlossen stehen. Zu bemerken ist bei Nummer einundneunzig, daß Herzog und Herzogin von Cumberland, Hoheiten, in der Nacht zum 16. August die Einsiedler am Flusse unverhofft besuchten.
97 Im Wandersinne zu einem alten Manuskript der Heiligen Drei Königs-Legende.
98 Der Worte, flüchtiger wie bleibender, Wert und Wirkung.