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Mitternacht war eben vorüber, als auf einem der großen Verkehrsplätze der Stadt eine Droschke hielt. Eine dicht verschleierte Dame stieg aus, bezahlte den Kutscher und schlug eilends den Weg nach einem kleinen Seitengäßchen ein, deren mehrere strahlenförmig auf den Hauptplatz münden, und wovon die glänzende Stadt Paris tatsächlich eine größere Menge aufzuweisen hat, als man vermuten möchte. In solchen schmutzigen Häuserreihen und öden Winkelsträßchen und Gäßlein spielen sich zuweilen ganz schauderhafte Szenen ab, und wer nicht aus Elend, aus Verzweiflung oder Furcht diese Schlupfwinkel aufsucht, bleibt ihnen sicherlich gerne ferne. Die Häuser sind meist elende Hütten, sehen zum weitaus größeren Teile schmutzig und baufällig aus, und lassen kaum erraten, daß auch sie einen Bestandteil jener Stadt bilden, die sich längst zur Tonangeberin der Zivilisation aufgeworfen hat. Um so mehr mußte zu solcher Stunde, an solchem Platze die Erscheinung einer Dame befremden, die, obschon ihre Gestalt verhüllt war, dennoch in Haltung und Gang die hohe Abkunft nicht verleugnen konnte. Dumpfer Qualm und ein ekelerregender Geruch von Speisen, Tabak und Alkohol drang durch die offenen Fenster einer Schenke in die Gasse heraus, und heisere Stimmen brüllten ein Lied, dessen Text nur allzusehr auf die Sänger schließen ließ. Die Vorübereilende, hiervon auf das Peinlichste angewidert, beschleunigte ihre Schritte, solcher Gemeinheit zu entfliehen, dabei entrang sich ein tiefer Seufzer der beklommenen Brust.
Endlich stand sie vor dem Tore eines ärmlichen Hauses und zog die Glocke. Schrill tönte es durch die stille Nacht wie eine ungeduldige Bitte, bald, recht bald Einlaß zu gewähren. Schon nach wenigen Augenblicken wurde geöffnet. »Wer da?« frug eine Stimme von innen, die übrigens mehr rauh als unfreundlich klang.
»Ist Meister Lorenzo zu sprechen?« kam es schüchtern von der Straße entgegen.
»Ob der Maestro zu sprechen ist? Hören Sie nicht sein metallenes Rädlein summen? Es ist eine Freude um den braven Lorenzo, die ganzen Nächte sitzt er über der Arbeit, gönnt sich kaum zwei Stunden Schlafes, keine Sonntagsruhe, keine Erholung. Immer fleißig beim Geschäfte, immer flink bei der Kunst und so glücklich beim Zahlen! Ja, das ist ein Mietsmann so recht nach meinem Herzen, dieser brave Maestro!« Während dieses beredten Lobes war die Tür geöffnet worden, und der Dame, als welche sie auch die geschwätzige Alte sogleich erkannt hatte, unter höflichen Bücklingen Einlaß gewährt. Sie erwiderte jedoch den artigen Gruß nur mit einem flüchtigen Neigen des Kopfes, denn sie schien sehr eilig, und verlangte dringend, sogleich zu Lorenzo geführt zu werden.
Willfährig humpelte die redselige Hausfrau vor der Fremden hinauf über eine ziemlich steile Treppe, und hielt den unsauberen, eisernen Leuchter, in dem eine Talgkerze stak, etwas über ihren Kopf, um besseres Licht zu schaffen; endlich blieb sie vor einer Türe stehen, aus welcher das Geräusch eines kreisenden Rades deutlich vernehmbar herausdrang, der Beweis für den eben erst gepriesenen Fleiß des Goldschmiedes. »He Meister!« rief die Alte und drückte gleichzeitig die Klinke, »jemand wünscht Euch zu sprechen, seid so gut und macht auf!«
Fast lag Angst und Schrecken in der Antwort: »Wer ist dieser jemand? Mann, Frau, Einer, Viele?«
»Eine Dame, Meister.«
Schon im nächsten Augenblick viel der Riegel zurück und die Fremde stand auf der Schwelle eines Gemaches, das weit mehr Ähnlichkeit mit dem Atelier eines Schwarzkünstlers, als mit der Werkstätte eines ehrlichen Goldschmiedes hatte. »Sie kennen mich bereits, Meister Lorenzo,« begann die Dame, nachdem die Hausfrau sich zurückgezogen und die Türe wieder ins Schloß gedrückt hatte.
