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Geboren in Potsdam am 31. August 1821, gestorben in Charlottenburg am 8. September 1894. – Seine Doktorarbeit enthält den Nachweis des Eintritts der Nervenfaser in die Ganglienzelle (1842). Seine erste experimentelle Untersuchung betraf die Fäulnis und Gärung (1843) und bildete eine wichtige Vorarbeit zu der von Pasteur (1860). Am 23. Juli 1847 trug er in Berlin die Abhandlung über die Erhaltung der Kraft vor. (Die Priorität Robert Mayers hat Helmholtz rückhaltlos anerkannt.) 1849 kam Helmholtz als a.o. Professor der Physiologie und allgemeinen Pathologie nach Königsberg. Dort hielt er am 12. November 1851 einen Vortrag über den Augenspiegel. Hierdurch wurde er auf einmal berühmt. 1852 wurde er dort ordentlicher Professor, und 1855 berief man ihn für Anatomie und Physiologie nach Bonn, 1858 als Physiologen nach Heidelberg, wo er bis 1871 blieb. In diesem Jahre wurde er als Professor der Physik nach Berlin zurückgerufen, wo er bis an sein Lebensende ein der Wissenschaft geweihtes Leben führte. – Der erste Brief bezieht sich auf Helmholtz' Arbeit: »Messungen über den zeitlichen Verlauf der Zuckung animalischer Muskeln und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Reizung in den Nerven«; der zweite an seinen Vater gerichtete betrifft die Entdeckung des Augenspiegels, von der Graefe urteilte: »Helmholtz hat uns eine neue Welt erschlossen.«
Königsberg, d. 29. 3. 50.
Verehrter Onkel,
ich erlaube mir, durch die Zeilen Ihnen meine Glückwünsche zu Ihrem allgemein gefeierten Geburtstage zu übersenden. Sein Sie versichert, daß die Dankbarkeit für das Gute, was Sie mir und meiner Frau erwiesen haben, treulich in unserm Herzen fortlebt. Wir leben hierselbst sehr glücklich, wenn auch Königsberg selbst gerade keinen großen Beitrag zu unserm Glücke liefert. Bisher haben mich die Vorbereitungen für die zum ersten Male zu haltenden Vorlesungen anhaltend beschäftigt, und nur in den Ferien behielt ich Muße zu eigenen Arbeiten. Da mir die Tante Ulrich aus Ihrem Briefe mittheilte, daß Sie sich für meine jetzigen Versuche interessieren, so will ich Ihnen gleichzeitig mittheilen daß ich jetzt auch schon eine Reihe analoger Versuche am Menschen angestellt habe, aus denen hervorgeht, daß die Geschwindigkeit der Fortpflanzung der Nervenreizung im Menschen etwa 150 bis 180 Fuß in der Secunde beträgt, so daß eine Nachricht vom großen Zehen etwa nach 1/30 Sekunde im Gehirn ankommt. Ich gehe jetzt damit um, die Sachen zur detaillierten Veröffentlichung fertig zu machen.
In Ergebenheit
Ihr H. Helmholtz.
An seinen Vater:
[Dez. 1851.]
... Außerdem habe ich aber bei Gelegenheit meiner Vorträge über Physiologie der Sinnesorgane eine Erfindung gemacht, welche möglicherweise für die Augenheilkunde von dem allerbedeutendsten Nutzen sein kann. Sie lag eigentlich so auf der Hand, erforderte weiter keine Kenntnisse, als was ich auf dem Gymnasium von Optik gelernt hatte, daß es mir jetzt lächerlich vorkommt, wie andere Leute und ich selbst so vernagelt sein konnten, sie nicht zu finden. Es ist nämlich eine Kombination von Gläsern, wodurch es möglich wird, den dunkeln Hintergrund des Auges durch die Pupille hindurch zu beleuchten, und zwar ohne ein blendendes Licht anzuwenden, und gleichzeitig alle Einzelheiten der Netzhaut genau zu sehen, sogar genauer, als man die äußeren Teile des Auges ohne Vergrößerungen sieht, weil die durchsichtigen Teile des Auges dabei die Stelle einer Lupe von 20maliger Vergrößerung für die Netzhaut vertreten. Man sieht die Blutgefäße auf das zierlichste, Arterien und Venen verzweigt, den Eintritt des Sehnerven in das Auge usw. Bis jetzt war eine Reihe der wichtigsten Augenkrankheiten, zusammengefaßt unter dem Namen »schwarzer Star«, eine Terra incognita, weil man über die Veränderungen im Auge weder im Leben noch selbst meistens im Tode etwas erfuhr. Durch meine Erfindung wird die speziellste Untersuchung der inneren Gebilde des Auges möglich. Ich habe dieselbe als ein sehr vorsichtig zu behandelndes Ei des Columbus sogleich in der physikalischen Gesellschaft in Berlin als mein Eigentum proklamieren lassen, lasse gegenwärtig ein solches Instrument arbeiten, welches besser und bequemer ist, als meine bisherigen Pappklebereien, werde dann womöglich mit unserm hiesigen Hauptaugenarzte A. Graefe. Untersuchungen an Kranken anstellen, und dann die Sache veröffentlichen.«
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