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(Peter Iwanowitsch an Iwan Petrowitsch.)
Sehr geehrter Herr und teurer Freund Iwan Petrowitsch!
Schon seit drei Tagen bin ich, man kann sagen, auf der Jagd nach Ihnen, mein teurer Freund, da ich mit Ihnen über eine sehr notwendige Angelegenheit zu sprechen habe; aber ich kann Sie nirgends finden. Meine Frau gebrauchte gestern, als wir bei Semjon Alexejewitsch waren, von Ihnen einen sehr zutreffenden scherzhaften Ausdruck, indem sie sagte, Sie und Tatjana Petrowna seien ein Pärchen ohne Sitzfleisch. Sie sind noch nicht drei Monate verheiratet, und schon vernachlässigen Sie Ihre heimischen Penaten. Wir haben alle viel gelacht, natürlich in größter, aufrichtigster Zuneigung zu Ihnen; aber ohne Spaß, mein Verehrtester, Sie haben mir viel Mühe gemacht. Semjon Alexejewitsch sagte zu mir, Sie seien vielleicht im Klub der Vereinigten Gesellschaft zum Ball. Ich ließ meine Frau bei Semjon Alexejewitschs Gattin und eilte selbst nach der Vereinigten Gesellschaft. Es war lächerlich und traurig zugleich; stellen Sie sich meine Lage vor: ich auf dem Ball, und allein, ohne meine Frau! Iwan Andrejewitsch, der mich in der Garderobe traf und sah, daß ich allein war, zog daraus sofort den Schluß (der Bösewicht!), ich müsse eine außerordentliche Leidenschaft für Tanzvergnügungen haben, faßte mich unter den Arm und wollte mich mit Gewalt in eine Tanzstunde schleppen, mit der Begründung, in der Vereinigten Gesellschaft sei es ihm zu eng; da könne ein flotter Tänzer nicht seine Meisterschaft zeigen, und er habe von dem Patschuli- und Resedageruch Kopfschmerzen bekommen. Ich fand weder Sie noch Tatjana Petrowna; Iwan Andrejewitsch versicherte mir mit der größten Bestimmtheit, Sie seien unfehlbar im Alexandra-Theater bei der Aufführung von »Verstand schafft Leiden«. Ein berühmtes Lustspiel von Gribojedow. – Anmerkung des Übersetzers.
Ich eilte nach dem Alexandra-Theater: auch da waren Sie nicht. Heute vormittag hoffte ich Sie bei Tschistoganow zu treffen; aber es war wieder nichts. Tschistoganow schickte mich zu Perepalkins; dieselbe Geschichte! Kurz, ich bin ganz kaputt; Sie können selbst beurteilen, wie ich mich abstrapaziert habe! Jetzt schreibe ich an Sie (ich weiß mir nicht anders zu helfen!). Die Angelegenheit, um die es sich handelt, eignet sich ganz und gar nicht zu schriftlicher Erörterung (Sie verstehen mich); es wäre besser, ja dringend notwendig, daß wir beide uns darüber unter vier Augen aussprächen, und zwar so bald wie möglich, und daher lade ich Sie und Tatjana Petrowna heute abend zum Tee und zu einem Plauderstündchen zu uns ein. Meine Anna Michailowna wird sich über Ihren Besuch außerordentlich freuen. Sie werden uns wirklich, wie man sich ausdrückt, zu lebenslänglicher Dankbarkeit verpflichten.
Apropos, wertester Freund (da ich nun doch einmal zur Feder gegriffen habe, so ist es ja ein Aufwaschen), ich sehe mich genötigt, Sie, mein hochverehrter Freund, wegen eines anscheinend sehr harmlosen Streiches, den Sie mir boshafterweise gespielt haben, schon jetzt ein bißchen auszuschelten und Ihnen sogar einen kleinen Vorwurf zu machen. Sie Bösewicht, Sie gewissenloser Mensch! Um die Mitte des vorigen Monats führten Sie in mein Haus einen Ihrer Bekannten ein, ich meine Jewgeni Nikolajewitsch, und gaben ihm Ihre freundschaftliche Empfehlung mit, auf die ich selbstverständlich den höchsten Wert legte; ich freute mich über diese Gelegenheit, Ihnen gefällig zu sein, und nahm den jungen Mann mit offenen Armen auf; aber dabei habe ich meinen Kopf in eine Schlinge gesteckt. Wie dem nun auch sei, jedenfalls hat sich daraus, was man so nennt, eine eklige Geschichte entwickelt. Ich habe jetzt zu näheren Auseinandersetzungen keine Zeit, und schriftlich macht sich das überhaupt nicht recht; ich möchte nur an Sie, Sie schadenfroher Freund und Gönner, die ganz ergebenste Bitte richten, ob Sie nicht auf irgendeine Weise, recht zart, so beiläufig, ganz vertraulich, im stillen, Ihrem jungen Manne zuflüstern wollen, daß es in der Residenz noch viele andere Häuser außer dem unsrigen gibt. Es geht so nicht länger, liebster Freund! Ich bitte Sie fußfällig, wie unser Freund Simonewitsch zu sagen pflegt. Sobald wir uns sehen, werde ich Ihnen alles erzählen. Ich will nicht etwa sagen, daß es dem jungen Manne an Lebensart oder an schönen geistigen Eigenschaften mangelte, oder daß er sonst irgendwelchen Verstoß begangen hätte. Im Gegenteil, er ist sogar ein sehr angenehmer, liebenswürdiger Gesellschafter; aber warten Sie nur, bis wir uns wiedersehen; flüstern Sie ihm jedoch inzwischen, wenn Sie mit ihm zusammenkommen sollten, das Obige zu; ich bitte Sie inständig, Verehrtester. Ich würde es ja selbst tun; aber Sie kennen meinen Charakter: ich bekomme es nicht fertig; da ist nichts zu machen. Sie aber haben ihn empfohlen, also … Übrigens wollen wir heute abend jedenfalls ausführlicher darüber sprechen. Jetzt aber: auf Wiedersehen! Ich verbleibe usw.