Lorenzo verneigte sich ehrfurchtsvoll, empfing aber ein kaum merkliches, vornehmes Neigen des Hauptes als Gegengruß. Der Schleier war überdies so dicht, daß es geradezu unmöglich war, die Gesichtszüge zu unterscheiden. »Wenn ich nicht irre, habe ich die hohe Ehre, die Fürstin oder Gräfin ...?«
»Der Name tut hier nichts zur Sache,« fiel sie rasch ins Wort, »Sie erinnern sich aber doch sicherlich, daß Sie mir vor drei Monaten ein Darlehen auf ein Rubinenhalsband gaben?«
»Sehr wohl, meine gnädigste Frau Fürstin oder Gräfin – es waren eintausend fünfhundert Franks.«
»Die Rubinen waren aber das Zehnfache wert.«
»Allerdings, ich will's nicht in Abrede stellen, mir waren Sie es nicht, heutzutage ist das Bargeld selten, und Sie selbst Frau Gräfin oder –«
»Lassen Sie doch – genug, ich nahm Ihr Geld, und überließ Ihnen meinen Schmuck. Vor vier Tagen kam ich wieder, ihn zurückzuholen, es schien mir, als ob es Ihnen nicht angenehm gewesen wäre?«
»Gnädige Frau blicken scharf, doch ja, ich gestehe es, ich trennte mich schwer von den schönen Steinen; das liegt mir so im Blute, und bringt wohl auch mein Gewerbe so mit sich; übrigens nahm ich Ihr Geld samt Zinsen in Empfang und lieferte dagegen Ihr Halsband aus, ganz und unversehrt, meine Gnädigste!«
»Es ist aber nicht das meinige, Sie haben mich getäuscht, und mir ein anderes gegeben.«
Mit fast theatralischem Pathos fuhr Lorenzo auf: »Wer wagt es, mir eine solche Beschuldigung vorzuwerfen?«
Lorenzo war ein geborener Italiener und mochte ungefähr am Ende der zwanziger Jahre stehen. Er schien von der Natur, wenigstens was äußerliche Erscheinung und Wohlgestalt betraf, sehr stiefmütterlich behandelt worden zu sein, denn ein dicker, mit struppigen roten Haaren bewachsener Kopf saß auf einer höckerigen Gestalt; unter den buschigen Brauen auf niedriger Stirn lauerten indes zwei listige, dunkle Augen, die bald leidenschaftlich aufblitzten, bald wieder katzenhaft funkelten, die Gesichtsfarbe war krankhaft blaß, der weite Mund mit den schmalen, blutleeren Lippen verzog sich gewöhnlich zu einem höhnischen Lächeln, dazu kam eine Hast der Bewegung, eine gewisse ängstliche Unruhe der Züge – mit einem Worte, Maestro Lorenzo war eine widerliche Persönlichkeit, von der sich wohl jedermann unangenehm abgestoßen fühlte, der sie sah.
