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Um den Spaß vollkommener zu machen, überhäufte Pasotti seine Gattin mit Vorwürfen, daß sie Herrn Giacomo die Reden des Don Giuseppe über die Unschicklichkeit einer solchen Ehe hinterbracht habe. Die arme Taube fiel aus den Wolken, wußte nichts von Reden und nichts von Ehen, protestierte, es wäre eine Verleumdung, beschwor ihren Gatten, doch ja nichts zu glauben, und geriet fast in Verzweiflung, weil der Kontrolleur sich den Anschein gab, seinen Verdacht zu bewahren. Der boshafte Mensch versprach sich ein ausgesuchtes Vergnügen; er wollte Herrn Giacomo und Don Giuseppe sagen, daß seine Frau ihre Übeltat gutmachen und Frieden stiften wolle, wollte alle drei in seinem Hause zusammenbringen und hinter der Tür die köstliche Szene belauschen, die sich zwischen dem erzürnten Herrn Giacomo, dem bestürzten Don Giuseppe und der betrübten tauben Barborin abspielen würde. Aber sein Plan mißlang, denn seine Frau hielt den Aufregungen nicht stand und lief in den »Palast«, um sich zu rechtfertigen.
Sie fand Don Giuseppe und Maria in einem Zustand ungewöhnlicher Erregung. Eine wichtige, bedeutsame Sache war ihnen passiert, und Maria wollte sie erzählen, während Don Giuseppe dagegen war. Schließlich gab der Herr nach, unter der Bedingung, daß Maria nicht schreien, sondern sich durch Zeichen verständlich machen würde. Als man ihm auch in diesem Punkt nicht folgen wollte, wurde er in seiner ängstlichen Vorsicht wütend, und die Magd gab nach.
Da das Gerücht ging, in Lugano sei ein Cholerafall vorgekommen bei einer aus Mailand zugereisten Person, wo die Krankheit herrschte, so hatte Don Giuseppe sofort angeordnet, daß alle Einkäufe für die Küche in Porlezza anstatt in Lugano zu besorgen wären; und er hatte Giacomo Panighèt damit beauftragt, den Postboten, der die Briefe in Valsolda nicht dreimal täglich, wie es jetzt üblich ist, sondern zweimal wöchentlich austrug, wie es die glückselige Gewohnheit der kleinen Welt von dazumal war. Also fünf Minuten bevor Frau Pasotti gekommen war, hatte Giacomo Panighèt seinen gewohnten Korb gebracht, und in dem Korb hatte sich, unter den Kohlköpfen verborgen, ein an Don Giuseppe adressierter Brief gefunden. Er lautete so:
»Machen Sie, der Sie mit Don Franco Maironi Primiera spielen, ihn darauf aufmerksam, daß die Luft in Lugano sehr viel besser ist als die in Oria.
Tivano.«
Maria zeigte stillschweigend der Pasotti den noch gefüllten Korb, machte ihr durch eine wirksame Mimik die Entdeckung des Briefes deutlich und gab ihn ihr zu lesen.
Kaum hatte die Taube gelesen, so begann zwischen den dreien eine bizarre, unbeschreibliche, stumme Szene sich abzuspielen. Maria und Don Giuseppe gaben durch Gesten und wilde Blicke ihre Überraschung und ihren Schrecken zu erkennen; die Pasotti sah sie halb entsetzt und halb verwirrt an, mit offenem Mund, das Blatt in der Hand, als ob sie verstanden hätte; tatsächlich hatte sie nur verstanden, daß der Brief furchteinflößend sein müsse. Ein Blitz durchschoß sie, mit der Linken hielt sie Don Giuseppe das Blatt hin, mit dem Zeigefinger der Rechten deutete sie auf das Wort Franco, darauf kreuzte sie die Hände mit fragender Miene; und als die beiden, nachdem sie die Figur der Handschellen erkannt hatten, aus allen Kräften mit dem Kopfe bejahten, geriet sie außer sich wegen der innigen Liebe, die sie für Luisa hegte, und ohne sich mehr um ihre eigne Angelegenheit zu kümmern, erklärte sie durch Zeichen, als ob die beiden andern ebenfalls taub wären, daß sie schleunigst nach Oria zu Don Franco laufen und ihm die Zuschrift überbringen wolle.
