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In der Beletage eines stattlichen Hauses am Neuen Markt in Berlin sitzen sie zu zweit an einem runden Tisch, Herr Friedrich Zorn, der im Erdgeschoß des Gebäudes eine »Churfürstlich privilegierte Apotheke« betreibt, und der Pastor Primarius Gotthelf Jeremias Porst aus Malchow.
»Votre santéAuf Ihr Wohl, Herr Schwiegervater«, sagt der Pastor Porst und hebt sein Glas, in dem ein alter Ungarwein goldig schimmert.
Der Apotheker nickt nur und nimmt einen winzigen Schluck.
»Sie sind en mauvaise humeurSie sind mißgestimmt, wie mir's scheinen will, Herr Schwiegervater«, fährt Porst fort. »Worüber haben Sie sich ennuyiertWorüber haben Sie sich erregt?«
Die Frage des Pastors gibt dem Herrn Friedrich Zorn Anlaß, seinem Herzen Luft zu machen.
»Es ist wieder der Böttger, der mir Verdruß schafft«, legt er los.
»Es war ein Fehler von mir, Porst, daß ich den Burschen wieder aufgenommen habe, als er halb verhungert zurückkam und wehmütig um Verzeihung bat. Ich hätte besser getan, ihn damals hinter schwedische Gardinen setzen zu lassen. Genügende Ursache dafür war vorhanden. Er hatte genug von meinen Chemikalien und Geräten mitgehen heißen, als er zu dem anderen mauvais sujetSchlechter Kerl, dem Siebert, in die Adeptenbude vor dem Spandauer Tor ausrückte. Ich habe mich persuadierenIch habe mich überreden lassen lassen . . . es ist vergebene Liebesmühe. Der Böttger läßt das Sudeln und das Tingieren nicht . . .«
»EchauffierenRegen Sie sich nicht auf Sie sich nicht, Herr Schwiegervater«, sucht der Pastor den Aufgebrachten zu beruhigen. »Ihr Laborant muß doch trotz seiner Jugend beachtliche Kenntnisse haben. Man sprach neulich auf einer AssembléeGesellschaft bei dem Kanzleirat Dippel davon. Die Herrschaften lobten sein chemisches Wissen. Als ich mir einen Zweifel erlaubte, berief der Kanzleirat sich auf den Herrn Staatsrat von Haugwitz, der den pp. Böttger wiederholt empfangen und längere Gespräche mit ihm geführt hat . . .«
»Und dem Bengel dadurch den Kopf nur noch mehr verdreht hat«, braust der Apotheker auf. »Er macht mir meine anderen Laboranten verrückt. Wissen Sie, Eidam, das ist wie ein contagiumDas ist wie eine ansteckende Krankheit . . . eine Gehirnseuche . . . eine pestis cerebri . . . jetzt hofieren meine Laboranten den Burschen. Sie betteln ihn um ein paar Skrupel der roten Tinktur an. Auch in der Stadt reden die Leute schon von dem Goldmacher in meiner Apotheke.« Während Zorn spricht, ist der Pastor Porst immer nachdenklicher geworden.
»Ich glaube gehört zu haben«, beginnt er vorsichtig, »daß der Böttger mit seinen Experimenten Erfolg gehabt hat. Bei dem Kanzleirat Dippel war von einem Stück veritablen Goldes die Rede, das er tingiert haben soll.«
Der Apotheker Zorn macht eine abwehrende Bewegung. »Taschenspielerei, Porst! Auf dem letzten Jahrmarkt war ein PrestidigitateurTaschenspieler zu sehen, der den Bauern blanke Taler aus der Nase zog. Das Kunststück dünkt mich schwieriger als ein Stückchen Gold aus dem Alchimistentiegel zu holen . . ., nachdem man es vorher unbemerkt hineingeworfen hat.« Während der Apotheker noch spricht, ist er an seinen Sekretär getreten, hat eine Schublade geöffnet und etwas herausgenommen. »Sehen Sie das hier, Porst«, fährt er fort und legt ein etwa bohnengroßes Stückchen eines gelben Metalles auf den Tisch. »Das soll der Böttger bei seinem letzten Versuch tingiert haben.«
Pastor Porst betrachtet das Metall, wiegt es auf der Fingerspitze, fragt schließlich: »Ist das Gold?«
Der Apotheker nickt: »Ich habe es selbst untersucht, es ist reines Gold.«
»Ja, aber dann, Herr Schwiegervater . . .«
»Beweist es gar nichts für mich, Eidam . . . oder beweist höchstens, daß der Windhund einen Friedrichsdor in den Tiegel gebracht hat. In dem feurigen Fluß ist die Münze geschmolzen; aber das Gewicht eines Friedrichsdor hat dies Gold noch. Demonstratio indirectaindirekter Beweis, daß ein Betrug stattgefunden hat.«
»Sie waren nicht selber bei dem Experimentum zugegen?« fragt der Pastor.