Dies mochte wohl auch die Dame empfinden, die ihm gegenüber stand, denn sie trat bei seinem Ausruf einen Schritt zurück, als habe sie eine Tarantel gestochen. Dann aber sprach sie bestimmt: »Es ist doch so, wie ich sagte, ich bringe Ihnen deshalb diesen Schmuck zurück und verlange dafür mein Eigentum.«
Bei diesen Worten griff sie in die Tasche, langte ein Etui von Juchtenleder hervor, drückte die Feder und deutete auf das Rubinengeschmeide, dessen Steine selbst bei dem so bescheidenen Lampenlichte des kleinen Stübchens ihre ganze nächste Umgebung mit rosiger Glut übergossen. Nicht gieriger verschlingt der Blick des Geizigen gold- und silbergefüllte Kisten, als Lorenzo diesen Schmuck betrachtete. In krampfhafter Bewegung zuckten die mageren Finger, während ein widerliches Lächeln die häßlichen Züge noch mehr verzerrte. »Gnädigste Frau, Ihre Rubinen sind wirklich einzig in ihrer Art. Man dürfte wohl weit gehen, bis man wieder einem ähnlichen Schmucke begegnete.«
»Und trotz alledem muß ich meine Behauptung aufrecht halten,« sagte sie ernst, »dieses hier ist nicht mein Halsband, es enthält nur zwanzig Steine, während das meinige einundzwanzig zählte.«
Bei scharfer Beobachtung hätte man wohl erkannt, daß Lorenzos ohnehin bleiches Gesicht bei dieser Behauptung noch um ein merkliches bleicher wurde und seine Hand wie zufällig nach der Stirn fuhr, um die dort sichtbar gewordenen Schweißtropfen fortzuwischen. Die Stimme klang jetzt unnatürlich, heiser, als er erwiderte: »Wer wäre wohl bei dem blendenden Schimmer dieser Steine hier imstande, sie ohne Irrtum richtig zu zählen? Es scheint mir das nahezu unmöglich und nur allzusehr wahrscheinlich, daß sich Euer Gnaden das erstemal verzählt haben möchten.«
»Nein, nein, Meister, keine Ausflüchte! Ich bin hier, Ihnen den verwechselten Schmuck zurückzubringen, und den meinigen dafür entgegen zu nehmen. Geben Sie mir ohne weitere Umstände meine Rubinen.«
»Ihre Rubinen?« lachte er grell auf. »Ihre Rubinen? Ich habe wirklich keine anderen zu vergeben!«
»Dann muß das Gericht mir Hilfe schaffen.«
Einen kurzen Augenblick zuckte der Höckerige bei dieser Drohung zusammen, war aber sofort wieder Herr der Lage, und seiner Überlegenheit sich völlig bewußt. Die ihm gegenüber stehende Dame konnte nicht wider ihn aufkommen, er aber wollte nicht nur keinen Zoll breit von seiner einmal aufgestellten Behauptung abweichen, sondern alle möglichen Vorteile aus der verfänglichen Lage ziehen, in der sie sich befand. Deshalb sagte er mit wohlgespieltem Trotze: »Wohlan, gnädige Frau Fürstin oder Gräfin, führen Sie immerhin Klage wider einen ehrlichen, rechtschaffenen Handwerksmann, zeihen Sie ihn eines Verbrechens, das er nicht begangen hat, – ich meinerseits werde dann Sorge tragen, daß die Sache einem gerechten Richter unterbreitet werde, und der Anfang hiervon wird sein, daß Ihr Stand und Name der Öffentlichkeit preisgegeben werden muß, das Ende läßt sich abwarten.«
Während er sprach, hatte er sein Gegenüber scharf ins Auge gefaßt, und wohl beachtet, wie sie erschreckt zusammenfuhr; hierdurch sichtlich ermutigt, redete er weiter: »Mit Ihnen zugleich, gnädige Frau, werde auch ich vor Gericht erscheinen, und also zu dem Vollzieher des Gesetzes sagen: »Allergnädigster Herr Richter,« werde ich sagen, »haben Sie Mitleid und erbarmen Sie sich eines armen, aber rechtschaffenen Geschäftsmannes, der eines schweren Vergehens angeklagt worden ist. Vor zwölf Wochen saß ich noch spät abends ruhig auf meinem Zimmer bei der Arbeit, als eine verschleierte Dame bei mir eintrat. Sie schien große Eile zu haben und bot mir ohne weitere Umstände und Erklärungen einen Rubinenschmuck als Pfand an, wenn ich ihr hierfür die Summe von fünfzehnhundert Franks geben wolle. Ich wußte eigentlich nicht was anfangen, denn bares Geld ist heutzutage wenig zu haben, aber ich erriet sehr wohl, daß die Fremde recht schwer in Bedrängnis sein müsse, und des Geldes dringend bedürfe. Mein Herz ist weich und schwach, so entschied ich mich, vielleicht wider die Vernunft, daß ich ihr helfen wolle, ja, meine Ehrlichkeit ging selbst noch weiter, ich sagte der Fremden, ihre Steine seien viel, viel mehr wert, als sie dafür verlange, und ich wollte ihr gerne eine größere Summe leihen, sie lehnte jedoch mein Anerbieten ab. Auf mein Befragen aber nach Stand und Namen, was ja wegen Ausfüllen meines Pfandzettels nötig war, bat sie mich, die Sache als unser Geheimnis zu betrachten, und versprach, recht bald, vielleicht schon in acht Tagen, wieder kommen zu wollen. Ich bin doch genau?« unterbrach der Höckerige plötzlich seinen Redestrom und wandte sich hämisch grinsend gegen seinen Besuch.
