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ach dem Bielersee hin streicht, über Ins in vier Ansätzen zum geschlossenen Forste gesammelt, der Schalte nräin in sanft geschwungener Linie, um zwischen Lüscherz und Hagneck ( Haagni, Haagnit) sich steiler abzudachen. Neben diesem beiläufig an͜derthalb Stun͜d langen, schönen Wald und dem prächtigen Forst des Tschụlimung, der Fa̦a̦fere n (s. u.), dem Bụdlig (Lü., Vi.; man sagt das Bụdlig oder der Bụdleiwald), dem Tschu̦ggit (Vi. s. u.) gibt es im modern Erlachischen eine Anzahl eigens so geheißener Wäld: den Geich- (Ins), Chloster- (Erl.), Gü̦ü̦rle n- (Ga.), Schmi̦ds- (Ga., s. u.), Waarts- (Ga., Tsch.), Ru̦nti- (Ga.), Heeg- (Br. Fh. Tr. Hagneck), Gramme rt- (Lü.), Chasper- (Lü.), Schụfelberger- (Lü.), Ha̦a̦l de n- (Lü.), Bodele n- (Tr.), Wị̆dstüdeli-, Tschanzwald (Lü., S. 240); das Inselwäldli (Erl.1849).
Zu den «Wälden» (1669) kommen eine Reihe Holz: hin͜der dem Holz, Holz-matt und -acher, Großholz (Lü., Vi.), Ni̦der- (Gals) und Oberholz (Tr.); das Eich- (Vi.), Buech- (Tr.), Däälholz (Br.); das Pfaffe n- (1718) und Johannserholz (1718 für Klosterwald), das Pfruentholz (die Bodele n); das Rịịffli-, Land-, Baan-, Rundiholz (1718), Tschäppisholz (Fh. 1827); das Hölzli und der Hölzliacher, das Erlen - und Else n-, Faarnere n, Aspel- (Lü.), Dorn- (Lü.), Burgmatthölzli (Hagneck), das Acher- und Ägerte nhölzli das Ịịslere n- (Ga.), Gals- (1800) oder 236 Niderhölzli (1727), Fols- (Lü.) und Kobishölzli (Lü), Hanslishölzli (des Johannes Probst in Ins) oder einfach das Hölzli bei der Mụụrstụụde n. Hier hüteten die Holzmüeterli ( S. 56) 1 das Holzbrüneli.
Verdunkelte Namen sind Röschelz oder Reusche̥lz (s̆s̆, «Runsholz», S. 27) und zwei Leuschelz (1668: bim Löüschelz wider Erlach). Aus dem Keltischen (gallisch jōram, verkürzt zu jor) 2 kam uns über latinisiertes juria (französisch Jour, Joeur, Jeux, Joux), jurina (Gérine) 3 und juricina (Joraissens) 4 der Name Jura für Wald und Waldgebirge (vgl. «Schwarzwald»), sowie der des Jurawindes Jorat, Joran ( S. 64). Auch bois (Holz) kam ins Erlachische als das Bụ̆́de̥die̥ ( bois de Dieu), wie umgekehrt «Wald» als alemannisches Waḷd, Wạud einerseits zu «Waadt», anderseits zu Vaud geworden ist. 5
Umgekehrt kam aus forestis, forest neben fôret unser Forst, als stolzer Eigenname dem prächtigen Wald zwischen Laupen und Riedbach zugeteilt. Forster hießen zum Spott die 1339 nach diesem Wald geflüchteten Berner. Dagegen stammt der (bereits im 14. Jahrhundert vorkommende) Erlacher Geschlechtsname Forster aus dem Beamtentitel, welcher allerdings 1802 und 1806 Forstner lautete. Es gab 1806 zwei bernische «Oberforstnere». Heute steht unter dem eidgenössischen Oberforstinspäkter Dr. Coaz, geb. am 13. Mai 1821 und heute noch in voller Rüstigkeit amtlich tätig, der bernische Forstmäister Balsiger; die Waldungen der Ämter Neuenstadt, Erlach und Nidau verwaltet Kräisoberförster Schnyder als Nachfolger des im Entsumpfungswerk mit tätig gewesenen Oberst Müller zu Nidau († 1885). Als Oberbannwart von Ins funktionierte s. Z. mehr als fünfzig Jahre lang Jakob Küenzi von Erlach, und nach ihm bis zu seinem Tode (1911) der verdienstvolle Gemeindevater Kirchhofer. Sein Nachfolger ist der Staatsbannwart Samuel Anker. Dreißig Jahre steht im Dienst der Gemeinde Ins als Holzbann wḁ rcht (im Gegensatze zum Reeb- 6 237 und zum alten Moosbannḁcht, S. 163) der Inser Paul Feißli (Fäisli), 7 der Nachfolger des Jakob Feißli (1811). Als Kollege steht neben ihm Johannes Anker.
Neben dem Staatswald gibt es im Erlachischen starke Gemeindswaldungen. Treiten und Möntschemier bestreiten aus ihnen und dem Moos ihre Auslagen, so daß außer der durch G’mäinweerch abverdienbaren Wegtelle von 2‰ keine Gemeindesteuern zu entrichten sind. Die Einwohnergemeinde Eiß, mit welcher sich unlängst die Burgergemeinde verschmolzen hat, zieht aus ihren 650 Jụụchḁrten an äi’m Stück und 50 Jụụcherten Unịị ngrächnets, weil Verlụ̈ffnigs (isolierte Parzellen) jährlich an die 40,000 Franken. Sein dem raschen Wuchs sehr günstiger Boden gestattet einen Umtrieb von 70 bis 75 Jahren. ( So glịi ch cha nn mḁ n hin͜der fü̦ü̦r.) Aber die groo̥ße n Jahr (Jahrringe) machen das Holz mehr zum verbrönne n als zum bạue n geeignet. Auch Sịịsele n besitzt 250 Jucharten Wald, und der Viertelwald von Feisterhenne n ist ebenfalls eine schöne Einnahmsquelle dieser um 1742 als sehr holzarm dargestellten Gemeinde; ebenso der Burgerwald oder (1398) das Fronholz zu Erlach 238 (1718: der Burgeren Erlachholz). Der Einungswald der Gemeinden Brüttelen und Gäserz gestattete dieser vereinigten Waldg’mäin den Bau der Hagneck-Ins-Straße, sowie die Errichtung und den Unterhalt ihres neuen Schulhauses von 1911. Dagegen erklärte am 4. März 1800 die bernische Verwaltungskammer das Galshölzli (Ni̦derholz) als Nationaleigentum, das die Galser nicht mehr (wie seit 1753 8 ) ausbeuten dürfen; sonst werde damit auch der Chlosterwald zu sehr beschwert. 9
Privatwald gibt es nur wenig. Der Spital Pourtalès besitzt solchen zu Ri̦mme̥rz hinter Gampelen. Zum Ersatz gab es früher verschiedene Übergriffsrechte in fremde Waldgebiete. So durfte der Kastlan des Schlosses beir Zihlbrügg alle Tage eine Bürde Holz aus dem Galser Niderwald holen lassen, statt dessen später jährlich ein Klafter. 10 Der Pfarrer zu Gample n, der als solcher im Amt Erlach wohnte, aber zugleich das bis 1798 im Ämtchen St. Johannsen gelegene Gals behirtete, durfte sich von des letztern Landvogt zu seiner großen Bịịge n von altem Holz mehrere Fuder samt den Räspe n aus dem Chlosterwald verabfolgen lassen. Der Vogt Burkhard Nägeli aber verweigerte ihm am 13. März 1699 mehr als zwei Fuder. Er bat, «diesem» Wald zu verschonen. Das Eichige und Buchige Holtz sei darin so dünn, daß nicht einmal ein Thrülbaum ( Trüelbạum) im ganzen Holtz anzutreffen were. 11 Der Wald sei bald allentlich erödet, heißt es 1666. Um 1830 ward den Gemeindsangehörigen von Si̦i̦sele n verweigert, aus dem der Stadt Biel gehörenden Jorat Bauholz zu holen. 12 Die von Erlach empfingen am 13. Juli 1548 13 die Erlaubnis, sie mögen das tod holtz (1643: das todtne, tootnig Holz, d’Abdoorete n) ohne erlaubnus holzen, auch die allten stök, ab denen die stammtrom (Sägeschnitte) gehuwen seind, ung’fra̦gt (vgl. ung’ässe n, ohne gegessen zu haben) außgraben ( ụụshee̥rte n, dann aber die mit ausgehobene Erde auch wieder ịị nloche n), nemmen 14 und hinführen oder an Ort und Stelle vffmachen ( ụụfmache n) oder (1770 in Gals:) mache n (aufrüsten). Diese am 24. Januar 1640 15 vorgewiesene «alte Freiheit» umfaßte natürlich ung’säit alles ung’rächt (schlecht gewachsene), sowie d’s blessiert Zụ̈ụ̈g, z. B. das unheilbar g’schuntnig Fichtenholz, das beim schläike n (vorbei schleppen) eines gefällte n Baumes einen Schläik (schwere Rindenverletzung) abbekommen hat.
239 Waldverheerungen stiller Art durch den Pilze züchtenden Borkenkäfer der Fichte und stürmischer Art durch Winde wie die vom Winter 1911/12 ( S. 62) häi n’s richtig nid nöötig g’haa n, noch durch rücksichtsloses Ausüben des rechtmäßigen Hau (1450 houw, 16 Schlagrecht) oder gar durch unerlaubten «Hau läbendigen Holtzes» (1639) 17 unterstützt zu werden. Ein übriges tat zur Ruinierung der Wälder der schrankenlose Weidgang. So durfte z. B. der Besitzer des Jolimontgutes laut verbrieften Rechts den anstoßenden Klosterwald mit zwölf Stieren beweiden, und ein solcher Gutsherr, der zugleich Klosterschaffner und Leutnant war, schlug 1763 und 1780 den Rechtsabkauf sehr gereizt aus. 18 Nun suchte die Regierung solche Schädigungen abzuwehren durch angeordnete Abzäunung ( Zụ̈ụ̈ni) der Waldränder. Da freilich auch dies wieder auf Kosten des Waldes geschah, so sollte hierbei nicht steltzenswyß verfahren werden: man sollte nicht allne n Stälze n (langen und schmalen Grundstückanhängseln) na̦a̦ chfahre n, sondern dieselben mit einer Schnur greden ( greede n). 1780 ward aber auch alles Zu̦u̦nholz verweigert. Man solle Leebheeg pflanzen. Im nämlichen Jahr verordnete die Regierung Waldschluß von 1. Mai bis 1. November sogar für Geertel, Sichle n, Seege̥ze n u nd Räche n. 19 Unverschämte Frevler hatten eben sogar Holz im Saft (im Sạug) gefällt. Ein anderes war die am 10. Februar 1811 erklärte Bereitwilligkeit der erlachischen Gemeinden, trotz den dringenden Feld- und Rebarbeiten den vier Gerbermeistern des Amtsbezirks zu lieb möglichst viel Tannen- und Eichenholz erst im Saft zu fällen. 20
Auch diese Maßnahmen der bernischen Verwaltungskammer halfen freilich wenig. Ebenso das Verbot, überhaupt mit Achs u nd Sa̦a̦gen i n Wald z’gaa n (1713) und am Wald aa n z’baue n (1630). Schon 1669 war der Forst zwischen Mühleberg und Frauenkappelen ruiniert 21 ( S. 95). Am 30. Januar 1682 führten Amman Peter Laußelet und Weibel Peter Tüscher vierzig Eißer in das groß Holz, um ihnen die Kümmerlichkeit des Eichenwuchses zu zeigen. Die Männer verzichteten nun auf die Zuteilung je einer Eiche und erklärten, sich mit Buchenholz aus der Schantz ( S. 240) zu begnügen. Die Burger sollten je vier und di an͜dere n je zwei Fuder erhalten. 22
Gescheite Maßregeln positiver Art zur Erhaltung der öffentlichen Wälder ergriff der bernische Forstrat zunächst im Jahr 1727 durch die Waldteilung und durch eingreifende Schutzvorschriften, welche in den 240 Jahren 1780 und 1820 erneuert wurden. Er verlangte «Säyung Buch’s und Eichlen» und Anpflanzung von raschwüchsigem ( wachsigem) Holz. Er errichtete 1811 im Brüttele nmoos drei Tu̦u̦rbe nhütten 23 und beabsichtigte, das Torfmoos beim Fäälbaum anzukaufen. Er ordnete den Bau von G’mäinsööfe n (Gemeinde-, Back- und Ofenhäusern) an, zu welchen die Fäälbäum ( S. 115) die nötige Feuerung bieten sollten. Kahlschläge mußten durch neus aa nsetze n kompensiert und für jede gefällte Äiche n sollten sechs junge g’setzt werden; die jungen Pflanzungen waren durch Wall und Graben: Tschanze n vor dem Weidevieh zu schützen. So gibt es zu Lüscherz noch einen Tschanzwald. (Anders: nach der darüberliegenden Terrasse um eine Linde, sind die Schänzlireeben in Ins zu deuten.) Das Aufwerfen von Schanzen hieß «Eingrabung». So wurden 1807, 1817 und 1818 die der Landschaft Ins gehörenden Waldstücke Wolfe nhaag und «Friedli-»- oder Frieslistụụde n (s. u.) «eingegrabt» ( ịị nggraabet). Der um den Wolfenhaag gezogene Graben mußte freilich, weil Vinelzer Boden schädigend, 1822 wieder ụụfg’füllt werden. 24
Für ihren Waldbestand wehrte sich in ihrem Gemeindsreglement von 1816 die Gemeinde Tschugg mittelst der charakteristischen Vorschrift: Falls zwei Haushaltungen zusammen nur eine Stube bewohnen und nur mit einem Ofen sich behelfen, so soll ihnen bei der Holzverzeigung im Herbst und im Frühling nur ein Anteil zukommmen.
Sonst war, gerade wegen der schrankenlosen Selbstherrlichkeit von Gemeinden wie denen des Inser Landgerichts, der alte Waldschutz lützel gnue g. 241 Er wurde z. B. zu Kallnach 25 und gewiß auch anderwärts etwa ausgeübt durch die ehemaligen Vier der Holzkumission, welche häufiger im Wirtshaus als im Wald zu treffen waren. Je nach der vorsprechenden Person und nach der Zahl der g’spienzlete n Silberlinge streckte sich die zu einem Säustall oder sonstigen Bau aa ng’schlagni Äich in die Länge und Breite, und auch die Hi̦cke (Kerben), welche die Nutzungsberechtigungen graphisch darstellten, fielen «je nachdem» aus. Erst der unvergeßliche Oberförster Schluep in Nidau, dann in Aarberg machte durch scharfe Aufsicht, aber auch durch freundlichen Unterricht über Waldpflege dem Schlippschlapp ein Ende.
Daß bei der alten Ordnung der Holzfrevel blühte, verstäit sich ung’säit. Der einmal Erwü̦tscht wurde dann freilich ohne weiteres als Verbrecher 26 behandelt. So z. B. 1650, Um Frevel nachzuweisen, waren Stamm und Stock der zu fällenden Bäume mit der Achs aa nz’zäichne n.
Heute bringt der Staat seinen reichen Waldbesitz zur Geltung, indem er zweitägige Holzstäigerige n in Erlach ausschreibt, wie z. B. im Tschanz. So hält auch jede der Gemeinden ihre Steigerungen 242 ab: Erlach im Burgereerle nwald, im Burgerwald ob Schu̦gg, im Seeräin; Ins i n der Niedere n, i n der Muelere n; Gampelen uf der Gü̦ü̦rle n, in der Schalle nbärg-Holzmatte n, in Ferstellen usw.
Durchforstungsholz lassen die Bannwarte durch aa ng’stellti Holzer (Biels Waldlụ̈t, eine der acht Zünfte) fällen. Sie erhalten für den (winterlichen) Arbeitstag von 8 bis 5 Uhr mit halbstündiger Mittagspause 3½ Franken nebst einem Hụ̆ffe n Abfallholz. (Noch vor siebzig Jahren verdienten die Holzer, welche solche Arbeit im Verding ausführten, im Daag chụụm es Halbfränkli.) Stehend dagegen wird das schlagreife Holz in Ausruf gebracht: Bau- und Sa̦a̦gholz, Latte ntannli, Stange n, G’rüst- und Bạumstäcke ntannli, Schwel liäiche n usw. Gemeinden wie Ins schreiben Holz beim Graafe nbrünne n, i n der Lache n usw. auch zum Verkaufe aus.
Daneben kommt es seit alter Zeit zu Holzverteilungen durch looße n, verlooße n; es fallen (in Lg.) 27 Grotze nlööser an die Grotze nlöösler. Je nach Kopfzahl der Familien gibt es (in Ins) Loos erster bis dritter Klasse: Äiner, Zwäüer, Dreier.
Bringt man das bäumig Abfallholz der Hofstätten und das den Seeanwohnern vom Westwind zugetriebene Flooßholz 28 obendrein in Anschlag, so ermißt man leicht den Vorteil, e̥käi ns Trömmli Holz, nid e̥ma̦a̦l es Gri̦tzeli (Zweiglein: Kerzers) brụụche n z’chạuffe n. Das wott öppis seege n, wenn man die heutigen Holzpreise ( meh weder sächz’g Franke n für n es Chla̦a̦fter Buechigs im Wald aa ng’noo̥ n) mit dem Mü̦tt Haber und Mü̦tt Chorn vergleicht, welche 1484 «sechs Fuder Brönnholtzes» aufwogen.
E n guete r Chạuf sind jederzeit die Staatsweede̥lle n, welche als brav Chneebelweede̥lle n 1 m in Länge und Umfang messen. Dann darf aber allerdings nicht die Verordnung von 1780 gelten: Alle Äste einer Kunkel dick ( e̥re n Chauchle’s dick) sollen eingeklaftert und nur das Kleinere zu Wedelen gemacht werden. 29 Kein obligatorisches Määs haben die Bụụre nweede̥lle n, in welchen Rest 30 und Nestli (Äste und Ästchen) vo n allne n Dickine n bis zu den Häxe nbeese n sich zusammenfinden. So heißen gleicherweise die besenartigen Zweigwucherungen wie auch die «heiligen Misteln vom Eichbaum», welche die Druiden je am sechsten Tage nach Neumond schnitten, und die in England noch heute Nachklänge ihrer alten Bedeutung 243 feiern. Der Stamme n 31 dagegen, von welchem das Toll der entfernt worden, gibt Lasthebel wie z. B. den kranenähnlichen Stụ̆per ab, wenn er nicht zum sa̦a̦ge n uf d’Sa̦a̦gi chunnt, um hier zu Laade n (Brettern) zerschnitten zu werden. Als Brennholz aber wird er im Walde zu Spälte n und Trääme̥lli verarbeitet.
