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Am 4. September morgens um sieben Uhr entdeckte ein Seekadett vom Mastkorb aus im Süden Land. Es schien des nebligen Wetters halber noch weit von uns zu sein, als sich jedoch die Luft aufgehellt hatte, sahen wir, daß die Entfernung kaum acht Seemeilen betragen mochte, da es aber zugleich windstill geworden war, näherten wir uns nur äußerst langsam. Am Nachmittag konnte man bereits an mehreren Orten Rauch aufsteigen sehen und folglich das Land für bewohnt halten. Das zuerst entdeckte Vorgebirge wurde nach dem jungen Offizier, der es erblickt hatte, Kap Colnett, das ganze Land hingegen Neukaledonien genannt. Frühmorgens näherten wir uns mit frischem Wind der Küste und entdeckten bald das Korallenriff, das parallel dem Ufer ungefähr drei Seemeilen davon entfernt lag. Innerhalb des Riffs segelten verschiedene Kanus herum, die je zwei Segel führten. Bald darauf fuhren einige Kanus über das Riff zu uns her. Sie gafften uns eine Weile an, fuhren dann aber wieder zurück. Unterdessen hatten wir eine Durchfahrt im Riff entdeckt und zwei Boote zur Sondierung in See gesetzt. Bald gaben unsere Leute Zeichen, daß sie eine Durchfahrt gefunden hätten, und wir sahen, daß sie sich mit den Eingeborenen in einem wohlbemannten Kanu ganz vertraulich unterhielten. Wir gelangten nun durch den Kanal innerhalb des Riffs, wo die See ganz ruhig war. An der engsten Stelle hielten einige Kanus, aus welchen die Eingeborenen uns zuwinkten, nur ja in der Mitte der Durchfahrt zu bleiben. Wir sahen am Fuß der Gebirge eine schmale Ebene mit Bäumen und Büschen vor uns, auch bekamen wir einige Häuser zu Gesicht, die kegelförmig, fast wie große Bienenkörbe gestaltet waren und statt der Tür nur eine Öffnung hatten.
Mittlerweile kam Leutnant Pickersgill im Boot zurück und erzählte, daß die Mannschaft des Kanus sich sehr freundlich betragen und einen ihrer Landsleute, den sie Tea-buma nannten, als ihren Eriki oder König vorgestellt hätten. Er hatte ihm einige Kleinigkeiten geschenkt und den Rest an die übrigen verteilt, die aber alles dem Tea-buma übergaben. Leutnant Pickersgill brachte einige Fische mit, die er als Gegengeschenk bekommen hatte, aber sie waren bereits in Fäulnis geraten und nicht zu genießen. Als wir geankert hatten, drängten sich ungefähr zwanzig Kanus ans Schiff, deren jedes aus zwei durch eine Plattform aus Brettern zusammengefügten Kähnen bestand. Auf der Plattform lag ein Haufen mit Asche vermengter Erde, und auf diesem wurde ständig Feuer unterhalten. Viele Insulaner stiegen ganz zutraulich an Bord, und bei Tische bekamen wir noch mehr Besuch, Pökelfleisch aber wollten sie ebensowenig anrühren wie Wein trinken, die Yams ließen sie sich aber schmecken. Nur schade, daß unser Vorrat davon gering war. Alles Rote stach ihnen in die Augen, besonders das rote Tuch oder Boy, doch gaben sie niemals etwas dafür wieder. Die Insulaner waren von allen, die wir bisher gesehen hatten, sehr verschieden, nämlich groß und wohlproportioniert, ihre Gesichtszüge sanft, Haar und Bart schwarz und stark gekräuselt und die Farbe der Haut ins Schwarze fallend, aber dunkelkastanienbraun wie die der Bewohner von Tanna.
Nachmittags fuhren wir unter Bedeckung von zwölf Seesoldaten in zwei starkbemannten Booten dem Ufer zu und stiegen auf einer flachen Landzunge aus, wo ein Haufen teils wehrloser, teils bewaffneter Insulaner versammelt war. Gleich darauf hielt ein junger Mann, den uns Leutnant Pickersgill als den König Tea-buma zeigte, eine Rede. Bald darauf erschien ein Befehlshaber, der ebenfalls eine Rede hielt, und nun mischten wir uns ohne Bedenken unter die Versammlung. Die Insulaner waren von großer Statur, das einzige aber, was ich vorher noch nicht wahrgenommen hatte, bestand darin, daß manchen die Arme und Beine ungewöhnlich dick geschwollen und mit einer Art von Aussatz behaftet waren. Einige sahen wie Neger aus, wozu ihre platten Nasen und aufgeworfenen Lippen nicht wenig beitrugen. Statt aller Kleidungsstücke trugen sie nur eine Schnur um den Leib und eine andere um den Hals. Die Männer hatten die Zeugungsteile in ein Stückchen Zeug gewickelt und diese runde Wulst entweder an der Gürtelschnur in die Höhe gezogen oder unterwärts frei herabhängen. So sittsam das auch gemeint sein mochte, so konnten wir Europäer es doch ebensowenig züchtig nennen wie die ähnliche Tracht der Mallikoleser, bei welcher das, was versteckt werden sollte, vielmehr recht sichtbar wurde. In der Tat sah auch jeder Einwohner dieses Landes wie ein umherwandernder Priap aus. Indessen sind die Begriffe von Scham in allen Ländern verschieden und ändern sich von Zeit zu Zeit. Die Trachten, besonders die Rüstungen, die im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert an allen europäischen Höfen Mode waren, würde man jetzt für äußerst unanständig halten, wer getraut sich aber zu behaupten, daß heutzutage mehr Schamhaftigkeit in der Welt sei als damals, oder wer wollte den tugendhaften Charakter jener unüberwindlichen Ritter, die sich den Ruhm der Keuschheit, der Ehre und der edelsten Sitten erwarben, bloß deshalb in Zweifel ziehen, weil sie Hosen nach der damaligen Mode trugen?
