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XXI

Die Maske
(Bildsäule im Geschmack der Renaissance)

Dem Bildhauer Ernst Christophe

Sieh diesen schatz mit florentiner reizen:
Die wiegung und des körpers muskelkraft
Wo nicht die beiden himmelsschwestern geizen:
Feinheit und stärke! welche meisterschaft!
So göttlich fest so zierlich zum berücken –
Das weib gemacht für sammt und edelstein
Um päbste oder prinzen zu beglücken.

Sieh dieses lächeln wollustvoll und fein
Wo sich verzückt die selbstverehrung weidet!
Der lange blick begehrlich hart und klug ·
Das zärtliche gesicht mit gaz umkleidet
Sagt uns mit siegerstolz in jedem zug:
»Mich ruft die Wollust und mich krönt die Liebe«
Sieh wie dem weib zur fürstin ausersehn
Auch noch verführerischer liebreiz bliebe –
Komm lass uns um die grosse Schönheit drehn!
O lästerung der kunst! verwünschte blende!
Ist nicht der götterleib der glück verheisst
Ein doppelköpfig ungetüm am ende?

Nein – es ist maske nur und zier die gleisst:
Erlesnes mienenspiel in seltnem lichte.
Sieh her! hier ist in wildem krampf gereckt
Der echte kopf mit wahrem angesichte
Vom lügenhaften angesicht verdeckt!
Du arme grosse schönheit! deiner zähren
Erhabner strom ins schwere herz mir dringt ·
Dein lug berauscht mich und ich will mich nähren
Am leidensquell der deinem aug entspringt.

Doch warum weint sie? so vollkommne schöne
Dass jeder mensch zu ihren füssen bebt –
Was macht dass ihre riesenbrust erstöhne?

Sie weint · sinnloser! denn sie hat gelebt
Und sie lebt noch! doch ihre grössten sorgen
Empfängt sie und die kniee zittern ihr
Weil morgen sie noch leben muss! ach morgen
Und übermorgen · immer! – so wie wir.


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