Laut einer Galser Vogtsrechnung von 1772 wurde für die Vögtlingsfrau gemacht: 181 Wedelen, 2 Fuder Bränd und 1 Fuder Stöck.
Die Verarbeitung des Brennholzes gibt wie überall einen Großteil bäuerlicher Winterbeschäftigung ab, deren Anstrengung sich in der Sprache mehrfach abprägt. So die des G’räsp: Wer schnarcht, ist ein Räspe nzieijer. Zur Strafe für ein unbekanntes Vergehen muß «der Mann im Monde» Räspe n ha̦cke n, wobei ungeschicktes Aufschlagen des Geertelhefti oder des Bielshalm sich mit schmerzhaftem Zurückprallen im Arm: mit schnäppere n fühlbar macht. An das sa̦a̦ge n des Handharmonikaspielers erinnern hinwieder die bekanntlich so gesunden Armbewegungen für die Sa̦a̦ge n (Handsäge), deren Blatt mittelst des Angel schlaffer oder straffer gespannt und mittelst des Säünabel (Eberziemer) vor Heißlaufen geschützt wird. Von Ästen durchwachsene Stellen: Chnöpf werden soweit möglich dem Beil überantwortet. Wer sie nicht kundig zu bemeistern versteht, pi̦tschgeret dranne n und «zablet wie ein Holzbetschger», 32 statt auf dem Schịpploch (Scheitblock) munter fort z’schịịde n (1670: Holz zu scheiden) oder z’schịtte n, bis der ganze Vorrat g’schị̆de n, verschịttet, verschịtteret isch.
1
Vgl. das Steufmüeterli im Band «Twann».
2
Gauchat im
Bull. 3, 15.
3
Jacc. 185. 198, 205-7. 215-8. 533-6.
4
Stud. 136.
5
Wirklich hieß der Kern des heutigen Kantons von 516 bis ins 10. Jhd. häufig
pagus Waldensis, 839 und 1025
comitatus Waldensis, sehr oft auch
Patria Waudi, 1260
in Vaudo, im 15. und 16. Jhd. öfters
Waud und
Waudt neben
Vaulx. (
Jacc. 491 nach
F. de Gingins; Lüthi im Pi. 1909, 3.) Der Name «Waldgrafschaft» erinnert hinwieder an den Titel der «Waldgrafen» oder
gruarii (Du Cange), deren Wohnsitz als
Grueria (1285),
Gryeria (1231),
Gruiers (1298),
Gruyère bezeichnet wurde. Solche Hüter des «Grün» (Wurzelform
grô) gab es u.a. zu Grüningen, Prangins, Ollon, Yvonand und zu Everdes (
ès Verdes) im Greyerzerland, dem bekanntesten Namensträger. (
Brid. 193;
Jacc. 204;
Mémoires et Documents 9, 48; Kopp, Gesch. d. eidg. Bünde 1, 55; Hisely,
Introd. à l’hist. du comté de Gruyère.)
6
S. «Twann».
7
Ihm, sowie seinem Gehilfen Gaschen, verdanken wir viele wertvolle Auskunft.
8
SJB. C 103 f.;
RM. 8. Okt. (141).
9
Probst 66.
10
Stauff. 74.
11
EB. A 477.
12
Stauff. 74.
13
Schlaffb. 1, 104.
14
Dies
neh
men im genaueren Sinn von «sich zuteilen», sich aneignen (
némesthai)
15
EB. A 56 f.
16
Schlaffb. 1, 7-10.
17
Ebd. 139.
18
SJB. D 20. 90. 94 f.
19
Ebd. 97.
20
LBI. 104.
21
Lüthi G.
22
Räbg. 161.
23
LBI. 105.
24
Laut einer längern Einsendung «Seeland» vom Januar 1913.
25
Ebd. 80. 124. 128.
26
Urb. Mü. 51. So kam ahd.
fravalî (Kühnheit, Verwegenheit, Frechheit:
Kluge 150) in der freiburgischen Entlehnung
fravalla zu den Bedeutungen: Veruntreuung, Betrug, Waldfrevel; daneben
frevalua: mit Buße belegter Frevel. Dazu stimmt die Bezeichnung des obrigkeitlichen Bannholzes als «
bon à ban». Vgl. Wißler, schwz. Volksfranzösisch 100.
27
Lg. 127.
28
Favre 144.
29
SJB. D 97.
30
Vgl. «von fryen esten» (von freien Stücken):
NMan. Papst 1801.
31
Altinserisch.
32
Niklaus Manuel.
Z’erst reegnet’s geege n Beern zue, u nd de nn dem Jura na̦a̦ ch; u nd we nn si de nn dört gnue g häi n, so überchöo̥me n mier de nn en’tligen oo ch! So redeten vor der Entsumpfung die Anwohner und Bewohner des Großen Mooses, wenn große Trockenheit das andere Extrem zu den traurigen Überschwemmungen bildete. Un d ḁ lsó isch’s gsi̦i̦ n. Es fehlte eben der große und einzig zuverlässige Regulator der Wärme und der Feuchtigkeit, der mächtige Magnet auch, der d’Wulchen aa nzieht, und der Schatzmeister, welcher in ausgiebiger Reserve mit dem köstlichen Naß des Himmels hụụset: der Wald. Solchen nun pflanzte ( S. 193) der bernische Staat auf den Hunderten von Jucharten, die er den stark bedrängten, Moos besitzenden Gemeinden abkaufte. Er bewaldete das Nordufer des Neuenburgersees, den Schwarzgrabe n südlich von Ins, 244 legte den Wald westlich von Müntschemier an, den Treite nwald und das Aspihölzli. Die Längsrichtung von Nord nach Süd bewirkte das Brechen von Luft und Bịịse n ( S. 62 f.).
Und zwar pflanzte man g’mischlete n Wald: Fichte, Kiefer, Weymuthskiefer, Erlen, Birken.
Vorwitzige Zweifler häi n d’s Chrụ̈tzerpfị̆ffli g’stellt u nd der Lätsch (die gerundete Unterlippe) fü̦rḁg’streckt u nd g’spöttlet: das gi bt üser Leebstag nụ̈ụ̈t us däm Mooswald! Allein die Nadelhölzer machen Jahrestriebe ( Schü̦tz) von 60-80 cm, und die wie bei Wettertannen in zähem Grün strotzenden untersten Äste gaben auf forstamtliche Weisung hin vielen vermögenslosen Familien reichlich Holz. 1
Den Vorrang räumte man der Fichte ein: der Ro̥ottanne n, welche aber mit ihrem strotzenden Dunkelgrün großen Waldbeständen und von ihr beherrschten Landschaften die Namen Schwarzwald, Bon neir, 2 nigra juria 3 ( S. 236), Schwarzenberg, Niremont, 4 Schwarztal, Neirvaux 5 u. dgl. eingetragen hat. Nach ihr ist auch der Tanne nhof benannt. Da aber der einseitige Fichtenbestand mit seinem Bedarf von 245 Sonne und Luft, sowie mit seiner oberflächlichen Bewurzelung bloß für das Hochgebirge taugt, ist auch im Seeland Roo̥t- und Wị̆ßtanne n dür chmischlet. Die Edeltanne vermittelt ihrerseits der Fichte Nahrung aus der Tiefe und empfängt dafür in ihrer dichten Nähe Schutz gegen Frost. Sie ist nämlich gegen solchen sehr empfindlich: d’Wị̆ßtannen ist wi n e n Boo̥hne n. Einmal erstarkt aber — sie ersetzt verlorene Wipfeltriebe wiederholt aus eigener Kraft — bildet sie zumal im Jura die prächtigen, kandelaberförmigen Wettertannen und gedeiht auch im Dickicht zu dem stattlichen «Weißbaum», 6 der als «Wisboum» neben dem «spriß» 7 den Balken und den Splitter des bekannten Gleichnisses ersetzen konnte. An die Kiefer (aus «Kienföhre», wie denn d’s Dehligen e n Rueß aa nsetzt) erinnern das Dählhölzli (Br.; 1727: die kleinen Thälen) und das Dähle nholz (Br.), der Dählisandhubel, die Äcker By den Tählen (1728), un͜der und hin͜der der Dehle n. Nach der Leerchche n: der larix, larze, larse, l’arse, 8 scheint das Lárịtsch (Tsch.) benannt zu sein.
Von den fast unzähligen Orten, die nach der fagus (Buche) benannt sind, 9 sei einzig das benachbarte Faoug = Pfauen erwähnt. Aus dem deutschen Buoch (961) erwuchs Buchillon = Büchslen, 10 bei Murten und 246 am Genfersee. Genannt sei auch die Kreuzbuche, welche 1282 als Grenze der ersten Besitzungen des ehemaligen Klosters Tedligen ( Dettligen) erscheint. 11 Es wird sich, wie bei den Buechachchere n, um die Hage nbueche n handeln, welche als die hertisti die Wị̆ß- und die Schwarzbueche n überdauert. Kennt doch auch der Inser den «Kernspruch»:
Wen
n äine
r tannig Hoose
n het
U
nd
haage
nbuechig Strümpf,
So chan
n er tanze
n, wi n er will,
Es gi
bt ihm käiner Rümpf.
Ein langgezogener Wall südöstlich vom Dorf Treiten nennt sich das Buechholz. An ihm liegen der Buechholzrein, die Buechholzachere n, -bụ̈ụ̈ne n, -reebe n. Die Waldbuchen liefern seit alters eine geschätzte Frucht, die auch noch heute gesammelt wird: mi gäit ga̦ n Buech sueche n oder ga̦ n Buechnüßli ụụfleese n. Aus ihnen wurde sonst das kostbarste aller Speiseöle gepreßt. Nichts ging ehemals einem Inserkind über ’ne n Bitz Broo̥t, wo n es i n Buechöl ’tunkt het. — Noch sei das Tschugger Geschlecht der Bucher (1769) erwähnt.
Für das ehemals so belangreiche Acherum 12 als Schweinemast kamen dagegen nicht die Bücheln, sondern bloß die Eicheln ( Äichle n) in Frage. 13 In diesem Sinne war «ein gut achrum» (wie 1603) ein geschätztes Herbstgeschenk. Die Eichelmast in der Herrschaft Erlach vom Jahr 1396 wurde von Savoyen um 80 Mütt Haber (im heutigen Wert von 1200 Franken) versteigert. 14 Die «Besichtigung des Acherumb (1598) oder des Akerumbs» (1667) war darum eine wichtige amtliche Angelegenheit. Im Stadtbezirk Erlach mußte solche durch Ausgeschossene der Landschaft Ins geschehen, und umgekehrt. 15 Ja, 1578 sollten je zwei von Erlach und von Ins mitwirken. Die daraus erwachsenen Zehrungskosten sollen hinfür in den gemeinen Costen (man sagt der Choste n) gahn. 16 Das Acherumgeld (1768, Gals) floß in die obrigkeitliche Forstkasse. Der Schultheiß von Bern bekam obendrein ein Fehrli und einen Merzling (junges Schwein), was später in Geld umgewandelt und 247 1844 losgekauft wurde. 17 Mit 40 Kronen wurden auch die bernischen Bauherren für das ihnen sonst zukommende Meyenholz und Acherum entschädigt. 18
Im Jahr 1479 haben die Besitzer des Hooffes (und heutigen Gemeindchens) Gäse̥rtz Etlich Freyheit, Ir Kleinguth in das Acherumb zu treiben, erlangt. Nun aber maßen diese Hoofpauren sich an, das Acherumb vnd Eychlen zunechst umb vnd Bey ihrem Hoof hin ab den Eychlen (Eichen) zu schlagen, auszulesen und heimzutragen, während doch das Acherumb von den Herrn vnd Obern in Bern zu Empfahen ( z’ e mpfa̦a̦ n, i n Leeche n z’ neh men), zu erkauffen vnd zu verEhrschetzen ist. Die übrige Landschaft verbittet sich dies unterm 26. Januar 1598, und der Berner Rat entscheidet: 19 Nur selbst erzogene Schweine von Gäserz dürfen in das Acherum getrieben werden, und zwar erst, nachdem die Pacht in Bern erworben ist. Auch wird die Zahl der Schweine auf fünfzig beschränkt; für die Überzahl ist das Acherumgeld zu entrichten. Die Eicheln dürfen nur da abg’schlaage n und ụụfg’leese n werden, wo die Gäserzer auf ihrem Hof zu Herbst gesäyet haben. Auch dürfen die Hoofpuren keine schädlichen (der Landbestellung hinderlichen) Eychen wegschaffen ohne Erlaubnis; dies um so weniger, da der Hoof nit außgemarchet ist. Die obrigkeitliche Buße wird für diesmal erlassen. Der Stadt Erlach und der Landschaft Ins sollen die Gäserzer ein Pfund zahlen, und außerdem haben sie zwei Drittel des Spruchgeldes zu entrichten. Unbehelligt durften dagegen vormals die Walperswiler im Siselenberg das Acherum lesen.
Solche Wichtigkeit konnte das Acherum nur bei dem außerordentlich reichen Bestand an Eichen (z. B. noch 5⅛ Jucharten im Jahr 1809) erlangen, die man auch zu mächtigem Umfang gedeihen ließ. Davon zeugen Schwellen und Stü̦ü̦d alter Häuser, aus denen man schon vor sechszig Jahren vier bis acht gemacht hätte. 20 . Ein reeller Zeuge aus solcher Zeit ist noch der prächtige Eichwald auf der Bielerinsel; einigermaßen auch das Mu̦ttli bei Treiten, das freilich seine schönsten, kaum zu umklafternden Eichen dem Eisenbahnbau der «Direkten» opferte. Andere Bäume gaben um 1830 Lagerfässer. Sonst reden nur noch Eigennamen von dem «Heiligenbaum»: die Kapelle zu Siebeneichen (s. «Twann»); die Äichachere n, der Eichliacher (Fh.), die vormals mit Haageichen eingeschlagene Eichmatte n, vielleicht das Gg’äich (1568: Geyach) zu Ins (nicht aber das Geych (1712) oder Geicht zu Twann), der Gäichwald und der Gäichberg (1715) oder kurz der Gäich, der Geijig zu Brüttelen. Zu Lüscherz lagen 1668 zwei 248 Jucharten zu der Guldinen Eych, und an der Kantonsgrenze zwischen Lengnau und Grenchen sammelte sich ehemals Vagantenvolk mit Chär’e n unter der Bättlereich. 21 Wir treffen auch den Geschlechtnamen Eicher (1650) zu Müntschemier. Als nahestehende Patoisnamen seien genannt: Le Gland (« l’Aglan»); ferner Chanel u. v. a. chêne (aus « casnus») neben Zanifeld (zu Lurtigen bei Murten, aus tsano); Rovéraz u. v. a. (vgl. Roveredo aus roburetum); Tanney (aus keltischem tann; vgl. den tanneur, der mit dem Tannin des Eichenrindenextraktes gerbt. 22
Ähnlich wie bei Tanne und Buche unterscheidet man die Haagäiche n, die im höo̥che n Wald wachsende Wị̆ßäiche n (Wintereiche, Quercus sessiliflora) und die außer dem Dickicht de n Ränd na̦a̦ ch gedeihende, aber windspältigs Holz liefernde Roo̥täiche n (Stieleiche, Q. pedunculata). Hauptsächlich der Wintereiche galt wohl die Bitte der Stadt Erlach von 1682 um Maßregeln für mehre Beschirm-, pflantz- vnd vfwachßung der Eychen.
Außerordentlich gern gedeiht die Äsche n (s̆s̆), in Treiten: Esche n, 23 worauf neben dem Esche nhof besonders die Lehnformen aus fraxinus hindeuten; so nach alter Deutung Frasses = Fräschels, dies möglicherweise aus Fräschholz (1302 Freschols, bei Schöpf: Frescholz, 1276 aber Freschens, 1527 Frenschen, 1706 Fräntschen: eine Umdeutung wie auch «Fröschholz» es ist). 24
Im ersten Namensteil uns undeutbar, bildeten die Mụụcheerle n (vgl. «Muchörle», im Inser Katasterplan von 1776: Mucherlen, S. 42) ein nun verschwundenes Wäldchen zu Müntschemier. Der Erle nhof zu Witzwil und in der Kolonie Bellechasse, wo uf d’s Beernische stooßt (nicht aber das im Band «Twann» richtig gedeutete Z-erlach), weisen auf das massenhafte Vorkommen des eerlige n Holzes im Moos. Das Eerliwäldli im Treitener Moos isch der G’meinß. 25 Die Gemeinde Treiten hed’s aa ng’setzt als obligatorischen Ersatz für ihre Rụ̈ttine n. In Lü. stehen die Burge ren-Eerle n.
Da altdeutsches erila sich als erleichternde Umstellung aus elira, dieses aber nach Ausweis von holländischem els (vgl. Elsbeere) als Umwandlung aus elisa (vgl. «war» = «was») herausstellt, gehören ferner alle die Else nholz (Tr.) und -hölzli, -matte n, -grabe n und -möösli hierher. Auch die einfache Else (Br.) kommt 1409 (1647: 249 Elßen) vor; da liegen die riethmatten zu Münschemier zwüschen der Elsen und dem Holtz. 26 Man denke ferner an die Namen Wildelsigen, Elsighorn, Elsenlücke, an die oder den Altels. Das urverwandte «alsnus», alnus erzeugte nur wenige Ortsnamen Les Aunes. Dagegen gibt es mehr als 150 Namen aus dem keltischen guern und romanischen verne. 27
Der in el-ira und Eller steckende Wortstamm erscheint als vollständige Ablautreihe ausgebaut in altnordischem âlmr, altdeutschem ëlm(boum), bernischem I̦lm und französischem orme aus ulmus, der entlehnten Ulme. An diese erinnern sowohl der ehemalige (1886 abgebrannte) Ulme nhof Witzwils, wie Ulmiz — Ormay (aus ulmetum). 28 Sachverwandt ist d’s Ahornli als Acer opulifolius über Twann.