Da Kapitän Cook vor allen Dingen frisches Wasser ausfindig machen wollte, eilte er mit uns bald wieder ins Boot und fuhr am Ufer hinauf, das überall von Manglebäumen beschattet war. Die Insulaner verliefen sich abenfalls, um nach Hause zurückzukehren. Zwei von ihnen gingen am Strand entlang und mußten die äußerste Mühe anwenden, um sich zwischen den dichtverwachsenen Manglebäumen hindurchzuarbeiten. Wir nahmen sie ins Boot, und als wir etwa zwei Meilen zurückgelegt hatten, zeigten sie uns eine Einfahrt zwischen den Manglebäumen, die die Mündung eines Flusses zu sein schien. Wir ruderten eine Weile den Krümmungen nach und fanden endlich, daß der Weg zu einem Wohnplatz der Insulaner führte. Einige von ihnen standen am Ufer und waren Zeugen, als ich eine Ente schoß. Sie schienen sich zwar über die Wirkung des Feuergewehrs zu wundern, aber doch nicht davor zu erschrecken. Endlich landeten wir an einer Stelle, wo der Fluß kaum zwölf Fuß breit war. Hier wohnten einige Familien, die mit Weib und Kindern ganz vertraulich zu uns kamen. Die Weiber waren kastanienbraun, von milderer Statur und zum Teil plump gebaut. Was sie vollends verunstaltete, war ihre Tracht, die nicht häßlicher sein konnte. Man stelle sich einen kurzen Rock vor, der aus unzähligen, an einem langen Strick befestigten Schnüren bestand. Dieser Strick wurde einigemal um die Hüften gewickelt, so daß die Schnüre schichtweise übereinander lagen und von der Mitte des Leibes an gleichsam ein dichtes Strohdach ausmachten, das den Frauen eine häßliche, unförmige Figur gab.
Ungefähr zwanzig Schritte vom Ufer entfernt lagen die Wohnhütten auf einer kleinen Anhöhe. Sie waren zehn Fuß hoch, kegelförmig gestaltet, aber oben nicht zugespitzt. Das Tageslicht fiel durch ein Loch, das auch als Tür diente, aber nur vier Fuß hoch war. Die Hütte war voller Rauch, und am Eingang lag ein Haufen Asche. Es scheint, daß die Feuer hauptsächlich der Mücken wegen angezündet werden. Um die Hütte standen einige Kokospalmen, Zuckerrohr, Pisangstämme und Arumwurzeln. An eine Mannigfaltigkeit von Früchten, wie wir sie bisher auf den Inseln angetroffen hatten, war hier gar nicht zu denken, vielmehr erinnerte uns alles an die Armut der Osterinsel. Nach einigem Verweilen kehrten wir mit unseren Booten zurück und waren völlig überzeugt, daß der Mangel an Nahrungsmitteln die einzige Ursache sei, warum man uns keine überlassen hatte.
Am folgenden Morgen kamen die Eingeborenen ziemlich früh ans Schiff. Auf jedem Kanu brannte ein Feuer, und zwar auf einem Haufen von Steinen und Asche. Es waren auch einige Weiber unter dieser Gesellschaft, von denen jedoch keine an Bord wollte, die Männer hingegen kamen ohne Einladung herauf und boten ihre Waffen gegen Stücke Zeug an. Um einen nähergelegenen Platz zum Füllen der Wasserfässer ausfindig zu machen, schickte der Kapitän die Boote von neuem aus. Wir gingen mit und stiegen dort aus, wo wir gestern gelandet waren. Wir eilten nach einer nahen Anhöhe, von wo man weit und breit nach Wasser Ausschau halten konnte. Was uns an der Aussicht am meisten gefiel, war eine Reihe schattiger Bäume und grüner Büsche, die in einer Linie von der See bis an die Berge reichten und allem Anschein nach längs den Ufern eines Baches stehen mußten. Wir hatten uns nicht geirrt, denn unter diesen Bäumen fand sich wirklich ein kleiner Fluß. Ungefähr zweihundert Schritte weit vom Strand war das Wasser schon nicht mehr mit Seesalz vermischt, folglich konnten hier die Fässer mit geringer Mühe gefüllt und ans Schiff gebracht werden.
Gegen Mittag kehrten wir mit einer Bootsladung Wasser zum Schiff zurück. Während unserer Abwesenheit hatte Herr Wales einige Instrumente aufgerichtet, um eine Sonnenfinsternis zu beobachten. Von der Verfinsterung konnte aber nur das Ende aufgenommen werden, da bei ihrem Eintritt eine Wolke vorüberzog. Gegen Abend gingen wir mit dem Kapitän zur Wasserstelle. Von den Insulanern waren einige so zutraulich, uns ihre Waffen zu verkaufen. Wir suchten ihnen begreiflich zu machen, daß es uns an Nahrungsmitteln fehle, doch sie waren gegen alle Winke dieser Art taub, weil sie augenscheinlich für sich selbst nicht genug hatten. Der Boden taugt hierzulande auch wirklich nur an wenigen Orten zum Ackerbau und lohnt die Mühe und Arbeit nur kärglich.
