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Gleich nach Kriegsende hatte Klaus die Ausbeutung des alluvialen Zinnerzes wieder aufgenommen. Tagaus, tagein schüttelten seine Leute das schwarze Erz aus dem Sande des Riviere. Jeden Monat verfrachtete er mehrere Tonnen davon an auswärtige Zinnhütten. Nun schien ihm die Zeit gekommen, die Sache im großen anzupacken.
Das Alluvialerz im Riviere! Viele, viele tausend Tonnen des wertvollen Erzes barg der Flußsand hier. Aber um sie zu gewinnen, mußte man die riesige Fläche des Riviere Kubikfuß für Kubikfuß durch die Siebe schütteln – oder umfangreiche und kostspielige Separationsanlagen errichten.
Von woher mochten die Wasser einst in längst vergangenen Zeiten diese schwarzen Brocken hergetragen und in den Sand gewaschen haben? – Wenn man das wüßte, wenn man diese Stellen ausfindig machen könnte, wo das Erz noch im Muttergestein steckte. Dort würde man sich nicht mit Brocken und Bröckchen abzuplagen haben. Da würde man es blockweise brechen und sprengen können. Ganz anders, viel großartiger, viel nutzbringender würde sich dort die Gewinnung gestalten.
Immer klarer schälte sich für Klaus aus all diesem Sinnen und Grübeln die neue Aufgabe heraus. Die ursprünglichen Vorkommen des Erzes mußte er finden! Nur wenige Anhaltspunkte gab ihm die Natur dafür. Wasser hatte die Brocken hier in den Riviere verschleppt. Wasser floß immer nur von oben nach unten. Also mußten die ursprünglichen Vorkommen höher liegen als der Riviere. Und mit gewaltiger Kraft mußten die Wasser die Brocken verschleppt haben. Ein erhebliches Stück mußten die Erzgänge und Nester höher liegen als das Flußbett hier. In den Bergen mußte er suchen. In den hohen Bergen, die in der Gegend lagen, aus denen der Riviere herkam. Aber viele Berge gab's dort hinten im Nordosten, wo der Fluß seinen Ursprung nahm.
Er versenkte sich in die geologischen Karten der Kolonie. Mit dem Spürsinn und Eifer eines Jägers, der im Begriff steht, sein Wild enger und immer enger einzukreisen, arbeitete er. Der Lauf des Riviere gab ihm die erste Möglichkeit, bestimmte Teile des Gebirges als verdächtig anzusehen. Die geologische Karte zeigte ihm die Zusammensetzung dieser Berge. Nur Granit, Quarz und Schiefer konnten in Betracht kommen. Beträchtliche Teile fielen dadurch aus. Das zu untersuchende Gebiet wurde wesentlich kleiner, aber immer noch war es gewaltig groß, bedeckte viele hundert Quadratkilometer.
Soweit war Klaus mit den vorhandenen Hilfsmitteln gekommen. Er machte sich daran, einen Plan zu zeichnen, der das Gebiet, in dem er das wertvolle Erz vermuten durfte, in großem Maßstabe wiedergab. Marschlängen, Ruhetage – Zeiten für die notwendigen Schürfarbeiten.
Unschlüssig ließ er den Bleistift sinken. Wollte er das ganze Gebiet in dieser Weise durchforschen, er würde nicht Wochen, sondern ungezählte Monate darauf verwenden müssen. Gab es denn keine Möglichkeit, den ursprünglichen Ort der Erze genauer zu ergründen, das mutmaßliche Fundgebiet noch enger zu begrenzen?