Sie barg den Brief in ihrer Tasche und stürmte davon, fast ohne Don Giuseppe und Maria zu grüßen, die sich, fassungslos, wie sie waren, vergeblich bemühten, sie zu packen, zurückzuhalten und ihr alle mögliche Vorsicht anzuempfehlen. Sie entschlüpfte ihnen aus der Hand und trabte, ihren alten grauen Rock auf der Erde nach sich schleifend, mit wackelndem Hut auf Oria zu, wo sie gänzlich atemlos anlangte, den Kopf voll Gendarmen, Haussuchungen, Verhaftungen, voller Schrecknisse und Tränen.
*
Sie lief die Gartentreppe des Hauses Ribera hinauf, trat geradeswegs in den Saal, erkannte den Einnehmer und den K. K. Kommissär von Porlezza, erschrak tödlich bei der Vorstellung, sie seien da, um zu dem fürchterlichen Streiche auszuholen, entdeckte zugleich Frau Bianconi und Herrn Giacomo und atmete auf.
Der Kommissär saß auf dem großen Sofa auf dem Ehrenplatze neben dem Oberingenieur, sprach viel und mit großer Leichtigkeit und viel Feuer und sah dabei hauptsächlich auf Franco, als ob Franco der einzige wäre, für den es sich verlohne, Atem und Geist auszugeben.
Franco saß stumm und gereizt in einem Lehnstuhl wie jemand, der in einem fremden Hause einen üblen Geruch wahrnimmt und anständigerweise weder davonlaufen noch schimpfen kann. Man sprach über den Krimkrieg, und der Kommissär verherrlichte den Plan der Alliierten, den Koloß an einem für seine ehrgeizigen Absichten so vitalen Punkt anzugreifen, und sprach von der russischen Barbarei und selbst vom Selbstherrscher in einer Weise, die Franco, aus Furcht vor der Möglichkeit einer anglo-französisch-österreichischen Allianz, erbeben machte und Carlascia, der noch die Ideen von 1849 hatte und im Zaren einen dicken Hausfreund sah, in gewaltiges Staunen versetzte.
»Und Sie, Herr Deputierter,« wendete sich der Kommissär mit seinem gelblichen, ironischen Lächeln an Herrn Giacomo, »wie denken Sie hierüber?«
Herr Giacomo blinzelte mit den Äuglein, betastete sich die Knie und erwiderte: »Ich, hochverehrtester Herr Kommissär, ich versteh' mich weder auf Rußland noch auf Frankreich noch auf England, und kümmere mich auch nicht drum. Die sollen nur miteinander fertig werden. Wer mich aber dauert, das ist, um die Wahrheit zu sagen, der arme Hund von Babusche. Hält sich ruhig wie ein Lämmchen, und die machen ihn zu ihrem Hanswurst; der schreit nicht um Hilfe, und Anno fünfzig laufen sie und helfen ihm, und jetzt hat er sie alle auf dem Hals, und einerlei, ob er nun siegt oder unterliegt, der arme Babusche, ausgeplündert wird er mal jedenfalls.«
Mit diesem Kosenamen Babusche bezeichnete Herr Giacomo in seinem Venezianisch den Türken. Es war die Personifikation der Türkei in einem Idealtürken mit Turban, obligatem Bart, Schmeerbauch und Pantoffeln. In seiner Eigenschaft als Mann des Friedens und als halber Freidenker hatte Puttini eine Schwäche für den trägen, friedfertigen und gutmütigen Babusche.
»Beruhigen Sie sich,« sagte lachend der Kommissär. »Ihr Freund Babusche wird sich vortrefflich herausziehen. Wir sind ja auch Freunde des Türken, und wir werden ihn weder verstümmeln noch verbluten lassen.«
Franco konnte sich nicht enthalten, mit grämlicher Miene zu brummen:
»Das würde aber eine schöne Ungerechtigkeit gegen Rußland sein.«
Der Kommissär schwieg, und Frau Peppina schlug mit ungewohntem Takt vor, ob man nicht gehen wolle, um die Blumen zu besehen.
»Sehr gut!« sagte der Ingenieur, froh, daß die Unterhaltung unterbrochen wurde.