Am 11. morgens, noch ehe die Insulaner an Bord kamen, wurde ein Boot abgeschickt, um nach seemännischem Brauch einen unserer Leute zu versenken, der als Schiffsfleischer mit auf die Reise gegangen und gestern an den Folgen eines unglücklichen Sturzes gestorben war. Er war ein sechzigjähriger, arbeitsamer, in seinem Beruf unermüdlicher Mann und übrigens der dritte, den wir bisher verloren hatten, da einer ertrunken und ein anderer an der Wassersucht gestorben war.
Nach dem Frühstück gingen wir mit dem Kapitän an Land, um die Berge zu besteigen, von denen unser Bach herabrieselte. Unweit des Gipfels bemerkten wir eine Anzahl in die Erde gesteckter Pfähle, über die man trockene Äste gelegt und Laub gestreut hatte. Die Insulaner erklärten uns, daß sie auf diesem Berge ihre Toten begrüben und daß die Pfähle zur Bezeichnung der Grabstätten dienten. Gleich nach unserer Rückkehr zum Wasserplatz eilten wir ans Schiff, wo eine Menge Insulaner versammelt war, die Keulen, Speere und Zierate verhandelten. Einer unter ihnen war von sehr großer Statur, er maß wenigstens sechs Fuß fünf Zoll, mit seiner schwarzen, aufrechtstehenden Mütze wohl noch acht Zoll mehr. Des Wertes ungeachtet, den sie auf solche Mützen setzen, glückte es uns dennoch, einige gegen tahitisches Zeug einzutauschen. Ein anderer wichtiger Teil ihres Putzes bestand in Ohrgehängen, wovon manche eine ungeheure Menge trugen. So zählten wir zum Beispiel an einem nicht weniger als zwanzig aus Schildkrötenschale verfertigte Ringe.
Unsere großen Nägel begannen nun gangbare Münze zu werden, ja die Insulaner sahen den Wert des Eisens bald so gut ein, daß sie zu den runden Bolzen, woran die Stricke festgemacht werden, große Lust bezeigten. Sie schienen vorzüglich brauchbar zu sein, um mit ihrer Hilfe Löcher in die Planken der Kanus zu brennen, durch die sie dann zusammengenäht werden. So sehr ihnen aber die eisernen Bolzen zu gefallen schienen, so unterstand sich doch keiner, diese oder die geringste andere Kleinigkeit zu entwenden. Über ihre Fertigkeit im Schwimmen mußten wir uns oft wundern. Das Schiff lag eine gute Meile weit vom Ufer, aber trotz dieser Entfernung kamen sie scharenweise herbeigeschwommen und hielten ihr Stückchen braunes Zeug mit einer Hand über Wasser, auf die gleiche beschwerliche Weise brachten sie auch Wurfspieße und Keulen mit.
Nachmittags fuhren wir abermals an Land. Am Wasserplatz hatten sich viele Eingeborene versammelt, und es waren auch einige Weiber darunter, die ohne Furcht vor ihren eifersüchtigen Männern an den Galanterien unserer Matrosen Gefallen zu finden schienen. Sie winkten sie zu sich ins Gebüsch, wenn aber der glückliche Liebhaber ihnen dorthin folgte, liefen sie mit unerreichbarer Behendigkeit davon und lachten den betrogenen Adonis aus. Es hat sich auch wirklich, solange wir auf der Insel waren, nicht eine einzige Insulanerin in die geringste Vertraulichkeit mit den Europäern eingelassen.
Wir waren noch nicht lange an Bord zurück, als der Schreiber des Kapitäns einen Fisch schickte, den ein Insulaner soeben mit einem Speer geschossen hatte. Da es eine neue Art war, machte ich mich sofort daran, ihn zu beschreiben und zu zeichnen. Er gehörte zu der Gruppe von Fischen, wovon verschiedene Arten für giftig gehalten werden. Wir ließen dies den Kapitän wissen, zumal man wegen der häßlichen Gestalt und des dicken Kopfes nicht viel Gutes erwarten konnte. Der Kapitän behauptete aber, er habe eben diese Art an der Küste von Neu-Holland ohne allen Schaden gegessen. Wir freuten uns also schon, am nächsten Tag eine frische Mahlzeit zu bekommen, und setzten uns abends zu Tisch, um die Leber zu verzehren. Sie war aber von so öligem Geschmack, daß der Kapitän, mein Vater und ich nur ein paar Bissen davon aßen. Gegen drei Uhr morgens wurde mein Vater durch eine sehr unbehagliche Empfindung aus dem Schlaf geweckt. Hände und Füße waren wie erstarrt, und als er aufstehen wollte, konnte er sich kaum auf den Füßen halten. Auch Kapitän Cook wachte, konnte aber nicht stehen, ohne sich festzuhalten. Mein Vater kam an mein Bett, ermunterte mich mit Gewalt, und nun fühlte ich erst, wie übel es mir war. Wir schleppten uns in die große Kajüte und ließen unseren Wundarzt Patton holen. Er fand uns wirklich in einem mißlichen Zustand und gab uns Brechmittel. Bei meinem Vater und mir hatten sie gute, bei Kapitän Cook jedoch nur wenig Wirkung. Darauf mußten wir schweißtreibende Arznei nehmen und wieder zu Bett gehen.