P. S. Mein Kleiner befindet sich schon seit ungefähr einer Woche nicht recht wohl, und es wird von Tag zu Tag schlimmer. Er leidet an den Zähnen, die durchbrechen. Meine Frau hat fortwährend mit seiner Wartung zu tun und ist sehr betrübt, die Arme. Kommen Sie ja! Sie werden uns eine wirkliche Freude machen, mein teuerster Freund!
(Iwan Petrowitsch an Peter Iwanowitsch.)
Sehr geehrter Peter Iwanowitsch!
Gestern erhielt ich Ihren Brief und las ihn mit dem größten Erstaunen. Sie haben mich an Gott weiß welchen Orten gesucht, und dabei bin ich einfach zu Hause gewesen; bis zehn Uhr habe ich auf Iwan Iwanowitsch Tolokonow gewartet. Nach Empfang Ihres Briefes nahm ich sogleich um halb sieben eine Droschke, stürzte mich in Unkosten und fuhr mit meiner Frau zu Ihnen. Sie waren nicht zu Hause, und es empfing uns nur Ihre Gattin. Ich wartete auf Sie bis halb elf; länger konnte ich nicht bleiben. Ich nahm meine Frau, gab wieder Geld für eine Droschke aus, brachte sie nach Hause und begab mich selbst zu Perepalkins, in der Hoffnung, Sie vielleicht dort zu finden, hatte aber dabei wieder falsch spekuliert. Als ich nach Hause gekommen war, konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen, so beunruhigte ich mich; am Vormittag fuhr ich dann dreimal zu Ihnen, um neun, um zehn und um elf, gab dreimal Geld für Droschken aus und mußte wieder von Ihnen mit langer Nase abziehen.
Beim Lesen Ihres Briefes habe ich mich sehr gewundert. Sie schreiben von Jewgeni Nikolajewitsch, bitten mich, ihm etwas zuzuflüstern, geben aber keinen Grund an. Ich lobe Ihre Vorsicht; aber ich behandle die Schriftstücke, die ich erhalte, verschieden und gebe wichtige nicht meiner Frau zu Papilloten. Ich verstehe überhaupt nicht, aus welchem Anlasse Sie mir das alles geschrieben haben. Wenn die Sache sich so gestaltet hat, warum wollen Sie mich denn mit hineinziehen? Ich stecke meine Nase nicht in alles mögliche hinein. Ihm das Haus verbieten, das konnten Sie ja doch selbst; aber ich sehe, daß ich mich mit Ihnen in kurzer, entschiedener Form aussprechen muß, und zudem drängt die Zeit. Ich befinde mich in Geldklemme und weiß nicht, was ich tun soll, wenn Sie unsere Abmachungen nicht innehalten. Meine Reise rückt heran, und eine solche Reise kostet viel, und dann jammert mir noch meine Frau etwas vor, ich solle ihr ein modernes samtenes Hauskleid machen lassen. Was Jewgeni Nikolajewitsch anlangt, so beeile ich mich, Ihnen folgendes mitzuteilen: ich habe gestern ohne Zeitverlust, als ich bei Pawel Semjonowitsch zu Besuch war, definitive Recherchen angestellt. Er besitzt jetzt schon fünfhundert Seelen im Gouvernement Jaroslaw und hat von seiner Großmutter noch dreihundert Seelen auf einem Gute bei Moskau zu erwarten. Wie hoch sich sein Barvermögen beläuft, weiß ich nicht, meine aber, daß Sie das leichter erfahren können als ich. Ich bitte Sie nun dringend, mir einen Ort zu einer Zusammenkunft zu bestimmen. Sie haben vorgestern Iwan Andrejewitsch getroffen und schreiben mir, er habe Ihnen gesagt, daß ich mit meiner Frau im Alexandra-Theater sei. Ich aber erkläre Ihnen, daß er gelogen hat, und daß man ihm in solchen Dingen um so weniger glauben kann, als er erst vorgestern seine Großmutter um achthundert Rubel betrogen hat.