Klaus schloß die Augen. Rastlos arbeitete sein Geist. Wie eine Intuition kam's über ihn. Wie hatten sich die geologischen Ereignisse in dem Lande hier abgespielt? Eine Eiszeit war hier niemals gewesen. Wenigstens war sie nicht nachweisbar, waren keine Spuren davon zu entdecken. Nur Eis, nur Wasser und Frost in Gemeinschaft vermochten die kristallinischen Urgesteine, die Granite zu zermürben und zu zerschleifen. Hier aber zeigten die Granitgebirge kaum Spuren einer beginnenden Verwitterung. Das hatte er schon vor Jahren bei seinen Streifzügen durch die Otaviberge öfter als einmal festgestellt. Wasser allein vermochte dem vulkanischen Urgestein wenig anzuhaben. –
Er preßte die Hände vor die Augen.
War's nicht am Ende auch ein Fingerzeig, den das Schicksal ihm durch den Diamantenfund gegeben? Die lagen im Quarzsand und stammten doch woanders her. Sollte es hier ebenso sein? Sollten die Zinnerze im Schiefergebirge liegen, von dorther erst in den Quarzsand vertragen worden sein? Die Stunden verrannen, während er sich den Kopf darüber zermarterte. Unmöglich, die Frage hier am Schreibtisch zu entscheiden. Der Versuch, die Expedition selbst konnte allein die Antwort darauf geben. – –
In den nächsten Tagen traf Klaus die Vorbereitungen zur Expedition. Er vermied es, seinen weißen Leuten gegenüber ein einziges Wort von seinen Plänen und Absichten fallen zu lassen. Nur Schwarze sollten ihn auf seiner Expedition begleiten. In erster Linie sein alter Boy Abraham, den er seinerzeit von der Eisenbahn mit auf die Farm genommen hatte. Außerdem noch etwa ein Dutzend Klippkaffern, die ihm bei der Jagd auf die Erze nützlich sein konnten. Er suchte sie selbst sorgfältig unter den Schwarzen aus, die am Riviere bei der Separation beschäftigt waren. Die steckten verwundert die Köpfe zusammen.
Der Aubaas wollte weit fort durch das Land reiten. Der Aubaas wollte sie mitnehmen, wollte viele Tage fortbleiben und Springböcke schießen. Sie leckten sich die Lippen bei dem Gedanken an das viele Fleisch, das da für sie abfallen würde. Aber warum befahl der Baas ihnen, ihre Siebschüsseln mitzunehmen? Warum ließ er die Pferde, die den Trupp begleiteten, auch mit Hämmern und Hacken und Schaufeln beladen? Das waren bedenkliche Anzeichen irgendwelcher drohenden Arbeit, geeignet, die allgemeine Fröhlichkeit etwas herunterzustimmen. Aber es blieb ihnen keine Zeit, darüber nachzudenken, noch gar, mit den anderen Schwarzen darüber zu schwätzen. Kaum waren die Packpferde beladen, als Klaus auch schon mit der Kolonne aufbrach und dem Lauf des Riviere nach Nordosten folgte.
Die ersten Tage verflossen ziemlich eintönig. Kurz nach Sonnenaufgang wurde aufgebrochen und bis um die Mittagsstande marschiert. Dann gab's eine mehrstündige Rast und ein auskömmliches Mahl. Dann wieder Marsch und dann ein Nachtlager unter den Randbüschen des Riviere.
Am fünften Tage begann die Landschaft sich zu verändern. Bisher dehnte sich das Flußbett flach in der weiten Ebene der Parklandschaft. überall im Bett der trockene, von Erzbrocken durchsetzte Sand. Bei jeder Rast mußten sie etwa einen Meter tief graben, um das für Mensch und Vieh unentbehrliche Wasser zu bekommen. Jetzt wurde das anders. Das Bett wurde schmäler, die Ufer steiler. Schon standen hier und dort breite Wasserlachen im Riviere. Hügelig wurde die Umgebung, immer näher kamen die Berge, die sie in den ersten Tagen nur in blauer Ferne am Horizont erblickt hatten.