Um acht Uhr standen wir auf, immer noch schwindlig und schwer im Kopfe. Ich fand mich jedoch soweit wiederhergestellt, daß ich den ganzen Vormittag aufbleiben und einige Pflanzen und Vögel zeichnen konnte. Mittags ging mein Vater an Deck, um mit einigen Insulanern zu reden. Sobald sie den Fisch sahen, der unter dem Deck hing, gaben sie durch Zeichen zu verstehen, daß er Schmerzen im Magen hervorrufe, dann legten sie den Kopf mit geschlossenen Augen in die Hand, um anzudeuten, daß er Betäubung und sogar den Tod verursache. Wir boten ihnen den Fisch an, sie weigerten sich aber mit dem äußersten Abscheu, ihn zu nehmen, ja sie baten uns sogar, ihn in die See zu werfen. Wir hielten es aber für ratsamer, ihn in Weingeist aufzubewahren. Das Gift, das uns so übel bekommen war, äußerte seine Wirkung auch an einigen Hunden, die über den Rest der Leber hergefallen waren. Das einzige Ferkel, das wir von Tanna mitgenommen hatten, schwoll entsetzlich an und büßte unter heftigen Zuckungen sein Leben ein, weil es die Eingeweide des Fisches verschluckt hatte.
Obschon wir noch sehr schwach waren, wagten wir uns doch am folgenden Morgen wieder an Land. Wir durchwanderten einen Teil der Ebene, wo nirgends eine angebaute Stelle, sondern überall nur dünnes und vertrocknetes Gras zu sehen war. Ein Fußpfad führte uns zu einem schönen Gehölz, und in diesem gab es viele neue Pflanzen, Vögel und Insekten. Das Auge suchte aber vergeblich auch nur die Spur einer Hütte. Überhaupt muß die Zahl der Bewohner sehr gering sein, denn auf den Bergen kann das Land nicht gebaut werden, ist schmal und meist unfruchtbar und wüst. Wir gingen weiter und fanden endlich einige Häuser, die zwischen Sümpfen lagen. Einige Bewohner kamen herbei, um uns zu zeigen, wo wir ohne Gefahr gehen konnten. Vor einigen Hütten saßen die Eingeborenen bei einer kärglichen Mahlzeit aus gargemachten Blättern, während andere den Saft aus der überm Feuer gerösteten Rinde des Hibiscus tiliaceus saugten. Wir kosteten dieses Gericht, fanden es aber unschmackhaft und widrig, auch kann es nicht besonders nahrhaft sein. Die Leute scheinen sich in gewissen Jahreszeiten sehr behelfen zu müssen, besonders im Frühling, wenn die Wintervorräte aufgezehrt, die neuen Früchte aber noch nicht zur Reife gekommen sind. Fische werden dann wohl ihre einzige Nahrung sein, nur jetzt mußten sie darauf verzichten, da das Wetter zu stürmisch war.
Bei den Hütten gab es eine beträchtliche Anzahl von zahmen Hühnern, dies waren aber auch die einzigen Haustiere. Ebendort lagen große Haufen von Muschelschalen, die sie auf den Riffen eingesammelt und das Fleisch verzehrt hatten. Im ganzen genommen waren die Leute von träger, gleichgültiger Gemütsart, fast ohne alle Neugier. Oft standen sie nicht einmal von ihren Sitzen auf, wenn wir vorbeigingen. Nur die Frauen waren etwas aufgeräumter, obschon sie bei ihrer hohen Abhängigkeit von den Männern am wenigsten Ursache dazu zu haben schienen. Die Verheirateten mußten in einem Beutel auf dem Rücken ihre Kinder mit sich herumtragen, und schon dies sah nicht gerade erheiternd aus.
Bald darauf kamen wir an eine Umzäumung aus Stöcken, die einen Erdhaufen einschloß. Innerhalb der Umzäunung waren noch andere Stöcke in die Erde geschlagen und auf diese große Muschelhörner gesteckt. Wir brachten heraus, daß dies die Grabstätte der Befehlshaber dieses Distriktes sei. Es scheint hier also Sitte zu sein, daß man die Toten zur Erde bestattet, und das ist wahrlich gescheiter, als daß man sie wie zu Tahiti auf der Erde liegen läßt, bis das Fleisch ganz weggefault ist. Sollte auf jener Insel einmal ein starkes Sterben einreißen, so würde diese Gewohnheit sehr üble Folgen haben und schreckliche Epidemien nach sich ziehen.