Hiermit habe ich die Ehre zu sein usw.
P. S. Meine Frau befindet sich in anderen Umständen; außerdem ist sie schreckhaft und hat ab und zu Anfälle von Melancholie. Bei Theatervorstellungen aber wird manchmal geschossen und mit Maschinen künstlicher Donner hervorgebracht. Daher führe ich meine Frau, aus Furcht, daß sie einen Schreck bekommen könne, nicht ins Theater. Ich selbst aber inkliniere nicht sehr zum Theaterbesuch.
(Peter Iwanowitsch an Iwan Petrowitsch.)
Mein teuerster Freund Iwan Petrowitsch!
Verzeihen Sie mir, verzeihen Sie mir; tausendmal bitte ich um Verzeihung; aber ich beeile mich, Ihnen meine Rechtfertigung vorzutragen. Gestern zwischen fünf und sechs, gerade als wir in aufrichtiger, herzlicher Zuneigung von Ihnen sprachen, kam ein expresser Bote von meinem Onkel Stepan Alexejewitsch hergejagt mit der Nachricht, daß es mit der Tante schlecht stehe. Um meine Frau nicht zu erschrecken, sagte ich ihr kein Wort davon, sondern schützte einen andersartigen notwendigen Anlaß vor und fuhr zum Onkel und zur Tante hin. Ich fand die letztere mehr tot als lebendig. Genau um fünf Uhr hatte sie einen Schlaganfall gehabt, schon den dritten innerhalb zweier Jahre. Karl Fjodorowitsch, der Hausarzt der Familie, erklärte, sie werde vielleicht die Nacht nicht überleben. Stellen Sie sich meine Lage vor, mein teuerster Freund! Die ganze Nacht über war ich auf den Beinen und hatte dieses und jenes zu besorgen; und dann der Kummer! Erst am Morgen legte ich mich, völlig entkräftet und körperlich und geistig erschöpft, dort bei ihnen auf ein Sofa, vergaß aber zu sagen, daß man mich rechtzeitig wecken möge, und so wachte ich denn erst um halb zwölf auf. Der Tante ging es besser. Ich fuhr zu meiner Frau; die Ärmste hatte sich ganz zermartert vor Unruhe über mein Ausbleiben. Ich aß schnell einen Bissen, umarmte meinen Kleinen, beruhigte meine Frau und begab mich zu Ihnen. Sie waren nicht zu Hause. Wohl aber fand ich Jewgeni Nikolajewitsch bei Ihnen. Nach Hause zurückgekehrt, griff ich zur Feder und schreibe jetzt an Sie. Knurren Sie nicht, und seien Sie mir nicht böse, mein wahrer Freund! Prügeln Sie mich, schlagen Sie mir armem Sünder den Kopf ab; aber entziehen Sie mir nicht Ihr Wohlwollen! Von Ihrer Gattin erfuhr ich, daß Sie heute abend bei Slawjanows sind. Ich werde bestimmt dort sein und erwarte Sie mit der größten Ungeduld.
Bis dahin verbleibe ich usw.
P. S. Unser Kleiner bringt uns geradezu zur Verzweiflung. Karl Fjodorowitsch hat ihm ein Rhabarbertränkchen verschrieben. Er stöhnt immerzu und hat gestern niemanden erkannt. Heute jedoch hat er angefangen uns zu erkennen und stammelt immer: »Papa, Mama, wehweh!« Meine Frau hat den ganzen Vormittag geweint.
(Iwan Petrowitsch an Peter Iwanowitsch.)
Sehr geehrter Herr Peter Iwanowitsch!