Da hatten die Kaffern wieder Gelegenheit, die Köpfe zusammenzustecken. Ihr Baas hielt sich nicht mehr an die hergebrachte Tagesordnung. Fortwährend hatte er das geheimnisvolle Papier in den Händen, auf dem allerlei rote und schwarze Flecken zu sehen waren. Ganz unvermittelt sprang er hier und da plötzlich vom Pferde und ließ Rast machen, obwohl man erst wenige Stunden unterwegs war. Und dann – das war gar nicht schön vom Aubaas – dann befahl er ihnen, mitten auf der Reise zu arbeiten. Die Schüttelpfannen wurden aus dem Gepäck geholt, und sie bekamen den Auftrag, hier genau so wie auf der Farm Erze aus dem Flußgrund zu holen. Nur eins war gut dabei. Der Baas bewilligte ihnen hier für die gewonnenen Erzmengen den doppelten Lohn als daheim auf der Farm. Da konnte man schönes Geld verdienen – Geld für Tabak und Bier. Eifrig machten sie sich an die Arbeit.
Die Stelle, an der Klaus Kröning haltgemacht und seinen Schwarzen den Befehl zur Arbeit gegeben hatte, war von besonderer Art. Das Hauptflußbett machte hier einen schwachen Knick nach Norden, von Nordosten her stieß ein schmälerer Fluß dazu. Direkt auf der Landzunge zwischen den beiden Strombetten ließ er sein Zelt aufschlagen. Verschwand darin. Voller Neugier versuchten die Kaffern den Boy Abraham auszufragen, was der Baas im Zelte trieb. Erhielten zur Antwort, daß er sich mit dem Zauberpapier unterhielte, schüttelten die Köpfe, machten sich dann wieder eifrig an die Arbeit mit den Schüttelpfannen.
Der Abend kam darüber heran, und die Nacht fiel herein. Die Schwarzen saßen nach der Mahlzeit noch um ein loderndes Feuer. Lebhafter als sonst war heute ihr Geschnatter. Eine Weile beobachtete Klaus sie von seinem Zelt her von weitem. Dann trat er an das Feuer, verteilte etwas Blocktabak unter sie und erfuhr bei der Gelegenheit, worum ihr Disput ging. Die einen hatten mehr Erz gefunden als die anderen.
Klaus lachte.
»Das ist nicht meine Sache. Ihr könnt euch ja die Stellen, an denen ihr graben wollt, selber aussuchen. Die Hauptsache ist, daß ihr ordentlich Erz schafft. Dafür bezahle ich euch.« – – –
Den Vormittag des nächsten Tages benutzte Klaus zu einem Pirschgang in Begleitung Abrahams. Mit zwei erlegten Springböcken kamen sie gegen elf Uhr zum Lager zurück.
Vergeblich suchte Klaus seine Schwarzen an den gewohnten Plätzen. Verlassen lagen die Schürfstellen in dem großen Flußbett. Er mußte um die Landspitze herum und den Nebenfluß ein paar hundert Meter aufwärts gehen, bevor er sie entdeckte. Dort hockten sie in einer weit auseinandergezogenen Linie und arbeiteten mit den Schüttelpfannen, daß es nur so eine Art hatte.
»Nach dem Essen reisen wir weiter, Kinder.«
Mit Widerspruch nahmen sie die Mitteilung auf. »Weiterreisen, Baas? . . . Jetzt Weiterreisen, wo wir so schönen Sand gefunden haben? . . .«
»Es hilft nichts, Kinder, wir werden noch besseren finden.«
Mit ein paar Stücken Blocktabak beschwichtigte er sie. Um zwei Uhr mittags ging die Reise weiter. Die Expedition verließ das Hauptbett und folgte dem schmalen Riviere nach Nordosten in die Berge hinein.
Noch öfter als einmal wiederholte Klaus das Experiment, das er hier zum ersten Male gemacht hatte. Wo immer der Weg ihm zweifelhaft wurde, wo Nebenflüsse in das Bett traten, ließ er seine Klippkaffern mit den Schalen arbeiten. Mit untrüglichem Instinkt fanden die stets das Tal oder Rinnsal, in dem die schwarzen Brocken am dichtesten gesät waren.
