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Die Haushähne hatten schon aufgehört zu krähen und stolzierten mit wichtiger Miene und hocherhobenem Kopf, in dem wohltuenden Gefühl, ihre Pflicht erfüllt zu haben, auf den kleinen Hofräumen der verschiedenen Farmen umher. Sehnsüchtige Blicke warfen sie dabei nach den eben geöffneten Türen der Wohnungen, ob nicht bald jemand mit einem Arm voll Mais erscheinen und die schon seit einer Viertelstunde an der Fenz unruhig hin und her trabenden und ungeduldig wiehernden Pferde füttern wollte. Natürlich erwarteten auch sie in dem Fall ihren Anteil an Körnern. Die Gänse schnatterten, die Hunde bellten, aus den Lehmkaminen der Häuser wirbelte dazu der blauklare Rauch kerzengerade in die Fichten hinauf, und selbst der lehmgelbe Strom, der sich unter den niederhängenden Schilfmassen und Flußweiden hinwälzte, schien lebhafter und freudiger in dem alles belebenden Sonnenlicht zu rauschen.
Ganz im Einklang mit dem fröhlichen Morgen stand ein einzelner Reiter, der die Ansiedlung lange hinter sich gelassen und auf schlankem kräftigem Pony, ein munteres Lied vor sich hin trällernd, durch den Wald trabte.
Es war ein alter Bekannter von uns, Cook, der heute morgen nüchtern von zu Hause aufgebrochen war, um den Versammlungsort sobald als möglich zu erreichen, und jetzt sein Tier manchmal zu schärferem Lauf antrieb, in dem nächsten, noch etwa drei Meilen entfernten Haus nicht etwa zu spät zum Frühstück zu kommen.
So sorglos er aber bis dahin seinen Weg verfolgt, so erstaunt griff er plötzlich in den Zügel des Ponys und horchte nach vorn. Was war das? – Sogar das Pferd spitzte die Ohren und lauschte.
In einem Umkreis von drei Meilen war nämlich kein einziges Haus zu sehen, und dennoch krähte hier, mitten im Wald, gerade hinter jenem Dickicht von Sassafrasbüschen, ein sehr munterer Haushahn, und Cook sah sich verwundert um.
»Ich habe mich doch nicht verirrt?« brummte er leise vor sich hin. »Ih Gott bewahre, ich kenne ja jeden Hirsch- und Kuhpfad im Wald. Neue Ansiedler? Das ist an dieser Stelle auch nicht gerade zu erwarten; aber hallo – sind das nicht Radspuren hier neben dem Weg? Der Regen hat sie freilich verwaschen. Aber ja, wahrhaftig – dort haben sie den Busch niedergefahren und hier die Eiche gestreift, also Siedler, da wird man etwas Neues erfahren«, und mit leichtem Schenkeldruck brachte er sein Pony wieder in Trab.
In wenigen Minuten hatte der Reiter die ihn noch von den Fremden trennende kleine Erhöhung zurückgelegt und sah sich jetzt vor einem jener Lager von Auswanderern, die, besonders in Arkansas und auf dem Wege nach dem Westen oder nach Texas zu, häufig angetroffen werden.
Zwei große, mit weißem Leinen überspannte Wagen bildeten den Mittelpunkt der Gruppe, um welche mehrere Gespanne Stiere, je zwei und zwei durch das große Joch zusammengefesselt, standen. Ein kleiner weißköpfiger Bursche, etwa acht oder neun Jahre alt, stand bei ihnen und schob jedem der Tiere kurzgebrochene Kolben Mais in das Maul. Die Stiere aber, die großen gutmütigen Augen matt und schläfrig auf das nächste ihnen zukommende Stück geheftet, zerkauten und verschluckten in aller Gemütsruhe den Mais und leckten dann mit der langen rauhen Zunge wie bittend oder mahnend den Ärmel und die Hand des Jungen.
Fünf Pferde weideten, mit Glocken um den Hals und die Vorderfüße zusammengebunden, in dem Schilfbruch ganz in der Nähe. Die Siedler selbst hatten augenscheinlich die Nacht über im Innern der Wagen zugebracht, da weiter kein Zelt oder Schutzdach den Platz verriet, wo ein Mensch im Regen geschlafen haben könnte. Jetzt aber waren sie eben im Begriff, sich um den auf der Erde gedeckten Tisch zu lagern, während ausgebreitete wollene Decken die Sitze bildeten.
