Alexander Dumas d. Ä.
Zwanzig Jahre nachher. Zweiter Band
Alexander Dumas d. Ä.

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Die Absolution

Man höre, was geschehen war.

Sobald der Mönch im Zimmer war, näherte er sich dem Verwundeten. Dieser betrachtete das Gesicht dessen, der sein Tröster werden sollte; er machte eine Bewegung des Erstaunens und sagte:

Ihr seid sehr jung, mein Vater. – Die Leute meines Gewandes haben kein Alter, antwortete der Mönch trocken. – Ach, sprecht doch etwas sanfter, mein Vater, versetzte der Verwundete, ich bedarf eines Freundes in meinen letzten Augenblicken. – Ihr leidet viel? sagte der Mönch. – Ja, aber mehr in der Seele, als im Leibe. – Wir werden Eure Seele retten, erwiderte der junge Mann; aber seid Ihr wirklich der Henker von Bethune, wie diese Leute sagen? – Das heißt, antwortete lebhaft der Verwundete, das heißt, ich bin es gewesen, bin es aber nicht mehr. Ich habe vor fünfzehn Jahren mein Amt aufgegeben, wohne Hinrichtungen noch bei, schlage aber nicht mehr. O nein! – Ihr habt also Abscheu vor Eurem Stande?

Der Henker stieß einen tiefen Seufzer aus und sagte: Solange ich nur im Namen des Gesetzes und der Gerechtigkeit geschlagen habe, ließ mich mein Stand, da ich unter der Gerechtigkeit und dem Gesetze geschützt war, ruhig schlafen; aber seit der furchtbaren Nacht, wo ich als Werkzeug für eine Privatrache diente und mein Schwert mit Haß gegen ein Geschöpf Gottes erhob, seit dieser Nacht . . .

Der Henker hielt inne und schüttelte mit verzweifelter Miene den Kopf.

Sprecht, sagte der Mönch, der sich unten an den Fuß des Bettes gesetzt hatte und der Erzählung mit brennenden Augen folgte.

Ach! rief der Sterbende mit dem ganzen Erguß eines lange zurückgehaltenen Schmerzes, der sich endlich Luft macht, ach! ich habe diese Gewissensbisse durch zwanzig Jahre guter Werke zu beschwichtigen gesucht. Ich habe der Erde menschliche Existenzen erhalten, als Ersatz für die, welche ich ihr geraubt hatte. Das in der Ausübung meines Gewerbes von mir errungene Vermögen habe ich unter die Armen verteilt; ich bin ein beständiger Kirchenbesucher geworden. Aber ich glaube, daß mir Gott nicht verziehen hat; denn die Erinnerung an jene Hinrichtung verfolgt mich beständig, und es kommt mir jede Nacht vor, als sähe ich das Gespenst jener Frau vor meinen Augen sich erheben.

Einer Frau? Ihr habt also eine Frau ermordet? rief der Mönch.

Und Ihr auch? erwiderte der Henker; Ihr bedient Euch auch des Ausdrucks, der so furchtbar in meinem Ohre klingt? Ermordet! Ich habe also gemordet und nicht hingerichtet! Ich bin also ein Mörder und nicht ein Nachrichter!

Und er schloß die Augen und stieß einen Seufzer aus.

Der Mönch fürchtete ohne Zweifel, er könnte sterben, ohne mehr zu sagen; denn er versetzte lebhaft: Fahrt fort, ich weiß nichts, und wenn Ihr Eure Erzählung geendigt habt, werden Gott und ich richten.

An einem Abend, begann der Henker, ohne die Augen zu öffnen, als fürchte er, etwas Entsetzliches vor sich zu sehen, erschien ein Mann bei mir und zeigte mir einen Befehl. Ich folgte. Vier andere vornehme Herren erwarteten mich; sie führten mich maskiert mit sich. Ich nahm mir vor, mich zu weigern, wenn mir das, was man von mir fordern würde, ungerecht vorkäme. Nach fünf oder sechs Meilen eines schweigsamen Marsches zeigten sie mir durch die Fenster einer kleinen Hütte eine mit dem Ellbogen auf den Tisch gelehnte Frau und sagten zu mir: Diese habt Ihr hinzurichten. – Gräßlich! sprach der Mönch. Und Ihr gehorchtet? – Mein Vater, diese Frau war ein Ungeheuer. Sie hatte, wie man sagte, ihren zweiten Gatten vergiftet und ihren Schwager, der sich unter diesen Männern befand, zu vergiften gesucht. Sie hatte kurz zuvor eine junge Frau, die ihre Nebenbuhlerin war, vergiftet, und, ehe sie England verließ, Buckingham, den Liebling des Königs, erdolchen lassen. – Buckingham? rief der Mönch. – Ja, Buckingham, so ist es. – Diese Frau war also eine Engländerin? – Nein, sie war eine Französin, aber in England verheiratet.