Am zehnten Tage nach dem Aufbruch befand sich die Expedition mitten in den Bergen. In Bergen, die sich, wie Klaus leicht festzustellen vermochte, fast ausschließlich aus Tonschiefern aufbauten. Aber hier schienen die alten Künste zu versagen. Schon bei den letzten Gabelungen hatten die Schwarzen sich ganz gleichmäßig über die verschiedenen Rinnsale verteilt, sobald es ans Erzgraben ging. Irgendwie und irgendwo mußte das Erz hier in diesen Schieferbergen vorkommen. Daß dem so sein müsse, erkannte Klaus mit visionärer Deutlichkeit. Aber wie diese Stellen finden?
Er ließ Rast machen und unternahm, nur von Abraham begleitet, einen Marsch in die Berge, Hacke und Hammer in der Hand, Auge und Aufmerksamkeit aufs äußerste gespannt.
Da, eine Stelle! Die letzten Spuren eines kümmerlichen Rasens hatten hier aufgehört. Die Schieferschichten traten nackt zutage – und dazwischen? – Schimmerte es da nicht fettig-schwarz-glänzend, ganz so wie die Brocken im Riviere? Mit Hammer und Meißel schlug er die verdächtigen Stücke los, prüfte, untersuchte mit den Mitteln, die er bei der Hand hatte. Kein Zweifel mehr möglich. Das war Zinnerz, von derselben hochwertigen Qualität, wie es bei ihm im Riviere lag.
Ein guter Schritt weiter zum Ziel. Aber das Ziel selbst, wie weit war es dennoch entfernt? Er wußte, Zinnerz kommt in Gängen oder in zerstreuten Nestern vor. War das letztere der Fall, dann brachte ihn der Fund hier immer noch nicht allzuviel weiter. Dann fand sich das kostbare Erz in einem Umkreise von vielleicht ein bis zwei Metern und ringsherum war doch nur taubes Gestein. Das hieß es erst einmal mit Hilfe der Kaffern feststellen.
Klaus blieb am Fundort zurück. Abraham bekam den Auftrag, die ganze Expedition dorthin zu bringen. Dem hatte Klaus nichts weiteres gesagt, ihm aber auch kein Schweigen auferlegt. So kam's, daß die ganze schwarze Gesellschaft schon über den Vorfall unterrichtet war, als sie schwatzend und schnatternd am Fundplatz erschienen.
Der Baas hat die schwarzen Steine im Felsen gefunden! . . . der Baas hat die schwarzen Steine mit dem Hammer aus den Bergen geschlagen . . . das war das Thema, das sie auf dem Marsche dorthin in allen nur denkbaren Wiederholungen und Formen abwandelten. Dann standen sie um ihren Baas versammelt und begannen zu begreifen, warum Hämmer und Hacken mitgenommen waren. Der Baas wollte, daß sie die schwarzen Steine aus den Bergen heraushieben.
Das wollten sie wohl tun. Aber der Baas würde ihnen doch hier dasselbe dafür zahlen wie im Riviere. Klaus überlegte. War's ein guter Erzgang, den er hier entdeckt hatte, dann konnte das Geschäft unter Umständen sein Portemonnaie schwer treffen. Aber dann war ja auch der Zweck der Expedition erreicht, der Fund so groß, daß er die Spesen rechtfertigte. War's nur ein Nest, dann fand die Freude ein schnelles Ende – und dann war's vielleicht gut, wenn die Kaffern mit vollem Herzen an der Sache interessiert waren. So bewilligte er die Forderung.