Die kleine Familie bestand, außer dem schon erwähnten achtjährigen Knaben, aus dem Mann, der Frau, zwei erwachsenen Töchtern und zwei jungen Burschen von achtzehn und zweiundzwanzig Jahren und ließ sich jetzt nach türkischer Art um das aufgetragene Mahl nieder.
»Komm, Ben«, rief der Vater dem Jungen zu, »die Tiere haben genug, sie standen ja die ganze Nacht im Schilf. Ruhig, ihr Hunde, was wittern denn die Bestien schon wieder und haben erst die ganze Nacht gekläfft und gebellt, weil es einmal einem lumpigen Panther einfiel, in der Nähe zu heulen. – Nieder mit euch!«
Trotz dieser freundlichen Zusprache waren die unter dem Wagen festgebundenen Hunde dennoch keineswegs gesonnen, dem Befehl Folge zu leisten. Sie bellten nur noch wütender die Straße hinab, von der Cook jetzt, sich der Gruppe nähernd, herübertrabte.
»Guten Morgen allen«, rief er freundlich, als er, kaum zehn Schritt von ihnen, aus dem Sattel sprang und dem kleinen schnaubenden Tier den Zügel über den Nacken warf, »guten Morgen, schmeckt's?«
»Soll erst«, antwortete der Farmer, »kommt – legt Euch mit her und eßt, wenn Ihr noch nicht gefrühstückt habt. – Hier, Anna, einen Becher für den Gentleman – langt zu, helft Euch selber!«
»Danke schön«, sagte Cook, der ohne die mindesten Umstände der Einladung Folge leistete, »das trifft sich prächtig, ich hatte allerdings nicht gehofft, hier mitten im Walde so gute Gesellschaft und ein so treffliches Frühstück zu finden, aber...«, er sah sich nach seinem Pferd um, das nach dem noch mit dem Mais raschelnden Ben hinüberschaute.
»Bring einen Armvoll Mais« her, Ben«, rief der Farmer, ohne den Gast ausreden zu lassen, »du kannst ihn in den eisernen Topf tun, der dort neben dem Wagen steht. Dem Pony wird das Geschirr gleichgültig sein, aus dem es frißt.«
Das Pony gab durch leises Wiehern seine volle Zustimmung zu diesem Vorschlag und tat gleich darauf mit sehr geschäftigen Kinnbacken dem vor ihm hingesetzten Mahl alle Ehre an.
»Und woher kommt Ihr, Sir?« fragte Cook endlich, nachdem eine etwa viertelstündige Pause von sämtlichen Mitgliedern des kleinen Kreises auf das zweckmäßigste genutzt worden war.
»Aus Tennessee, vom Wolfriver.«
»Und wohin wollt Ihr?«
»Nach Franklin County, an den Fuß des Ozarkgebirges.«
»Schon einen Platz ausgesucht?«
»Noch nichts Besonderes, werde jedoch bald einen finden. Ich habe einen Bruder dort wohnen.«
»Ahem! – Ist hier auch gutes Land.«
»Ja, ich weiß wohl; die Leute am Fourche la fave sollen aber das Pferdefleisch zu lieb haben.«
»Hoho«, rief Cook lachend, »haben Euch die Arkansas-Flußleute auch schon einen Floh ins Ohr gesetzt? So schlimm ist's nicht, doch aufrichtig gesagt, schlimm genug, ich bin gerade auf dem Wege zu einer Regulatorenversammlung, hoffe aber, wir werden dem Unwesen jetzt ein Ende machen. Arkansas soll nicht länger nur dann genannt werden, wenn man von Raub- und Diebesbanden spricht.«
»Arkansas?« wiederholte der Farmer. »Ja! – In den Vereinigten Staaten, in Tennessee und weiter südlich, nördlich und östlich, da kennen sie in der Hinsicht nur Arkansas. Kommt man aber einmal über den Mississippi in den Staat selbst, dann heißt's Fourche la fave. Ihr habt einen ausgezeichneten Ruf im Lande.«
»Mag sein«, sagte Cook, »so schlimm ist's aber doch wohl nicht, wie es gemacht wird, und sind auch einige nichtsnutzige Burschen hier in der Gegend, so müßte es mit dem T – ja so, was ich gleich sagen wollte –, wir werden sie schon fortbringen. Ich wollte, Ihr könntet unserer Versammlung heute beiwohnen. Es ist überdies Sonnabend, und morgen reist Ihr wohl schwerlich weiter.«