»Allerdings,« war die verlegene Antwort.
»Nun gut, ich fahre dann fort: ›Die Dame kommt wieder, aber, mein hoher Richter, sie beschuldigt mich, daß ich ihr ihren Schmuck entwendet, daß ich dafür einen anderen unterschoben hätte, und dergleichen; ich kann jedoch beschwören, daß nichts von alledem geschehen ist; schaffen Sie deshalb Hilfe und Recht!‹ Also werd' ich ihm sagen, meine Gnädigste, also werd' ich bei Gericht sprechen, und nicht anders! Lassen Sie mich wissen, wann und wo Sie diese Verhandlung wünschen, Sie sollen ihren pünktlichen Mann in mir finden.« Er verbeugte sich tief und schwieg, um den Eindruck dieser schlauen Rede, zu beobachten. Die Dame aber hatte für solch' unerhörte Frechheit keine Erwiderung. Sie war unvorsichtig genug gewesen, sich in die Hand dieses schlauen Bösewichtes zu begeben, das erkannte sie in diesem Augenblicke nur allzuklar, aber ebensogut wußte sie, daß sie ratlos war, ihm zu entrinnen. Weder Ernst noch Drohung halfen hier, und dennoch sträubte sich ihr ganzes Wesen, diesem ihr völlig fremden Manne, dessen gemeine Handlungsweise sie ohnehin unsagbar abstieß, Geständnisse zu machen, oder ihr Vertrauen zu schenken. Zitternd trat sie ein wenig näher; er dagegen spähte vergebens, hinter dem dichten Schleier die ihm so ängstlich verhüllten Gesichtszüge zu entdecken, und lauschte aufmerksam dem Wohlklange ihrer weichen Stimme. »Meister,« bat sie jetzt sanft und würdevoll, »Sie wissen ebensogut, als ich, daß Sie mich mit diesen Rubinen täuschen; leider bin ich im Augenblicke nicht in der Lage, meinen Namen der Oeffentlichkeit preiszugeben, seien Sie vernünftig, ich bezahle gerne, was Sie fordern, nur geben Sie mir meinen Schmuck zurück, das Glück meines Lebens hängt daran; Ihnen kann's ja am Ende gleichgültig sein, diese oder jene Rubinen Ihr Eigen zu nennen, für mich aber ist es von ganz ungeheuerer Bedeutung. Zum letzten Male bitte ich Sie um mein rechtmäßiges Eigentum.«
»Zu Ihrem Befehle,« grinste der Italiener und ließ zwei Reihen schlecht gepflegter, unreiner Zähne sehen, »wenn Sie es wünschen, sollen Sie Ihr Recht beanspruchen dürfen, gleich morgen, wenn Sie es wünschen, mittags 11 Uhr im Polizeigebäude; ich stehe zur Verfügung. Sie können dort Ihr Recht geltend machen, ich aber auch das meinige.«
Die Dame biß sich die Lippen, daß sie bluteten, und drückte unwillkürlich die Hand auf ihr pochendes Herz. Ach, was hatte sie getan! Gedemütigt, beschimpft, wehrlos stand sie ihrem Beleidiger gegenüber, der sich an ihrem Elende zu weiden schien. Schweigend steckte sie das auf dem Tische liegende Halsband zu sich, kehrte dem Maestro Lorenzo den Rücken, und schritt mit ruhiger, stolzer Verachtung nach der Türe.