»Der Böttger wird sich hüten, in meiner Gegenwart seine Sudeleien zu treiben«, erwidert Zorn. »Natürlich hat er's hinter meinem Rücken gemacht. Das Stück hier habe ich von einem seiner Kollegen, dem er's geschenkt hat. Ist mit seinen achtzehn Jahren ein feiner Kavalier, der monsieur Johann Friedrich Böttger. Verschenkt Friedrichsdors an meine Laboranten.«
»Audiatur et altera parses muß auch der andere Teil gehört werden, Herr Schwiegervater«, nimmt Porst wieder das Wort. »Bevor Sie ihn verurteilen, müßte er unter unserer Observation tingieren . . .«
». . . und mich betrügen«, fährt Zorn auf.
»Das Handwerk wollen wir ihm legen. Ich halte mich zu Ihrer Verfügung, Herr Schwiegervater, vier Augen sehen mehr als zwei. Unter unserer SurveillanceUeberwachung soll es dem Goldmacher schwerfallen, Dukaten in den Tiegel zu werfen.«
»Es brauchen nicht immer Dukaten zu sein«, wendet der Apotheker ein. »Ich mache mir meine Gedanken darüber, wenn ich die Adepten von dem roten Leu und dem roten Pulver schwatzen höre. Es gibt ein rostbraunes Salz, dem niemand ansehen kann, daß es Gold enthält. Wenn Sie es im Tiegel mit Silber zusammenschmelzen, bildet sein erdiger Bestandteil mit diesem ein Silbersalz. Das geht in die Schlacke, und auf dem Boden des Tiegels finden Sie einen Regulus aus reinem Gold.«
»Hm! Ja! . . . Aber!« Der Pastor Porst, der von der Chymie wenig Ahnung hat, weiß nicht recht, was er dem Apotheker erwidern soll. Während er noch darüber nachdenkt, wird an die Tür geklopft. Es ist ein Hausdiener, der aus dem Gasthof »Zum König von Portugal« die Nachricht bringt, daß der Superintendent Winkler aus Magdeburg mit der Abendpost angekommen ist und fragen läßt, ob er dem Herrn Zorn heute noch seine Aufwartung machen darf. –
Im Gegensatz zu dem Pastor Porst hat der Superintendent Winkler sich in seinen Mußestunden etwas mit der chymischen Wissenschaft befaßt. Noch während die drei Herren am Abendtisch sitzen und den Speisen und Getränken zusprechen, kommt daher die Rede wieder auf den »Goldmacherjungen«, von dem der Superintendent auch in Magdeburg etwas gehört hat.
»Wie ist Ihr Laborant an die Adeptenkunst geraten?« fragt er Zorn und horcht auf, als der Apotheker den Namen Laskaris nennt. »Eine reichlich soupconöse Persönlichkeit«, gibt er sein Urteil ab. »Viele halten ihn für einen Betrüger, meinen, daß er die Almosen in die eigene Tasche steckt, die er angeblich zur Loskaufung von in türkische Gefangenschaft geratenen Christen sammelt. Unsere Behörden haben ihm deswegen scharf auf den Zahn gefühlt; doch denen gegenüber hat er sich durch ein Beglaubigungsschreiben des Patriarchen zu Konstantinopel tatsächlich als Archimandrit eines Klosters auf der Insel Mytilene legitimiert.«
»Beglaubigungsschreiben lassen sich fälschen«, wendet der Apotheker ein.
»Daran hat die Polizei auch gedacht, Herr Zorn. Sie hat zu den Verhören unsere besten Kenner der griechischen Sprache zugezogen, die feststellten, daß Laskaris das Griechische geläufig spricht. Da er sich auch sonst keine Blöße gab, konnte man ihm nichts nachweisen und ließ ihn wieder ziehen.«
»Höchst bedauerlich ist es, daß man das getan hat«, wirft der Apotheker ein.