Ich schreibe an Sie in Ihrer Wohnung, in Ihrem Zimmer, an Ihrem Schreibtische; aber bevor ich zur Feder griff, habe ich über drittehalb Stunden auf Sie gewartet. Gestatten Sie mir jetzt, Peter Iwanowitsch, Ihnen meine Meinung über dieses schändliche Benehmen offen und unverhohlen auszusprechen. Aus Ihrem letzten Briefe schloß ich, daß Sie bei Slawjanows erwartet wurden und mich dorthin bestellten; ich erschien und saß da fünf Stunden lang, aber von Ihnen war nichts zu sehen. Na, meinen Sie etwa, ich sei dazu da, mich von den Leuten auslachen zu lassen? Erlauben Sie mal, sehr geehrter Herr … Ich kam heute morgen nach Ihrer Wohnung in der Hoffnung, Sie zu treffen; denn ich mache es nicht wie gewisse hinterlistige Leute, die einen Gott weiß wo suchen, während sie einen zu jeder anständig gewählten Tageszeit zu Hause finden könnten. Aber zu Hause war keine Spur von Ihnen. Ich weiß nicht, was mich jetzt abhalten sollte, Ihnen die ganze Wahrheit in scharfer Form zu sagen. Ich will aber nur soviel bemerken: ich sehe, daß Sie anscheinend Ihr Wort hinsichtlich unserer bekannten Abmachungen zurückziehen. Und wenn ich jetzt die ganze Sache überdenke, so muß ich bekennen, daß ich über die Schlauheit Ihres Verfahrens geradezu erstaunt bin. Ich sehe jetzt klar, daß Sie Ihre unedle Absicht schon seit geraumer Zeit gehegt haben. Als Beweis für diese meine Annahme dient der Umstand, daß Sie schon in der vorigen Woche sich auf eine beinah unerlaubte Weise in den Besitz jenes Ihres an mich gerichteten Briefes gesetzt haben, in welchem Sie selbst, wiewohl in ziemlich dunkler, unklarer Art, unsere Abmachungen betreffs der Ihnen sehr wohl bekannten Angelegenheit darlegten. Sie fürchten sich vor schriftlichen Beweisstücken und schaffen sie daher aus der Welt; mich aber halten Sie zum Narren. Aber ich werde mich nicht zum Narren halten lassen; denn für einen solchen hat mich bisher noch niemand angesehen, und alle haben mein Verfahren in dieser Angelegenheit gebilligt. Ich werde die Augen offen halten. Sie wollen mich von der Hauptsache ablenken, machen mir mit Ihren Redensarten über Jewgeni Nikolajewitsch blauen Dunst vor, und wenn ich in betreff Ihres mir bisher unverständlichen Briefes vom Siebenten dieses Monats mich mit Ihnen auszusprechen wünsche, so bestimmen Sie mir hinterlistigerweise Rendezvous, zu denen Sie selbst nicht erscheinen. Meinen Sie denn, sehr geehrter Herr, daß ich nicht imstande bin, alles das zu durchschauen? Sie versprechen, mich für die Ihnen recht wohl bekannten Dienste betreffs der Empfehlung verschiedener Persönlichkeiten zu belohnen, und richten es dabei auf eine unbegreifliche Weise so ein, daß Sie selbst von mir beträchtliche Geldsummen ohne Quittung erhalten, wie das erst noch in der vorigen Woche geschehen ist. Jetzt aber, wo Sie das Geld haben, halten Sie sich versteckt und bestreiten noch, daß ich Ihnen hinsichtlich Jewgeni Nikolajewitschs einen Dienst erwiesen habe. Sie spekulieren vielleicht auf meine baldige Abreise nach Simbirsk und meinen, ich würde keine Zeit mehr haben, die Sache mit Ihnen zu erledigen. Aber ich erkläre Ihnen feierlich und mit meinem Ehrenworte, daß ich nötigenfalls willens bin, expreß noch ganze zwei Monate in Petersburg zu bleiben, und daß ich meine Sache durchzusetzen, mein Ziel zu erreichen und Sie zu finden wissen werde. Auch unsereiner versteht es manchmal, jemandem einen Posse zu spielen. Zum Schlusse erkläre ich Ihnen folgendes: wenn Sie sich nicht noch heute mir gegenüber zunächst brieflich, dann aber persönlich unter vier Augen in befriedigender Weise aussprechen und nicht in Ihrem Brief von neuem alle Hauptpunkte der zwischen uns bestehenden Abmachungen rekapitulieren und Ihre Gedanken über Jewgeni Nikolajewitsch nicht endgültig klarlegen, so werde ich mich genötigt sehen, Maßregeln zu ergreifen, die Ihnen sehr unangenehm sein werden, und die sogar mir selbst widerstreben.
Genehmigen Sie usw.
(Peter Iwanowitsch an Iwan Petrowitsch.)
Den 11. November.
Mein liebster, verehrtester Freund Iwan Petrowitsch!