Und dann ging's los. Er mußte dazwischenfahren, damit sie sich in ihrer plötzlichen Arbeitswut nicht gegenseitig verletzten. In Fetzen flog das mürbe Gestein unter den Hieben der Hacken und Picken davon. Schnell sammelten sich die schwarzen Erzklumpen in den mitgebrachten Säcken. Die Stunden des Nachmittags verstrichen darüber. Schon gähnte ein kraterförmiges Loch, etwa zwei Meter breit und ebenso tief an der Schürfstelle, da ließ der Eifer der Schwarzen plötzlich nach. Der dröhnende Lärm der Hacken und Hämmer verstummte, ein Geschnatter hub an. Klaus trat hinzu.
»Was ist's, Kinder, warum arbeitet ihr nicht weiter?«
»Oje! . . . oje, Aubaas! Keine Steine mehr . . . keine schwarzen Steine mehr, Aubaas.«
Vielstimmig kam ihm die Antwort. Ein Blick auf die Arbeitsstelle bestätigte ihm die Tatsache. Aus taubem Gestein bestanden die Wände der Höhlung, die die Kaffern hier in den Berg geschlagen hatten.
»Schluß für heute, Kinder. Morgen werden wir weiter suchen.« – – –
Als Klaus am nächsten Morgen aus seinem Zelt trat, traf er nur seinen Boy an. Das Lager war leer.
»Wo stecken die anderen, Abraham?«
»Die suchen, Aubaas, die suchen die schwarzen Steine.«
Ein Lächeln lief über die Züge Klaus Krönings. Die Dinge nahmen den Verlauf, den er wünschte. Durch den doppelten Lohn angespornt, hatten sich seine Klippkaffern freiwillig auf die Suche nach neuen, lohnenden Schürfstellen gemacht. Das war viel besser, als wenn er sie erst dazu hätte antreiben müssen.
Freilich, wenn sie nur einzelne Nester fanden, dann kam er auf diese Weise auch nicht viel weiter. Dann würden sie jedes entdeckte Nest restlos ausbeuten wollen. Aber bestand nicht die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit, daß sie bei ihrer Suche auch auf zusammenhängende Erzgänge stießen? Er sah keinen Ausweg. Vorläufig mußte er den Dingen ihren Lauf lassen.
Eine Erinnerung kam ihm in den Sinn. Die Erinnerung an die Schweine, mit denen die französischen Bauern die Trüffeln suchen. Mit untrüglichem Instinkt wittern die Borstentiere die Stellen, an denen die Trüffeln unter der Erde wachsen, brechen den Rasen auf, legen sie bloß. Dann aber muß der Bauer flink hinzuspringen, damit die Schweine die Trüffeln nicht selber fressen. Auch seine Schwarzen sollten nicht jeden Fund, den sie machten, restlos ausbeuten.
Er trug die Lage des ersten von ihm selbst entdeckten Nestes genau in die Karte ein, machte sich dann auf die Suche nach seinen Leuten. Ein paar hundert Meter mußte er gehen, bis er die ersten fand. Nur zwei waren es, die dort zusammenhockten, gemeinschaftlich auf den Schiefer einhieben. Als er bei ihnen ankam, sah er wieder einige hundert Meter entfernt eine andere kleine Gruppe bei der Arbeit. Die Schwarzen hatten sich nach allen Richtungen hin in die Berge verteilt, sich in kleineren Gruppen an den lohnendsten Stellen an die Ausbeute gemacht. Auf dem Wege von dem einen zum anderen Arbeitsplatz fand er das Gestein auch noch an vielen anderen Stellen von dunkelglänzenden Zinnerzstreifen durchsetzt. Aber das alles waren keine Gänge. Das ganze Gebiet war nur reich an Nestern. Die ergiebigsten davon hatten die Schwarzen sich ausgesucht, um möglichst viel Erz zu gewinnen, möglichst viel Geld zu verdienen.