»Morgen?« fragte der Farmer, »wegen des Sonntags? Das macht keinen Unterschied. Meine Alte ist da vernünftig genug, und die Mädchen hat auch noch keiner von den herumkriechenden Methodisten angst und bange vor kommendem Höllenfeuer machen können. Das gute Wetter muß genutzt werden, und da ich, wenn irgend möglich, noch gern in diesem Jahr ein paar Acker Mais aussäen möchte, so hab' ich, wie Ihr verstehen werdet, keine Zeit zu versäumen.«
»Nein, allerdings nicht. Ich glaubte aber, es würde Euch vielleicht interessieren, unsere Regulatorengesetze kennenzulernen.«
»Allerdings würde es das«, sagte der Tennesseer. »Also wollt Ihr wirklich das Lynchgesetz ausüben? Gehört hab' ich schon zu Hause davon, es aber nicht geglaubt.«
»Ja, das ist nötig«, erwiderte Cook, »wir sind hier in unserem Staat noch nicht darauf eingerichtet, Verbrecher erst vor Gericht zu stellen und dann in sicherem Gewahrsam zu halten. Es ist noch alles zu neu hier. Kein Staat hat es aber so nötig als gerade Arkansas, und da muß etwas geschehen, wenn wir nicht zugrunde gehen oder, wie Ihr selbst sagt, einen solchen Ruf in den übrigen Staaten erhalten wollen, daß kein Mensch mehr zu uns zieht, und unser Land, wenn nicht wertlos, so doch auch nicht wertvoller wird.«
»Ja, ja«, bestätigte der Tennesseer, »ganz recht, wir haben es vor fünf Jahren ebenso gemacht, denn im ›Distrikt‹ hatte sich damals auch eine nicht unbedeutende Bande Lumpenpacks gebildet. Aber ein paar Ellen Hanf und ordentlich Ernst hinter der Sache, da drückten sich die Schufte bald. Es ist am Arkansas drüben auch nicht so geheuer; als wir in den ersten Tagen dieser Woche am Fluß heraufzogen, wurde ein dort ansässiger Farmer, der Schweine verkauft hatte, auf seiner Rückkehr von einem Halunken ermordet.«
»Ich habe davon gehört«, sagte Cook schaudernd, »hat man den Täter nicht entdeckt?«
»Nein«, sagte der Alte, mit der Faust ärgerlich vor sich auf das Tischtuch schlagend, daß das lose darunterliegende Brett ein kleines Salzfaß hoch emporschnellte, »nein – und ich wollte nur, der Schuft käme mir wieder so nahe wie damals, als ich mit der Büchse im Anschlag hinter einem Baum stand, oder auch auf der offenen Prärie. Verdammt will ich sein, wenn ich nicht Tageslicht durch seinen Hirnschädel ließe.«
»So kennt Ihr ihn?«
»Nein, ich kenne ihn nicht, aber ich habe ihn gesehen; es kann wenigstens kein anderer gewesen sein. Unser Wagen fuhr nämlich auf der Straße hin, und ich und Ned da, mein Ältester, waren ein wenig mit unseren Büchsen seitab gegangen. Wir hofften einen Hirsch zu schießen, von denen wir sehr viele Fährten bemerkt hatten. An der Spitze eines kleinen Sees hatte Ned die eine und ich die andere Seite genommen, als ich einen schmalen Pfad bemerkte, der aus dem Dickicht kam und augenscheinlich der eben verlassenen Straße zuführte, auf der die Wagen, vielleicht eine halbe Meile hinter uns, herkamen. Da hörte ich etwas in den Büschen rascheln und trat, in der Meinung, es sei ein Hirsch oder ein Volk Truthühner, hinter einen Baum. Es waren aber zwei Reiter, beide in das gewöhnliche blaue Wollzeug gekleidet, der eine trug einen breitrandigen schwarzen Hut. Diese sprachen sehr eifrig miteinander und ritten an mir vorüber, ohne mich zu bemerken; ich redete sie auch nicht an, da ich kein unnötiges Geräusch machen und vielleicht in der Nähe äsendes Wild verscheuchen wollte.