Ihr Brief hat mich in tiefster Seele betrübt. Schäme Sie sich denn nicht, mein teurer, aber ungerechter Freund, so mit einem Menschen zu verfahren, der es mit Ihnen so gut meint wie sonst niemand? Schämen Sie sich denn nicht, sich so zu übereilen und mich mit einem so beleidigenden Verdachte zu kränken, statt die Aufklärung der ganzen Sache abzuwarten? Aber ich beeile mich, auf Ihre Beschuldigungen zu antworten. Sie haben mich gestern deswegen nicht zu Hause getroffen, Iwan Petrowitsch, weil ich plötzlich und ganz unerwartet an ein Totenbette gerufen worden war. Meine Tante Jewfimija Nikolajewna ist gestern abend um elf Uhr in die Ewigkeit hinübergegangen. Durch einhelligen Beschluß der Verwandten wurde mir der Auftrag erteilt, alles, was mit dem Begräbnis und den Trauerzeremonien zusammenhängt, zu ordnen. Damit hatte ich so viel zu tun, daß ich heute morgen nicht Zeit fand, Sie aufzusuchen oder Sie auch nur brieflich durch eine Zeile zu benachrichtigen. Das zwischen uns eingetretene Mißverständnis schmerzt mich in der Seele. Was ich scherzend und nur so beiläufig über Jewgeni Nikolajewitsch geschrieben hatte, haben Sie vollständig falsch aufgefaßt und der ganzen Sache einen für mich tief kränkenden Sinn beigelegt. Sie erwähnen das Geld und sprechen darüber Ihre Beunruhigung aus. Aber ich bin ohne alle Winkelzüge bereit, Ihre sämtlichen Wünsche und Forderungen zu befriedigen, obgleich ich nicht umhin kann, Sie hier beiläufig daran zu erinnern, daß ich das Geld, die dreihundertfünfzig Rubel, in der vorigen Woche von Ihnen unter bestimmten Abmachungen, aber nicht leihweise erhalten habe. Wäre das letztere der Fall gewesen, so würde unbedingt eine Quittung vorhanden sein. Zu einer Erörterung der übrigen Punkte, die Sie in Ihrem Briefe berührt haben, kann ich mich nicht herabwürdigen. Ich sehe, daß dies ein Mißverständnis ist, und erkenne darin Ihre gewöhnliche Hast, Heißblütigkeit und Offenherzigkeit. Ich weiß, daß Ihr edler, aufrichtiger Charakter das Verbleiben eines Zweifels in Ihrem Herzen nicht zulassen wird, und daß Sie schließlich selbst als erster mir die Hand zur Versöhnung hinstrecken werden. Sie haben sich geirrt, Iwan Petrowitsch; Sie haben sich arg geirrt!
Trotzdem Ihr Brief mein Herz schwer verwundet hat, würde ich gleich heute bereit sein, meinerseits zuerst mit einem Schuldbekenntnis zu Ihnen zu kommen; aber ich habe seit gestern so enorm viel zu tun, daß ich jetzt ganz wie zerschlagen bin und mich kaum auf den Beinen halten kann. Um das Unglück voll zu machen, hat sich meine Frau ins Bett legen müssen; ich befürchte eine ernsthafte Krankheit. Was unsern Kleinen anlangt, so geht es ihm, Gott sei Dank, besser. Aber ich lege die Feder hin; die Geschäfte rufen mich, und es ist ihrer eine große Menge. Ich verbleibe, mein teuerster Freund, usw.
(Iwan Petrowitsch an Peter Iwanowitsch.)
Den 14. November.
Sehr geehrter Herr Peter Iwanowitsch!
Ich habe drei Tage gewartet und mich bemüht, sie nützlich zu verwenden; inzwischen aber habe ich, da nach meinem Gefühle Höflichkeit und Anstand die ersten Zierden eines jeden Menschen sind, seit meinem letzten Briefe vom Zehnten dieses Monats mich weder mit einem Worte noch mit einer Tat Ihnen in das Gedächtnis zurückgerufen, teils um Ihnen die Möglichkeit zu geben, Ihre Christenpflicht Ihrer Tante gegenüber ungestört zu erfüllen, teils aber auch, weil ich für gewisse Überlegungen und Nachforschungen in der bewußten Angelegenheit Zeit nötig hatte. Jetzt aber beeile ich mich, mich mit Ihnen in endgültiger, entschiedener Weise auseinanderzusetzen.
Ich gestehe Ihnen offen, daß ich beim Lesen Ihrer beiden ersten Briefe allen Ernstes dachte, Sie verständen nicht, was ich eigentlich wollte; dies war der Grund, weshalb ich eine persönliche Zusammenkunft mit Ihnen und eine Aussprache unter vier Augen dringend wünschte, der Feder mißtraute und mich der Undeutlichkeit im schriftlichen Ausdrücke meiner Gedanken zieh. Es ist Ihnen bekannt, daß es mir an höherer Bildung und feinen Manieren mangelt; hohles Scheinwesen aber hasse ich, weil ich durch bittere Erfahrungen schließlich zu der Erkenntnis gelangt bin, wie trügerisch mitunter das Äußere ist, und daß sich unter den Blumen manchmal eine Schlange verbirgt. Indessen hatten Sie mich recht wohl verstanden; aber Sie antworteten mir absichtlich nicht, wie es sich gehörte, weil Sie in der Treulosigkeit Ihres Herzens von vornherein vorhatten, Ihrem Ehrenworte und den zwischen uns bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zuwiderzuhandeln.