Der Mönch erbleichte, trocknete seine Stirn und verschloß die Tür mit einem Riegel. Der Henker glaubte, er wolle ihn verlassen, und fiel seufzend auf sein Bett zurück.

Nein, nein, hier bin ich, versetzte der Mönch, rasch zu ihm zurückkehrend; fahrt fort, wer waren diese Männer? – Der eine war ein Fremder, ein Engländer, glaube ich. Die andern waren Franzosen und trugen die Uniform der Musketiere. – Ihre Namen? fragte der Mönch. – Ich kenne sie nicht; ich weiß nur, daß die vier andern Herren den Engländer Mylord nannten. – Und die Frau war schön? – Schön und jung! Oh! ja, besonders schön. Ich sehe sie noch, wie sie mit zurückgeworfenem Kopfe vor mir auf den Knien lag und mich anflehte. Ich habe später nie begriffen, wie ich diesen so schönen und so bleichen Kopf abschlagen konnte.

Der Mönch schien von einer seltsamen Bewegung ergriffen. Er zitterte an allen Gliedern; man sah, daß er eine Frage machen wollte, daß er es aber nicht wagte.

Endlich sagte er nach einer gewaltsamen Selbstüberwindung: Der Name dieser Frau? – Ich weiß ihn nicht. Sie hatte sich, wie ich Euch sagte, zweimal verheiratet, einmal in Frankreich, das zweite Mal in England. – Und sie war jung, sagt Ihr? – Fünfundzwanzig Jahre. – Schön? – Zum Entzücken. – Blond? – Ja. – Lange Haare, nicht wahr . . . die ihr bis auf die Schultern herabfielen? – Ja. – Große Augen von wunderbarem Ausdruck? – Wenn sie wollte. Oh! ja, so ist es. – Eine Stimme von seltsamer Weichheit? – Woher wißt Ihr dies?

Der Henker stützte sich mit dem Ellbogen auf sein Bett und heftete einen erschrockenen Blick auf den Mönch, der leichenblaß wurde.

Und Ihr habt sie getötet! sprach der Mönch; Ihr habt diesen Elenden, die sie nicht selbst zu töten wagten, als Werkzeug gedient! Ihr habt mit dieser Jugend, mit dieser Schönheit, mit dieser Schwäche kein Mitleid gehabt! Ihr habt diese Frau getötet! – Ach! versetzte der Henker, ich habe es Euch gesagt, mein Vater, diese Frau verbarg unter einer himmlischen Hülle einen höllischen Geist, und als ich sie sah und mich des Bösen erinnerte, das sie mir zugefügt hatte . . . – Euch? Und was hatte sie Euch tun können? – Sie hatte meinen Bruder, der ein Priester war, verführt und zu Grunde gerichtet; sie war mit ihm aus ihrem Kloster entflohen. – Mit Eurem Bruder? – Ja, mein Bruder war ihr erster Liebhaber; sie war am Tode meines Bruders schuld! Oh! mein Vater! mein Vater! schaut mich nicht so an! Oh! ich bin also sehr schuldig. Oh! Ihr vergebt mir also nicht!

Der Mönch verzog sein Gesicht.

Doch wohl, ich werde Euch vergeben, wenn Ihr mir alles sagt. – Oh! rief der Henker, alles! alles! alles! – So antwortet also . . . Wenn sie Euren Bruder verführt hat . . . Ihr sagt, sie habe ihn verführt, nicht wahr? – Ja. – Wenn sie seinen Tod veranlaßt hat . . . Ihr sagt, sie habe seinen Tod veranlaßt, nicht wahr? – Ja, wiederholte der Henker. – So müßt Ihr ihren Familiennamen kennen. – Oh! mein Gott! sprach der Henker, mein Gott! ich glaube, ich sterbe. Die Absolution, mein Vater, die Absolution! – Sage mir ihren Namen! rief der Mönch, und ich gebe sie dir! – Sie hieß . . . mein Gott, habe Gnade mit mir! murmelte der Henker und sank bleich, zitternd, wie ein Sterbender auf sein Bett zurück. – Ihren Namen! wiederholte der Mönch und beugte sich über ihn, als gedächte er ihm diesen Namen zu entreißen, wenn er ihn nicht nennen wollte; ihren Namen! . . . sprich, oder keine Absolution!

