Max Dreyer
Die Siedler von Hohenmoor
Max Dreyer

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Feier

Und jetzt kam für die Siedler ein großer, freudenvoller Tag. Der Grundstein zum ersten Siedlungshaus wurde gelegt. Findlingsblöcke sein Fundament.

Es gab eine stille Feier, zu der Frau Tilde, Pastor Waermann und Vita sich einfanden. Horst sprach: »Auf Steinen wirst Du errichtet, Du unser erstes Haus, die der Norden uns zugeführt hat. Der Norden, die große Heimat der deutschen Stämme. Der harte, helle Norden, der noch heut die deutsche Art am treuesten hegt. Wo die Männer von je frei, stolz und ungebeugt den Nacken hielten. Keine Knechtschaft duldet der Nordlandschein. Reden sollt ihr, ihr Steine! Zeugen sollt ihr uns sein, Eidhelfer! Ein deutsches Haus sollt 222 ihr tragen! Deutsche freie Männer sollen in ihm wohnen!«

Pastor Waermann sagte seinen Spruch: »Auf diesem Fels wollen wir eine Kirche bauen! Eine deutsche Kirche! Jede Andacht, jedes Gebet in ihr, jeder Gedanke, jeder Wille in ihr: die deutsche Freiheit!«

Und Frau Tilde weihte das Haus: »Über dem Altar der Spruch der Gemeinsamen: Ich lebe in Dir – Du lebst in mir!«

Vita aber flammte empor: »Der Altar dieser Kirche soll ein Amboß sein! Schwerter zu schmieden!« Ihre Katzenaugen sprühten von funkelndem Phosphor, die Worte sprangen und splitterten in ihrer mutierenden Knabenstimme. Alle freuten sich ihres Überschwanges, der so kindlich war und doch aus schmerzlicher Tiefe loderte.

Die Maiensonne meinte es gut. Sie saßen zu einem kleinen Imbiß vor der Baracke im Freien nieder. Von dem Kampf sprachen sie, von Lonas Tod. Ein Schweigen ehrte die Heimgerufene. Keine Frage rührte an Horstens Versunkenheit. Jetzt gab Pastor Waermann zu bedenken: dieser Waffengang werde weithin alle Geister beschäftigen. Wollte die Siedlung ihre Maschinengewehre retten, müßte sie sie verstecken.

Kunz stimmte lebhaft zu. Er wußte die Plätze dafür – zwischen den Steinplatten der Hünengräber, die wieder zugeschüttet würden – in der Gruft bei Herrn von Borkhus, unter seinem Sarge.

Horst lehnte ab. »Wir verstecken die Waffen nicht.« Die Linie zwischen den Brauen gab Zeugnis.

Dankwart und Kunz schüttelten den Kopf. War Lonas Tod ein Gewinn?

Dann ließ es Frau Tilde sich nicht nehmen, in die Stallungen einen Blick zu tun. Gisbert, der hier Zuständige, übernahm die Führung. 223

Ein braunweißes Kalb hatten sie, das war ihr Stolz. Ihre beiden Milchschafe, erlesener friesischer Rasse, hatten je zwei Lämmer geworfen. Zehn Küken purzeln und trippeln und schießen herbei nach den Lockrufen der Mutter Henne. Zwei andere Hennen noch brüten in den Körben, feierlich in der gewölbten Ruhe ihres heißen, breit gefalteten Gefieders, heizend und erhitzt, böse die Augen gegen die Welt, von Halbschlaf benommen, versunken in das eigene geheimnisvolle Werk, scharlachrot von der Inbrunst des Schaffens der Kopf, der klein geworden ist gegen den machtvollen, lebenspendenden Leib.

Frau Tilde sieht alles, prüft alles und ist zufrieden. Glücklich macht Gisbert die Anerkennung. »Bienenstände müssen Sie noch haben, die gehören zu Ihrem Heideland.«

Und dann begleitet Gisbert die Freundin nach Hause. Die Herrin – er fühlt sich ganz als ihr Wirtschaftseleve. Immer wird er Landmann bleiben, nie mehr wird die Stadt ihn sehen, in der die Menschen versteinern. Die Naturandacht sein Leben. Seines Daseins Licht diese Frau, die nicht müde wird, ihn zu beschenken. Nie mehr kann er von ihrer Seite gehen.