»Ein Bettelmönch, der sich mit der Goldmacherkunst befaßt«, meint der Pastor Porst, »das begreife, wer es vermag; mir geht es über das Verständnis.«
»Der Laskaris sah nicht wie ein Bettelmönch aus«, nimmt Herr Friedrich Zorn wieder das Wort. »Er machte den Eindruck eines Herrn von besserem Stande, als er in meine Apotheke kam und sich ein Präparat von Antimonium bestellte. Böttger bekam den Auftrag, es ihm ins Gasthaus zu bringen; damit hat das Malheur angefangen. Der Fremde ließ sich mit ihm in eine längere Unterhaltung ein und sprach mit ihm über das Adeptenbuch des Basilius Valentinus, das Böttger in seinem Besitz hat. Immer wieder ließ der Grieche sich verschiedene Präparate von meinem Laboranten bringen. Sogar tingiert sollen die beiden zusammen haben, als es sich für den Fremden darum handelte, die Gasthausrechnung in barem Golde zu begleichen.
Immer mehr Raupen hat der Grieche dem Bengel in den Kopf gesetzt. Als er endlich abreisen wollte und die Pferde schon warteten, eröffnete er dem Herbeigerufenen, daß er selbst Inhaber des großen Geheimnisses sei, und soll ihm noch im letzten Moment zwei Unzen seiner Tinktur geschenkt haben. Seitdem ist der Böttger übergeschnappt. Er führt hochtrabende Reden. Er hat erklärt, daß er nicht abgeneigt wäre, der Pharmazie Valet zu sagen, nach Halle zu gehen und Medizin zu studieren. Ich will den Tag segnen, an dem er es endlich tut und aus meiner Apotheke verschwindet.«
»Sie dürfen den jungen Menschen nicht in sein Unglück rennen lassen, mein verehrtester Herr Zorn«, wendet der Superintendent ein. »Als sein Prinzipal haben Sie die Pflicht, ihn von seinen Irrtümern abzubringen. Sie müssen ihm Vorstellungen machen, daß er nicht einer eingebildeten Kunst nachhängt, sondern beim sicheren Broterwerb bleibt.« Ein unwilliges Achselzucken ist die Antwort des Apothekers.
»Darf ich an unseren Beschluß vom heutigen Nachmittag erinnern, Herr Schwiegervater?« nimmt der Pastor Porst wieder das Wort.
»Wir hatten beschlossen«, wendet er sich an den Superintendenten, »daß der Böttger in unserer Gegenwart hier in der Apotheke tingieren soll. Wir wollen ihn dabei so scharf beaufsichtigen, daß ein Betrug unmöglich wird.«
»OptimeSehr gut, Herr Amtsbruder«, greift der Superintendent den Vorschlag auf, »das scheint mir der beste Weg zu sein, den Böttger zu kurieren. Wenn wir drei ihm auf die Finger sehen, kann er nicht betrügen, . . . falls er ein Betrüger ist, Herr Zorn . . .«
»Das möchte ich nicht einmal behaupten«, sagt der Apotheker nach einigem Ueberlegen. »Ich meine fast, daß der Bengel selber daran glaubt; er hat eben, wie man hier in Berlin sagt, einen Sparren zuviel im Dachstuhl.«
»Also kein wissentlicher Betrüger, nur ein Verblendeter«, nimmt der Superintendent den Faden wieder auf. »Der Casus ist nicht leicht, aber ich halte ihn nicht für verzweifelt; durch einen klaren Mißerfolg kann Ihr Laborant geheilt werden.«
»Ich teile Ihre Meinung nicht, Herr Superintendent«, brummt Zorn vor sich hin.