An ihre Größe hinan reicht sowohl die im Aspiguet und Aspe nhölzli verewigte Espe oder Zitterpappel 29 ( Populus tremula), nach welcher es vom Furchtsamen heißt, är schlotteri wi n es aspigs Laub, als die herrliche Silberpappel ( P. alba) und der äußerst häufige Saarbaum ( P. nigra). Neben seine welschen Namen Papplemont u. dgl. 30 tritt der mittelalterliche rivale ad populos. Dieser gilt als Namensvertreter des einstigen Ortes Sarbach (1287) oder Sarbachen (1185. 31 1292 32 ) nahe dem Asyl Monrepos bei Neuenstadt, welchem um das Jahr 1300 durch einen Bergsturz das Schicksal des Dorfs Roggetten ( S. 34) bereitet worden ist. Hier lebte das (nicht adelige) Geschlecht von Sarbachen, 1297 vertreten in einem Gottstatter Abt 33 und vielleicht eines Stammes mit den Sarbach von Bern. Ein prächtiger Lin͜de nbluestbạum (eine Lin͜de n) stand auf dem Gerichtsplatz von Ins, bis auch er dem 250 Brand von 1848 zum Opfer fiel. In Twann stand noch 1489 die Lin͜de n vo n Tätsch.
Ein malerisches Bild begegnet einem da und dort in dem vielfach zersplitterten Stamm einer alten Weide, aus welcher in grünem Gewirr Hopfen, Waldrebe ( Niele n), Eebibletter (Efeu), grüeni und blaaui Strị̆tele n (Singrün, Vinea minor) und blühende Winden sich drängen. Diese Waldrebe, Clematis «vitalba», teilt sich mit der Schneeballart Viburnum Lantana und der Korbweide, Salix viminalis, in die Namen vouablla und Wi̦i̦d (Mehrzahl: Wị̆de n). Dienen doch alle diese Gerten zum «Winden» um Reiswellen und andere zu bindende Gegenstände. Auch die Wịịde n (z. B. die schwarze Spitzwịịde n) und das Wịịdli, altdeutsch wî-da = Weide stellen sich mit ví-men (Rute) und ví-tis (Rebe) unter eine Wurzel wî, welche «biegsam, drehbar» 34 bedeutet und wohl auch «wi-n-den» gebildet hat. In dem deutschen Namen der Salix caprea: Salweide, hat der zweite Wortteil den ersten aufgefrischt. Dieser ist nämlich verdunkelt. Das altdeutsche salaha, sala 35 hat sich nicht fortgesetzt, wie dagegen das urverwandte salix in saule und sauge: La Sauge, Saugy usw. 36 Diese waadtländische Schiffsstation und Wirtschaft an der den Kanton Bern abgrenzenden Broye, welche 1557 errichtet worden ist, heißt deutsch Fäälbạum. Der Name bezeichnet die Salix «alba», benennt aber diese, wie S. 115 ausgeführt ist, als die «fahle» Weide. In langen Reihen, die zugleich als Marchen dienenden Abzugsgräben begleitend, konnten besonders auffällige Exemplare leicht zur Abgrenzung oder Bezeichnung von Flurstücken dienen. 37 So lesen wir 1575 von einem Fählbaum als March, 1696 von der Matten beim hohlen-Fällbaum im Brühl, und 1757 von einer solchen auf dem Müntschemierfeld gegen den Fellgenbaum. 38
Welche Bedeutung man früher dem Fäälbaum zuerkannte, zeigt die Verordnung von 1701: die Gemeinden sollen dahin Vermant werden, wo immer Gelegenheit sein möchte, sonderlich dem Moos nach Fähl Baüm zepflanzen, sowie junge Eichen und Buchen in das wachßende Gesteüd, statt dasselbe bis in den Boden hinunter zu Schneitten. 39
D’s best Holz ist d’s birchig. Gleichwohl tritt der Name Birche n, verewigt etwa in der Birchenallme nb (Tr.), zurück vor dem Namen Beese̥me n- oder des vinelzerischen Bö̆sme nrịịsbạum, dessen Zweige allerdings die besten Besen liefern und gelegentlich dazu dienen, einen 251 ungebetenen Gast furtz’beesme n. (Der Beese n oder Beesem heißt altdeutsch bësamo.)
Schon um 1820 erscheint der groß und der chlịịn Zihlbạum als Name eines Gampeler Weinbergs ( Zi̦hlbạumreebe n), und un͜der de n Zihlbäum nennt sich auf dem Gampeler Flurplan von 1811 ein Landstück. Ist an irgendwelche Gutsgrenze (vgl. das Ziel und Zi̦i̦li) zu denken? Sechs Mannwerk Reben aber lagen 1809 in der Zihlere n (heute: i n der Zi̦hlene n) auf dem Reuschelzberg (Ins), ein Mannwerk 1773 im Zihl (Siselen) und a n de n Zihlachere n. Hier liegt wohl eher der oder das zîl (Strauch, Busch, dornzîl, gezîle, zîlach) 40 zugrunde. Und so das oder der lôch oder lô 41 (Niederholz), urverwandt mit lucus (Hain); vgl. das Land Im Loo (Ga. 1238), sowie die Orte ze ’me lo oder im Looch (1228) 42 und Lööli, (Br.). Auf diesem Lööli, unterhalb der Flue, lufthalb des Dählhölzli, habe die Stadt Lööli gestanden. Auch d’Löölimatte n und d’s Löölifäll d gehören zu Brüttelen. Ein Gampeler Weinberg hieß um 1820 d’Löölere n. Auch Pieterle n, 1342 Bieterlon, 1332 Beyterlohn, geht zurück auf Bieterloo (1282), Bietherloch (1269), wogegen Peterlo (1255) 43 ein «Peterchen» ergeben soll, Perles aber (1228 und 1255 Perla, 1276 Pella) auf Berilo (1276: Bärlein) weise. Loyes (1340), zu vergleichen mit Namen wie Loye und Loyettes, ist der frühere Name für Laupe n. 44
Von dem bebauten «Feld» Gampelen (s. u.) hob sich von jeher als «Gestrüpp» die Fa̦a̦fere n, Foofere n ab (s. u.).
Ähnliche Sammelnamen für Kleinholz sind: Schache n (1788 und 1801: Bocks Schache n); die Döörne n (1777 in Tw.) und die Doorne n (z. B. die Gürle ndoorne n, S. 98), sowie die Spi̦i̦sachere n und Spi̦i̦smatte n (Br., Gäs., verwandt mit spinetum, Gedörn). Bereits ( S. 118) ist uns der Wachholder 45 begegnet in den Rääkeldoorne n, den Räckolderdäile n ( S. 151), dem Räckolderacher (Gals), den zwei Räckoltere n im Moos. Als Unterartgruppe des entsprechenden Juniperus, 46 nämlich J. sabina (Sevibaum) gibt es ein auf sabinetum zurückgehendes savena, 47 welches an Savagnier = Saafnere n erinnert: 1251 Savanieres, 1270 Saunerron, 1284 Savnerron, 1286 Saphernerun, 1290 Saverrim und Sauverren, 1294 Savenneron, 1296 Saphnerun, 1348 Saffneren, 1360 Safneren. So gibt es auch ein Savenay als Weiler zu Salvan im Wallis.
252 Ein Ligerzer Name für das jus de réglisse ist Wịßge̥lịß.
Was uns trotz der hohen Genießbarkeit der Frucht der so entzückend blühenden Heckenrose käi n Bu̦ttle n weert isch, war ehemals «dri Haselnuß schwer». 48 Unsere Kinder, die in den Haasle n so eifrig Haaselnuß bräche n gehn, denken hierüber anders. Die Alten aber, die den warmen Ofen lieben, schätzen alts haslig Holz und Schwarzdorn (Heggidorn) als so guet wi buechigs.
Während die Heidelbeere — das Häübeeri — a n menen äinzige n Blätzli i n der Muelere n gedeiht, lassen sich vielenorts die Brombeere — d’s Fru̦mbeeri —, die Himbeere — d’s Impeeri —, die Erdbeere — d’s Hẹppeeri — reichlich bräche n. Seltener ist Rubus fruticosus in welschen Gebieten, wo die aus den Mittelmeergegenden eingebürgerte Maulbeere: morum nigrum, das altdeutsche môr- oder mûrberi, das oder die mûlber ihren Namen teilweise auf die Brombeere übergetragen hat. Es geschah dies zunächst unter der Spezialisierung la mûre sauvage, 49 dann ohne solche. Die Patois bezeichnen mit mauri, muri, mauron, meurau, maura Mauremont usw. bald Maulbeerbaum und Maulbeere, bald Brombeerstrauch und Brombeere. 50 Die dem Inserischen nächststehende Form le mūrô ( ū ist nicht als ụ̈ zu sprechen) bezeichnet den Brombeerstrauch. Er erscheint — falls nicht doch an alte Bodenstützmauern im Wäldchen und dessen Umgebung zu denken ist — im Namen der (drei Jahre von uns bewohnten) Mụụrstụụde n («Mauerstaude»). Da das Haus erst 1900 gebaut wurde, können die Flurbezeichnungen: 1 Jucharten by der Murstuden (1648), ein Matten im Lüschach hinder der Mauerstauden (1688), Acher vnder der Maurstauden (1683), bey der Mauerstauden (1760) sich nur auf den Umschwung des S. 236 genannten Hölzli beziehen.
Unfern liegt als größeres Wäldchen die Summerstụde n (1703: «Sommerstauden»), vom Volksmund so erklärt, daß es um sie herum Getreide zu ernten ( z’sümmere n) gebe, im Gegensatze zum nahen alten Ried und zur Riedere nstụde n. Auf eine Blöße im Gehölz (1732: Leüttere [Lüteri] deß Walds) wird die Baarstụụde n im Oberfeld zu Ins (1711) deuten. Als zur Matte umgewandelt erscheint 1690 die Lenge nstụde n oder Langenstauden (Mü.); 1778 wird eine Ägerten auf der längen Stauden erwähnt. So gibt es auch eine Wị̆ße nmáttstụụde n. Gampelen hat zwei Rimme̥rzstụde n (1679: Rimmersstauden, 1712: Rimmertzstauden). Dunkles Andenken bergen die Blatte nreestụde n 253 auf dem Müntschemierfeld (1688. 1757) und die Galge nstụde n zu Ins. Zwischen Ins und Müntschemier lag 1650 ein gstüdli, die Supperstauden n 51 genannt. Ein Acker lag 1686 vor den Flüestụde n, von welchen 1719 als höchst nötig befunden wurde, daß sie zur Eüffnung des Holtzes Eingefristet und folglich (hernach) 52 auch außgemarchet werdind. 53 Auf solches Einfrieden 54 bezieht sich auch der Name Frị̆tesstụụde n oder Fridstauden (1667) unweit des Wolfe nhaag; eine vielfach als «Friedlistuden» (1715. 1744. 1808. 1849), wohl auch als Frieslistude n (1817. 1818. 1840) umgedeutete Bezeichnung. Bedeutungsverwandt ist (1650) ein gsteüd, die Banstauden (Tr.) genannt und als großi und chlịịnni unterschieden; dieses Bangesteüd (zwischen Mü. und Br.) gehörte 1644 der bernischen Obrigkeit. 55 Ähnlich dienen als Marche die Ru̦ntibaan nstude n (Fh.), ein Stück Burgerwald. Demgemäß sind auch die Stadtstude n von Erlach, die Mu̦lle nstude n, die Scholimongstude n, die Wartstude n (zwischen Ga. und Tsch., 1697 um 10 Schilling Bodenzins eingeschätzt) zu deuten. Zu einzelnen Gütern gehören die Fägge nstude n (Br.), zu Fluren die Feelmoonstude n (Erl.) und die Faarnere nstude n 254 (1727, jetzt junger Buchwald). Auch das Vogelgsang zu St. Johannsen ist luth alten Urbaren ein gstüd gsin, heißt es 1648. 56 Aufgeforstet sind gleicherweise die vom Wịße nrein verrütschte n Bachstude n (Br.). Auf Rodung deuten die Stockstude n (Erl.). 1668 erscheinen die Bubenstuden, 1727 die Geienstauden, Geijigstude n (Br., Ins), 1788 die Haselstude n, 1718 die Simpelistauden, Simbele nstude n (Erl., S. 110).
Stụde n nennt sich ein Gemeindsbezirk am Nordende des Jensberges, der dort als Stude nbärg vor der Abholzung hauptsächlich mit Eichen, Schwarzpappeln, Weiden und Erlen bestanden war 57 und sehr gut die alte Redensart «über Studen und Stock» (1667) erklärte. Derselbe zeigt auch am besten den wirtschaftlichen Unterschied zwischen diesem Niederwald und dem Hochwald. Er liegt in der raschen, Nutzbarkeit des erstern, sowie in dessen leichterer Ausbeutung durch das stü̦mmele n (1592). Darum verordnete Bern im 17. Jahrhundert: Die Flüh- und Sommerstauden sollen dem Dorf Müntschemier zu dessen und dero Vilen Armen Beholzung verzeigt werden, da sie keine andere Gesteüd wie die von Jnnß und Brütelen habend, welche daraus auch ihren Haag erhalten. Solches Gestüd (in besserem Sinn als dem des heutigen wertlosen Hördöpfelgstụ̈ụ̈d u. dgl.) diente z. B. 1669 auch zu Einfristung der Reben und Verbesserung der Zäunen.
1667 lebte der Chorweibel Jakob Stüdeli. Der Name sieht gleich aus wie der der Stü̦ü̦deli, womit z. B. alte Erlengehölzchen im Moos bezeichnet werden. Diese lassen sich, gleich der Flue i n de n Stüdline n, auch rasch urbar machen, wie die Stụụde nmatte n oder die Stụụdere n im Brühl (1707), wie ferner 1677 der Acker by den Stüdlenen oder der Stụ̈ụ̈dlere n beweist. Als Mittelding zwischen Wald und Weide erscheint 1805 die Stüüdlis- (Stäudlis-) Allme n. Es sieht etwa aus, wie ein schlecht gerodetes Pflanzstück, von welchem Zwingli sagte: Mit Arbeit will sich niemand mehr nähren. Man läßt den Garten verstuden an vielen Orten und wüste liegen. 58
1
Nach dem Emmentalerblatt.
2
So heißen nach
Bridel 50 (1866) insbesondere
des troncs ou morceaux de bois très durs et susceptibles de travail et d’un beau poli, lesquels gisent au fond des lacs de Morat et de Neuchâtel.
3
Brid. 116, 207.
4
Jacc. 307.
5
Ebd. 305.
6
Gb. 74.
7
HRMan. Weinsp. 2008.
8
Brid. 18. 95. 221;
Jacc. 128. 175. 224.
9
Jacc. 28. 41. 160 f. 175 f. 350.
10
Ebd. 56.
11
Font. 3, 335.
12
Aus got. «das» akran = die Frucht (z. B. des Weinstocks: Marc. 12, 2; bildlich: der Buße oder der Gerechtigkeit: Luk. 3, 8; 2. Kor. 9, 10) bildete sich «das Acheren» (
schwz. Id. 1, 70 f.). Acher-um, -am, -an. -and, Achrand, Acherrand (
Gw. 187), vgl. die «Acherchüechleni» (ebd. 618). Die noch um 1640 allgemeinere Bedeutung des herbstlichen Ertrags scheint aus einer Eintragung von Pfr. Forer in Aarberg hervorzugehen. Wie (Buch-) Ecker, gehört nach
Walde 864 auch
uva (Traube) hierher.
13
Diese werden heute anderwärts, wo das Sammeln sich lohnt, den Schweinen als Eichelmehl im Stalle verabreicht. Dies Mehl mästet in kurzer Zeit vortrefflich.
14
Taschb. 1901, 12.
15
Stauff. 49
16
Urb. Mü. 2, 39 f.
17
Stauff. 49.
18
Einkommen 12.
19
Urb. Mü. 2, 45.
20
Stauff. 49
21
Lg. 152 f.
22
Zimm. 2, 22;
Jacc. 65. 72. 76. 143. 189. 383. 397. 451.
23
Hoops 1, 631.
24
Zimm. 2, 12;
Jacc. 165. 177 f.;
Jahn KB. 580.
25
Bemerke die doppelte Treitener Weßfallbezeichnung: durch das Geschlechtswort und die dingwörtliche Endung. Vgl. inserisch:
m
ei
ner Mueters u. dgl.
26
Urb. Mü.
27
Jacc. 19. 140. 152. 200. 406. 420. 501-3. 520. 539. «Erle»:
Hoops 1, 626.
28
Jacc. 319.
29
Ebd. 471 die verschiedenen
Trembles.
30
Ebd. 352. 369.
31
Font. 1, 478.
32
Mül. 474 f.
33
Mül. HS 1, 216.
34
Kluge 486.
35
Graff 6, 189.
36
Jacc. 413. 419. 547.
37
Vgl. Stalder 1, 822
38
Bodenz. 82. Das
w der deklinierten Form (Note 2,
S. 115) ist, wie oft, in
g ausgewichen.
39
Schlaffb. 1, 229.
40
Mhd. WB. 3, 886.
41
Ebd. 1, 1041;
Graff 2, 127 f.;
schwz. Id. 3, 951.
42
Jahn KB. 493.
43
Font. 2;
Jacc. 339.
44
Jacc. 242.
45
Kluge 478.
46
Jacc. 184. 535.
47
Ebd. 421;
Brid. 346.
48
So bei
NMan. Papst 34 das den Laien verabreichte «Wiewasser und Salz».
49
Vgl. alle die «wild» in
Gw. 234 f.
50
Brid. 241. 334;
Jacc. 267.
51
Urb. Mü. 1, 50.
52
Vgl. «denn» als zunächst temporal.
53
Urb. Mü. 1, 60 f.
54
Vgl.
Gw. 258.
55
Ebd. 46.
56
Räbg.
57
Fr. Schr. 564.
58
Heinzmann 292.
Wo nicht Bodenart und Schutzcharakter des Waldes es verbieten, unterliegt auch dieser dem wirtschaftlichen Gebot des Kulturwechsels. Allerdings eines sehr langsamen. In elementarster Weise vollzogen ihn die Germanen auf ihrer Wanderzeit. Der Wechsel zwischen Ackerfeld und 255 Wildnis gab ihnen Holz für z’fụ̈ụ̈re n, für z’bạue n u nd für z’zụụne n. Das Abbrennen der Baumstümpfe und sonstiger Waldreste hob die Fruchtbarkeit des jungfräulichen Bodens für Weide und Brotfrucht. 1 Seßhaft geworden, verunmöglichten die Germanen durch ihre Markverfassung eine Erbteilung der Güter und zwangen die jüngern Söhne, sich neue zu schaffen. Das führte den zähen deutschen Bauernfleiß zu den großen Rodungen des fünften bis dreizehnten Jahrhunderts, an welchen auch die Klöster zur Äufnung ihres Besitzes und damit verbundenen Herabsetzung vieler Freibauern zu Lehenleuten sich beteiligten. Als aber die Folgen der zu weit getriebenen Entwaldung sich ernst genug einstellten, gingen Alemannen des Gebirges, wie z. B. Emmentaler 2 durch Wechsel zwischen Niederwald, Weide und Ackerfeld, der wissenschaftlichen Forstkultur voran.