Sie blicken von der Höhe über das Land. Obstbäume blühen an dem Wege, der zum Moorhofer Herrenhause führt. Wie große weiße Blumensträuße stehen sie da, der Königin dieses Reiches ein Fest zu bereiten. Auf dem Hügel außerhalb der Parkmauer, der weite Ausschau gewährt, steht ein mächtiger Ahorn mit runder Bank. Da setzen sie sich nieder. Leuchtende Wolken, erhaben und schöpferisch bildhaft, ziehen ostwärts, von der sinkenden Sonne beleuchtet.

Sie schauen hinauf, plötzlich fragt Tilde: »Sind Sie sehr shakespearefest?«

»O nein, ganz und gar nicht.« 224

»Dann kann ich es wagen«, sagt sie und streicht sich ein mädchenhaftes Zagen aus der Stirn. »Ich denke an die Szene, wie Hamlet den Höflingen Rosenkranz und Güldenstern die Wolke zeigt – sie nach dem Bilde fragt – ihnen die Antwort in den Mund legt. Sieht sie nicht aus wie ein Kamel, wie ein Walfisch, wie ein Wiesel – für die bestialische Reihenfolge wird keine Gewähr übernommen. Ich muß sagen, daß ich mit dieser Szene nie das Rechte habe anfangen können.«

»Weil die Wolken so vieldeutig sind –«

»Ja. Ganz gewiß für Menschen, die nichts miteinander gemein haben. Da die Wolkenumrisse so schnell zerfließen – eine ganze wandernde Menagerie kann man einem Fremden suggerieren. Der darum noch gar nicht liebedienerisch ja zu sagen braucht. Menschen aber, die sich nahe sind und miteinander leben – es ist überraschend, wie sie in den Wolken ganz zu gleicher Zeit dieselben Gesichte haben.«

Gisbert blickt in die Wolken, die sollen ein Bild ihm zeigen.

»Wie oft,« spricht Frau Tilde weiter, »haben wir als Kinder, mein Bruder Volker und ich, so den Himmel abgesucht. Dann fanden wir etwas – gemeinsam – faßten unsere Hände – sagten es uns. Und immer war es dasselbe. Eine Walküre mit Flügelhelm und wallendem Haar – ein alter Rabbi mit langem Bart – ein Indianer auf der Büffeljagd – ein buckeliger Pierrot – eine knieende Beterin. So eng hingen wir beide zusammen.«

Durch Gisbert zieht ein stilles Leuchten. Und wir beide? Wie nahe bist Du mir – und mir, ich weiß es, mir gibst auch Du Deine Nähe. »Ich fühle wie Sie« – immer, immer fährt unter dieser Flagge mein Lebensschiff. Und was reichst Du täglich meinem Dasein an Geschenken! 225

Eine Zuversicht hebt ihn, bis in den Himmel. Was die Wolken mir jetzt zeigen, ich weiß es, Du siehst es mit mir. Und wie er jetzt suchend wieder den Kopf aufrichtet, tut sie es auch. Leicht hebt er die Hand – nun zittert er doch in allen Fasern, da die Gewißheit droht – und leise ist sein Wort: »Ein Schwan –«

»Er fliegt. In die Sonne fliegt er.« Ihre Stimme hat den stillen Glanz des Selbstverständlichen. Sie sieht, was er sieht.

»Und auf dem Kopf –«

»Eine Krone.«

»Eine Krone von Gold.«

Sie sehen dasselbe, sie fühlen dasselbe, ein und dasselbe sind sie. In Gisbert braust es und jauchzt es. Mein gekröntes Glück! – – –

Vita und Kunz gingen über die Heide. Der Wind trug ihnen den herben Duft der Wacholderbüsche zu. Auf die Dünen zog es sie. Hartblau war die Flut. Sie spähten über die See.

»Wieder kein Schiff«, rief Vita klagend schrill.