»Dum spiro, spero, carissime«Solange ich atme, hoffe ich, mein Teuerster, versucht der Superintendent zu scherzen. »Es bleibt bei unserer Conclusio communisGemeinsamer Beschluß; Ihr Goldmacherjunge wird morgen unter unserer Aufsicht tingieren.« –
Am nächsten Vormittag sind sie im Laboratorium der Offizin versammelt, die Herren Winkler, Porst und Zorn; würdige, gesetzte Herren, deren Stattlichkeit durch die Tracht ihrer Zeit, die langwallenden Allongeperücken und die talarartige Kleidung der Geistlichen noch verstärkt wird. Vor ihnen steht ein schmächtiger Jüngling, fast ein Knabe noch, dessen Alter man eher auf sechzehn als auf achtzehn Jahre schätzen möchte. Schlichtes blondes Haupthaar fällt ihm bis auf die Schultern. Einfach bürgerlich ist seine Kleidung. Derbe rindlederne Schuhe; graue wollene Strümpfe, die sich beachtlich von den schwarzseidenen seiner drei Examinatoren unterscheiden. Enge Kniehosen und eine kurze Joppe aus derbem Wolltuch vervollständigen seinen Anzug. Fast dürftig nimmt sich der junge Mensch in diesem Kreise aus; doch in dem durchdringenden Blick der blauen Augen, in seinem Mienenspiel liegt etwas Besonderes, das gleichzeitig anzieht und abstößt. Es ist Johann Friedrich Böttger, der nun eine Probe seiner Kunst ablegen soll.
Auf der Esse an der Schornsteinwand des Raumes ist ein Kohlenfeuer in vollem Brand. Einen feuerfesten Tiegel hat der Apotheker selbst herbeigeschafft und neben die Glut auf den Herd gestellt.
Unwillig schüttelt der Superintendent sein Haupt, daß der Puder aus seiner Perücke aufstäubt. Vergeblich hat er den jungen Laboranten mit der Gewandtheit und Stimmgewalt eines geübten Kanzelredners noch einmal von der Sinnlosigkeit seines Vorhabens zu überzeugen versucht, hat ihn ermahnt, nicht einer eingebildeten Kunst nachzuhängen; denn das Unmögliche würde er doch nicht möglich machen.
»Es ist doch möglich!« Selbstbewußt stößt Böttger die Worte hervor. »Es ist doch möglich, Hochwürden«, erwidert er auf jede weitere Ermahnung Winklers.
»Es ist zwecklos, Herr Superintendent«, greift Zorn ein. »Dort steht der Herd, das Feuer brennt; der Junge soll jetzt zeigen, was er kann oder nicht kann.«
»Meinen ergebensten Dank für die gütige Erlaubnis, Herr Prinzipal«, sagt Böttger, entnimmt einer mitgebrachten Ledertasche eine grauschimmernde Metallstange und will damit zu dem Tiegel gehen.
»Halt, Böttger! Was ist das, was hat Er da?« ruft Zorn und stellt sich zwischen den Herd und seinen Laboranten.
»Es ist plumbum purum, Herr Prinzipal, reines Blei, das ich für das Experimentum mitgebracht habe.«
»Herzeigen, Böttger!« sagt Zorn, nimmt ihm das Material ab, wiegt es auf der flachen Hand, beschaut es sich genau und gibt es danach an die beiden Geistlichen zur Prüfung weiter. Porst hat nichts einzuwenden; doch Winkler ist mißtrauisch.
»Ob das hier Blei ist . . . nur Blei, wissen wir nicht sicher.«
Noch während er seinen Zweifel äußert, zieht er die Börse und schüttet ein Dutzend preußische Zweigroschenstücke in die hohle Hand.
»In diesem hier ist aber todsicher kein Gold, mein Lieber«, spricht er weiter. »Unsere Zweigroschenstücke bestehen aus fünflötigem Silber. Die könnt Ihr als Grundsubstanz für Euer Experimentum nehmen. Seid Ihr damit einverstanden?«
Der Laborant nickt nur. Der Superintendent wirft die Groschenstücke in den Tiegel und stellt ihn in die Glut. Mißtrauisch beobachtet er dabei Böttger, der einen Blasebalg ergriffen hat und das Feuer zu voller Hitze entfacht. Schon leuchtet auch die Wand des Tiegels hellrot, und die Münzen in ihm beginnen zu zerfließen. Nur noch eine brodelnde glühende Masse ist jetzt in dem Tiegel vorhanden. Böttger hat unterdessen ein Stückchen Wachs in der Hand erwärmt und geknetet, bis es etwa die Form einer Oblate annimmt. Nun schüttet er aus einer gläsernen Dose etwa eine Messerspitze eines roten Pulvers auf das Wachs und schlägt die Ränder der Oblate darüber so zusammen, daß das Pulver völlig in das Wachs eingehüllt ist.