Auch das Seeland weiß von Roden zu reden. Davon zeugen Waldlichtungen, die etwa als Schatte nwị́l benannt wurden. So das zu Vinelz und der noch 1718 auf der Erlacher Waldkarte verzeichnete Schatte nwilerhof zu Lüscherz, der von Fischersleuten bewohnt wurde. 3
Sprachlich deuten auf Rodung alle die Sangere n (Siselen, vgl. «sengen») und namentlich die Rütti. ( Stụ̈ụ̈delirụ̈tter heißen die Inser bei den Erlachern seit der Urbarmachung des Oberfäll d.) Besonders häufig begegnen uns alle die Ried, 4 Riedli, Rieder und Riedere n, die Riedbärg, Riedmatte n, Riedachere n, Riedere nstụde n und Riederenachere n, die Faarnere nrieder, das Rappe nried (Tschugg), das Winkelried oder Weichelried (Siselen, vgl. die Brütteler Flur im Winkel), die dem Forst abgewonnenen Rü̦pplis-, Bu̦tte n- und Spängelried usw., wovon aber das Riederfäl d und ein Riedli zu Tschugg als Ried im schriftdeutschen Sinne zu trennen sind.
Solches sụụfer mache n von Wald führt noch andere Bezeichnungen. Die allgemeinste, aus der sogar der Name der Schweiz 5 ruht, 256 heißt schwände n oder schwente n = schwinden machen. Man denke, wie an die Erlacher Schwịịniräbe n, so anderseits an die zu Reiswellen verarbeiteten Schwändhụ̈ffe n, an alle die Schwendi, Schuenda, Choindez, sowie an das oder den Schwand. Am 9. Mai 1769 durften die Galser, deren Heubühnen leer und deren Moosteile unter Wasser lagen, ihr streng gehütetes Vieh in den Klosterwald treiben bis zu dem Graben, welcher gegen Abend den neuen Schwand einfristet. 6 Dagegen wurde die «üble und ungereimte Ansetzung der Schwänden» scharf getadelt. — Brand und Brändli wiederholen sich ebenfalls in sehr vielen Brand, Brande. 7 Aus exsarrire (aushacken) erklären sich die unzähligen Essart, Essert, Malessert 8 usw. als die waadtländischen «Ried». 9
Das Brennen konnte neben der Düngung auch die Kohlengewinnung bezwecken. So besonders an den steilen Jurahängen, wo man d’s Holz i n de n Seck furttrage n müßte oder mußte. Über Ligerz und Twann fabrizierte manch ein Chohler (Köhler) Schmiedekohlen z. B. im Gummchohlblätz, und eine Bulverstampfi verarbeitete Haselruten. Vgl. die verschiedenen Charbonnières.
Erst die neuere Holznot trieb zum stöcke n oder Stöck ụụsmache n unter der Bestätigung des Satzes, daß e n Stock drụ̈ Ma̦l warm macht: bi’m grabe n, bi’m spalte n u nd bi’m verbrönne n. 10 Vormals berührte oder umfaßte hier eine Stockbrügg, dort eine Flur bi de n Stöck oder i n de n Stockachere n, ein Stockacher, eine Stockmatt, eine Stockere n (zu Bolligen) ein gereutetes Waldstück, in welchem die Baumstrünke zur Festigung des Gehänges und zur Düngung des Bodens dienen. Darum das Verbot, hier d’Stöck ụụsz’heerte n. Gerne nahm man natürlich damit die Enthebung von einer so sauren Arbeit in den Kauf. Auf einen andern Grund, warum man 257 das Ausgraben von Wurzeln unterläßt, deutet die bildliche Rede: We nn mḁ n d’Bäüm (im Emmental: ’s Chrụt) g’chennt, so grabt mḁ n nid na̦ ch de n Wü̦ü̦rze n.
In bekannter Weise dient der Stock in allen seinen (auch abgeleiteten) Bedeutungen 11 als Bezeichnung des «stockdummen» Menschen. 12
Von den romanischen Namen des Strunks ragen nicht wenige in unser Sprachgebiet hinein. So das aus gallischem « soccos» hergeleitete römische soccus und spätere zoccus, frz. soc und souche, rätisch tschocca usw. Hierauf beruhen 11 Tschuggen 13 und unser Schu̦gg (1420. 1530), Schuc (1221), Tschuk (1396) oder Tschu̦gg (1601 14 ). Ein Vinelzer Waldstück heißt das Tschŭ̦ggĭ̦t (1718: das Tschuggiholz).
Wiederholt ist uns im Vorigen die Fa̦a̦fere n, der (stark mit Dorngebüsch durchsetzte) Fa̦a̦fere nwald begegnet; ferner der Fa̦a̦fere nberg, der Fa̦a̦ferenacher, die Fa̦a̦fere nmatte n. Mit den Formen Fafneren (1640) und Faufferen (1663) konkurriert die 1179 so geheißene silva Vavra inter Anes et Champion 15 (zwischen Ins und Gampelen). Unweit davon, jenseits des Zihlkanals auf Neuenburgerboden, liegt der Weiler Wavre (1148: Vafron, 1185: Favre, 1248: Wavra, die piscina de Vavra (1248), 16 und fernere welsche Orte nennen sich Wuavre, Vouvry, Voivre, Voavra, Vuavre. 17 Der Ort Faabere n bei Laupen erinnert ebenfalls hieran, und Namen wie Wabern und Pfäfers fallen einem unabwehrbar ein. Um die Deutung streiten sich zwei Wortgruppen. Es gibt einen Orts- und Gemeinnamen vepres, svw. Dorngebüsch, welchem elsäßisches und welsches Vovra entspricht. 18 Das mittellateinische waura, wauria bedeutet hinwieder Brachacker und ödes Feld und ist als Ablautform zu veria 19 (vgl. vertere, chehre n, der Bode n chehre n) denkbar. Der im einen Fall als noch bestehendes, im andern Fall als gerodetes Dornicht gedachte Boden ist nun mit sehr schönem Hochwald bedeckt.
Ob de n Raine n zwischen Gampelen und Ins liegt ein Waldstück von Juchartengröße: der Schmi̦dswald. Heute durch Reutung isoliert, hing es einst mit der Faaferen zusammen. Das führt einen genauen Orts- und Geschichtskenner zu der Vermutung, es möchte hinter Faafere n lat. Faber (woraus der Name Favre und Fèvre) i. S. v. Schmied stecken. Ähnliche Bildungen aus Personen- und Berufsnamen 258 mit -ere n gibt es ja viele (s. «Twann»). 20 Es kann sich ja freilich auch um den bloßen abgeleiteten Geschlechtsnamen «Schmid» handeln, wie etwa im Schmi̦i̦degge n (Tr.) und in der Schmịịdmatte n.
Ein kleines, urbar gemachtes, auf zwei oder drei Seiten von Wald umgebenes und darum meist schattiges, feuchtes und wenig ertragfähiges Land 21 heißt eine Mettle n. Zu Ins gibt es eine Flur Mettlen, die aus «4 Määs Matte» besteht; ebenda Äcker in, bei, vor der Mettlet, sowie einen Mettletgrabe n und Mettletschrache n ( S. 21). Auf dem Feld wider Erlach liegt der Acher by der Mettleten (1716), und zu Lüscherz finden wir (1832) daß mettelli verzeichnet.
1
Schröder 46.
2
Lf. 89 ff.
3
Das Gegenteil von «Schattenwil» besagen Namen «Rechthalden» =
Dirlaret (directo latere: die an der «rechten» d.h. sonnigen, also nicht
a
n der lätze
n Sị̆te
n liegende Halde). Vgl. «der lätz Morge
n»
Gw. 18.
Stad. 118-20.
4
Vgl.
Gb. 86-93.
5
Die Wurzel
swi erzeugt fortgebend: 1.
swi-nen, schwine
n; 2.
swi-dh als Grundform von «Schwyz» und ursprünglich gleichbedeutendem «Schweiz» («der Kanton Schweiz» in der helvetischen Staatsverfassung von 1798; 1538: der Obmann von Schweiz. Bernhardin Samson kam 1518 von Uri, da er am ersten seinen Ablaß in der Schweitz feil gebotten, gen Schweitz, da sich ihm Zwinglius zu Einsidlen hefftig widersetzt, von dar gen Zug usw.:
Deliciae urbis Bernae 202: cf Meyer, Gesch. d. schwz. Bundesrechts); und 3. «schwinden».
6
SJB D 59.
7
Jacc. 14 ff. 75. 547.
8
Brid. 151;
Jacc. 23 f. 62. 154. 385. 543.
9
Ebd. s. v.
10
Pfalz 7.
11
Vgl.
Lf. s. v.
12
Vgl. «Holz und Mensch» von Much in
Wu S. 1, 39-48.
13
Gw. 12. 21 nach Brandstetter;
Jacc. 419. 537.
14
Vgl. Götzinger, die roman. Ortsn. des Kts. St. Gallen (St. Gallen, 1891) 81 f.
15
Matile 1, 21.
16
Quart. 3, 218.
17
Jacc. 520 ff. 495.
18
Meyer-Lübke, Einf. in d. rom. Phil. 250.
19
Jacc. a. a. O.
20
In Schwarzenburg sogar eine Dümungere
n als Besitz eines
Dumont.
21
Schwz. Id. 4, 558.
Von den Schluchten und Klüften des Bergwaldes bis zu den Pösche n ( S. 112) im Moos und den Schilfverstecken im See hinunter birgt das Seeland eine reiche Tierwelt noch jetzt, wo eine Menge Wild dem Blei des modernen Jägers und dem Knittel des einstigen Wehrmanns für immer erlegen ist. Für bi’m chlịịnsten aa nz’fa̦a̦ n: In ununterschiedenen Arten erfreut die Guege n (der Käfer), besonders die bei Regenwetter die Straße durchquerende Reege nguege n, das kindliche Auge. Den Namen Cheefer trägt bloß der Maikäfer; und dieser interessiert bloß als das im Cheeferja̦hr (Flugjahr) ausgebildete Insekt, welchem im obligatorischen cheefere n durch allgemeines Schüleraufgebot der Garaus (der Ggắrŭ̦sch) gemacht wird. Ließen sich ebenso die Klassengenossen der harmlos zirpenden Grụ̈lle n und der munter hüpfenden Häügümper: die Mü̦gge n, Fläüge n und Breeme n vernichten, welche als fürchterliche Moosplage mit den Mụ̈ụ̈s wetteifern! Ebenso der Hŭ̦́rnŭ̦ß, dieser gefürchtete Riese der Wäspi-Arten! Als Belästiger der mit Fleiß und Schweiß arbeitenden Menschen wetteifern mit solchem Getier gewisse Vogelarten. Das gilt zunächst von dem Spatzg, der zwar nicht auszurotten ist, aber den ma n sött mache n z’min͜dere n. Denn wo Spatze n sịị n, gi bt’s käini an͜dere n Vööge̥lli, zumal keine Bue chfinkli, keine Mäiseli. Eher immer noch Lerchen ( Leerchche n), deren abwechslungsreicher, erstaunlich kraftvoller und ausdauernder Gesang während des himmelhohen Spiralflugs den Frühlingswanderer nach Erlach und Müntschemier entzückt. Die Art, wie die Sperlinge besonders die Nester der Schwalben in Beschlag 259 nehmen, gab Anlaß zu einem beißenden Witz. Als nämlich in Brüttelen die evangelische Gemeinschaft den Methodisten die Gläubigen wegkaperte, sagte man: d’Spatze n sị n de n Schwalmeli i n d’s Näst. — An einem Abhang nahe dem Dorf Ins hat sich eine Uferschwalbenkolonie angesiedelt.
Neben dem Sperling werden der Chrääi (die Rabenkrähe) auf all den Chrääijenacher 1 und Chrääije nberg ( S. 18), der von seinem unzugänglichen Horst aus Unheil verkündende Rapp (Kolkrabe) auf der Rappe nflueh, dem in Wald eingekeilten Rabbe ntaal (Vi.), dem Rappe nwald und Rappe nried, die Nebelkrähe auf dem Gurnigel (bei Madretsch, als einst politisch wichtiger Wirtschaft) als einzige Vögel die Luft beleben, wenn nicht der Staat im Einklang mit Vereinen kräftigen Tier- und Naturschutz übt. U nd nid e̥ma̦a̦l e n Feedere n, verschwịge n den n es Ha̦a̦r wird es ferner zu erbeuten geben, wenn auch in Zukunft meh Jeeger sịị n weder Hase n. 2
Allerdings flötet und zwitschert das im Vorsommer einstweilen noch recht erfreulich in den Schutzwaldungen des Mooses. Auch das Vogelg’sang zu Ins, zu Gampelen, zu Rapperswil läßt seinen Namen noch nicht ganz vergessen. Ja, im Hoge nréin zu Lüscherz hörte man um 1906 eine Zeitlang eine Nachtigall. Mehrere solche singen alljährlich unterhalb Späṇgiz ( Epagnier) und über dem Roothụụs. Eine ließ sich 1913 im Walde bei Witzwil vernehmen. Besonders aber im Aare ngrien zwischen Lyß und Aarberg winkt dem kundigen und geduldigen Lauscher das «Tongold» dieser herrlichsten Sängerin. Hier auch am reichsten erschallt das Flöten der Amsle n und der Gu̦ldamsle n: des besonders anmutig singenden Pirol (der Pfingstorgel). Einige Zeit nach der Juragewässerkorrektion siedelte sich, gleich dem Haubentaucher ( S. 263), als vorheriger bloßer Zugvogel der Drosselrohrsänger (die Rohrdrossel, Caesocephalus turdoides) am Neuenburgersee an. Ụụfbigehre n wi n e n Rohrspatz hört man den Teichrohrsänger, wenn er, eine verdächtige Annäherung gewahrend, sich verzweifelt seines Nestes wehren zu müssen meint. Dagegen beruht die Redensart fräch sịị n wi n e n Rohrspatz aus gedankenloser Verwechslung mit den, gemeinen Haussperling, diesem Zigeuner der Vogelwelt. Geschwätzig wie er, läßt der Haagspatz: die braune oder die Dorn-Grasmücke, hin und wieder sein woid woid woid, wäd wäd wäd erschallen. Von irgend einer Gạuchete n (z. B. über Twann) herunter läßt sich der Kuckuckruf vernehmen. Du Gauch! würde es einem entgegenklingen, der verwundert fragte: was Gu̦ggers isch ieze n daas! Direkt oder 260 mittelbar 3 verknüpft sich mit dem Vogelnamen das Inser Geschlecht Gu̦gger. (Vgl. das Geschlecht «Gauch» zu Tentlingen und Tafers.)
Wenigstens e̥s gliichligs Weese n machte die alte Volkspoesie mit dem Gị̆rịtzi, das bis i’ n Brüel chu̦nnt, in das Gịritzi̦moos und in den benachbarten Affe nwald (den Dählisandhubel nahe dem Nußhof, also auf Gampelerboden). Das seeländische Gịrịtzi̦moos beherbergt aber nicht (wie das am Rothenbach bei Einsiedeln, zu Adelwil bei Sempach, zu Biberist usw.), 4 sowohl den Kiebitz ( Vanellus cristatus), 5 als vielmehr die Lach- oder (hier örtlich) die Seemöve, welche von den Juraseen flị̆ßig herfliegt. Mit dem Kiebitz teilt sich in einen andern schallnachahmenden Namen der Luivogel. So heißt insbesondere der äußerst scheue, darum sehr hoch fliegende und sein helles luịị! pfeifende Brachvogel ( courlis, 6 der waadtländische grand Louis), aber gelegentlich auch die Kronschnepfe ( bécassine). Wir nennen im weitern den Chrụ̈tzschneebler (Kreuzschnabel), den Chi̦i̦rße nbisser, den Wị̆de nhopf (Wiedehopf), den Roo̥tgụ̈gger (Dompfaff), den Her re nvogel (Eichelhäher), den u nsüferlige n Chodhahn (Kothahn). Als das Taucherli bezeichnet man die Krikente und das schwarze 261 Wasserhuhn oder Blaßhuhn ( Bläßhuen, Fulica atra). An der Zihl und an den Wassergräben des Mooses lauert das Teich- oder Rohrhuen ( Gallinula chloropus) auf Beute.
Als Klassengenosse des zierlichen und dị̆fige n Äidochs oder Häüdochs (d’s Häüdöchsli, S. 28) wäre die Viper, welche z. B. auf dem Schlange nmụ̈ụ̈rli am Jolimont sich so behaglich sonnt, 7 bei nicht so unheimlicher Gefährlichkeit ebenfalls des Schutzes wert. Ist sie doch eine ganz anders eifrige Mäusejägerin als die Katze, und liefert sie obendrein in ihrem alljährlich abgestreiften Schlangenhemm dli Stoff für feinste Galanteriearbeiten! Ihre Gefährlichkeit stellt sie aber, wie die Vogeljägerei die Chatz, zurück gegen das Wi̦i̦seli oder Däärmli (das kleine Hermelin).
Mit großem Unrecht wird bis zur Stunde der Chrott verfolgt, der doch in Keller und Garten die allbekannten Dienste leistet. In häßlichem Bilde bedeutet der Chrott trappe n: sich an einem Feinde rächen. Nur die Schildchrott (europäische Sumpfschildkröte), welche durch den Zihlkanal bis hinauf ins Brüggmoos geriet, bleibt unangetastet. Beide Lurche bleiben dank ihrem Kleid auch sicher vor dem stelzbeinigen Fröschenjäger: dem (weißen) Stoorch, Chlapperstoorch. Zwischen dem Moosgrün gravitätisch auf und ab schreitend, bildet er eine Zierde der Niederung und erweckt namentlich das Interesse der Knaben und Mädchen, die ihm allerlei Wünsche vorzubringen haben. Der bekannteste lautet:
Storch, Storch, Längbäi
n,
Bring is den
n es Mäitelli/Buebelli häi
m!
Leg’s de
nn abb i’
n Garte
n;
Moorn z’Nacht wäi
n mer waarte
n!
8
Eigennütziger klingt das Begehren:
Storch, Storch, Schniibelschnaabell
Mit der längen Oofe
ngaabell,
Flüüg mer über d’s Beckerhuus,
Räich mer es bar Weggli druus:
Mier äi
ns, dier äi
ns,
Aber
dem böse Buebeli/Mäiteli käi
ns!