»Und wär eins da, es wär kein deutsches.«

»Kommen Sie. Wenn man einmal nicht traurig oder zornig genug ist, geht man hierher. Aber meist ist man es ja.«

Zurück in die Heide. In Wolkenhöhe kreiste ein Raubvogel. »Kann man den schießen?« fragte Vita.

»Mit einer gewöhnlichen Jagdbüchse kaum.«

»Aber mit dem Armeegewehr?«

»Ja.«

»Würden Sie ihn treffen?«

»Schwerlich, ich bin kein Scharfschütze.«

»Aber ich möchte es werden. Ich will schießen lernen. Sie sollen mich mit auf die Jagd nehmen.«

»Es gibt jetzt bloß nichts zu jagen. Höchstens Raubzeug.« 226

»Um so besser.« Und die Augen sprühten ihre grünen Funken.

Kunz lächelte dazu. Was bist Du für ein Kind, dachte er. Wie lange muß ich noch auf Dich warten?

Dann aber gab es einen Riß, einen bedrohlichen fast. »Ihren Hund aber müssen Sie zu Hause lassen!« erklärte sie.

»Meinen Muz?«

»Hunde kann ich nicht leiden.«

Er starrte in ihre graugrünen Lichter. Bist Du es nun doch, eine Katze auf der Seelenwanderung! Dann sprach er beruhigt, mit siegender Gelassenheit: »Sie haben noch nie in ein Hundeauge gesehen.«

»Ich mag die Köter nun einmal nicht. Nicht ihren Geruch. Nicht ihr Schweifgewedel, nicht ihre geprügelte Treue.«

Kunz lehnte sich zurück, heftig, über das Gleichgewicht und taumelte ratlos benommen. Eine Rede der Verteidigung? Was nützt hier – und anderswo – alles reden. Erleben soll sie Dich, Muz. Und sich zu Dir bekehren. Aber seinen Stoß hatte er weg. Und seine Zärtlichkeit trug eine Wunde.

Die mußte erst ausheilen. Heute würde es nun doch nicht mehr das Rechte mit ihm und seinem Mädchen. Er war nicht trostlos, als der Pastor und Horst ihnen in den Wurf kamen, die nach Moordorf zuschritten. Lieferte das Kind an den Vater ab und zog allein seine Straße. Er sehnte sich nach Muz, nach seinem Auge. –

Allein wanderte dann auch Horst weiter. Zum Torfmeister und zu Lona ging sein Weg. Sein Schritt war langsam und schwer.

Mit Feldblumen hatte der Alte die Tote bedacht und besteckt. »Blumen aus dem Moor«, sagte er. »Im Tode haben die beiden sich gefunden.« 227

Er wirkte und wallte umher wie ein Priester. Von der Leiche trennte er sich nicht, er gab sie nicht her für Horst zu einsamer Andacht. Manchmal schoß auf den, wie auf einen Fremden, einen Eindringling, einen Feind, ein fast böser drohender Blick aus den roten Lidern.

Horst stand vor der Toten. Nicht erlöst sind Deine Züge. Um Deinen Mund das Lächeln – es hat nichts Verklärtes – leidenschaftlich und leidend. Dein Los hat sich Dir nicht erfüllt. Sehr viel Sehnsucht trägst Du mit hinaus. Auf den dunklen Fittichen quälender Fragen bist Du emporgerauscht. Jetzt – jetzt wandelst Du im Lichte der Antwort.

Der Alte zog herum und ließ ihm nicht die Stille. »Der Pastor soll sie nicht zum Begräbnis haben!« murmelte er drohend. »Eine Kriegstrompete ist er geworden. Was soll die hier? Hier bläst sie vorbei. Und er stört sie bloß. Und sie sollen Dich nicht stören! Alle haben sie Dich gequält. Deine Freunde, durch ihr Wüten, Deutsche gegen Deutsche! Und Deine Feinde – dieselbe sinnlose Wut! In diese Brandung bist Du geraten, so bist Du verdorben!«

»Schuld seid Ihr ja« – gegen Westen hob er jetzt in jähem Ruck die mächtige haarige Faust – »Ihr Höllenhunde da drüben! Ihr mit all Euren Bundesgenossen, all Euresgleichen – nur in Rudeln jagt das feige Gesindel – Ihr habt heimtückisch Deutschland zur Strecke und in das Elend gebracht! Und in unserm Grauen kehrt unsere Wut sich gegen uns selbst. Auch mein Kind habt Ihr feige und tückisch gemordet. Es wird Euch heimgezahlt!«