Der Sterbende schien alle seine Kräfte zusammenzuraffen. Die Augen des Mönchs funkelten.

Anna von Breuil, murmelte der Sterbende. – Anna von Breuil! rief der Mönch, sich hoch aufrichtend und seine Hände zum Himmel erhebend, Anna von Breuil, du hast gesagt, Anna von Breuil, nicht wahr? – Ja, ja, das war ihr Name, und jetzt absolviert mich, denn ich sterbe. – Ich dich absolvieren? Ich bin kein Priester! – Ihr seid kein Priester! rief der Henker; aber was seid Ihr denn? – Ich werde es dir sagen, Elender! – Ah! Herr! mein Gott! – Ich bin John Francis Winter. – Ich kenne Euch nicht! rief der Henker. – Warte, warte, du sollst mich kennen lernen; ich bin John Francis Winter, und jene Frau . . . war meine Mutter.

Der Henker stieß den ersten Schrei aus, den furchtbaren Schrei, den man außen gehört hatte.

Oh! vergebt mir, vergebt mir, wenn nicht im Namen Gottes, doch wenigstens in Eurem Namen, wenn nicht als Priester, doch wenigstens als Sohn.

Dir vergeben! rief der falsche Mönch, dir vergeben! Gott wird es vielleicht tun, ich nie!

Habt Mitleid! sprach der Henker und streckte die Arme nach ihm aus.

Kein Mitleid für den, der kein Mitleid gehabt hat; stirb unbußfertig, stirb in Verzweiflung; stirb und sei verdammt.

Und er zog einen Dolch unter seinem Gewande hervor, bohrte ihn dem Unglücklichen in die Brust und sprach: Hier hast du deine Absolution!

Da hörte man den zweiten, schwächeren Schrei, worauf ein langes Seufzen gefolgt war.

Der Henker, der sich erhoben hatte, fiel rücklings auf sein Bett zurück. Der Mönch lief, ohne den Dolch aus der Wunde zu ziehen, nach dem Fenster, öffnete es, sprang auf die Blumen eines Gärtchens, schlüpfte in den Stall, nahm sein Maultier, entfernte sich durch eine Hintertür, eilte in den nächsten Wald, zog aus seinem Felleisen eine vollständige Reitertracht, kleidete sich darein, erreichte zu Fuß die nächste Post, mietete ein Pferd und setzte mit verhängten Zügeln seinen Weg nach Paris fort.

Grimaud blieb allein bei dem Henker. Der Wirt rief nach Hilfe, die Frau betete. Nach einem Augenblick schlug der Verwundete die Augen wieder auf.

Hilfe! murmelte er, Hilfe! Oh, mein Gott, sollte ich nicht einen einzigen Freund finden, der mir leben oder sterben hilft!

Und er führte mit großer Anstrengung die Hand an seine Brust; seine Hand traf den Griff des Dolches.

Oh! sagte er, wie ein Mensch, der sich eines Umstandes erinnert, und ließ den Arm wieder zurückfallen.

Habt Mut, sprach Grimaud, man holt bereits Hilfe. – Wer seid Ihr? fragte der Verwundete und heftete seine weit aufgerissenen Augen auf Grimaud. – Ein alter Bekannter, antwortete Grimaud. – Ihr?

Der Verwundete suchte sich die Züge dessen, den er vor sich sah, zu erinnern. Grimaud erzählte ihm kurz, welchen Anteil er an den Ereignissen der verhängnisvollen Nacht genommen habe. – Und der Mönch, sprach der Henker, habt Ihr den Mönch gesehen? – Nein, er war bereits nicht mehr da; es scheint, er ist durch dieses Fenster entflohen. Hat er Euch gestochen? – Ja, erwiderte der Henker.

Grimaud machte eine Bewegung, als wollte er sich entfernen.

Was wollt Ihr tun? fragte der Verwundete. – Man muß ihm nachsetzen. – Hütet Euch wohl! – Und warum? – Er hat sich gerächt und wohl daran getan. Nun hoffe ich, Gott wird mir verzeihen, denn die Sühnung ist geschehen. – Erklärt Euch deutlicher, sprach Grimaud.