Auch die Erwachsenen lassen hier wie überall dem altgermanischen Schützer des Hauses vor Blitzschlag ihren Schutz angedeihen. In Gampelen waren um 1882 noch drei Storchennester besetzt, um 1888 noch 262 eins, seit 1896 keines mehr. Auf einer Bi̦i̦rche n in der Hofmatte n bot ein Wa̦a̦ge nraad einem Storchenpaar die Unterlage des Nestes. Um 1908 aber erlag die Birke dem Sturm, und seither waren die Störche überhaupt fort geblieben, bis sie nun wieder z’zeechnen u nd meh beieinander zu sehen sind. Sogar im Regensommer 1912, anfangs Juli, gewahrte man im Moos zwölf Störche beieinander. 9 Also nicht bloß die größere Sicherheit des Brutgeschäfts, sondern auch die ausnahmsweis reiche Nahrung hatte diese «Segler des Südens» wohl von Norden hergelockt. Vor der Massenrückkehr aus Afrika in unser Land aber sieht man gelegentlich isolierte Storchenfamilien umherirren.
Von den tierischen Jägern hinüber zum menschlichen. Die aus dem Prinzipienkampf zwischen Patent- und Revierjagd siegreich hervorgegangenen Nimrode werden vor allem für einen der Land- und Hauswirtschaft unschädlichen Wildstand zu sorgen haben, der keine Klagen mehr zuläßt: es isch alls überjagt! Und wo käi n Vogel dü̦rḁ flụ̈gt, cha nn mḁ n käine n schieße n! (Wo nichts ist usw.) Im Gegensatze zum Aasjäger ist dem rächte n Jeeger si n Sport ein wirkliches birsen (1663) oder pirsen (1588). Und wenn auch er wieder i n sị ns Jagdthämpo 10 ịịchḁ choo̥ n isch, ist sein schieße n ein wirkliches erschieße n, 11 so daß es vom sicher getroffenen Wild heißt: es het’s drääit («gedreht»). Sei’s, daß diesem der Jag dhun͜d uf d’s G’spoor choo̥ n isch, 12 sei’s, daß der Jäger ihm eine Falle gestellt: es aa ng’füehrt het.
Zu Niklaus Manuels Zeit, als dem Papst Entchristelo der tod durch Pfrüend und jarzit ein guot wildbrät 13 war, diente zum Lockvogel der Ablaß als «der Kutz vor der Hütten» 14 ( uf der Chrääije nhü̦tte n) oder «uf dem Kloben» 15 (dem gespaltenen Holzstück, das die Zehen einklemmte). Gemeint war der groo̥ß Ohre nchụtz (der Uhu) im Gegensatze zum Waldchụtz oder zum Schleierchụtz, Gu̦ldchụtz (der Schleiereule). Als «Troglodyte» dagegen birgt sich in hohlen Hofstattbäumen der Steinkauz, um als schreckender Totenvogel z’tue n wi n e n Wi̦ggle n. Heute werden die Eulen als Mäusejäger sorglich geschont, eine so schätzenswerte Beute ihr Flaumkleid wäre. Hochmodisches Pelzwerk erzielte man dagegen früher aus dem sammetweichen Brustgefieder des Haubensteißfuß oder Lappentaucher: Längshals oder, wie der so kurzfüßige Vogel merkwürdigerweise auch genannt wird, Stälzfueß. Als Fischfresser aber verfolgt man die wenigen nicht ausgerotteten 263 Wasserräi her, diese Zierden der Landschaft. Um Aarberg freilich schätzt man den Reiher als Wetterprophet:
Reigel d’Aar ab,
Buur, mach d’s Chorn ab!
Reigel d’Aar uuf,
Buur, tue d’s Toor uuf!
Eine gleiche Nachstellung gilt dem Zwergreiher oder der kleinen Rohrdommel ( blongios, petit butor), welche ziemlich häufig am Neuenburgersee im Schilf nistet; ferner der großen Rohrdommel ( butor), dem farbenschimmernden Eisvogel; dem zierlichen, schwimmgewandten, scheuen Haubentaucher, der seine Gelege so geschickt im schwimmenden und dem Schilf des Heidenwegs, sowie des Neuenburgerseestrandes angepaßten Neste verbirgt. Weniger klug nimmt er ’s fü̦ü̦r, auf seinen Jagden den Fischernetzen auszuweichen. Er verwickelt sich so oft in deren Maschen und wird dann unbarmherzig, womöglich samt der Brut, vernichtet. Braten aber verschafften sich seinerzeit auch die Moosheuer durch Jagd auf das Wasserhuen, das am Bieler- und neuerdings auch am Neuenburgersee so gerne brütet; 16 auf den Moos- und den Waldschnäpf, die Wildtụụbe n, die Ralle n, die Wiesenschnarre (den Graasrätsch), die Wiesenralle (den Wachtelchü̦nig); ferner auf Wildänte n ( S. 159) oder Mŏsänte n, nach welchen eine Erlacher Flur d’s Mŏsäntli heißt. Zu nennen sind auch die Knäckente ( Anas querquedula) und der in Bäumen nistende große Säger, sowie die Wildgänse oder Schnĕgens, welche allwinterlich den Murtensee bevölkern und sich bis in Witzwils Nähe wagen. Die Moosenten machen sich ebenso durch Höllenlärm beim Auffliegen bemerkbar, wie die Reebhüener, die sich von einem Rain zum andern Antwort rufen. 17 Auch das Haselhuen gab sein köstliches Fleisch her, indes Auerhahne n und -hüener im Jurabärg gesucht werden müssen. Speziell der Tessenberg scheint früher massenhaft Wachtle n geborgen zu haben. Bloß zum Zeitvertreib und mit dem zufällig verfügbaren Rest von Pulver erlegte dort der Schaffner Irlet von Twann an einem Nachmittag 264 zu Ende August 1790 21 Stücke. Er lud darauf einen Freund zur Wachteljagd auf 1. September.
Als Raubvogel verfolgt man die so glücklich im Age̥rtschenạuge n (Hühnerauge) verewigte Age̥rtsche n ( agace, savoyardisch ragace, Elster); die Chrääije n der ältern, den Chrääi der nivellierten Insersprache ( S. 259); den Sperber (anderwärts: den Späärgel) oder den Stächvogel. Als solchen benennt man aber auch den Verfolger der Schwalben und anderer kleinerer Vögel: den Baum- oder Lerchenfalk und den auf Tauben stoßenden, etwas größern Wanderfalk. Das Wänderli dagegen ist der Turmfalk, der in der Luft rüttelnd nach Mäusen und Insekten späht. An die Scharfsichtigkeit aller dieser Räuber, welche i n d’Wịti g’seh n wi n e n Stächvogel, erinnert der Spächt, der sich auch dem Moosgebiete nähert. Angesichts eines Kindes, welches in höchster Spannung d’s Auge n stellt, 18 ruft man: lue g der Spächt! Gerne sieht man in Jahren wie 1913 den Mäusebussard «seines Amtes walten». Schade nur, daß er seinen Namen Moosweih mit jedem größern Raubvogel der Umgegend teilen muß. Ein gleichbedeutender Vertreter mehrerer Gattungen ist die «Habichtweihe», gekürzt der Hắwei, an dessen Flügel als Hắweie nfäcke n die ausgebreiteten Blätter des Löwenzahns (der Säüblueme n, Säüdisch tle n) erinnern. Gleich mehrdeutig bezeichnet man als den Hüenerweih nicht bloß den dem Sperber ähnlichen, 265 nur etwas größern Hühnerhabicht, sondern ebenso den (seltenern, als Hühnerdieb gefürchteten) roten Milan oder den Gabelweih, vielleicht auch den schwarzbraunen Milan, ebenfalls als Gabelweih benannt. Diese letztere Weihe, ein majestätischer Vogel, läßt sich nicht selten bei Hagneck und bei Witzwil, überhaupt über der Broye und über den Juraseen erblicken. Hier erfaßt er — ein richtiger Sanitätswächter — die toten Fische, wie aber auch in den Moosgräben die vorlaut musizierenden Frösche. Bei Witzwil läßt sich dann und wann auch noch ein Rohrweih (eine Sumpfweihe) erblicken.
Wie der Spatz uf d’Chi̦i̦rße n gäit, so der Altịịs uf d’Bi̦i̦re n, die er sich dreist und flink vom Baum herunterholt. Als Obst-, Waldsaat- und Singvogelschädiger muß auch das, wenn gezähmt, so anmutig possierliche Äi chhöörnli verfolgt werden. Sein Braten gilt allerdings wenig gegenüber dem des Haas, namentlich des jurassischen. Der flinke Läufer, nach welchem eine Erlacher Flur der Hase nlauf genannt wird, bereichert die Sprache auch mit Verben wie abhaase n, ummḁhaase n, dḁrvó nsatze n und als lepus, lièvre den Ortsnamensschatz mit Wörtern wie Levron, Leyvres, Plan-levraz usw. Dem Lèvremont 19 könnte die Hase nburg über Vinelz entsprechen, wenn nicht -burg doch hier eher auf Haso als Personennamen deutete. (S. «Burgen».) Im Kinderspiel erinnert das Hase n brüete n einigermaßen an das «Gens fuetere n» ( S. 159): der Unerfahrne wird zwischen die Knie genommen, ein Weilchen gehätschelt und dann plötzlich auf einen Kuhfladen fallen gelassen. — Uf dem Fäll d über Lüscherz ausgesetzte Reh sind unter Jagdschutz gestellt; der Hịrz dagegen kommt im Seeland nicht mehr 20 vor. Um so häufiger ist der Dachs, der freilich 266 besonders im Jura all den Dachsfelden und Tavannes, Tassonnières, den etwa 12 Dézaley usw. 21 den Namen gegeben haben soll.
Schon der Wortklang führt zu häufigem Zusammennennen von Dachs und Fuchs. Die Lebensweise der beiden ist freilich verschieden genug. Vom Schaltenrain her, vom Fuchsenacher zu Siselen usw. her macht Reinecke gleich dem Altịịs in Hühnerställen Besuche. Er wagt sich jahraus, jahrein ung’schi̦niert mitts in e n Raaglete n Hụ̈ụ̈ser so großer und dichter Dörfer wie Ins. Vom Fuchsenacker in Lüscherz dagegen fahrt er de n Roßmöörter na̦a̦ ch (den Maulwurfsgrillen, S. 204), wobei er allerdings mit Durchwühlen der Kartoffeläcker meh schadt weder nützt. An Verschlagenheit und Kühnheit tut es dem Fuchse der Wolf gleich, der darum in der germanischen Eroberungszeit so manchen Kriegernamen abgab. Vgl. das bereits 1241 in Biel vorkommende Geschlecht und den noch 1517 erscheinenden Taufnamen Wolf. Auf einen solchen geht zurück: Ilfinge n, 1233 Ulfingen, 975 Ulivin, 866 Ulfinc, 1234 Ulvens, Orvin; 22 wahrscheinlich auch der seit 1663 sehr oft genannte Wolfe nhaag am Ostrand des Schaltenrain, statt dessen aber 1718 eine Gäserzer Flur so heißt, der ebensolche nebst dem Wolfenacher und der Wolfe nmatte n bei der Inser Brennerei. Der Wolfe nhaag soll allerdings so heißen, wil dört der letzt Wolf gfange n worten isch. Doch deuten bloß die starken Formen Wolfsbärg bei Aarberg (1642) und der alte Weg zer Wolfzaspatun bei Seedorf (um 1238) direkt auf das Tier, das eben in dieser Umgebung früher (z. B. um 1646) häufig gesehen und erwütscht wurde. 23 So hat man am 7. Oktober 1651 im Bargenholz dry Wölff g’spürt. Vogt Jakob Fellenberg hat dem einen das lingg bein ob dem talppen entzwöjj gschoßen vnd die knecht Im louf zSpringen also genommen, daß Er an einem Zuhn zevollem vßgmacht und im Amthuses Rythoof mit Trummen vndt pfyffen gebracht worden. Was ein männlin vndt In der acht (ziemlich) großer wolff. Ein noch größerer, der grauw gsin, hat sich wegen zweyer vnbeherzter und vnfürsichtiger personen gegenwart allgemach zurück vß dem garn gewicklet, vnd ist der dritte wolf vnsichtbar worden. 24 Solche Wolfegarn, für d’Wölf drị n z’sprengge n (wie man nach Niklaus Manuel den Kilchherren das gwild in das seil trieb 25 ), hingen unter manchem Chilche ndach. So auch zu Lengnau, wo 1558 das Wolfshụ̈si stand. Ein anderes wurde noch vor siebzig Jahren auf dem Rathausestrich zu Erlach aufbewahrt. Ein Lengnauer Geiger kam auf dem Weg nach Meinisberg einem 267 Wolf in die Quere. 26 Der hauste auf dem Bü̦tte nbärg, in dessen Waldecke denn auch eine Wolfsgruebe angelegt war. Hierher, wie überhaupt über das Juragehänge hinüber, kamen (wie seit 1537 bezeugt), oft tolle und wütende Wölfe über den gefrornen Doubs aus Frankreich, wo sie noch zur Stunde nicht selten die Schafherden heimsuchen.
Auch in der welschen Schweiz redet noch manches Clouloup (clos du loup), Prauloup, Plaine du loup, Loveresse, Louvin, zchar de Leu, 27 vielleicht auch der aus lauva, laua, (lupa) und lau, leu ( lupus als Weinstock-Räuber) deutbare Leue nbärg 28 bei Murten von ehemaligen Verstecken dieses Tieres. Aus solchen unternahm es so kühne Raubzüge, daß die Aarberger und die ältere Erlacher Handveste die von Wölfen und Hunden niedergerissenen Haustiere mit den finnigen oder sonstwie kranken auf eine Linie stellte. Das Fleisch aller dieser Tiere durften die Metzger bei einer Buße von sechs Pfund und vierzehntägigem Geschäftsschluß nicht in der Scha̦a̦l verkaufen.
Die Tiere wagten aber Angriffe sogar auf unbewehrte Menschen. Zumal in der Kälte und Nahrungsnot des Dezembers als des Wolfmonats (1522-1577). 29 Das führte zu Notwehraufgeboten 30 ganzer Gemeinden. So lesen wir von einer Wolfsjegi 31 zu Ins 1587 und 1666. Entwischte an einer solchen der bereits p’häcklet Wolf aus dem Garn, so war das Unglück gleich ein doppeltes. Nicht bloß hieß es dann auch bei ihm: b’brönnti Chin͜d schụ̈ụ̈che n d’s Fụ̈ụ̈r; das ụụsg’schlü̦ffe n (ụụsg’schlüffne n, ụụsg’schlü̦ffnig) Tier wandelte sich dann, statt in den Werwolf («Mannwolf») 32 der alten Mythologie, in eine Häx des neuern Volksglaubens. So einmal zu Eiß. Da flüchtete sich ein entgangener Wolf in einen Keller, welchem gleich darauf die (doch anderwärts beschäftigte) Hausfrau mit einer Chachle n voll Milch entstieg. 33
Der Büttenberg nährte vill Wölf und Wildsäü. 34 Gewaltige Wildschweine, 1640 eins mit acht Jungen im Leibe, näherten sich selbst der Gegend von Aarberg. 35 Sie durchwühlen ( vermillent, woher der Name Vermelliay 36 im Bezirk Nyon) noch jeden Herbst und Winter jurassische Felder zu großem Schaden der Landwirte. Auch in Ins verfolgten 1748 sechs Männer ein Wildschwein, «das sich in der Nähe hat spüren lassen». 37
Das mit Bẹẹr (Eber) ähnlich lautende Beer führt uns schließlich auf den ursus, ours, der manch ein Ursins, Orsonnes, Orsières, Loursine, 268 tannà l’Or, Ormont und Orval usw. 38 benannt hat. Denn auch er suchte einst die Westschweiz ebenso heim, wie bis in die neuste Zeit das Bündnerland. 39 Am 16. September 1680 wurde der Vogt von Lebern angewiesen, zur Wolf- und Bärenjagd 40 aufzubieten. Im Gericht Twann wurden 1643 drei beren gefelt (nicht etwa gefehlt, sondern gefällt) oder gefangen. Zwei davon wünschte der Landvogt von Nidau für sich. 41
1
Vgl. Brandstetter im Geschichtsfreund 44, 247.
2
Über Wildschutz:
Stat. 05, 2, 153.
3
Vgl. Prof. Dr. Vetters freundlich einläßliche Besprechung unseres «
Gb.»
4
Vgl.
schwz. Id. 4, 470 ff. und Hennenmoos: ebd. 472;
OB. 1912, 157-163.
5
Ebd. 2, 407 f.
6
Favre 135.
7
Vgl. Widmann, Der Heilige, 122.
8
Auch im Suhrental.
9
Taschb. 1912, 314. In Roggwil sogar 18 (
OB.).
10
Tempo und Temperament verwechselt.
11
Wie in
Gw.
12
Im Emmental (Gfeller 32): uf d’Feete (Fährte).
13
Papst 49.
14
Ebd. 1254.
15
Ebd. 550.
16
Vgl.
un nid de foulque sur le lac de Neuchâtel im
OB. 1912, S. 205-8. mit Bild vom französischen Redaktor
Alfred Richard in Neuenburg, dessen freundlichem Geleit an den Witzwiler Seestrand, wo er im Verein mit Herrn und Frau Direktor Kellerhals ein Vogelasyl ausgewirkt hat, wir wertvolle Mitteilungen verdanken. Zugleich ist er ein Hauptgewährsmann für sachliche und sprachliche Richtigkeit unserer vogelkundlichen Skizze neben Lehrer
Mühlemann in Aarberg, welcher, ebenfalls in seltenem Maße «Vogelsprache-kund», uns an jenem unvergeßlichen Maiabend 1913 durch das von ihm und dem Aarberger Verkehrsverein aus einer undurchdringlichen Wildnis in ein «Paradies» umgewandelte
Aaregrien geleitete.
17
Favre 237.
18
Vgl. baslerisch: der Öpfel stelle
n (selbstgefällig den Kopf hoch heben).
19
Jacc. 231 f.
20
Vgl.
S. 156.
21
Den Namen gab:
Jacc. 133. 156. 452 ff.
22
Ebd. 322.
23
Forer.
24
Ebd.
25
Ablaßkrämer Vs. 139.
26
Man lese
Lg. 173.
27
Jacc. 241 f. 361.
28
Vgl. Studer, Ortsnamen 156.