Am folgenden Morgen stürmte es dermaßen, daß sich auch nicht ein einziger Insulaner ans Schiff wagte. Wir hingegen ließen uns durch den Sturm nicht abhalten, wieder an Land zu gehen, kamen dort aber ziemlich durchnäßt an und machten einen Gang nach Westen hin. Unsere Mühe wurde durch allerhand neue Vogelarten belohnt, die zu den bisherigen Sammlungen einen wichtigen Zuwachs bedeuteten. Wir hielten uns bei verschiedenen Hütten auf, von hier aber ging jeder von uns einen eigenen Weg. Dr. Sparman und mein Vater stiegen in die Berge hinauf, ich aber blieb in der morastigen Ebene und unterhielt mich mit den Eingeborenen, so gut es gehen wollte. Ich bemerkte viele Leute, die einen ungeheuer dicken Arm oder ein dickes Bein hatten. Einem waren gar beide Beine geschwollen. Ich untersuchte die Geschwulst und fand sie überaus hart. Die unförmige Dicke der Arme oder Beine schien ihnen aber weder lästig noch hinderlich zu sein, und habe ich sie recht verstanden, so empfanden sie auch selten Schmerzen daran. Diese Elefantiasis, die nach Meinung der Ärzte eine Art Aussatz ist, scheint heißen und dürren Ländern eigen zu sein.
Bei unserer Rückkehr an Bord trafen auch die beiden Boote wieder ein, mit denen Leutnant Pickersgill nach Westen abgeschickt worden war. Wir hatten nun das Vergnügen, von diesem tüchtigen Offizier mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Am nordwestlichen Ende der Insel näherte er sich dem Ufer und stieg aus. Der Boden war dort fruchtbarer und mehr bebaut als an unserem Ankerplatz und mit vielen Kokospalmen besetzt. Zwei Eingeborene, die am Schiff gewesen waren und gehört hatten, daß die Boote nach der im Norden liegenden Insel Balabia fahren sollten, gingen mit dorthin. Einer von ihnen mit Namen Bubik war ein lustiger Kerl und darin von seinen Landsleuten sehr verschieden. Er plauderte viel mit den Matrosen und teilte ihnen seinen Namen mit, den sie in ihrer gewöhnlichen Laune in Bubi (booby) oder Tölpel verwandelten. Der gute Narr war hocherfreut, sich so nennen zu hören, und ebendas machte bei den Matrosen den Hauptspaß aus. Als aber die Wellen ins Boot schlugen, wurde er mausestill und kroch in einen Regenmantel, um trocken zu bleiben. Endlich kam ihn auch der Hunger an, und er nahm mit Dankbarkeit alles an, was ihm unsere Leute zukommen ließen. Alle diese Freude hätte sich jedoch bald in allgemeines Leid verkehrt. Das Boot wurde nämlich leck, so daß trotz eifrigen Schöpfens mit Händen, Hüten und anderen Dingen immer mehr Wasser eindrang. Die Leute sahen sich schon genötigt, ein Faß mit Trinkwasser und viele andere Dinge über Bord zu werfen, bis endlich nach Wegräumung einiger Packen das Leck glücklicherweise entdeckt, mit Mützen und Lumpen verstopft und die Reise nach Balabia fortgesetzt werden konnte.
Leutnant Pickersgill, der sich in dem kleineren Boot befand, traf unterwegs ein Kanu mit Eingeborenen, die vom Fischfang zurückkehrten und unseren Leuten einen großen Teil ihres Fangs gegen etwas Eisenwerk überließen. Mittlerweile war es ziemlich spät geworden, als sie auf der Insel landeten. Unsere Leute lagerten sich neben einigen Büschen und zündeten ein großes Feuer an, bei dem sie ihre Fische brieten und verzehrten. Die Insulaner leisteten ihnen in großer Menge Gesellschaft. Sie waren zum Teil gesprächiger als die Leute von Neukaledonien und erzählten unter anderem von einem großen Lande im Norden, das sie Mingha nannten, dessen Einwohner sehr kriegerisch und ihre Feinde seien. Sie zeigten auch auf einen Hügel mit der Andeutung, daß darunter einer ihrer Befehlshaber begraben läge, der in einem Gefecht gegen die Leute von Mingha geblieben sei. Ein großer Rinderknochen, den unsere Leute hervorlangten, um den Rest des daran befindlichen Pökelfleisches abzunagen, unterbrach mit einemmal die freundschaftliche Unterredung. Die Insulaner begannen sehr laut und erregt untereinander zu reden und unsere Leute mit Erstaunen und Abscheu anzusehen. Endlich gingen sie sogar weg und gaben durch Zeichen zu verstehen, daß ihre fremden Gäste Menschenfresser sein müßten. Der Offizier suchte diesen Argwohn abzuwehren, aber aus Mangel an Sprachfertigkeit wollte ihm dies nicht gelingen.
Am folgenden Morgen machten sich die Matrosen an die Ausbesserung des Bootes und ließen ihre nassen Kleider in der Sonne trocknen. Die Insulaner versammelten sich in solcher Menge um sie her, daß Leutnant Pickersgill Linien in den Sand ziehen ließ, die von keinem der Wilden überschritten werden durften. Sie ließen sich dies ohne Widerspruch gefallen, nur einer war in dem Haufen, der darüber mehr Verwunderung zeigte als die anderen, und er fing an, mit einem Stock einen Kreis um sich herum zu ziehen und unter allerlei possierlichen Grimassen den Umstehenden anzudeuten, daß sie auch ihm vom Leibe bleiben sollten. Bei der gewöhnlichen Ernsthaftigkeit der Insulaner war dieser humoröse Einfall sonderbar und merkwürdig genug. Nachdem unsere Leute den ganzen Tag mit der Ausbesserung des Bootes und der Erkundung der Insel zugebracht hatten, ging die Rückreise am folgenden Morgen bei Tagesanbruch vor sich. Unglücklicherweise war das Leck so schlecht gestopft, daß sie schon an der nächstgelegenen Landspitze Neukaledoniens bis auf die Ruderer aussteigen und den Rückweg zum Schiff zu Fuß zurücklegen mußten. Ein Unterarzt hatte auf dieser Reise nach Balabia eine große Menge neuer Seemuscheln und Pflanzen gefunden, allein er ließ sich nicht bewegen, uns etwas davon abzugeben.