Als sie aus dem Saal in das Gärtchen traten, nahm der Kommissär familiär Francos Arm und flüsterte ihm ins Ohr: »Mit der Undankbarkeit haben Sie ja ganz recht; aber es gibt gewisse Dinge, die wir Beamte nicht aussprechen dürfen.«
Franco, auf dem die Berührung der K. K. Hand brannte, war durch diesen Ausfall überrascht. Wenn jener nur ein wenig italienisches Gesicht gehabt hätte, würde er ihm geglaubt haben; aber mit diesem Kalmückengesicht glaubte er ihm nicht und nahm die Unterhaltung nicht auf.
Mit halber Stimme begann der andre von neuem, indem er sich über das Geländer nach dem See hin beugte, um anscheinend den ficus repens, der die Mauer bedeckte, zu betrachten.
»Seien auch Sie mit gewissen Worten vorsichtig,« sagte er. »Es gibt Bestien, die sie übel auslegen könnten.« Und er deutete mit dem Kopf leicht auf den Einnehmer. »Seien Sie auf der Hut, seien Sie auf der Hut.«
»Danke,« erwiderte Franco trocken; »aber ich glaube, keine Veranlassung zu haben, um auf der Hut zu sein.«
»Man weiß nicht, man weiß nicht, man weiß nicht,« flüsterte der Kommissär, drehte sich um und ging, von Franco gefolgt, nach der kleinen Treppe, die zu der zweiten Terrasse des Gärtchens herunterführte, wo der Einnehmer und der Ingenieur sich über Schleie unterhielten.
Dicht dabei stand der berühmte rote Jasmintopf.
»Dieses Rot paßt schlecht, Herr Maironi,« sagte unvermittelt der plumpe Kerl und tat mit der Hand einen Schlag in die Luft, als wollte er sagen: »Fort damit!«
In diesem Augenblick zeigte sich Luisa vom Saal aus und rief ihren Gatten. Der Kommissär wandte sich zu seinem übereifrigen Trabanten und sagte ihm barsch: »Lassen Sie das bleiben!«
Frau Pasotti brach auf und wünschte sich von Franco zu verabschieden. Dieser wollte sie durch den Garten herauslassen, aber sie, um die Zeremonien mit den andern Herren zu vermeiden, zog vor, die innere Treppe herabzugehen, und Franco begleitete sie bis an die offene Straßentür. Anstatt aber hinauszugehen, schloß die Pasotti zu seiner größten Verblüffung diese Tür und begann, ihn durch ein leidenschaftliches, absolut unverständliches Mienenspiel zu erschrecken, das sie mit abgebrochenen Seufzern und einem wilden Verdrehen der Augen begleitete, worauf sie einen Brief aus der Tasche zog und ihm überreichte.
Franco las, zuckte die Achseln und steckte das Blatt in die Tasche. Als nun die Pasotti mit ihrer verzweifelten Mimik ihm Flucht, Flucht, Lugano, Lugano anriet, beruhigte er sie lächelnd durch eine Bewegung. Sie ergriff noch einmal seine Hände und schüttelte noch einmal, mit einem Beben flehender Angst, den nach rechts gerutschten mächtigen Hut und die zwei langen schwarzen Locken. Dann riß sie die Augen auf, spitzte die Lippen soviel sie konnte und legte den Zeigefinger an die Nase zum Zeichen des Schweigens. »Auch mit Pasotti!« sagte sie; und das waren ihre einzigen Worte während dieser ganzen Szene, worauf sie sich eilig entfernte.
Franco stieg die Treppe wieder hinauf, über seine Angelegenheiten nachdenkend. Es konnte blinder Lärm sein, es konnte eine ernste Sache sein. Warum aber um alles in der Welt sollte man ihn verhaften? Er suchte in seinem Gedächtnis, ob er irgend etwas Kompromittierendes im Hause hätte, und fand nichts. Einen Augenblick dachte er an eine Perfidie der Großmutter, aber sogleich verwarf er diesen Gedanken wieder, machte sich Vorwürfe darüber und verschob jede Entschließung auf später, wenn er mit seiner Gattin gesprochen haben würde. Er kehrte in den Garten zurück, wo der Kommissär, kaum seiner ansichtig, ihn bat, ihm doch die gewissen Dahlien zu zeigen, die Frau Peppina so sehr rühmte. Als er hörte, daß die Dahlien im Gemüsegarten wären, schlug er Franco vor, mit ihm dorthin zu gehen. Sie könnten allein gehen, die andern wären ja doch nur Laien. Franco war einverstanden.