29
EB. A 331;
Chorg.
30
Favre 231 f.
31
NM. 327; TSB. o/G. EEE 26.
32
Ahd.
wër = lat.
vir (Mann).
33
Stauff. 57.
34
Lg. 173.
35
Forer.
36
Jacc. 500.
37
Chorg.
38
Jacc. 101. 241. 320 ff. 482; vgl. den
Mutz:
Brid. 259.
39
Hier wurden noch 1879 drei Bären erlegt, wie 1816 bei Diemtigen der letzte im Berner Oberland. Im Mai 1913 brach ein Bär aus dem Tannunsertal ins obere Inntal ein und zerriß eine Menge Schafe, bis um Mauders ein Bauernsohn ihn erschoß. Es sind also noch heute nicht alle Bären «aufgebundene» «Saisonbären».
40
NSW. 1911, 352.
41
Schlaffb. Tw. 40
b.
Zwischen den Westläufen der mittlern Aare und der untern Sense breiten sich behaglich im Norden der Spielwald, im Süden der Forst ( S. 236). Vor Rodung schon durch die Berner Handveste geschützt, stellt dieser stattliche Staatswald ein unantastbares Erbstück aus ältester Alemannenzeit dar. In dieser reichte er bis an die Sense 1 und wohl bis an deren Verbindung mit der Aare durch den Nordlauf der letztern. So stark ausgedehnt, bildete die silva Teutonicorum 2 den Kern der westschweizerischen Grenzwüste, welche von Biel bis an den Chandon bei Wiflisburg und bis an das Freiburger Oberland reichte. 3 Grenzwüsten, bestehend in Sumpf und Moor, Wald und Verhauen im Wald, legten überhaupt germanische Stämme mit Vorliebe zwischen sich und ihre Feinde. 4 So schied der mitteldeutsche Waldgürtel zwischen Germanen und Kelten. 5 Die Grenzwüste zwischen Chablais und Faucigny wurde bis 1386 militärisch bewacht. Noch 1499 wollten die Eidgenossen durch ihre Verwüstungszüge eine zehn Stunden breite Grenzwüste schaffen, nach Art der bei Hegau bis ins 10. Jahrhundert bestehenden. 6 Ein westschweizerisches desertum (unangebaute Gegend) wird bereits 367 erwähnt. 7 Es hielt in der Folge besonders die Alemannen und Burgundionen auseinander, bis (im Jahr 920) der Burgunderkönig Rudolf II. die Tochter des Alemannenherzogs Burkhard, die vielgenannte Königin Berta heimführte. Als Grenzscheide nun zwecklos geworden, war «der deutsche Boden» (vgl. die karolingische Eremus 8 ) nun Gegenstand verheerender Raubzüge. (Zwischen 1016 und 1084 gab es elf solche.) 9 Erst unter den Zähringern wurde der große Landstrich seit der Römerzeit erstmals wieder bebaut und besiedelt. Es erstanden die Städte Freiburg und Bern « im Üechtland», will sagen: im Weideland, und sachlich genauer: im Land der Morgenweide. 10
269 Um für den Waldlandbau. wie er noch bis vor wenig Jahrzehnten zur Getreideerzeugung um Neuenegg gepflegt wurde, 11 wohlgesättigte Stiere an den Pflug spannen zu können, trieb man diese um Mitternacht auf die Weide. Die Kühe wanderten mit, um nach dem Melken sich im Stall vor G’schmäüs und Hitze zu bergen.
Noch 1450 durften Walperswil und Siselen im Siselenwald weiden, 12 und wenigstens «mit seinem kleinen guth» durfte noch 1479 der Gersatzhoff (das heutige Gääse̥z) in die Erlach Hölzer fahren. 13 Ja, noch am 5. Mai 1800 reiste der Gampeler Gemeindskassier «nach Bern, damit man mit dem Vych in Wald fahren dörfe.» Erst 1727 wurde in der ehemaligen Grafschaft Erlach ein Anfang gemacht zur Aufhebung des Waldweidgangs ( S. 239) durch Waldteilung, wobei der Staat alles Weiden in den ihm verbleibenden Wäldern untersagte und in den Gemeindewäldern es beschränkte. Nur die allgemeine Feldweide blieb bis 1798 fortbestehen. 14
Die Mattenbesitzer halfen sich nun mehr und mehr damit, daß sie sich Einschläge ( Ịị nschleeg S. 152) bewilligen ließen. Solche Einschläge für Weiden heißen sehr häufig Tiergäärte n, 15 dagegen in einem Patois Cerniaux; der Name erscheint verdeutscht im Schäärne̥lz über Ligerz, also am Juragehänge. Dagegen ist die oder der Galm, gleich 270 der oder dem «Galen», ein beraster Bergrücken, 16 wie der Galmwald westlich des Forsts und der Galm bei Murten zugleich bewaldet. (So ist La Chaux-de-Fonds, Schópfoo, Lắtschoo, Latschŏ́de̥fu̦ng, Latschŏ́de̥ri̦ffung eine Galm in der Ebene. 17 ) Als Pferdeweide zwischen der Altstadt Biel und dem See diente «die matten genampt der paßgart»: der oder das Paßge̥rt, le pasquart (zu pascere, paître), bis die Lebensmittelteuerung von 1770 seine Aufteilung zu Pflanzland forderte. 18 Doch sehen wir bereits 1540 Räben Im paßgart 19 gepflanzt. «Gemeinweide» war das aus compascua 20 entstellte «Gu̦msche n» ( Belfaux), während «Weide» in Vuadère, Vuagère usw. 21 wiederkehrt. Speziell die Chüewäid erscheint als Cham pbovay. 22 Die war als Talweide ziemlich eng beschränkt. Daher noch heute der Spott über einen beschränkten Menschen, er sei nie us der Chüehwäid ụụsḁ choo̥ n, aber auch die Vertröstung über Verlornes, das sich schon wiederfinden werde: es wirt öppḁ nid us der Chüehwäid ụụsḁ sịị n. Noch enger ịị nta̦a̦ n ist natürlich der Chalberfeerig, wie er in einer Lüscherzer Flur sein hohes Alter feiert. Auf weiter Flur bewegten sich dagegen zu allen Zeiten die Schafe, wie abermals zu Lüscherz die (1779) oder der Öütsch und die Öütschzälg (1809 23 ) beweisen. Dieses anderwärts in «Äugste n» (Rüschegg), 24 «Äugstere n» (Rüegsau), Auswil («U̦sẹl») usw. verewigte owist (Schafstall) erinnert einerseits an den Treitener- Scha̦a̦fblätz, anderseits an unumschränkte Schmalviehweiden 271 älterer Zeit. Noch 1832 erlaubte die Oberforstkammer, daß die Lüscherzer ihre Schäflin und Zigen an der Holen (Halden) am Seebort weiden.
Sie mußten natürlich, um Schaden weder zu stiften noch zu leiden, streng g’hüete n choo̥ n 25 (gehütet werden), was der Pferch gar nicht und der Zaun weniger nötig macht. Wie dieser letztere auch im Seeland überall die Weideherden einschloß, zeigen noch Fluren wie bi’m Tü̦ü̦rli zu Siselen und d’s Bueche ntü̦ü̦rli im obere n Buech zu Brüttelen. In diesem Gemeindsbezirke stan͜de n no ch fast all Gatterstöck.
Schon der Mehrwert des nicht im alten Moos ( S. 153 ff.) geweideten Viehs nötigte aber doch auch hier zu strenger Hut. Auf die das Weidetier in jeder Bewegung verratende Tringele n (wie sowohl die «Treichle n» als die Weideglocke und das Glöckchen heißt, S. 157), verließ man sich nicht. Bereits die Rücksicht auf Kulturen gebot, z. B. 1518, die Weidefahrt durch fremdes Gut nur «mit getribener Ruten» (der Treibrute) «vnd vfgehebtem haubt» (des Viehs) zu gestatten. 26 Dann sollten (1570) die Ochsen der einen Weide nicht das Vieh der benachbarten Weide übersprängen ( übersprengge n) oder abtriben; das schwächere Vieh soll g’rüewiget bliben. 27 Wir erfahren denn auch, wie z. B. Siselen 1823 den Weber Jakob Schwab als Hirte n bestellte, und wie Tschugg 1764 die Erlaubnis einholte, seinem Viehhirten ( S. 161) im Rappe nried ein Haus samt Umschwung herzurichten. 28 Der Armenrodel von Gampelen erhielt 1696 die folgende (typische) Eintragung: In Ansehen des Peter Rubeli des Sigristen sel. drei Kinder Babi und Anneli, der en das erste 20 und das zweyte 18 Jahr alt, ist geordnet worden, daß, wyl si nit mehr steürwirdig, sondern sich selbst wegen habenden Alters wol erhalten können, wenn sie wöllen, sy rev. das Vych und Schwyn hüten sollen, und man Ihnen nach altem Gebrauch den Lohn von jedem Stuck geben sölle. Das Babeli Meyster sölle helfen hüten, der Lohn aber dysen ( di̦i̦sne n = jenen) beiden, wyl das Babeli Meyster sonst erhalten werde, einzig heym dienen. Überdies hatte der Feldbannwart ( Fäll dbannḁcht, Fäll dhüeter) während der Weidezeit die Fluren zu beaufsichtigen. Er bezog dafür in Siselen eine Korngarbe und einen Haufen ( Hụffe n) Haberfrucht. 29
Der steigende Wert der Talgüter, verbunden mit der seeländischen Güterzerstückelung, trieb immer entschiedener das Nutzvieh in den Stall und das Jungvieh auf die ganzsommerliche Bergweide. Im Amt Erlach 272 wurde bereits 1773 der Weidgang auf den Matten loskäuflich erklärt, womit zugleich den Armengütern ein Erkleckliches zufloß. 30 Zum Weideersatz für das Jungvieh diente bereits 1593 der Gu̦rtlarịịbärg (Courtlerey Berg) und im Februar 1669 hieß es: die von Erlach schulden eine Beysteüwr von Ihrem Berg im St. Immertal. 31 Schon vorher: 1572, sehen wir den Sant Johánnsbärg mit 80 Haupt besetzt. 32 Neben der bereits 1778 durch den Bärgmeister Jakob Küenzi vertretenen Bärgg’mein Erlḁch gibt es seit dem 11. August 1912 eine eigene, aus der Inser Viehzuchtgenossenschaft rekrutierte Bergg’nosse nschaft Eiß, welche unter Ausschluß eines direkten Geschäftsgewinns die bestmögliche Förderung der Jungviehzucht bezweckt. Schon zuvor kauften Inser den Schụ̈́ffoor (Chuffaur, Chaux-four, «Kalkofen»), eine über Linieri ( Lignières) und 400 m unter dem Chasseral gelegene Weide um 27,000 Franken. Die Viehzuchtgenossenschaft Ins aber besitzt die für 68,500 Franken gewertete, 200 Jucharten große und künftig einen B’satz von 130 Haupt gestattende Bergweide Sángeltü̦ bei Balstal. Seit 1908 besteht ferner eine Berggenossenschaft Bụ̈ụ̈re n, und länger schon eine in Lyß gegründete und geleitete seeländischi Bärgg’nosse nschaft. Sodann gibt es Genossenschaftsweiden uf dem mittlere n und hin͜dere n Bielbärg, Bözingerbärg und andere, von denen im Band «Twann» zu reden sein wird. Private Bergweiden, von Seeländern gehalten, gibt es zu La Colisse über Ilfingen und an der Gästlere n (Chasseral). Schon 1606 sehen wir die Alp Gestler, den Geschler Berg oder kurz den Geschler besetzt, u. a. als Vreinisperger ( Frienisbärger) Alpp am Geschler, aber auch durch Einen aus dem Vallendyser Thall ( Valangin) usurpiert. 33 An diese Bergweide hält sich nunmehr der Tannenhof, indes Witzwil den größten Teil der Kiley im Diemtigtal innehat.
Diese gehörte von jeher hohen Eigentümern. Um 1300 forderte das Augustinerstift Amsoldingen von den Herren von Burgistein, Cuno Münzer u. a. Inhabern des Bergs, genannt Kyleia, die teilweis jahrelang vergessenen Lehenzinse ein. 34 1366-68 aber zog die Kirche von Amsoldingen ein: von der Kileya 33 solidi (« sous») und vom Vildri (Fi̦lderi̦ch) 35 3 Pfund und 10 solidi. Den Filderich hatten 5, den montem Kyleam im ganzen 21 Pächter inne. 36 Einen Drittel der Kiley aber, in Oyen, ( Oei, Ei) in der Parochie ( paroisse) Erlenbach gelegen, gab am 31. Mai 1370 der Edelknecht Johans Posso von Diemtigen, Burger ze Thun, um 370 Pfund zu Mannslehen hin an Ruff von Zeiningen, ebenfalls Burger ze Thun. 37 Bei der Thunerfamilie von Rougemont zu Schadau verblieb die Alp denn auch, bis sie 1906 um 700,000 Franken an den Simmentaler Holzhändler Wälti und durch diesen an Witzwil kam.
273 Zur Kiley gehören nun längst auch der vordder und der hin͜der Filderich als die untersten und besten Staffeln; und die obere der beiden stattlichen, geräumigen, auch für Alpgäste sehr wohnlichen Hütten ist nicht mehr ung’hụ̈ụ̈rig, von Ung’hụ̈ụ̈r bewohnt, wie noch der Oberberg als die zweitoberste der sechs Hütten es sein soll. Da seit 21. August 1912 alle diese unter sich und mit der Umwelt telephonisch verbunden sind, ist das Gefühl der Weltabgeschiedenheit da oben völlig geschwunden. Und doch ist man mitten in die hehre Bergwelt versetzt, wenn man zur Kileischịịbe, Männli-, Gi̦i̦rge̥lli- und schattige n Schịịbe n, zur Männli- und Wi̦ße nflueh, zum Wanne nspitz, zum G’sụ̈ụ̈r, zum Aarbe nhorn und zu den Tü̦ü̦rmlihöörner hinanblickt, oder gar auf dem Ottere ngrat (2282 m) sich vom wundervollen Anblick der Blüemlisalpgruppe und ihres hehren Gefolges zur Linken und Rechten bezaubern läßt.
Unter diesem Grat liegt die Staffel Obertaal. Ihr folgen talwärts Oberberg, Stäi nboode n (simmentalisch: Sti̦i̦ nbŏ́de n) und die beiden Filderich. Links des Fildrichbaches liegt die mit Druckwasserleitung neu versorgte Sunntigha̦a̦l de n als Anstößerin des Neßli und des Rạufli (Ru̦u̦fli).
Unter Lawinen ( Louene n) wohnen kann also hier oben auch der Witzwiler. Unschädlich ableiten aber konnte man sie von den drei Hütten des Steinbodens, den zwei der Sunntighoole n und der einzigen im Obertaal längst durch deren Bau als Äi nschilt und durch den drụ̈ụ̈g’geggete n Steinvorbau, wie solchen der Wanderer durchs Oberwallis 274 schon von der Straße aus zu sehen bekommt. Material zu solchen Wehren liefern alle Staffeln; besonders der Stäi nboode n, wo das rụụme n des Grasbodens die Haupttätigkeit der sommerlichen Kolonisten ausmacht. Das geschieht aber auch so sụụfer, das s es ụụsg’seht, wi mit dem Beese n g’wüscht. An andern Stellen ist dies freilich ein ebenso gefährliches wie hoffnungsloses Unternehmen. Hier gewinnen höchstens die des chleebere n und chlättere n gewohnten Simmentaler das Rịtzhäü 38 (Rịtzhöww), von dessen Ertrag ihnen zwei Drittel als Lohn zufallen, nebst der Vergünstigung, den letzten Drittel als Reserve für unzitige n Schnee zurückkaufen zu können. In den durch Saaner zu Witzwil und durch Witzwil bei den Simmentalern eingeführten Troolseck, diesen äußerst soliden Seiltüchern von Klafterlänge und ovaler Form mit handflächengroßen Maschen, tragen die breitschultrigen Bergsöhne drei Zentner (150 kg) dürren Heus bis zu Stellen, wo solch ein Sack ohne Schaden bergab troolet. Hat er in abenteuerlichen Purzelbäumen den Steinboden erreicht, so wird er durch die Dachöffnungen der zwei obersten Hütten auf die Heubühne entleert.
Wie herrlich duftete nach acht regenlosen Wochen im August 1911 e n Hampfe̥lle n söttigs Häü! Es stecken aber auch darunter die denkbar besten Alpenkräuter, die glücklicherweise bis weit hinab in die Rindviehweide gedeihen: die wi jungs Rüeblilạub aussehende und riechende Mu̦tte̥rne n (Alpenliebstock, Ligusticum Matellina); das Adel- oder Edelgras (Alpenwegerich, Plantago alpestris); der gewöhnliche und der rächt: der si̦i̦be nbletterig Tḁumantel ( Alchemilla vulgaris und montana); der Bchölm (Feldquendel, Thymus Serpyllum), der Chü̦ü̦mi (Kümmel, Carum carvi), verschiedene Arten Säüchrut ( Taraxacum). Das auf Steingeröll im Schatten eines fußhohen Tännchens zu voller Reife gediehene Hẹppeeri (Erdbeere) schmeckte dagegen ụ̈ụ̈s besser, und wir warteten nicht, bis der Jubel über das Glück eines sieghaften Schwingers sich buchstäblich erwahre: är het ’na̦ g’nooo̥ wi n e n Chueh e̥s Hẹppeeri! Andern überließen wir dagegen die hellroten Beeren des Seidelbast, der mit seinen Blüten lieber als Verkündiger des Alpenfrühlings gesehen wird. Ebenso die geel bi Jänzene n und besonders den blauen Eisenhut, der neben Brennnesseln die Oberberghütte wie stürmisch belagert. Solche Lägerpflanzen verschwinden immer mehr, wo wie bei den untersten Staffeln Zeit und Antrieb nicht fehlen, den Kuhdung weit herum zu verteilen: der Dräck wi̦t z’tra̦a̦ge n. Es verschwinden damit und bei der durch Witzwil eingeführten herbstlichen 275 Alpendüngung mit Schlagge nmähl (Thomasschlacke) auch Kräuter wie der Bu̦u̦ rst ( Nardus stricta), um deren willen ein Zukauf des erst zu teuer angebotenen Restes auf der Föhnseite der Kileialp nicht vor 1913 stattgefunden hat. Der Name Kilei selbst gilt dem (namentlich im Filderich) stellenweise massenhaft verkommenden Alpenampfer ( Rumex alpinus, Mönchsrhabarber): der Chi̦le n. 39
In ihrem nach achtwöchiger Tröchcheni noch immer saftigen Grün weist die Kilei sich glänzend als wasserreiche Alp aus. Kein Wunder, daß sie, von Simmentalern auf 300 Kuh- und 1200 Schafrechte eingeschätzt, auf dem zu Witzwil gehörenden Großteil 210 Gu̦sti (ein- bis dreijährige weibliche Jungrinder) und 90 jung Stiere n (künftige Zugochsen) reichlich nährt. Auf diese Weidetierarten beschränkt sich nämlich Witzwil, das seine Kühe daheim weidet ( S. 162) insofern, als es seinen Älplern bloß die zum Haushalt erforderlichen Milchtiere mitgibt. Es setzte sich damit zu der Alpwirtschaft der Simmentaler in einen von diesen scharf bemerkten Gegensatz.