Vollständig bewiesen haben Sie das durch Ihr schändliches, meinen Interessen nachteiliges Benehmen gegen mich in der letzten Zeit, ein Benehmen, das ich nicht erwartet hatte, und an das ich bis zur letzten Minute nicht hatte glauben wollen; denn ich hatte mich gleich am Anfang unserer Bekanntschaft durch Ihre klugen Manieren, durch Ihre feinen Umgangsformen, durch Ihre Sachkenntnis und durch die Vorteile, die ich mir von dem Zusammenarbeiten mit Ihnen versprach, blenden lassen und glaubte einen wahren, wohlgesitteten Freund gefunden zu haben. Jetzt aber habe ich klar erkannt, daß es viele Menschen gibt, die unter einem gleisnerischen, glänzenden Äußern in ihrem Herzen ein böses Gift verbergen und ihren Verstand dazu benutzen, Ränke gegen ihren Nächsten zu schmieden und ihn in unverzeihlicher Weise zu betrügen, und die daher den ordnungsmäßigen Gebrauch von Feder und Papier scheuen, vielmehr ihre stilistische Gewandtheit nicht zum Nutzen des Nächsten und des Vaterlandes verwenden, sondern um den Verstand derjenigen, die sich mit ihnen auf allerlei Geschäfte und Abmachungen eingelassen haben, einzuschläfern und zu betören. Wie treulos Sie an mir gehandelt haben, sehr geehrter Herr, das kann man deutlich aus dem Folgenden ersehen.
Erstens: als ich Ihnen, sehr geehrter Herr, brieflich in klaren, deutlichen Ausdrücken meine Lage auseinandersetzte und Sie zugleich in meinem ersten Briefe fragte, was Sie mit gewissen Wendungen und Andeutungen namentlich mit Bezug auf Jewgeni Nikolajewitsch eigentlich meinten, da haben Sie sich größtenteils in Stillschweigen gehüllt und, nachdem Sie durch Erregung von Verdacht und Zweifeln meine Seele in Unruhe versetzt hatten, sich ganz sachte von der Angelegenheit wieder zurückgezogen. Nachdem Sie ferner gegen mich Dinge verübt hatten, die man mit gar keinem anständigen Worte bezeichnen kann, schrieben Sie mir, daß Sie über meine Äußerungen betrübt seien. Wie soll man ein solches Benehmen nennen, sehr geehrter Herr? Ferner, als jede Minute für mich kostbar war und Sie mich zwangen, in der ganzen Residenz kreuz und quer auf Sie Jagd zu machen, da haben Sie mir unter der Maske der Freundschaft Briefe geschrieben, in denen Sie absichtlich von der geschäftlichen Angelegenheit schwiegen und von ganz nebensächlichen Dingen sprachen: Von den Krankheiten Ihrer allerdings von mir sehr verehrten Gattin und davon, daß Ihr Kleiner Rhabarber einbekommen hat und bei ihm die Zähne zum Durchbruch kommen. Alles das haben Sie in jedem Ihrer Briefe mit einer schändlichem für mich beleidigenden Regelmäßigkeit erwähnt. Ich gebe ja gern zu, daß die Leiden des eigenen Kindes das Vaterherz martern; aber welchen Zweck hatte es, all dies zu erwähnen, wo es sich um etwas ganz anderes, um etwas Wichtigeres und Wesentlicheres handelte? Ich schwieg dazu und ertrug es; jetzt aber, wo seitdem schon so viel Zeit verstrichen ist, habe ich es für meine Pflicht gehalten, mich darüber auszusprechen. Endlich haben Sie mich mehrmals treuloserweise durch die trügerische Ansetzung einer Zusammenkunft betrogen und mich anscheinend die Rolle Ihres Narren und Hanswurstes spielen lassen, welcher zu sein ich nie beabsichtigt habe. Nachdem Sie mich ferner vorher zu sich eingeladen und mich gehörig genarrt hatten, teilten Sie mir mit, Sie seien zu Ihrer kranken Tante gerufen worden, die Punkt fünf Uhr einen Schlaganfall bekommen habe, indem Sie sich auch hierbei in Ihren Angaben einer schmachvollen Genauigkeit bedienten. Glücklicherweise, sehr geehrter Herr, habe ich in diesen drei Tagen Nachforschungen anstellen können und auf diese Weise erfahren, daß Ihre Tante schon am Siebenten, kurz vor Mitternacht, der Schlag gerührt hat. Daraus ersehe ich, daß Sie die Heiligkeit der verwandtschaftlichen Beziehungen zur Täuschung eines völlig Fernstehenden mißbraucht haben. Endlich erwähnen Sie in Ihrem letzten Briefe auch den Tod Ihrer Tante mit der Angabe, er sei gerade zu der Zeit eingetreten, wo ich auf Ihre Einladung hin zu Ihnen gekommen war, um über gewisse Geschäftsangelegenheiten mit Ihnen Rücksprache zu nehmen. Aber hier übersteigt die Schändlichkeit Ihrer rechnerischen Erfindungen geradezu allen Glauben; denn bei den Nachforschungen, die ich durch einen glücklichen Zufall noch zur rechten Zeit anstellen konnte, habe ich zuverlässig erfahren, daß Ihre Tante volle vierundzwanzig Stunden nach dem Zeitpunkte gestorben ist, den Sie so gottlos waren in Ihrem Briefe für ihren Tod anzugeben. Ich würde kein Ende finden, wenn ich alle die Anzeichen aufzählen wollte, an denen ich Ihre Treulosigkeit gegen mich erkannt habe. Für einen unparteiischen Beobachter genügt schon der Umstand, daß Sie mich in jedem Ihrer Briefe Ihren wahren Freund nennen und mich mit den liebenswürdigsten Namen belegen, was Sie meines Erachtens zu keinem andern Zweck tun, als um meine Aufmerksamkeit einzuschläfern.