Wie ein Seher und Rächer steht er da mit überweltlichen Augen! Horst zwingt es zu ihm hin. Er nimmt die furchtbar bebende Hand. Er grüßt den deutschen Herzschlag, der ihm selber die Adern sprengt. 228

Dann erlischt in den alten Augen die Flamme. Und ein Mißtrauen wehrt dem jungen Freund. »Du willst teilhaben an meinem Totenfest. Du hast sie lieb gehabt, meinst Du. Hast Du sie lieb gehabt, ohne etwas von ihr zu wollen? Ich aber liebte sie und wollte nichts von ihr, und darum ist meine Liebe größer als Deine. Darum bin ich mehr als Du und hab mehr Rechte als Du. Ich allein begrab sie mir.«

Und da Horst eine Bewegung macht – »bist Du nicht als Feind im Kampf mit ihr gewesen! Hat eine von Euren Kugeln sie nicht getroffen! Hast Du – Du sie nicht getötet! So gut wie mit eigener Hand! Da Du Feuer befohlen hast! Und Du willst sie mir streitig machen!«

Die Augen kreisen, Flammenräder einer eifersüchtigen Angst, eines eifersüchtigen Zornes. Die beschwichtigende Hand des Nebenbuhlers wird mit einem Kopfschütteln abgetan. Aber damit kehrt schon seine Ruhe wieder. Doch die Ruhe schärft und härtet sich.

Hoch richtet er sich auf. Die verkrampften Hände packen die Brust: »Ich, der Totengräber Lud Uhlenbrook – der einzige, der diese Tote lieb gehabt hat – und der einzige auch, den die Tote lieb gehabt hat – nur mir gehört sie – nur mir gehört ihr Begräbnis – nur mir gehört ihr Grab. Allein bestatte ich sie. Niemand soll dabei sein. Mein Moor soll sie bewahren. Und die Stätte zeige ich keinem. Mein Moor balsamiert Deinen Körper ein und rettet Deine Schönheit. Das Moor läßt keine Würmer an Dich hinan. So gut wie lebendig bleibst Du mir. Mir – die Du mir gehörst!«

Es wirft ihn nieder – er kniet zu ihr hin, er legt die alten, blutroten, tränenblinden Augen auf ihre kalte Hand.

Horst hat die Stube verlassen. – – 229

Zwischen den Findlingstrümmern, eine einsame Birke über sich – wie duftete das junge Laub! – saß Kunz mit Muz, seinem Tier, und sprach zu ihm. Steil gestellt waren die hohen spitzen Ohren, in den großen goldbraunen Augen war alle Klarheit, alle Weisheit, alle Güte, alle Wehmut der Welt versammelt.

Jemand hat Dich gelästert, mein Tier, und ich habe ihn nicht getötet. Ein Weib – nein, ein Junge, ein Kind. Nein, eine Katze.

Nun drehst Du den Kopf. Das Wort geht Dir ins Blut. Dies Wort verstehst Du, sagen die Einfältigen. Als ob Du nicht jedes Wort verstündest, das ich zu Dir spreche.

Nur, daß Du mir nicht antworten kannst in unserer Sprache. In der Sprache der Menschen, diesem größten von allen unseren Mysterien. Unsere Freiheit, in der wir geknechtet sind, unser Glück, daran wir gekreuzigt, der Segen, zu dem wir verdammt worden, die Wahrheit, die uns mit Lüge schlägt.

Was da in Deinem Auge, dem unermeßlich tiefen, dem unermeßlich scheuen vor der eigenen unergründlichen schwermütigen Klarheit, was da spricht und schweigt– heißt das: ich klage und traure, daß ich nicht Worte habe wie ihr, euch zu antworten, wie ihr mich fragt?

Oder heißt es ganz anders! Ist es Dein Schmerz, daß wir, wir mit der Sprache gesegnete Verfluchten nicht Deine Augen haben! In denen die Seele ist, die wir auf die Zunge heben und so veräußerlichen! Die wir in leeren Schall zerflattern lassen!