Allerdings het das öppis an͜ders vorg’stellt, wenn die sämtlichen Käse aus all den (altseeländischen) Sennschụ̈ụ̈re n (1628) 40 der Kilei im Spịịcher des untern Filderich sechs mächtige Gaden mit den obligaten Bankige n füllten und die augenfällige Illustration zu der Inschrift über der Haupttür lieferten:
Gesundes Vieh und gute Weid
Gibt schwähre Käs und machet Freud.
Am auffälligsten war den Simmentalern die Besetzung der frühern Schaf- und Ziegenweiden der obern Staffeln mit den Stiere n: den ganz jung kastrierten U̦u̦rnere n. 41 Allein auch die künftigen Zugstiere trainieren sich mit offensichtlichem Vergnügen durch Kletterübungen zu gleichzeitig starken und gelenkigen Tieren und werden gleich den Jungrindern durch herdenweises Zusammenleben frein («lu̦u̦b»): gutartig, verträglich, lenksam.
Die Weidepraxis gestaltet sich so, daß nach der Alpfahrt gleich alle 300 Stuck die beiden Fildriche beweiden. Unterdessen haben auch die Gräser der vier obern Staffeln fụ̈rḁg’stoo̥ße n ( poussé), häi n si ch b’chịịnt («bekeimt», z’weeggla̦a̦ n) und ihre Chị̆de n ersprießen lassen. ( Är het e̥käi n Chị̆de n, e̥käi ns Chị̆dli vo n mene n Seeländer: er hat gar nichts von der Art eines solchen an sich.) Dann nehmen für den Hochsommer die Jungochsen das Obertal, die Jungrinder 276 die drei andern Oberstaffeln in Beschlag. Bis in den Oktober hinein bilden sodann die Filderiche abermals Raum und Weide für alle.
Die fünfzehn auserlesen gutartigen Strafgefangenen, von drei Aufsehern und der Gattin des einen geleitet, finden ebenfalls in den Filderich vollständige Betti (Betten). In den obern Staffeln freilich müssen die Bettstatten der Gefangenen ersetzt werden durch die Häübühni als Unterlage für den Spreuersack und die drei guten Wụlldeechine n. Ja, im Obertal bietet den Raum für zwei unbeaufsichtigte, vertrauenswürdige Männer ein einfacher Verschlag samt Bühne, auf welcher letzterer die Gaschgere n als einfachstes Nachtlager angebracht ist. 42 (Dagegen ist die simmentalische «Gastera» die Bettstatt samt Bett.) Diese oberste Staffel ist also ungefähr ausgestattet wie die kurzen Vor- und Spätsommerstationen Grindelwalds, die nachobersten wie die des behaglichsten Hochsommerlägers der großen Scheidegg. Der vordder Filderich aber darf Bischöfe und Kardinäle zu Gaste laden. 43
1
Lüthi G.
2
Wurstemberger 2, 104;
Font. 1, 294.
3
Lüthi P. 3. 63.
4
Caes. BG. 4, 3; 6, 23.
5
Hoops 1, 413 f.
6
Joh. Meyer.
7
Ammianus Marc.
8
Hoops 1. 425.
9
Lüthi P. 1908, 11.
10
Zugrunde liegt (vgl. Dr. Adeline Rittershaus: altgermanische Ausdrücke für Gesichtsempfindungen. S. 50) das mit «Auge» (
Kluge 28) wurzelverwandte «ach-ten»: absichtlich hinsehen (
Gw. 42. 96. 123 u. ö.), sinnverwandt mit «hüten» (Ritt. 10) und
gaume
n (Ritt. 1). Wie es nun neben altem
ā den Ablaut
uo gibt (Adel, Uodel;
wâge, Woge,
Wuoggisch:
Gw. 34), so auch aus ach (vgl.
schw. Id. 1, 84): Wachs, Wuechs; Achse-l, Uochse, Uexe
n (
Gw. 78. 483. 637), achter- (statt after-) wärts, u(o)chterwärts (1612:
EvR. K. 2, 315). Dem entsprechend hieß das Land der (frühmorgendlichen, vor Melken und Landarbeit stattgehabten) Weide das Uechtland (
P. 02, 17-23;
schwz. Id. 1, 84), die Weide war (tautologisch aufgefrischt) die
uochtweide, ihre Zeit die
uochta (
Graff 1, 138),
uochte (
mhd. WB. 3, 191), ihr Platz die
uochtât (vgl. Heim-at). Eine gotische Sproßform heisst
uchtwô (Morgenzeit;
air uhtwôn vor Tage: Marc. 1, 35 usw.; s. Heyne in Stamms Ulfilas). Demgemäß lag 1546 Bern im «Uchtland». Eine Nebenform
uochtî erzeugte die Umlautform
Uechtland (1475), ohne den Doppellaut: Üchtlandt (1475, 1539). Wie aber z. B.
füecht als «feucht» schriftdeutsch erscheint, so schrieb man im 15. Jhd. «Euchtenland» und als ablautendes Gegenstück zu dieser -ei-eine -au-Form: «Ouchtland» (
schwz. Id. 1, 84), welcher das süddeutsche «auchten» (nächtlich weiden) entspricht (
P. 1908, 2 f.). Von hier aus war Tür und Tor geöffnet für Formen wie «Friburg in Ohtilandin» (1264). Ostelanden (1266). Oihtlanden (1268), Ohtelandia (1275), Hosterlandia (1294), Oechtlanden (1406):
Font. 2, 589. 656. 704; 3, 141; SWB. 1828, 434,
Recueil dipl. 1, 23; Öchtland (bei Tschachtlan). Formen sodann wie Ochtische, Ochitsche, Ootsche, als Oktisee oder Uechtsee, Uchtsee verlesen, erzeugten die Meinung, der Murtensee habe (was ja sachlich wohl denkbar wäre) einst «Üechtsee» geheißen (
Zimm. 2, 32 f.). Falsche Wortgruppentrennung endlich, vergleichbar mit «Rast» statt «Ast», brachte die Formen «Nüechtland» (Haller, «Ursprung des Übels» und «Alpen») und
Nieuchtland (
Land. 12) zuwege mit der vom jüngern Wyß (Reise ins Berner Oberland) versuchten Herleitung aus
nüechtele
n, müechtele
n (muffig riechen, wie ja wirklich zu Zeiten das Moor tut). Vgl.
Vetter 250 f. mit der Anknüpfung an den Begriff «Morgendämmerung» und dem Hinweis auf agglutiniertes «
Nüechter
n» usw.
11
P. 1908, 3.
12
Schlaffb. 1, 7.
13
Ebd. 23.
14
Stauff.
15
AhV. 7, 276; vgl.
Gb. 270.
16
Schwz. Id 2, 203. 233
17
Bull. 4, 1 ff.
18
Bähler SdS. 1913. Nr. 5.
19
SJB. A 165.
20
Über
compasca, cumpsca, gumsche (Stadelmann in
Arch. Fbg. 1900, 366).
21
Über afz.
waidier (weiden):
Jacc. 524.
22
Ebd. 68.
23
Im Geometerdeutsch: Heutsch.
24
Gb. 158.
25
Mit der «starken» n-Form der adjektivischen Isolierung angenähert, wie wir sie in
g’hürooten (verheiratet) und in der Grußfrage
bisch ó
ch erwache
n? finden.
26
Schlafb. Tw. 67
a.
27
Ebd. 91
a.
28
Schlaffb. 1, 285.
29
Der Hütejunge:
Ndsächs. 49 ff.
30
Stauff. 30.
31
RM. 158. 164. 413. 547.
32
SJB. B 696.
33
SJB. C 20.
34
Font. 4, 46.
35
F. 8, 156.
36
F. 8, 136.
37
F. 8, 37.
38
Vgl.
Gb. 191. 210.
39
Gw. 246.
40
SJB. C 186.
41
Vgl. «Urning». Das «U̦r-» läßt (vgl.
schwz. Id. l, 464) an
ûr(-ochse) und
ûrrint denken mit Wandlung des Urbegriffs (
Kluge 27), wie «Ochse» (ebd. 335) und «Stier» (ebd. 444, vgl.
Lf. 258;
Gb. 167) sie erfahren haben.
42
Vgl.
Gb. 383.
43
Vgl. die schweizerische Alpwirtschaft im Spiegel der Mundart, von Dr. Chr. Luchsinger (Zürich, 1910) und O. Frehner: die alpwirtschaftliche Terminologie der deutschen Schweiz (Vortrag in Zürich 1912).
Wenn die Bergrinder nach den untern Staffeln hinabziehen, verlassen auch die Kühe des Talbauers ihre dumpfen Ställe und freuen sich weidlich ihrer Herbstwäid. Heimeliges Herdenglockengeläute durchhallt die frischer gewordene Tagesluft und gibt der Talflur ein Stück der Alpenpoesie, die dem Bereich der schellenbehängten Jungrinder aus haushälterischen Gründen entzogen werden muß.
Dagegen fehlt auch und erst recht im Seeland die Frühlingsweide. Zu der angesichts der Flurzerstückelung doppelt streng erforderten Hut fehlt es im Früehlig an Leuten. Zudem berast sich der Waase n ( gazon, im Patois aber mit etwa 20 Waz, Vuaz, Voix 1 usw. vertreten) so rasch, daß « die Erste Blumen darab» (1751) viel vorteilhafter bereits Mitte oder doch Ende April ịị ng’graaset, g’graaset, g’chöo̥let wird. Und was dabei an Weidepoesie verloren geht, ersetzt sich durch den Anblick eines Flors, der mitunter an eine Grindelwaldner Wiese im Juni erinnert. So besonders auf grünen Fluren, die hier von Gehölz oder Gehege umrandet werden, dort an ein Getreidefeld oder ein Rebgelände stoßen. Da suchen den lockenden Duft des Veieli ( Viola odorata) das Stäüfmüeterli ( Viola tricolor) und der Dụụbe nspick 277 oder Dụụbe nchropf ( Viola canina) durch Augenfälligkeit zu ersetzen. Das Haarzneege̥lli oder die Kuckuckslichtnelke ( Coronaria flos cuculi) überstrahlt die Gu̦ggerblueme (das Buschwindröschen, Anemone nemorosa), wie das Anke nblüemli (Scharbocks- oder Feigwarzenkraut, Ficaria verna) sich dies vom Anke nbälli ( Trollius europaeus) und von der Totterblueme n ( Caltha palustris) gefallen lassen muß. Zeitlich weicht das Meerze nglöggli (Schneeglöckchen, Galanthus nivalis) und die Aberelle nglogge n (in Kerzers: Stiere nglogge n) dem Mäie nblüemli oder Mäie nrịịsli ( Convallaria majalis), doch nicht ohne mit dem Streit um den Vorrang der Frühreife an das mit Narcissus poeticus und Tulpe um sich werfende Sprüchlein zu erinnern:
Steerne
nblueme, Tullipaa,
D’Frạu isch Mäister u nit der Man.
278 Darf dieses Sprüchlein fast international heißen, so ist dagegen gut eißerisch das folgende:
Tullipa u Steerneblueme
Git e schöne Mäie.
Ammḁ
nns Töchterli bin i nit,
Siibe Röckli han i nit,
Aber numan äine;
2
Cha mi doch ’mit mäine.
Sogar zwei «Röcke» hat immerhin das Maßliebchen ( Bellis perennis). Gleichwohl überläßt, mit wie reichem Flor es auch die Flur bedecke, dies Margritli der groo̥ße n Margrịte n oder der Sant Johannsblueme n ( Chrysanthemum Leucanthemum) den Kampf mit so hinfälligen Schönen wie der Chü̦lbe n (Klatschmohn, Papaver Rhoeas).
Gern sähe es der Eigner eines Getreidefeldes, wenn die (einstengelige) roo̥ti und die anmutig buschige blaaui Choornblueme ( Centaurea cyanus) die das Mehl vergiftende Ratte n (Kornrade, die lilafarbene und die blaue Agrostemma githago) aus dem Felde schlügen, um ihm das Ratte n zieh n zu ersparen. Die dummen Jungen könnten dann mit andern Schmiermitteln als den schwarzen Samen sich gegenseitig d’s G’frees schweerze n. Der Landmann scheut auch die böo̥se n wị̆ße n und die etwas harmlosern zwäüfeerbige n Win͜de n ( Convolvulus arvensis), welche schwer lösbar um einzelne Halme lịịre n. Nichts freilich ist ihm so zuwider, wie der ganze Getreidefelder überwuchernde wị̆ß und geel b Sänf ( Sinapis alba und arvensis), um dessen willen auch Sänfzieh n und Disch tle n stäche n mit dem Disch tle nschụ̈ụ̈feli zu den zeitraubensten Geschäften gehört. Gern vergesellschaften sich nämlich solche Feinde mit dem stächige n Ackerhohlzahn ( Galeopsis tetrahit): der Gụụre n oder der Disch tle n, welchem einfachen Namen gegenüber die Säüdisch tle n die Gattungen Cirsium und Carduus in äi n Wi̦i̦d nimmt. Wie diese gelegentlich, werden die als Ochse nzunge n zusammengefaßten breitblättrigen, das andere sprießende Grün verdrängenden Rumex-Arten in eigener angelegentlicher Arbeit, obwohl z’graadem Rügge n, ụụsgstoche n, ụsḁgg’wichtet. Sie lassen sich freilich auch durch Bestreuen der Herzblätter mit Kalisalzen vernichten. 3
Die ungeheure Überzahl verunmöglicht eine ebensolche Bekämpfung der von den Welschen als Craiva polaille (crève-poulle) gefürchteten Herbstzeitlose und des Chatze nsti̦i̦l oder «Pferdeschwanz» ( Equisetum, 279 cauva a tsavo). Tritt dieser aber bereits in das Gebiet der Volksheilmittel über, so vollends der als Eselsfuß ( Pas d’âne) bezeichnete Huflattich (die «Husten» und jegliches Halsübel vertreibende Tussilago farfera), die um Ins als Zịtröo̥seli oder Theeröo̥seli, im Jura als kakroutsch, in Gals als Tschụrụdsch benannte Pflanze. Wer vergäße in diesem Zusammenhang die als Teelieferantin mit der Lindenblüte, als erster Wiesenschmuck mit den Aprilglocken wetteifernde Schlüsselblume ( Primula officinalis)! Der Volksmund unterscheidet bei ihnen die hellgelbe Schnu̦u̦derchängele n oder das Schnu̦u̦derchängeli oder das Schlüsselblüemli (wogegen die Hyazinthe das Schlüsseli genannt wird), und das dunklere Guldchängeli, auch etwa Bergchängeli oder Prịịmeli geheißen.
Zugleich als Heilpflanze und als Futterkraut schätzt man den Doome̥ti̦ll ( Tormentilla), den Spitzweegerich oder -weegerist, auch Vögelifueter genannt, das Karmä́nderli (Gamander, wo guet für d’s Wasser isch, d. h. die Urinnot hebt), d’Gottsgnaade n (Mauerraute), das Schlange nchrụt (Nieswurz, Helleborus). Für Schafe und Ziegen wächst im Rötschbach die Gäisläitere n ( Spiraea ulmaria). Zahlreiches Erscheinen des Gältseckeli (Hirtentäschchen, Capsella bursa pastoris) droht, das s es nid Häü geeb. Auch das Nachtchäppli (große Glockenblume) weist auf mageren Bestand, wie auf trockenen und untiefen Boden der wild Bchelm oder Bchölm ( Thymus Serpyllum, S. 274), wo so guet schmeckt. Auf reichen Boden deutet dagegen die (von Urinkranken aufgesuchte) Säüblueme n oder das Säüchrut (verschiedene Arten Taraxacum). Das ụụsstäche n der ersten Frühjahrstriebe für Salat und Gemüse scheint viele Wiesen dieses herrlichen Krautes derart beraubt zu haben, daß Ortspolizeibehörden mit Verboten und Bestellungen von Fäldhirte n eingeschritten sind. Um so gesicherter bleiben dem lieben Vieh das Kerbelkraut: die Chi̦i̦rbele n (in Kerzers: der Schärlitz, anderwärts: der Schäärlig), die Schmaale n (Schmielen) und anderes Naturgras, der Naturchlee̥ und der Acherchlee̥, (in Siselen und zu Kerzers, wo man auch die Chabis sagt: die Chlee, im Luzernischen 4 «das Chlee»), sowie die seit etwa 1730 bekannte 5 Esparsette ( Bä́rsette n), und die mit wachsender Vorliebe auf den tiefgründigen Boden ausgerotteter Weinberge gepflanzte Lǘ̦sseerne n (die Luzerne als aus Südeuropa eingeführte Schneckenkleeart Medicago sativa). Gerne werden hinwieder die Beere ndalpe n (Bärenklau, Heracleum sphondylium) den jungen Kaninchenzüchtern überlassen.
280 Schwịzert’hee und Hundsha̦a̦r nennt der Ligerzer zwei Pflanzen des Heues, das er sich jeden August im Noosfueter aus der Ebene von Nods am Fuß des Chasseral herunterholt. Während dem Welschen pei de tsin oder de lau (poil de chien, de loup) das steife Borstengras ( Nardus stricta) ist, bedeutet Hundsha̦a̦r eine verwandte Grasart, die in der Wachstumszeit vom Juni bis August ebenfalls nur fingersläng bleibt und auf zwei Jucharten bloß ẹs Füederli Heu liefert, aber als sehr nahrhaft geschätzt wird.