Aufmerksam verfolgen die drei Beobachter jede seiner Bewegungen, wie er nun das Wachs in den Tiegel wirft . . . und dann einen Deckel auf den Tiegel stülpt in dem Moment gerade, als das Wachs auf dem glühenden Metall aufflammt.
»Halt! Was macht Er da? Was hat Er mit dem Deckel vor?« fährt der Apotheker dazwischen.
»Es ist notwendig, den Tiegel zu schließen, wenn die Transformation gelingen soll, Herr Prinzipal«, erklärt Böttger sein Vorgehen. Flüsternd stehen Zorn und Winkler zusammen. Nicht alles, was sie sprechen, kann Porst verstehen. Nur das hört er zum Schluß, wie Zorn etwas lauter sagt:
»Es ist ein glatter Deckel aus rheinischem Ton; ich habe keinen Verdacht, daß dadurch etwas Unrechtes in den Fluß geraten kann.«
Der Superintendent machte eine unschlüssige Bewegung.
»Trotzdem, Herr Zorn, ich hätte den Deckel lieber selbst aufgelegt«, erwidert er.
Der Laborant hat derweil eine Zange ergriffen, hebt mit ihr den Deckel wieder ab, packt den Tiegel damit und gießt seinen glühenden Inhalt in eine Barrenform. Langsam verkühlt das Metall. Nur matt rotwarm ist es jetzt noch; immer mehr läßt die Glut nach. Nun ist sie völlig verschwunden, und die Eigenfarbe des Metalls wird erkennbar. Bronzefarben schimmert der Guß. Wieder greift Böttger mit der Zange zu, stülpt die Form um, faßt den Barren und taucht ihn in ein Schaff kalten Wassers. Dampf wallt auf, während die letzte Hitze abgelöscht wird. Heller, fast goldfarben schimmert der Barren, den Böttger in die Hand nimmt und dem Apotheker hinhält.
»Das Experiment ist gelungen, Herr Prinzipal«, sagt er.
Begierig stürzen die drei anderen sich auf das Stück. Sie wiegen es in den Händen, sie betrachten es von allen Seiten und gehen dann damit an das Fenster, um es hier mit Stein und Probiernadel zu untersuchen. Einen goldgelben Strich gibt der Barren auf dem Schieferstein, einen ebenso gefärbten macht die Probiernadel aus 18karätigem Gold darauf. Einen Tropfen Scheidewasser läßt Zorn auf die beiden Striche fallen. Eine leichte Verfärbung zeigt sich danach.
Winkler schüttelt gedankenvoll seine Perücke.
»Es ist ein gewisser Unterschied in den Färbungen«, gibt er schließlich sein Urteil ab.
»Ein Unterschied ist deutlich vorhanden«, bestätigt Zorn die Worte des Superintendenten.
»Wie erklärt Er das, Böttger?«
»Ihre Probiernadel ist 18karätig, Herr Prinzipal.« Der Laborant sagt es in gelassenem Ton, aber sein Mienenspiel ärgert den Apotheker.
»Erkläre Er sich deutlicher, Böttger!« herrscht er den Laboranten an.
»Mein Gold ist 24karätig«, erwidert der.
»24karätig?!«, mischt sich Winkler ein. »Wißt Ihr, was Ihr da eben sagt, junger Mann?«
Böttger nickt. Nur wenig hebt sich seine Stimme, als er nun antwortet:
»Die große Kunst gibt chymisch reines Gold . . . 24karätiges Gold, Hochwürden.«
Die drei anderen haben es gehört; doch glauben wollen sie es nicht. Noch einmal gehen sie dem Barren mit ihren Untersuchungsmitteln zuleibe. Probiernadeln verschiedener Karätigkeit werden benutzt; doch immer wieder ist das Ergebnis das gleiche. Bei allen Nadelstrichen löst das Scheidewasser die Beimengungen auf; ganz unverändert bleibt der Goldstrich des Barrens unter der Säure. Auch an dem Barren selbst vermag sie keine Veränderungen hervorzubringen . . . Fast eine Stunde ist über ihren Versuchen verstrichen, als die drei, widerwillig zwar, aber durch die Ergebnisse der Prüfung gezwungen, zu dem Ergebnis kommen: Es ist chymisch reines Gold, was der Laborant Böttger aus preußischen Zweigroschenstücken tingiert hat.