Am folgenden Morgen begleiteten wir den Kapitän nach dem Fluß im Osten, wohin er ausdrücklich ging, um seinem Freunde Hibai ein paar Schweine zu schenken und auf diese Weise einem Volke zahmes Schlachtvieh zu verschaffen, dessen friedfertiges Wesen ein solches Geschenk zu verdienen schien. Wir fanden den Mann und seine Familie in denselben Hütten, wo wir ihn zuerst angetroffen hatten, und nachdem Kapitän Cook ihm die Schweine übergeben hatte, ließ sich's ein jeder von uns angelegen sein, dem guten Hibai begreiflich zu machen, daß die Fortpflanzung dieser Tiere ihm mit der Zeit reichliche Nahrung verschaffen werde, daß sie also deswegen sorgfältig gepflegt zu werden verdienten. Er sowohl wie seine Familie zeigten aber so viel Furcht und Abscheu davor, daß sie uns durch Zeichen baten, sie wieder mit uns zu nehmen. Wir verdoppelten nun unsere Bemühungen und bewogen sie endlich, die Tiere zu behalten. Ihr Widerwille konnte uns indes nicht befremden, denn das Schwein ist nichts weniger als schön von Gestalt, und die Leute, die dergleichen nie gesehen, können wohl natürlicherweise keinen Gefallen daran finden. Die armen Bewohner von Neukaledonien hatten bisher noch kein anderes als das Fleisch von Fischen und Vögeln gekostet, ein vierfüßiges Tier mußte ihnen allerdings etwas Fremdes und Erstaunliches sein.
Wir kamen an einer Plantage vorbei, wo eine Gruppe Insulaner, meist Frauen, damit beschäftigt waren, ein morastiges Stück Land umzugraben und zu reinigen, vermutlich um nachher Yam- und Arumwurzeln darauf zu pflanzen. Sie bedienten sich dabei einer Hacke von Holz, die einen langen, krummen Schnabel hatte. Dies Werkzeug dient ihnen auch als Waffe. Der Boden scheint hier so ärmlich zu sein, daß er mehr Bearbeitung erfordert als anderswo. Ich hatte noch auf keiner anderen Insel des Südmeers ein ähnliches Umgraben und Umwühlen des Erdreichs bemerkt. Wir schossen einige neue schöne Vögel und kehrten ans Schiff zurück, wo schon alle Anstalten zur Abreise gemacht wurden. Nach Tische landeten wir noch einmal am Wasserplatz. Kapitän Cook ließ dort dicht am Bach in einen dicken Baum folgende Inschrift hauen: His Brittanic Majesty's Ship Resolution Sept. 1774.
Bei Anbruch des folgenden Tages wurde der Anker gelichtet. Wir waren bald aus den Riffen heraus und steuerten nordwestwärts an der Küste entlang. Unser Aufenthalt in diesem Hafen hatte nur achteinhalb Tage gedauert. Am dritten wurden wir bereits vergiftet und dadurch außer Stand gesetzt, die Zeit zu nutzen. Selbst bei der Abreise waren wir noch lange nicht wiederhergestellt. Überhaupt wollten unsere Kräfte jetzt kaum noch zu den kleinen Beschäftigungen ausreichen, die wir auf offener See vorzunehmen pflegten, und der Mangel an frischer Kost war freilich kein Mittel, uns wieder aufzuhelfen.
Wir steuerten nunmehr längs den Felsenriffen, womit Neukaledonien umgeben ist. In der Gegend der Insel Balabia war das Riff an einigen Stellen sechs Seemeilen von der Küste entfernt. Fregattvögel, Tölpel und tropische Vögel umschwärmten jetzt häufig das Schiff. Am 15. entdeckten wir, daß am Nordende von Neukaledonien drei Inseln liegen, da wir aber keine Durchfahrt im Riff fanden, mußten wir sie unerforscht lassen. Vier Meilen vom Riff wurden wir von einer Windstille überfallen, und die Wellen trieben uns gerade auf die Felsen zu. Die Gefahr war so groß, daß unverzüglich zwei Boote ausgesetzt werden mußten und die Leute es sich sauer werden ließen, uns an Stricken davon wegzuziehen. Eine schwache Brise gab ihnen am Abend Gelegenheit, sich etwas zu erholen, aber um Mitternacht mußten sie wieder an die Arbeit. Der folgende Morgen war so windstill, daß wir im kleinen Boot aufs Vogelschießen ausfahren konnten. Endlich stellte sich gegen Abend ein frischer Wind ein, und da wir keine Durchfahrt gefunden hatten, ließ der Kapitän das Schiff wenden.