Heilig sind Deine Augen, fromm machen Deine Augen! Sie soll hineinblicken, das Weib, das Kind und Katze ist. Und soll niederknien!

Das ist ja wahr, Muz, außer Deinen Augen bist Du noch so mancherlei. Eine Bestie, ein Bandit, ein Herumtreiber, ein Hund mit einem Wort. Ein Lumpenhund von einem Hund! 230

Von Deinen Liebeshändeln will ich nichts sagen, obwohl sie heftig dazu herausfordern. Aber – hast Du mir nicht vorgestern erst aus meiner ahnungslosen Jacke, die bei der Arbeit sich mit der Maiensonne nicht vertrug, mein Frühstück gestohlen! Das Papier mit Zähnen und Pfote weggefetzt und die Stulle verputzt! Meine, Deines Herrn und Gebieters Frühstücksstulle. Der redlich und rechtschaffen hungrig war. Amerikanisches Schmalz war darauf – Du lieber Gott, in der Not frißt der Deubel Amerikaner. Du fraßest, und mich ließest Du den Daumen lutschen, Du ungetreuestes aller Mistviecher Du.

Aber Deine Augen – und wieder und immer wieder Deine Augen! Heilig, heilig sind sie und Andacht sollen sie lehren das Weib, das ein Kind, ein Junge und eine Katze ist!

Muz, Muz, Du kennst meine Vita. Du hast sie gesehen, freilich nur aus der Ferne. Denn Du drängst Dich denen nicht auf, die Dich nicht wollen. Ist sie nicht ein verschlossen und verzaubert Köstliches!

Vita, noch schläft alles Leben in Dir! Ich will es mir wecken, mir sollst Du einmal auferstehen. Eine Knospe bist Du, hart und spitz. Und die Knospe sticht. Die mir, mir ihre Blüte verheißt und bewahrt.

Einfältig bist Du, ja, so einfältig kannst Du sein, daß man manchmal Rad schlägt vor Schreck und vor Freude – wie wirst Du Dich mir entfalten! Ein dummer Junge oft – ich ruf es mir wach, das liebe kluge Mädchen! Ich küss' es mir auf!

Und Kunz schlägt die Arme um sich und umarmt die Luft. Entsetzt fährt Muz in die Höhe – zum Tierarzt! ist sein erster Gedanke. Der Mann ist verrückt!

Aber schon ist der Mann wieder friedsam geworden, kauert sich zu dem Hund, läßt die samtenen Ohren sich durch die Hände gehen und erzählt ihm weiter. 231

Ja, mein Tier – Dir sag ich alles. Du verstehst jedes Wort und birgst es in der Seele. Du willst nicht alles besser wissen und schwätzest nicht dazwischen, wie diese entsetzlichen Klookschieter von Menschen!

Froh bin ich, Muz, und kann lachen. Und hab klug reden, wenn die andern auf unseren Stall schimpfen und gern ausreißen möchten. Wo mein Glück hier neben mir wohnt!

Was aber wird aus Horst? Jetzt, wo die Frau aus seinem Leben genommen ist, die auf andere Bahnen ihn zog – auf verschlungene Pfade, die abseits lagen von unserer geraden Straße. Wird er den Weg zurückfinden? Wird sie als Geist ihn weiter bannen? Haben sich nicht die Schatten zu tief in ihn eingefressen? Kann er uns wieder der Alte sein in alter Helle?

Anfällig Horst auch Du – seid Ihr nicht alle krank geworden am deutschen Leid? Bin ich nicht der einzige gesund geblieben, ich, der Dickfellige, in bekömmlicher Gedankenarmut!

Auch Gesundheit steckt an! Nicht müde werden will ich, Euch mit meinem Gesundheitsstoff zu infizieren! Dich, Horst, Dich, Gisbert, und Dankwart, auch Dich! Du Mann mit dem verlorenen Lachen. Lachen sollst Du wieder können oder doch lächeln. Denn, wenn wir nicht lachen, wir Wachen im deutschen Lande, so schaffen wir es nun und nimmermehr.

 


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