Ich komme jetzt zu Ihrer ärgsten Betrügerei und Treulosigkeit gegen mich, welche in folgenden Stücken besteht: in dem steten Stillschweigen, das Sie in der letzten Zeit über alles das beobachtet haben, was unser gemeinsames Interesse berührt; in der gottlosen Entwendung des Briefes, in welchem Sie, wenn auch nur dunkel und in einer mir nicht ganz verständlichen Weise, unsere beiderseitigen Abmachungen und Verabredungen angeführt hatten; in der rohen, gewaltsamen Zwangsanleihe von dreihundertundfünfzig Rubeln, die Sie bei mir in meiner Eigenschaft als Ihr Halbpartkompagnon machten, ohne mir eine Quittung auszustellen; und endlich in der schmählichen Verleumdung unseres gemeinsamen Bekannten Jewgeni Nikolajewitsch. Ich sehe jetzt klar und deutlich, daß Sie mir beweisen wollten, man könne von ihm, mit Erlaubnis zu sagen, wie von einem Bocke weder Milch noch Wolle erlangen, und er selbst sei nicht dies und nicht das, weder Fisch noch Fleisch; und das machen Sie ihm in Ihrem Briefe vom Sechsten dieses Monats zum Vorwurf. Ich für meine Person kenne Jewgeni Nikolajewitsch als einen bescheidenen,wohlgesitteten jungen Mann, Eigenschaften, durch die er einem jeden zu gefallen und sich allgemeine Achtung zu erwerben vermag. Es ist mir auch bekannt, daß Sie ihm ganze zwei Wochen lang allabendlich ein paar Dutzend Rubel, manchmal sogar hundert Rubel im Hasardspiel abgenommen haben. Jetzt aber streiten Sie das alles ab und weigern sich nicht nur, sich für meine Leiden erkenntlich zu zeigen, sondern haben sich sogar Geld, das mir gehört, unwiederbringlich angeeignet, nachdem Sie mich vorher in meiner Eigenschaft als Ihr Halbpartkompagnon verleitet und mich durch die Vorspiegelung von allerlei Vorteilen, die mir zufallen würden, betört hatten. Jetzt aber, wo Sie sich mein und Jewgeni Nikolajewitschs Geld in ungesetzlicher Weise angeeignet haben, weigern Sie sich, sich erkenntlich zu zeigen, und bedienen sich zu diesem Zwecke einer häßlichen Verleumdung, durch die Sie leichtfertig in meinen Augen einen jungen Mann anschwärzen, den ich erst mit großer Mühe und Anstrengung in Ihr Haus eingeführt habe. Sie selbst dagegen behandeln ihn, nach der Aussage von Freunden, bis auf den heutigen Tag mit der ausgesuchtesten Liebenswürdigkeit und stellen ihn vor der ganzen Welt als Ihren besten Freund hin, obwohl niemand in der Welt so dumm ist, daß er nicht gleich merken sollte, wohin alle Ihre Absichten zielen und was Ihr liebenswürdiges, freundschaftliches Benehmen für einen Wert hat. Ich aber sage, daß es weiter nichts ist als Betrug, Treulosigkeit, Verleugnung alles Anstandes und aller Menschenrechte, arge Gottlosigkeit und Lasterhaftigkeit aller Art. Und dafür stelle ich mich selbst als Beispiel und Beweis hin. Was habe ich Ihnen zuleide getan, und womit habe ich es verdient, daß Sie mich in so gottloser Weise behandeln?
Ich schließe meinen Brief. Ich habe Ihnen meine Meinung gesagt. Jetzt mein Ultimatum: wenn Sie, sehr geehrter Herr, nicht in allerkürzester Zeit nach Empfang dieses Briefes mir erstens die Summe, die ich Ihnen gegeben habe, im Betrage von dreihundertundfünfzig Rubeln, vollzählig zurückerstatten und mir zweitens alle die Summen auszahlen, die mir nach Ihren Versprechungen zukommen, so werde ich zu allen möglichen Mitteln greifen, um Sie zur Herausgabe des Geldes, selbst mit offener Gewalt, zu zwingen; in zweiter Linie werde ich auch den Schutz der Gesetze anrufen. Und endlich erkläre ich Ihnen, daß ich im Besitze gewisser Schriftstücke bin, die in den Händen Ihres ergebensten Dieners und Verehrers die Wirkung haben könnten, Sie an den Pranger zu stellen und Ihren Namen in den Augen der ganzen Welt zu entehren.
Genehmigen Sie usw.
(Peter Iwanowitsch an Iwan Petrowitsch.)
Den 15. November.
Iwan Petrowitsch!