Unten am Tore steckte die Alte mit überschwänglichen Dankesworten das Goldstück ein, das ihr die Dame in die Hand drückte, und alsbald knarrte der Schlüssel im rostigen Schlosse, Gräfin Helene – denn keine andere war's – stand auf der Straße. Ebenso eilig, als sie gekommen, trat sie jetzt den Rückweg an, vorbei an der schmutzigen Schenke, wo man noch immer sang und zechte, wo noch immer ein wilder Chorus heiserer Stimmen unanständige Lieder brüllte, sie sah und hörte kaum, was um sie vorging, ihr Herz war unbeschreiblich schwer, und bange Furcht nahm ihr den Atem und drohte sie fast zu ersticken. O Gott, wohin war sie gekommen! Da, wo das kleine enge Gäßchen wieder auf den freien Platz auslief, standen etliche Droschken mit müden Pferden und schläfrigen Kutschern; sie rief einen derselben an, flüsterte ihm einige Worte ins Ohr und verschwand rasch im Innern des Wagens, der sich allsogleich in Bewegung setzte und sie in frischem Trabe nach einem der hellerleuchteten Stadtteile brachte, den nur Vornehme und Reiche bewohnen. Sobald sich Gräfin Helene unbeachtet wußte, schlug sie ihren Schleier zurück. Ihre Züge trugen die Spuren unverkennbarer Angst, das jugendliche Antlitz war totenbleich und dicke Schweißtropfen perlten auf der Stirne.
Wer die schöne blühende Frau noch vor wenigen Stunden am Arme ihres Gatten gesehen und sie in diesem Augenblicke wieder sah, hätte sich nur schwer zu dem Glauben verstanden, daß er eine und dieselbe Persönlichkeit vor sich habe. »Ich Unselige, ich Gottverlassene!« sprach sie wiederholt zu sich selbst, »was hab' ich getan! Wozu ließ ich mich verleiten! Ach, und warum habe ich Theo nicht sogleich all' mein Unrecht eingestanden und seine Vergebung erfleht? Es war ja nur Leichtsinn, Uebermut und falsche Eitelkeit, es war nicht wirkliches Unrecht, was ich tat, und Theobald hätte verziehen! Er ist ja so gut! Sein edles Herz hätte Mitleid mit mir und meinem Kummer gehabt – aber ich schämte mich so sehr – was mußte er von seiner Gattin halten? durfte ich ihm solche Schande bereiten? durfte ich seinen reinen Namen beflecken? Nein, um Gotteswillen nein! Keine Seele sollte etwas wissen von dem, was ich unternahm, Theo am allerletzten – und, wie so bitter bin ich jetzt bestraft! – Sie weinte still vor sich hin und versank in tiefes, trübes Nachdenken; dabei war es ihr entgangen, daß draußen neben ihrem Kutscher ein höckeriger Mann saß, der ihr schon vom Hause des Maestro an in einiger Entfernung gefolgt war. Als sie die Straße bezeichnete, wohin sie gebracht zu werden wünschte, hatte der Zwerg sich ganz nahe herzu geschlichen, ohne sich jedoch ihrer Beobachtung preiszugeben, und sich durch ein Geldstück vom Kutscher die Erlaubnis erkauft, zu ihm auf den Bock zu steigen und an seiner Seite Platz zu nehmen. Wie wäre die Gräfin erschrocken, wenn sie gewußt hätte, daß kein anderer, als Lorenzo, der unheimliche Italiener, sie auf ihrer nächtlichen Fahrt begleitete!