Hundert Schritt mochte ich wieder langsam weitergeschlendert sein, und die Fremden waren indessen im Gebüsch hinter mir verschwunden, als ich plötzlich, aus derselben Richtung, einen Schuß hörte. Nun glaubte ich anfangs, Ned habe des Wassers wegen nicht drüben um den See gekonnt, sei mir nachgegangen und zufällig zum Schuß gekommen, denn keiner der beiden Männer trug eine Büchse. Ich stieß deshalb meinen Jagdruf aus, um zu erfahren, ob er irgend etwas getroffen; aber gleich darauf antwortete mir mein Junge von der gegenüberliegenden Seite des Sees, und ich vermutete nun natürlich nichts anderes, als daß noch ein dritter Jäger dort in der Gegend sei, und mich um den nicht weiter kümmernd, setzte ich meinen Weg ruhig fort.
Das war schon spät am Nachmittag, und an demselben Abend noch überholten uns Leute auf der Straße, wo wir lagerten, die uns von einem Mord erzählten, der vorgefallen. Der Tote sei durch den Kopf geschossen. Von den Reitern war übrigens keiner an unseren Wagen vorbeigekommen.
Wie ich das hörte, setzte ich mich augenblicklich auf meinen Rappen (die Weiber hier schrien nicht schlecht, denn sie fingen an sich zu fürchten) und galoppierte, was das Tier laufen konnte, dorthin, wo der Leichnam in einem Farmhaus nicht sehr weit von der Gegend, wo die Tat geschehen, liegen sollte. Es war richtig, wie ich vermutet, einer von denen, die ich an demselben Tage hatte zusammen reiten sehen, und zwar der ältere; der Schuft mit dem breitrandigen Hut mußte also der Mörder sein. Ich beschrieb ihn, so gut ich konnte, keiner der Anwesenden wollte ihn aber kennen, ja erinnerte sich nicht einmal, ihm je begegnet zu sein. Vergebens blieb ich noch zwei Tage in der Nachbarschaft, der Täter war spurlos verschwunden, und nach Berechnungen von Leuten, die genau wußten, wieviel Schweine der Ermordete zum Verkauf mitgenommen und wie der Preis bei den Indianern stand, mußte er etwa tausend Dollar bei sich gehabt haben. Natürlich waren die nicht mehr vorhanden.«
»Ja, ja«, sagte Cook, »es sind hier auch ähnliche Sachen vorgefallen, fast noch schlimmer als Raubmord. – Nun, wir wollen hoffen, daß wir wenigstens den Kopf der Schlange treffen, die sich in dieser Gegend eingenistet hat. Die. über dem Arkansas drüben mögen sehen, wie sie mit ihrer Seite fertig werden. – Doch welchen Weg gedenkt Ihr einzuschlagen?«
»Ich weiß es selbst nicht genau; die Straße führt wohl an dieser Seite des Flusses hin?«
»An beiden Seiten, die jenseits möchte aber für Euch die geratenste sein, denn weiter oben, wo der Fluß sich gabelt, ist der Durchgang, besonders mit Wagen, sehr beschwerlich.«
»Auf welche Art komme ich denn da am besten hinüber? Wie weit ist's noch bis zum nächsten Haus?«
»Nun, das nächste Haus ist Wilsons«, sagte Cook, »das, zweite, etwa anderthalb Meilen weiter, Atkins'. Am ersten könnt Ihr aber schon übersetzen; es gibt dort ein recht gutes Fährboot und einen breiten, bequemen Weg zum Fluß hinunter.«
»Ist des Fährmanns Name Wilson?«
»Nein, der wohnt nur dort; der Fährmann heißt Curneales.«
»Gut denn, ich dank' Euch für den Rat und werd' ihn befolgen; kommt Ihr aber einmal in meine Nähe, so fragt nur nach dem alten Stevenson und sucht mich auf. Ihr sollt mir herzlich willkommen sein!«
»Danke, danke!« sagte Cook, der indessen aufgestanden war und sein Pferd wieder gesattelt und gezäumt hatte, »jetzt wird's übrigens Zeit, daß ich ausgreife, sonst komme ich zu spät, ich habe noch verschiedene Meilen zu machen. Also behüt Euch Gott!«
Mit herzlichem Gruß und Händedruck nahm der junge Farmer dann von jedem einzelnen der Familie Abschied und trabte bald darauf singend und mit seinem Pony sich unterhaltend dem Ziele zu.