Die erwähnten Wiesen heißen auch Studmatten. Die kleinste von ihnen mißt vier Jucharten, was schon einen großen Gegensatz zu der seeländischen Güterzerstückelung andeutet. Allerdings maß seinerzeit die sehr nasse Fritschele nmatte n (1530: Fritschenen Matten) 6 35 Juherten an äi’m Bitz. Allein nicht umsonst heißt die 25 Jucharten umfassende Hauptwiese der isolierten Kanalmühle ( S. 6) di großi Matte n und hebt sich als solche ab von der nachträglich erworbenen Klein- oder Neumátt, sowie vom Mühlimätteli. Mätteli oder (wie zu Müntschemier) Mattli könnten fast alle die Wiesenstreifen heißen, die mit ihrer Unzahl um 1852 im Amt Erlach 6245 Jucharten umfaßten. Dabei war d’s grŏß Moos d’rụ̆sg’rächnet, bloß d’s guet Land ( S. 287 ff.) inbegriffen. Solche Güterzerstückelungszeugen haben wir nun auch an der folgenden Auswahl von Mattennamen, deren Anordnung sich von selber ergibt:
Großi Matte n (Lü., Si., heute klein), Längi Matte n. I n der Guete nmatte n (Si.), di Schö̆nimatte n (Br.), Wüestimatte n (Br.), Böösi Matte n (Hermrigen 1588; Br., hier immer naß). Die Brüel- (Gals), oberi Brüel- (Erl.), Oberbrüelmatte n (Br.), Weier- (Ga., Lü.), Wuer- (Erl.), Grabe n- (Tr.), Hu̦rt- oder Hu̦rd- ( S. 153), Bri̦tsche n-, Brunn- (Lü.), Schwarzbrünnli- (Tr.), Tschäppitmatte n (Vi.) oder im Tschäppit ( S. 55). Die Moos- (Lü.), Neumoos- (Tr.), Obermoosmatte n (Mü.); Bösche n- (Mü., Tr.), Lische n- (Mü.), Ried-, Seeried- (Vi.), Rohr- (Erl., Mü., Fh.), Si̦mbele n- (Erl., S. 110), Spi̦i̦s- (Lü.), Wịde nmatte n. Stock- (Br., Tr.), Stöckli- (Tr.), Holz- (Ga.), Hin͜derholz- (Si.), Birche n- (Fh.), Buechholz- (Tr.), Äichmatte n und -matt (auch Häusergruppe in Ins), die Chi̦rße nmatte n (Vi.), Dünkelmatte n (Vi.), Fa̦a̦fere nmatte n (Ga.). Die Un͜der-, Ober- und oberi, Ha̦a̦l de n-, Hubel- (Gals), Hööche nweegli-, Oberfäll d-, Dohle n- oder Dole nmatte n (1788); die Sack- (Tr.) und die Schlụpfmatte n (Lü.); Stääg- (Fh., Si.) und Stääge nmatte n (Mü., schon 1580); 281 die Mühlimatte (Tr. und Gals, letztere zur † Klostermühle), Geerbbimatte n (Ins). Die Fägge n- (Br.), Ri̦mme̥rz- (Ga.), Rösche̥lz- (s̆s̆, Fh.) und Rü̦sche̥lzmatte n (s̆s̆, Br., Ins): die Hagneck- (Lü.), Vinelz- (Lü.), Ligerz- (zur Strafanstalt St. Johannsen), Fäälbạummatte n (Ga. 1742), d’Bẹẹre nmatte n (Gals 1757). An das unmittelbar über einem Lützelflüher Bauernhaus gelegene «Chüechlipoort», dessen rascher Heuraub jeweils auf den Nachmittag vor der abendlichen «Heuete n» (Heuerntefest) verspart wurde, erinnern ½ Maad Matten im Brühl, die Küchli Matte n ( Chüechlimatte n, Ins 1701) genannt. Die neui Matte n (Ga.) und Neumatte n (Tr., dem Moos abgewonnen), Äägerte n- (Lü.), Braach- (Mü., Tr.), Grabete nmatte n (Br.); i n der ’brönnte Matte n (Lü., Waldlichtung), i n der ung’schlagne n Matte n (Br.); Herdmatte n (1502), Habermatte n (Tr.), Bretsche nmatte n (Ga. 1742), Chalblimatte n (Tr.), Stellimatte n (Vi.), vgl. i n der Stelli (Vi., zum provisorischen Nächtigen der Weideschafe). I n der spitze n Matte n (Gals, Si.) und Spitzmatte n (Br.), Angel- (Erl.), Zopfe nmatte n (Br.), noch jetzt verzopfet; die Matte in der Zagelmatte n (1788) oder Sagelmatte n 282 (1787), die Bräitachsmatte n (Ins). Die chrummi Matte n (Ga. 1799, mit unliebsam ungraader Maarch). Die Blätze nmatte n (Mü., früher Burgerland) und die (vormals gleichfalls stark zerstückelte) Bettele nmatte n (Vi. u. sonst.). Vgl. die ịị ng’engget Vallis angina als Val-angin, Valladis und Enge, 1212 Einge, Enges, 7 sowie das wie ein Horn in fremdes Gebiet vorstoßende cornale, 1228 Curnal, 1212 Curnaul, Cornaux. Gụ̆́rnạu. 8 - Die Wahlemátt, «Wahlen- oder Holzmatten oben am Pfarrhaus» Gampelen (noch 1807 erwähnt, heute unbekannt), 9 und die Wallematte n (Lü.). D’Bi̦fangmatte n (Br.), D’Ru̦ntimatte n (Fh., S. 151), Allmitmatte n; Hụ̆s- (Br.) und d’Hụ̈slimatte n (Fh.); d’Hofmatte n (Ins, Mü., Vi.; gleich der Her re nmatte n, Tr., einst zum Pfarrland); d’Inselmatte n (Mü., einst zum Inselguet des bernischen Inselspitals, dann durch den Staat an die Zuckerfabrik in Aarberg gekommen); d’Konventsmatte n (Gals, einst zum Kloster St. Johannsen), d’Pfaffe nmatte n (ebenso, vgl. Pfaff = Mönch); d’Chilche nmatte n (Erl.). D’Schütze nmatt (Tr., kam von der Schützengesellschaft Ins an einen Treitener). Mehrere Wächselmatte n wurden im Chehr um von verschiedenen Anteilhabern abgeerntet. — Die Vogtsmatte n (Mü., nun dem Spital Pourtalès gehörend), sowie die Chüeffermatte n (beim Kloster St. Johannsen mit seinem großen Abteikeller) leiten über zu den Namen Binsche nmatte n (nach dem Erl. Geschlecht Binschi und dem Binschene ngäßli), Bärnhards- (Lü.), Bụụmḁ n- (Fh.), Bu̦u̦r re n- (Ga.), Bụr ris- (Ga. 1811), d’Bụ̈ụ̈ri- ( de Pury-, Mü.), d’Chi̦ßlig smatte n (Tsch., neben dem Chi̦ßligsbụ̈ụ̈n deli), d’Daase nmatte n (Lü.), d’s Eerbmätte̥lli (Tr.), d’Fischer- (Lü.), d’Fạuggersmatte n (Ins), d’s Fụụstmätte̥lli (Lü.), d’Gŭ̦ggi- (Gals 1815), Hạue n- (Lü., Gals 1742), Jampe n- (Mü.), Küttiger- (Lü.), Löffel- (Mü.), Marx- (Ins), Rämis- (Ins), Rappers- (Ins), Rịịffe n- (Gals), Ru̦beli- (Ga. 1742), Schmi̦i̦de n- (Tr.), vordderi und hin͜deri Spachis- (Ga. 1742), Späätigs- (Lü.), Schwarz-, Sütterte n- (Br.), Traafe̥let- (Lü.), Tschu̦mmis- (1809), Wagnermatte n (Mullen). Die Bu̦gglere nmatte n führt über zu den uns undeutbaren Bụdịtsch (Tsch., um 1400 Potetsch), Chrääze n- (Ga.), Cruschenbeer- (oder «bee») -matte (Gals, 1802), Donner- (1788), Fü̦ü̦rsi-, Gigri- (Fh.), Grinigmatte n (Br.), das Rauchmätteli (Vi. 1805), die Wịịsele n- (Gäs.), Zünte n- (Si.), Zweie nmatte n (Ins, 1775). Die letztgenannte erklärt sich vielleicht durch die Wächselmatte n 283 ( S. 282). «Ein madmatten» erscheint 1668. Treiten hat einen Mattacher, und häufig begegnet uns natürlich der Matte nweeg.
Der Matte entspricht das pratum (pré) und partellum, prateolum ( Mätteli). Es gibt neben 30 Praz ein Pra-nau ( Neumatt zu Salvenach), Prad, Praël, Praëla (1215), Praele (1284), das Prahl zu Murten, Prêle (1295) = Predelz (1295) = Präge̥lz. 10 Tautologisch aufgefrischt sind die Brayele nmatt zu Salvenach, die Pratmatte neben dem Pratacker zu Liebisdorf bei Murten. An sie erinnern die Brädele n und die Brädele nbụ̈ụ̈n de n zu Erlach. Ebendort liegen das Tschămägerli ( champ maigre) und die Flur auf dem Tschampetten.
Die Seeländer haben also bereits im Frühjahr G’läüf und Arbäit für ga̦ n d’Matte n z’rụụme n, um gut und viel Matte nhäü einzuheimsen. Der Bodenbereicherung mit «s. h. Bạu» (1801) oder Buw ( bumein) aus der Bạugruebe n vor dem Viehstall, mit G’schöör, mit Thomas und Kainit sei trotz dem Gewicht des Sprichwortes qui vend son fumier, vend son pain hier nur flüchtig gedacht. Eine Zeile mehr gebührt den Schädlingen. Vor allem den Mụ̈ụ̈s ( S. 204), deren ein fleißiger Mụụser (z. B. 1762 Hans Tribolet) im Tage bis zu einem Hundert fängt, und dem Scheer ( Talpa, derbon, verschieden von der tarpa 11 als Waldmaus), der etwa als Emdfresser ( medjrecouer) bezeichnet wird. Wie überall fordert der Enger ( man) als Raupe des Maikäfers ( hanneton, «Hänschen») energische Bekämpfung ( S. 258). Ein sehr ernster Kampf galt 1875 dem der Grü̦lle n und Mụ̆́häime n verwandten Häüggü̦mper ( grass hopper, sauterelle, sauteri, schautero, S. 258), 12 sarkastisch auch Häümeeder geheißen. Es handelte sich um eine dezimeterlange, graue Art, deren Eier ahnungslos mittelst blauer Blutweiden aus Nordafrika ins Seewilgut eingeschleppt wurden. Am Erlacher Strand gepflanzt, um durch Korber Küpfer verarbeitet zu werden, entließen die Weiden im Mai einen Flug Insekten, der die Luft verfinsterte und unter weit herum hörbarem Knattern ( chlöpfe n) den meterhohen Roggen eines Feldes zwischen der untern Budlei und Vinelz im Nu verzehrte. Da wurden schleunig die Schulen von Vinelz, Brüttelen, Treiten, Ins und Gampelen aufgeboten. An zwei Morgen mußten sie um fünf Uhr auf dem Platze sein, mit Tanneste n bewaffnet. Mittelst dieser peitschte man die Tiere vom Berg her in den See. Hier durch Benetzung der Flügel wehrlos gemacht, konnten sie herausgelesen und in großen Kesseln verbrüht werden. 13
284 Wo möglich, wird von Ende Mai an g’häüet (1586: gehauwet) und hat man in zwei Wochen verhäüet. Das setzt allerdings eine Kräfteanspannung voraus, die für nichts anderes Zeit und Muße zuläßt. «Ich habe Zeit, dir Gehör zu schenken oder dies und jenes zu tun» heißt darum redensartlich; I ch ha n iez grad käi n Häü am Bode n. Laut Verpflichtung von 1722 hatte Müntschemier denen von Treiten den Häüet in den Stegmatten drei Tage zuvor anzusagen. 14 Bei günstiger Witterung wachset das Gras derart na̦a̦chḁ, daß anfangs August ein guter Drittel des Heuertrages als Eemd (1580: ämbt, Höüw und Emb) eingeheimst werden kann. Ja, dem Eemdet (1651: Ämbdet) kann vielleicht noch das Trocknen eines dritten Futterraubes ( repar) folgen: mi cha nn Herbstwäid deer re n.
Selbstverständlich besitzt jeder Landwirt des Seelandes heute eine Mähmaschine — das chäderet u nd tschäderet, das rupft und zupft und stupft und mupft 15 — und einen Heuwender, mancher einen Heusammler, und in Ins gibt es sieben Häüụụfzü̦ü̦g. Fast bloß noch zum Eingrasen ( chöo̥le n) dient die Sẹẹge̥ze n (links des Sees: Sääge̥sse n, 1668: Sägysen, altdeutsch sëg-ansa, d. i. Werkzeug zum schneiden; secare, seihi). Die beiden Handhaben heißen d’s vordder und d’s hin͜der Chru̦ckli; der Zaum ist (1838) der Ring ( freppa). Wie man früher (z. B. 1754) die Sicheln dängelen, und schon 1654 die Segesen tengen, beide also (1654) «gedänget» haben mußte, so ist das tängele n ( eîntzapplia) mit dem Dängelg’schi̦i̦r rn noch heute die beste Art der Schärfung. Und zwar wird, statt wie früher rächts, nun überall lätz ’tängelet: mit dem bräite n Hammer auf dem spitze n Tangelstock. 16 Auch das wetze n geschieht lieber linggs. Warum? es haut’s besser. 17
Für den Verlauf der Heuernte verweisen wir auf die frühern Bände und tragen bloß zweierlei nach: daß das ụụfräche n zu Wälmli zum Trocknen des Bodens inserisch d’s Dooli räche n und dessen Verzetten d’s Dooli zette n heißt; und daß der «Bindbaumlätsch» 18 ersetzt wird durch den Aa nwu̦u̦rf; das einfache Umschlingen des Bindbaums mittelst des dem Lader zugeworfenen Wellenseils.
Um so einläßlicher haben wir noch der Verbringungsart des Dürrfutters wegen der damit verbundenen Ortsnamen zu gedenken. Wenn wir, in einer Diskussion nachgebend, erklären: du hesch g’hụ̆ffet ụụf rächt! so können wir das Bild dem Heuschober, der Triste oder dem provisorisch unter Dach gebrachten Heuhaufen entnommen denken. 285 Der zum Schutz vor Regen aufgetürmte kleine Heuhaufen heißt anderwärts Schoche n oder Schöchli, auch Bi̦i̦rlig. Letzteres früher auch in Ins. wie heute noch im übrigen Seeland. Darum die alte Schätzung von Mattblätze n zu 5, 6, 10, 12 Bịrlig; so 1644. 1648. So hat 1670 einer den andern vmb zwei Maaden im Moos in den Allmendtheilen vbermäyt, daher dieser Ihra zwehn Birrling vmbhin genommen. 19 Es wird also dort g’schöchlet oder b’birliget. In Ins und auch noch etwa in Brüttelen dagegen höcklet man. macht Höcklig ( cuchon, cutset, tziron, chillon, moui usw.). 20 Eine Hauptbezeichnung dagegen für die früher auch im Seeland heimische Triste 21 knüpft sich an die römische meta (Spitzsäule, Kegel), die «Miete» und den danach geformten Schober, Heuschober. Dies ergibt (nach Jaccard) die Formen Metton (1262), Mettlen (1281), Metto (1306), Matton (1371. 1453), Metten (1146), Mett = Mache: Maches (1255), Mecin (1103), Mettz (1453). Diesem Mett bei Biel in der Grundbedeutung veillotte entspricht rätisches maida und patois maïa, moia (auch als Namen zahlreicher Gipfel), sowie der Ort Z’meiden im Turtmanntal. 22
Wie aber bei Biel ein Mett, gibt es bei Erlach ein Vi̦ne̥lz, Finelz (1718), Vieneltz (1584), Vinels (1527), Finells oder Finellts 23 (1547), Fenels (1844), Fenix (1396), über welchem Dorf ein philologisch veranlagter Ingenieur 1718 «die alte Burg Phönix» sich aus ihrer «Asche» neu erheben läßt. Das urkundliche Feni (1093), Finis (1195), Finils (1215), Fenis (1228), Finins ante Cellie ( Cerlier: 1286), Vinils 286 (1300), Finilis (1309), Feiny (1512), Vinista (1436) 24 erscheint schon 1072 als Fenis 25 und deutet mit der bessern Schreibung Fenil aus schweizerisches finel aus fenile, foenile, Heustadel. So ist die freiburgische fenira eine Heubühne. ( Foenum, fenum, foin ist sowohl gemähtes, wie erst noch zu mähendes Heu, alt: Hau). Eine Kirche von Vinils, die an das Chorherrenstift von Neuenburg kam, wird unterm 2. März 1191 genannt. Das ist aber Fenin bei Valangin. 26 Aus Fenils wurde auch Finneln und Findelen zu Zermatt. ( Jaccard.)
An Mett bei Biel und Vinelz bei Erlach reihen sich ferner das Stadli bei Twann, Schụ̈ụ̈re n bei Büren und bei Gottstatt, die Schụ̈ụ̈re n bei Burgdorf, Grenchen ( Granges) bei Solothurn und anscheinend Greng, Gräng bei Murten (1349 Groye, 1350 Gren), 27 sowie Barge n bei Aarberg: Bargis, Bargel (Heustadel) 28 aus bareca, barga, bargia, bargun. 29
1
Jacc. 526.
2
Sondern nur éinen Rock.
3
Dr. Hagen laut Soloth. Ztg.
4
Schwz. Id. 3, 607; vgl.
Kluge 246.
5
SJB. D 175.
6
Urb. Mü. 14.
7
Quart 3, 248-258.
8
Ebd. 275.
9
Aufgeführt in Meyer-Lübkes Einf. in die rom. Phil.
10
Jacc. 358 ff. 364.
11
Brid. 364;
Jacc. 129.
12
Auch «Heuschrecke» geht auf «springen» (
scriccan) zurück.
13
Ernst Stucki.
14
Urb. Mü. 63 ff.
15
Schwab.
16
Genaueres:
Lf. 337 f.;
Gw. 287. 418;
Gb. 207.
17
Vgl. das lustige Bild in Gfellers Heimisbach 5; es haut’s = die Musik geht flott.
18
Lf. *387.
19
Chorg.
20
Brid. 75. 94. 137. 141 f.; vgl.
Tappolet im
Bull. VIII und X.
21
Vgl.
Gb. 212 f.
22
Vgl.
Machens, Mache und Mett in
Font. 8, 791.
23
Schlaffb. 1, 102.
24
Jahn KB. 21.
25
Font. 1, 325.
26
Font. 1, 486.
27
Zimm. 2. 41.
28
Stud. 60.
29
Muoth ON. 2, 3.