Am folgenden Morgen segelten wir an dem Distrikt vorüber, wo unser Schiff vor Anker gelegen hatte. Der Windstillen wegen war die Fahrt herzlich langweilig. In zwei Tagen kamen wir nicht über zwanzig Seemeilen vorwärts, und wir fingen an bange zu werden, daß wir erst spät nach Neuseeland kommen würden, von wo wir dem Vernehmen nach aufs neue gegen den Südpol kreuzen sollten.
Am 24. früh erblickten wir das Kap, welches das östliche Ende von Neukaledonien ausmacht. Es war steil, aber nicht sehr hoch und oberhalb völlig platt. Abends entdeckte man vom Mastkorb aus eine andere Insel, und am folgenden Morgen zeigten sich zwischen dieser und Neukaledonien mehrere kleine Eilande. Die Unbeständigkeit des Windes hinderte uns aber, sie näher in Augenschein zu nehmen. Nur so viel bemerkten wir, daß sie von einem großen Riff eingeschlossen waren, weswegen wir nach Osten steuern mußten, um das Schiff außer Gefahr zu bringen. Dies war uns doppelt unangenehm, weil wir das Land so nahe hatten und doch nicht untersuchen, frische Nahrungsmittel dort vermuten und ihrer doch nicht habhaft werden konnten. Der noch vorhandene Rest von Yamwurzeln war sehr gering und kam nur als Delikatesse auf den Tisch der Offiziere, während der gemeine Matrose seit Namoka keinen frischen Bissen gekostet hatte.
Der Wind kehrte sich indessen nicht an unsere Ungeduld, sondern war und blieb schwach bis zum Abend des 26., als er besser und uns behilflich wurde, die größte der vor uns liegenden Inseln zu umsegeln. Sie bestand aus einem Berge, der ringsumher von einer Ebene umgeben war, wo eine unzählige Menge von Säulen standen. Wir mußten einigemal ab und zu lavieren, die Manöver brachten uns der Küste nahe, so daß wir das Rätsel der vermeintlichen Basaltsäulen lösen konnten. Es waren Bäume, die auf einem langen, sehr geraden Stamm kurze Zweige hatten. Kapitän Cook nannte dies Eiland die Fichten-Insel (Isle of pines). Am folgenden Tage fanden wir in den Riffen einen Durchgang und kamen bei einer kleinen Insel vor Anker, die sandig und flach, demungeachtet aber mit den säulenförmigen Bäumen bestanden war. Sobald die Anker gesichert waren, ruderten wir in einem kleinen Boot nach der Insel. Sie hatte ein eigenes Riff um sich her, in dem wir eine schmale Einfahrt fanden. Die schlanken, hohen Bäume zogen unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich, und wir fanden, daß es eine Art Zypressen waren. Die Stämme hatten einen schönen geraden Wuchs von 90 bis 100 Fuß Höhe. Die Äste standen rund um den Stamm, waren aber selten über 10 Fuß lang und sehr dünn. Wir fanden hier auch etwas Löffelkraut und eine Tetragonia (Eiskrautgewächs), die wir auf Neuseeland häufig als Suppenkraut gebraucht hatten. Wir kehrten ans Schiff zurück, um nach dem Essen wieder zu landen, einige Bäume umhauen und Küchenkräuter einsammeln zu lassen. Am Ufer waren im Sande hin und wieder Spuren von Holzfeuern und dabei Überbleibsel von Schildkröten zu sehen. An der Küste gab es auch eine Menge plattschwänziger Wasserschlangen. Der Zypressenbaum lieferte gutes Zimmerholz, und die elastischen Äste taugten sehr gut zu Segelstangen. Kapitän Cook gab diesem Eiland den Namen Botany Island, weil es bei seinem geringen Umfang eine Flora von fast dreißig Arten enthielt.
Kapitän Cook hatte einen Vorrat geräucherten Schinken mit auf die Reise genommen, sie waren aber mittlerweile sehr schlecht und unschmackhaft geworden. Das Fett hatte sich in ranziges Öl verwandelt und das Salz in alkalischen Klumpen angesetzt. Sooft gleichwohl ein solcher halbverwester Schinken auf des Kapitäns Tisch getragen wurde, sahen alle jüngeren Offiziere, die nicht mit uns speisten, diesem Leckerbissen mit sehnsuchtsvollem Appetit nach und priesen uns, die wir daran teilhatten, so glücklich, daß es selbst einem Wilden hätte wehtun mögen. Dem Sauerkraut, das wir an Bord hatten, muß es allein zugeschrieben werden, daß der Skorbut nicht stärker einriß, doch waren unsere Umstände auch ohne dieses Übel schon kläglich genug.
Am Abend überfiel uns eine Windstille, noch ehe wir aus den Riffen heraus waren. Dies versetzte uns in die größte Gefahr, weil Flut und Strömung das Schiff gegen die Klippen trieben, wir dem aber keinen Einhalt gebieten konnten, da nirgends Grund zu finden war. In dieser Verlegenheit erblickten wir gegen Norden eine Feuerkugel, die an Größe und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas blasserem Licht war. Nach wenigen Augenblicken barst sie und hinterließ viele helle Funken, auch wollten einige während ihres Herabfallens ein Zischen gehört haben. Während wir über die Ursachen und Wirkungen dieses Meteors nachdachten, erscholl unter den Matrosen ein Jubel, daß jetzt bald ein frischer Wind entstehen werde, und sei es nun Zufall oder eine natürliche Verbindung zwischen diesem Phänomen und der Atmosphäre, ihre Prophezeiungen gingen noch dieselbe Nacht in Erfüllung. Es erhob sich nämlich ein starker Wind, der uns erlaubte, süd-süd-ostwärts von Neukaledonien wegzusteuern.