Nach scharfem, etwa einstündigem Ritt erreichte er Atkins' Haus, wo er zu seinem Erstaunen Brown noch vorfand. Den hatte er schon lange an Ort und Stelle, oder doch wenigstens auf dem Wege dahin vermutet und fand ihn jetzt noch hier ganz ruhig neben den gesattelten Pferden stehen. Brown unterhielt sich übrigens sehr angelegentlich mit dem am vorigen Abend angekommenen Fremden, den ihm der eben eingetroffene Rowson gerade als einen alten Freund vorgestellt hatte.
»Hallo, Cook!« rief Brown, »das ist herrlich, daß Ihr kommt; jetzt können wir zusammen reiten.«
»Guten Morgen – guten Morgen!« lautete der Gegengruß, »aber ich glaubte Euch schon lange unterwegs.«
»Das ist meine Schuld«, sagte Atkins, Cook die Hand hinreichend, »oder eigentlich die Schuld meiner Frau, die heute morgen unverzeihlich lange mit dem Frühstück trödelte. Das kranke Kind mag sie aber wohl verhindert haben...«
»Ich wäre schon lange fortgeritten«, sagte Brown, »aber Mr. Atkins...«
»Doch nicht, ohne einen Bissen genossen zu haben?« unterbrach ihn dieser, »das hätte ich nie zugegeben, nein. Sie kommen überdies noch zeitig genug und haben jetzt dadurch neue Gesellschaft gewonnen.«
»Es ist auch noch nichts versäumt«, meinte Brown, dem Freund Cook, der neben ihm gehalten hatte, ebenfalls die Hand schüttelnd; »aber, Mr. Rowson«, wandte er sich dann zu diesem, der sein Pferd eben dem Mulatten übergeben hatte, »wollen Sie denn nicht mit uns kommen? Ich glaubte, als ich Sie sah, daß das der Zweck Ihres Hierseins gewesen sei.«
»Ich würde sehr gern dieser Versammlung beigewohnt haben«, erwiderte der Prediger, »hielten mich nicht gerade heute wichtige Geschäfte davon ab. Ich feiere morgen die Verbindung mit meiner Braut, und da werden die Herren wohl einsehen, daß es unter solchen Umständen unaufschiebbare Besorgungen geben kann.«
»Allerdings«, erwiderte Brown leise, »und dieser Herr hier ist, wie Sie sagten, ebenfalls Regulator? Er äußerte davon gestern abend keine Silbe.«
»Sie werden das sehr begreiflich finden«, erklärte Mr. Jones lächelnd, »wenn Sie bedenken, daß ich mich unter Fremden befand.«
»Allerdings eine höchst lobenswerte Vorsicht. – Sie wollten nach Fort Gibson, nicht wahr?«
»Das war meine Absicht und ist es jetzt noch. Da ich aber hier ganz zufällig und unerwartet einen alten Bekannten in Mr. Rowson gefunden habe, gedenke ich ein paar Tage in der Nachbarschaft zu verweilen. Es würde mir dabei sehr angenehm sein, wenn ich der heutigen Versammlung der Regulatoren beiwohnen könnte; vielleicht ist es möglich, diese mit unseren Verbindungen im Norden zu vereinigen, und mit einem gemeinsamen Ziel wäre es dann weit eher möglich, das zu erreichen, was beide Parteien jetzt einzeln nur so viel schwerer erlangen können.«
»Allerdings haben Sie da recht«, erwiderte Brown, ihn fest ansehend, »und Sie wünschen also durch mich den Regulatoren vorgestellt zu werden?«
»Dies ist mein Wunsch, und Sie würden mich sehr verpflichten...«
»Ich selbst würde Ihnen im Namen meines Freundes sehr dankbar sein«, unterbrach ihn Rowson, »und wenn er dann auch, meiner jetzigen neuen Haushaltung wegen, nicht gleich bei mir ein Unterkommen finden könnte, so ist Mr. Atkins vielleicht so gütig, ihn noch einmal in der nächsten Nacht zu beherbergen. Später treffen wir dann schon ein Abkommen miteinander.«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Mr. Rowson«, sagte Brown lächelnd, »ich zweifle nicht daran, daß sich Mr. Jones einige Zeit hier bei uns aufhalten wird. Ob ihm der Fourche la fave gefällt, ist eine zweite Frage.«
»Ich bin leicht zufriedenzustellen«, entgegnete Jones dem jungen Mann sehr freundlich; »doch, möchten wir nicht lieber aufbrechen? Es wird spät.«
»Mr. Jones' Pferd!« rief Atkins dem Mulatten zu, der in der Tür stand und zu den Männern herüberstarrte.