Diese Frau, die ich auf Eurer Herren und auf Euer Geheiß tötete . . . – Mylady . . . – Ja, Mylady, es ist wahr, so nanntet Ihr sie. – Was haben Mylady und der Mönch miteinander gemein? – Sie war seine Mutter.

Grimaud wankte und schaute den Sterbenden mit starrem Auge an.

Seine Mutter! wiederholte er. – Ja, seine Mutter. – Er weiß also dieses Geheimnis? – Ich hielt ihn für einen Mönch und enthüllte es ihm in der Beichte. – Unglücklicher! rief Grimaud, dessen Haare schon beim Gedanken an die Folgen, die eine solche Enthüllung haben konnte, sich in Schweiß badeten. Unglücklicher! Ihr habt hoffentlich niemand genannt. – Ich habe keinen Namen ausgesprochen, denn ich kannte keinen, außer dem Mädchennamen seiner Mutter, und hieran hat er sie erkannt; aber er weiß, daß sein Oheim unter der Zahl der Richter war.

Und der Verwundete sank erschöpft zurück.

Wohin reist er? fragte Grimaud. – Nach Paris. – Wer hat ihn angehalten? – Zwei junge Edelleute, die sich zur Armee begaben, und von denen der eine, ich hörte seinen Namen von seinem Kameraden aussprechen, Vicomte von Bragelonne heißt. – Und dieser junge Mensch hat Euch den Mönch gebracht. – Ja.

Grimaud schlug die Augen zum Himmel auf und sprach: Es war der Wille Gottes. – Sicherlich, versetzte der Verwundete. – Ah, das ist furchtbar, murmelte Grimaud, und dennoch hatte diese Frau ihr Schicksal verdient. Ist dies nicht mehr Eure Ansicht? – Im Augenblick des Sterbens, antwortete der Henker, findet man die Verbrechen anderer sehr klein, wenn man sie mit seinen eigenen vergleicht.

Und er sank wieder erschöpft zurück und schloß die Augen.

Grimaud hörte jetzt Geräusch im Hausflur und sah einen Augenblick darauf den Wirt mit dem endlich aufgefundenen Wundarzte zurückkehren. Dieser näherte sich dem Sterbenden, der ohnmächtig zu sein schien.

Man muß zuerst das Eisen aus der Brust ziehen, sagte er und schüttelte auf eine bezeichnende Weise den Kopf, dann schob er das Wams auf die Seite, zerriß das Hemd und entblößte die Brust. Der Dolch war, wie gesagt, bis an das Stichblatt eingedrungen.

Der Chirurg nahm ihn am Ende des Griffes; während er ihn an sich zog, öffnete der Verwundete die Augen, die entsetzlich starr blickten. Kaum war die Klinge aus der Wunde gezogen, so drang ein rötlicher Schaum aus dem Munde des Verwundeten hervor; dann sprang in dem Augenblick, wo er atmete, eine Blutwelle aus der Öffnung der Wunde; mit einem halb erstickten Röcheln heftete der Sterbende einen seltsamen Blick auf Grimaud und verschied.

Grimaud faßte den mit Blut überzogenen Dolch, machte dem Wirt ein Zeichen, ihm zu folgen, bezahlte die Zeche mit einer seines Herrn würdigen Großmut und stieg wieder zu Pferde. Nach kurzem Schwanken, ob er geradeswegs nach Paris zurückkehren, oder seinen jungen Herrn aufsuchen sollte, entschied er sich für das letztere. Nach zehn Minuten war er in Mazingarde, wo sein Herr mit dem Grafen Guiche und dessen Hofmeister, noch schwermütig unter dem Eindruck des eben erlebten Ereignisses, in der einzigen Herberge zu Tische saß.

Plötzlich öffnete sich die Tür und Grimaud erschien, bleich, bestaubt, noch bedeckt von dem Blut des unglücklichen Verwundeten.

Grimaud, mein guter Grimaud, du bist endlich hier? Entschuldigt, meine Herren, es ist kein Diener, sondern ein Freund.