Am zweiten Tag wurde es schon wieder windstill. Wie aber ein Ding nie so schlimm ist, daß es nicht zugleich zu etwas anderem gut ist, so ging es auch hier. Wir fingen nämlich einen Haifisch, deren sich verschiedene neben dem Schiff sehen ließen. In einem Augenblick war er unter die Mannschaft verteilt, und von so öligem Geschmack das Fleisch auch sein mochte, wir verzehrten unseren Anteil doch mit großem Appetit. Endlich stellte sich ein frischer Westwind ein, mit dessen Hilfe wir unseren Lauf nach Süd-Süd-Ost richten konnten. Am 8. abends schwamm eine zahlreiche Herde Meerschweine am Schiff vorüber, die munter um uns her gaukelten und manchmal aus dem Wasser sprangen. Eins dieser Tiere wurde mit der Harpune geschossen. Es maß sechs Fuß und hatte Milch in den Zitzen, da es, wie bekannt, zu der Klasse der Säugetiere gehört. Das Fleisch sah fast schwarz aus, doch wenn das Fett davon abgeschnitten wurde, schmeckte es so erträglich wie ein Stück trockenes Rindfleisch.
Früh um acht Uhr erblickte man vom Mastkorb aus eine kleine Insel. Nach einer Stunde befanden wir uns nahe genug, um zu erkennen, daß sie sehr steil und fast ganz mit Wald bedeckt und vermutlich nicht bewohnt war. Das Mittagessen wurde geschwinder als sonst verzehrt, weil wir es kaum erwarten konnten, an Land zu gehen. Der Kapitän hatte mittlerweile zwei Boote in Bereitschaft setzen lassen, in denen wir nach einer kleinen Bucht ruderten. Zwischen zwei Hügeln rieselte ein Bach herab, an dessen Ufern wir hinaufstiegen und mit der größten Beschwernis in den Wald eindrangen, wo ein dichtes Verhack von Schlingpflanzen uns den Zugang versperrte. Die meisten Pflanzen waren uns bekannt, da sich hier die Naturalien von Neuseeland mit denen von den Neuen Hebriden und von Neukaledonien vereint fanden. Unter anderem wuchsen die Zypressen und die Kohlpalmen in größter Vollkommenheit nebeneinander. Die Zypressen dienten dem Zimmermann zu allerlei Zwecken, zu Bramstangen, Rahen und dergleichen, während die Kohlpalmen uns ein angenehmes und schmackhaftes Erfrischungsmittel lieferten. Wir ließen eine größere Anzahl davon fällen und nahmen die milderen Schossen oder Herzen mit aufs Schiff. Am Strand wuchsen allerhand saftreiche Pflanzen, wovon wir einen guten Vorrat mitnahmen. Erst am späten Abend kehrten wir zum Schiff zurück und bedauerten, daß wir nicht daran gedacht haben, ein paar Schweine auszusetzen, die sich in der fruchtbaren Einöde gewiß fortgepflanzt und die Insel in einigen Jahren zu einem günstigen Landeplatz für künftige Seefahrer gemacht hätten. Während wir die Wälder durchsuchten, hatten die Bootsleute sich nach Fischen umgesehen. Der Fang war glücklich ausgefallen, und die Fische nebst den Vögeln, die wir geschossen hatten, und den Herzen der Kohlpalmen gaben uns zwei Tage lang stattliche Mahlzeiten. Kapitän Cook nannte diesen angenehmen Flecken Landes Norfolkinsel. Sie liegt unter 29° 2' 30" s.Br. und 168° 16'. ö.L.
Von Pintaden, Sturmvögeln und Albatrossen begleitet, segelten wir bei so günstigem Winde fort, daß schon am 17. frühmorgens die Küste von Neuseeland vor uns lag. Wir bekamen zuerst den Berg Egmont zu Gesicht, einen erstaunlich hohen Pik an der nördlichen Seite der Einfahrt in die Cook-Straße. Den Gipfel konnte man nur dann und wann erblicken, meist war er in Wolken gehüllt. Der Wind, der bisher noch immer gelinde gewesen war, verwandelte sich auf einmal in einen solchen Sturm, daß wir in der Stunde über acht Meilen zurücklegten. Gleichzeitig wurde die Luft sehr rauh und kalt. Wir waren froh, uns hier an der westlichen Küste von Neuseeland zu befinden, wo der Sturm für uns günstig war, während er an der Ostseite des Landes äußerst gefährlich gewesen wäre. Am folgenden Morgen trieb er uns beim Kap Stephens, an der Admiralitäts-Bai und an Point Jackson vorüber und brachte uns in den Königin-Charlotten-Sund, wo die Berge schon einigen Schutz gaben. So langten wir endlich zum dritten Male auf dieser Reise glücklich wieder auf unserem ehemaligen Ankerplatz in Ship-Cove an, und die Hoffnung, unsere erschöpften Kräfte wieder hier zu sammeln und zu stärken, erregte ungewöhnliche Fröhlichkeit auf dem ganzen Schiff.