»Hört, Brown, dessen Gesicht gefällt mir gar nicht«, flüsterte Cook dem Freund zu, während er sich zu ihm hinunterbog.
»Wenn wir zu Bowitts kommen, muß ich ein paar Worte mit Euch allein sprechen«, flüsterte dieser zurück.
»Ist etwas...?«
»Pst – nur ruhig – es hat Zeit, bis wir oben sind.«
Jones war indessen ebenfalls aufgestiegen, und Brown schwang sich gerade in den Sattel, als der Mulatte noch zwei andere Pferde, und zwar eins mit einem Damensattel belegt, herausführte.
»Gott segne mich!« rief Cook, »noch ein Frauensattel, ich zählte eben ganz erstaunt die da drin im Zwischenhause aufgehangenen – sieben Stück, und das hier ist der achte. Was habt Ihr denn vor?«
»Es ist Besuch bei meiner Frau«, sagte Atkins, »Krankenbesuch, des Kindes wegen. Der hier aber gehört Ellen, sie soll zu Roberts hinüberreiten.«
In dem Augenblick öffnete sich die Tür, und Ellen kam mit Sonnenhut und Tuch aus dem Haus. Sie trug ein kleines Bündel in der Hand, das der Mulatte ihr draußen abnahm, und als sie das von dem tiefen Bonnet beschattete Gesicht Brown zuwandte, konnte dieser die rotgeweinten Augen erkennen. Schnell drehte sie sich jedoch um, stieg mit Hilfe eines dort stehenden und zu diesem Zweck glatt abgehauenen Baumstumpfes in den Sattel und galoppierte gleich darauf, von dem Farbigen gefolgt, die Straße hinab.
»Was fehlt dem Mädchen?« fragte Brown teilnehmend den Hausherrn, der ihr kopfschüttelnd nachschaute, »mir kam es vor, als ob sie verweinte Augen hätte.«
»Ih – Unsinn«, erwiderte der, »sie wollte nicht von dem kranken Kind fort, sie sagte, sie würde es nicht wiedersehen, und da hatte meine Frau wohl einen kleinen Tanz mit ihr – die Alte brummt manchmal, meint es aber nicht so bös. Das hat sich das dumme Ding wohl zu Herzen genommen. Nun, sie wird schon vernünftig werden, wenn sie einmal einen ordentlichen Mann bekommt.«
»Brown – zum Donnerwetter, laßt das Trödeln. Die Zeit vergeht!« rief Cook ungeduldig.
»Ja, ja«, erwiderte dieser, »ich muß nur noch ein paar Worte mit Mr. Rowson sprechen; eine Frage...«
»Der ist ins Haus gegangen, das kann morgen oder heut abend geschehen; es wird Mittag sein, ehe wir's uns versehen, und die Leute oben erwarten uns sicherlich schon seit vier Stunden.«
»Gut denn, auf Wiedersehen!« sagte der junge Mann, winkte dem Zurückbleibenden noch einmal zu und trabte dann, von den anderen gefolgt, schnell auf dem in den Wald führenden Pfad hin.