Und er stand auf, lief auf ihn zu und fuhr fort: Wie geht es dem Herrn Grafen? Vermißt er mich ein wenig? Hast du ihn seit unserer Trennung gesehen? Aber ich habe dir auch viel mitzuteilen. Seit drei Tagen sind uns viele Abenteuer begegnet. Doch was hast du? Wie bleich siehst du aus? Blut? Warum dieses Blut? – In der Tat, er hat Blut an sich, sprach der Graf, sich erhebend. Seid Ihr verwundet, mein Freund? – Nein, gnädiger Herr, antwortete Grimaud, dieses Blut ist nicht von mir. – Sondern von wem? fragte Raoul. – Es ist das Blut des Unglücklichen, den Ihr in der Herberge zurückgelassen habt, und der in meinen Armen verschieden ist. – Dieser Mensch in deinen Armen! Weißt du, wer er war? – Ja, erwiderte Grimaud. – Es war der ehemalige Henker von Bethune. – Ich weiß es. – Du kanntest ihn? – Ich kannte ihn. – Und er ist tot? – Ja, sprach Grimaud.

Die jungen Leute schauten sich an.

Zunächst aber, sagte Raoul, laß dir eine Erfrischung auftragen, Grimaud, und wenn du ausgeruht hast, sprechen wir miteinander. – Nein, Herr, nein, entgegnete Grimaud, ich kann mich keinen Augenblick aufhalten, ich muß sogleich nach Paris zurückkehren. – Wie? Du kehrst nach Paris zurück? Du täuschest dich; Olivain geht ab, du bleibst.

Im Gegenteil, Olivain bleibt, und ich reise; ich bin gerade deshalb gekommen, um es Euch mitzuteilen. – Aber warum diese Veränderung? – Ich kann es Euch nicht sagen. – Erkläre dich! – Ich kann mich nicht erklären. – Was soll dieser Scherz bedeuten? – Der Herr Vicomte weiß, daß ich nie scherze. – Ja, ich weiß aber auch, daß der Graf de la Fère gesagt hat, du solltest bei mir bleiben und Olivain würde nach Paris zurückkehren. Ich werde die Befehle des Herrn Grafen befolgen. – Unter diesen Umständen nicht. – Solltest du mir etwa ungehorsam sein? – Ja, gnädiger Herr, denn ich muß. – Du beharrst also darauf? – Ja, ich gehe. Alles Glück, Herr Vicomte.

Und Grimaud verbeugte sich und wandte sich nach der Türe, um wegzugehen; zugleich wütend und beunruhigt, lief ihm Raoul nach, hielt ihn am Arme und rief: Grimaud, bleib, ich will es haben.

Dann wollt Ihr, daß ich den Grafen töten lasse? sprach Grimaud.

Grimaud grüßte und schickte sich an, wegzugehen.

Grimaud, mein Freund, sagte der Vicomte, du wirst nicht so weggehen, wirst mich nicht in einer solchen Unruhe lassen. Grimaud, sprich, sprich ums Himmels willen.

Raoul wankte und fiel auf einen Sessel zurück.

Ich kann Euch nur eines sagen, gnädiger Herr, denn das Geheimnis, das Ihr wissen wollt, ist nicht das meinige. Ihr seid einem Mönche begegnet, nicht wahr? – Ja.

Die jungen Leute schauten sich erschrocken an.

Ihr habt ihn zu dem Verwundeten geführt? – Ja. – Ihr habt also Zeit gehabt, ihn zu sehen? – Ja. – Und vielleicht würdet Ihr ihn wiedererkennen, wenn Ihr ihn je treffen solltet? – O ja, ich schwöre es. – Und auch ich, sprach Guiche. – Nun wohl, wenn Ihr ihn je trefft, sagte Grimaud, wo es auch sein mag, im freien Feld, in der Straße einer Stadt, in einer Kirche, überall, wo Ihr mit ihm zusammentrefft, setzt den Fuß auf ihn und zertretet ihn ohne Mitleid, wie Ihr es mit einer Schlange machen würdet, zertretet ihn und verlaßt ihn nicht eher, als bis er tot ist.

Und ohne ein Wort beizufügen, benutzte Grimaud das angstvolle Erstaunen, worein er seine Zuhörer versetzt hatte, um sich eilig zu entfernen.

Zwei Minuten nachher hörte man auf der Straße den Galopp eines Pferdes. Raoul lief ans Fenster.

Es war Grimaud, der wieder den Weg nach Paris einschlug. Er grüßte den Vicomte mit dem Hut und verschwand bald an der Straßenecke.



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