Das Benehmen dieses kleinen, behandschuhten Schergen erschien ihm mehr als seltsam; doch hätte er gern herausgebracht, ob es in irgendeiner Weise mit der mysteriösen Warnung in Zusammenhang stünde.
»Hören Sie, Herr Maironi,« sagte kurz entschlossen der Kommissär, als Franco die Tür des Gemüsegartens hinter sich zugemacht hatte. »Ich will Ihnen ein Wort sagen.«
Franco, der die zwei Stufen herunterging, die sich an die Türschwelle schließen, blieb stehen und runzelte die Augenbrauen.
»Kommen Sie hierher!« fügte der andre befehlend hinzu. »Es ist vielleicht gegen meine Pflicht, was ich jetzt im Begriff bin zu tun, aber ich tue es trotzdem. Ich bin ein zu guter Freund Ihrer Großmutter, der Frau Marchesa, um es nicht zu tun. Sie schweben in einer großen Gefahr.«
»Ich?« sagte kalt Franco; »in welcher?«
Franco hatte eine rasche und sichere Empfindung für die Gedanken des andern. Die Worte des Kommissärs stimmten merkwürdig mit denen überein, die die Pasotti ihm überbracht hatte; trotzdem fühlte er in diesem Augenblick, daß der kleine Scherge Verräterei im Schilde führte.
»In welcher?« erwiderte dieser. »Mantua!«
Ohne mit der Wimper zu zucken, hörte Franco den entsetzlichen Namen, der gleichbedeutend war mit Gefängnis und Galgen.
»Vor Mantua brauche ich keine Furcht zu haben,« sagte er. »Ich habe nichts getan, um nach Mantua zu gehen.«
»Und trotzdem!«
»Wessen klagt man mich an?« wiederholte Franco.
»Das werden Sie erfahren, wenn Sie hier bleiben,« erwiderte der Kommissär, die letzten Worte nachdrücklich betonend. »Und jetzt wollen wir die Dahlien besichtigen.«
»Ich habe nichts getan,« sagte nochmals Franco. »Ich rühre mich nicht von hier.«
»Wir wollen diese Dahlien besichtigen, wir wollen diese Dahlien besichtigen!« beharrte der Kommissär.
Franco hatte die Empfindung, als müsse er diesem Menschen danken, aber er brachte es nicht fertig. Er zeigte ihm seine Blumen mit vollkommener Ruhe und so viel Höflichkeit, wie es die Gelegenheit erforderte, und führte ihn dann aus dem Gemüsegarten ins Haus, über irgendeinen Professor Maspero und über irgendein Geheimnis zur Bekämpfung der Traubenkrankheit sich ergehend.
Im Saale sprach man über eine andre, schlimmere Krankheit. Frau Peppina hatte eine schauderhafte Angst vor der Cholera im Leibe. Sie gab zu, ja, daß die Cholera für jeden guten Christen eine Mahnung sei, sich Gottes Gnade zu empfehlen, und daß, wenn man in Gottes Gnade ist, es ein Glück sei, in die andre Welt einzugehen. »Aber dann ist auch die äußere Hülle, diese liebe äußere Hülle! Zu denken, daß die morgen leer sein könnte!«
»Die Cholera,« sagte Luisa, »könnte die Sachen aufs schönste arrangieren, wenn sie ein Einsehen hätte; aber sie hat keins. Sehen Sie,« flüsterte sie Frau Peppina ins Ohr, während Bianconi aufstand, um dem mit Franco eintretenden Kommissär entgegenzugehen, »die Cholera wäre imstande, Sie hinwegzuraffen und Ihren Gatten hier zu lassen.«
Bei diesem seltsamen Ausfall fuhr Frau Peppina vor Entsetzen zusammen, schrie »Jesus Maria!«, und als sie dann verstand, daß sie sich verraten und für ihren Carlascia nicht so viel Zärtlichkeit, wie sie immer zur Schau trug, gezeigt hatte, packte sie das Knie ihrer Nachbarin und beugte sich, rot wie eine Päonie, vor, um ihr leise zuzuflüstern: »Still, still, still!«
Aber Luisa achtete gar nicht mehr auf sie; ein Blick von Franco hatte ihr zu verstehen gegeben, daß etwas vorgefallen sei.