Als ich Ihr ungebildetes und zugleich seltsames Schreiben erhielt, wollte ich es im ersten Augenblicke in Stücke reißen, habe es dann aber doch der Kuriosität halber aufgehoben. Übrigens bedauere ich von Herzen unsere Mißverständnisse und Mißhelligkeiten. Eigentlich wollte ich Ihnen nicht darauf antworten; aber die Notwendigkeit zwingt mich dazu. Ich muß Ihnen nämlich durch diese Zeilen mitteilen, daß es mir sehr unerwünscht sein würde, Sie jemals wieder in meinem Hause zu sehen; das gleiche gilt von meiner Frau: sie ist von schwacher Gesundheit, und der Teergeruch Ihrer Stiefel könnte ihr schädlich sein. Meine Frau schickt Ihrer Gattin mit vielem Dank ein Buch zurück, das noch bei uns geblieben ist, den Don Quijote de la Mancha. Was Ihre Gummischuhe anlangt, die Sie angeblich bei Ihrem letzten Besuche bei uns vergessen haben, so muß ich Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, daß sie bis jetzt nirgends zu finden gewesen sind. Es wird noch weiter danach gesucht werden; sollten sie sich aber überhaupt nicht finden, so werde ich Ihnen ein Paar neue kaufen.
Im übrigen habe ich die Ehre zu verbleiben usw.
Am 16. November erhält Peter Iwanowitsch durch die Stadtpost zwei an ihn adressierte Briefe. Er öffnet das erste Kuvert und zieht ein eigenartig zusammengefaltetes Briefchen auf blaßrosa Papier heraus. Die Handschrift ist die seiner Frau. Adressiert ist es an Jewgeni Nikolajewitsch, datiert vom 2. November. Weiter ist in dem Kuvert nichts zu finden, Peter Iwanowitsch liest:
Lieber Eugène! Gestern war es ganz unmöglich. Mein Mann war den ganzen Abend über zu Hause. Morgen aber komm unbedingt Punkt elf! Um halb elf fährt mein Mann nach Zarskoje-Selo und kommt erst um Mitternacht zurück. Ich habe mich die ganze Nacht über geärgert. Ich danke Dir für die Übersendung der Nachrichten und der Korrespondenz. Was für ein großer Haufe Papier! Hat sie das wirklich alles geschrieben? Der Stil ist übrigens gut. Ich danke Dir; ich sehe, daß Du mich liebst. Sei nicht böse wegen gestern und komm ja morgen! A.
Peter Iwanowitsch erbricht den zweiten Brief.
Peter Iwanowitsch!
Ich hätte Ihr Haus sowieso nie wieder betreten; also haben Sie unnötig Papier vollgeschmiert.
In der nächsten Woche reise ich nach Simbirsk; in der Person Jewgeni Nikolajewitschs bleibt ein teurer, liebenswürdiger Freund bei Ihnen; ich wünsche Ihnen alles Gute; über die Gummischuhe brauchen Sie sich nicht zu beunruhigen.
Am 17. November erhält Iwan Petrowitsch durch die Stadtpost zwei an ihn adressierte Briefe. Er öffnet das erste Kuvert und zieht ein eilig und flüchtig geschriebenes Briefchen heraus. Die Handschrift ist die seiner Frau. Adressiert ist es an Jewgeni Nikolajewitsch, datiert vom 4. August. Weiter ist in dem Kuvert nichts zu finden. Iwan Petrowitsch liest:
Leben Sie wohl, leben Sie wohl, Jewgeni Nikolajewitsch! Gott möge Sie auch hierfür belohnen! Seien Sie glücklich; mein Los aber ist ein schreckliches, ein ganz schreckliches! Es war Ihr Wille. Wenn die Tante nicht gewesen wäre, hätte ich mich Ihnen nicht so anvertraut. Lachen Sie aber weder über mich noch über die Tante! Morgen werden wir getraut. Die Tante freut sich, daß sich ein guter Mensch gefunden hat, der mich ohne Mitgift nimmt. Ich habe ihn heute zum erstenmal aufmerksam angesehen. Er scheint wirklich ein guter Mensch zu sein. Man treibt mich zur Eile. Leben Sie wohl, leben Sie wohl! … Mein Teuerster, denken Sie manchmal an mich; ich meinerseits werde Sie nie vergessen. Leben Sie wohl! Ich unterschreibe auch diesen letzten Brief wie meinen ersten … wissen Sie wohl noch?
Tatjana.
In dem zweiten Brief steht folgendes:
Iwan Petrowitsch! Morgen erhalten Sie ein Paar neue Gummischuhe; ich bin nicht gewöhnt, mir fremdes Gut anzueignen; ebensowenig ist es mein Geschmack, auf der Straße allerlei Papierfetzen aufzusammeln.
Jewgeni Nikolajewitsch reist in den nächsten Tagen in Angelegenheiten seines Großvaters nach Simbirsk und hat mich gebeten, ihm einen Reisegefährten zu verschaffen; hätten Sie Lust?