*
Als alle Gäste sich entfernt hatten, nahm Onkel Piero die Mailänder Zeitung vor, und Luisa sagte zu ihrem Gatten: »Es ist drei Uhr; wir wollen Maria aufwecken.«
Als sie mit ihm in dem Zimmer neben dem Alkoven war, fragte sie ihn, anstatt die Fensterläden zu öffnen, was vorgefallen wäre. Franco erzählte ihr alles, von dem Billett der Pasotti an bis zu dem seltsamen Benehmen, der seltsamen Vertraulichkeit des Kommissärs.
Luisa hörte ihn sehr ernsthaft an, aber ohne ein Zeichen von Angst zu geben. Sie untersuchte das mysteriöse Briefchen. Sie sowohl wie Franco wußten, daß unter den Agenten der Regierung ein Ehrenmann war, der im Jahre 1849 und 1850 mehrere Patrioten gerettet hatte, indem er sie heimlich gewarnt hatte; aber sie wußten auch, daß dieser Ehrenmann weder von Orthographie noch von Grammatik eine Ahnung hatte. Und das von der Pasotti überbrachte Briefchen war durchaus korrekt. Was den Kommissär anbetrifft, so war bekannt, daß er eines der traurigsten und bösartigsten Werkzeuge der Regierung war. Luisa billigte die ablehnende Haltung ihres Gatten. »Ich möchte darauf schwören, daß sie dich zur Abreise veranlassen wollen,« sagte sie.
Franco war derselben Meinung, ohne jedoch einen vernünftigen Grund hierzu zu finden. Luisa hatte wohl einen im Sinn, der ihr durch ihre Verachtung für die Großmutter eingegeben wurde. Der Kommissär war ein guter Freund der Großmutter, das hatte er selbst in einer ihrer Meinung nach allzu raffinierten Schlauheit zugegeben. Im Handschuh des Kommissärs steckte die Kralle der Großmutter. Nicht Franco allein, sie alle sollten getroffen werden; und in der Person dessen, der mit seinen Mühen und mit seinem eigensten großmütigen Herzen die Familie erhielt, sollten sie getroffen werden. Luisa wußte aus Unterhaltungen, die ihr von den gewohnten müßigen Zungen hinterbracht worden waren, daß die Großmutter Onkel Piero verabscheute, weil Onkel Piero ihrem Enkel die Möglichkeit gegeben hatte, sich gegen sie aufzulehnen und in der Rebellion ausreichend behaglich zu leben. Jetzt suchte man nach einem Vorwand, ihn zu treffen. Die Flucht des Neffen würde einem Geständnis gleichgekommen sein und wäre für eine Regierung wie die österreichische ein willkommener Vorwand, um den Oheim zu treffen. Luisa sprach es nicht sogleich aus, aber sie gab zu verstehen, daß sie eine Idee habe; und ihr Gatte entlockte sie ihr dann nach und nach. Als er sie gehört, schenkte er ihr im innersten Herzen Glauben, widerlegte sie aber mit Worten und suchte die Großmutter vor einer so unbegründeten und so ungeheuerlichen Anklage zu verteidigen. Wie nun die Sache auch immer sich verhalten mochte, Mann und Frau stimmten darin völlig überein, nicht vom Platz zu weichen und die Ereignisse abzuwarten. Deshalb standen sie davon ab, Vermutungen aufzustellen oder abzustreiten. Luisa stand auf, öffnete die Fensterläden, drehte sich um, um ihren Gatten im vollen Lichte lächelnd zu betrachten, und streckte ihm die Hand entgegen, die er mit heißem Herzen und stummem Munde faßte und drückte. Sie kamen sich vor wie Soldaten, die auf einem ruhigen Wege dem fernen Dröhnen der Kanonen und Gott weiß welchem Geschick entgegengeführt werden.