»Wie die borstigen Trüffelsucher!« lachte er vor sich hin, während er zum Lager zurückging . . . »Eßt euch meinetwegen für heute satt, morgen sollt ihr an anderen Stellen wühlen.«
In Begleitung von Abraham zog er zu Pferde los und durchstreifte das Gebiet, die Karte in der Hand. Er folgte flachen Rinnsalen und Schluchten, brauchte kaum einmal abzusteigen. Das gute scharfe Glas, dessen er sich bediente, gestattete ihm auch vom Sattel aus an vielen, vielen Stellen der dunklen Schieferwandungen das Vorkommen zahlreicher Erznester festzustellen. – – –
Es war ein langer Ritt von mehreren Meilen, der ihn erst gegen Abend in das Lager zurückbrachte. In weit ausholendem Bogen hatte er das Gelände durchzogen, überall das Erzvorkommen festgestellt, die Marschroute in die Karte eingetragen. Das Gebiet, das sein Weg umschloß, war jedenfalls wert, belegt und später systematisch ausgebaut zu werden. – – –
Am nächsten Tage zogen sie weiter. Die Schwarzen murrten, wollten hierbleiben, für den Baas schwarze Steine suchen.
Aber es ging weiter, von Tag zu Tag immer weiter in die Berge hinein. Hier und da ein Rasttag, an dem er den Kaffern erlaubte, Nester auszunehmen und Erze zu sammeln. Schon hatte Klaus viele Quadratkilometer erzhaltigen Grundes auf seinen Karten eingetragen, schon waren sie vierzehn Tage in den Bergen. Immer schroffer und wilder wurde das Gelände, immer seltener wurden die Nester. Die Kaffern begannen zu murren. Klaus selbst wurde nachdenklich. Stand er nicht am Ende im Begriff, sich wieder von den erzreichen Gebieten zu entfernen?
Das letzte Nachtlager hatten sie in einem ziemlich engen Tal aufgeschlagen. In einer Neigung von 45 Grad stiegen die Wände zu beiden Seiten in die Höhe. Ziemlich genau von Norden nach Süden verlief die Schlucht. Geraume Zeit lagen ihre Wände noch im Schatten, während die Sonne des neuen Tages von Osten her ihre Wanderung begann. Jetzt zur Mittagszeit stand sie fast genau im Norden und beleuchtete die Talwände im schrägen Licht. Klaus suchte die dunklen Schieferflächen mit dem Glase ab. Wenn irgend etwas, so mußte ja gerade diese schräge Beleuchtung geeignet sein, ihm die glasig schimmernden Erze zu verraten, wenn überhaupt welche vorhanden waren.
Dort oben am Hang, fast hundert Meter über ihm, ein paar Stellen, die verdächtig schimmerten. Er schickte sich an, den Hang zu erklimmen. Jetzt hatte er die erste der beobachteten Stellen erreicht. Das bekannte Erz war's, zweifellos das gleiche schwarze Zinnerz, das ihn die Riviere aufwärts und durch die Berge bis hierher begleitet hatte. Aber anders als bisher war die Einlagerung im Schiefergestein hier. Wie eine schmale Ader zog es sich in einem mehrere Meter langen zusammenhängenden Strang zwischen den Schieferschichten hin. Mit Fäustel und Schlägel begann er zu arbeiten. Die Schieferscherben klirrten zu Boden. Zoll für Zoll drang er tiefer in den Berg ein. Fürchtete, daß das Erz jeden Augenblick zu Ende sein könne und sah, daß es weiterlief daß die Schicht sogar stärker wurde.
Da ließ er den Schlägel sinken, wischte sich den Schweiß von der Stirn, schrie in das Tal hinunter, winkte, daß sie ihm nachkommen sollten. Da unten wurde es lebendig wie in einem Ameisenhaufen.
Der Baas hat neue Steine gefunden . . .! Wir werden viel Geld bekommen!
Sie stürmten den Hang hinauf, machten sich an den Stellen, die Klaus ihnen wies, ans Werk. In ihrer ganzen Breite nahmen sie die Ader dort, wo sie zutage trat, in Angriff, hieben in das verwitterte, weiche Gestein, daß die Brocken nach allen Seiten spritzten. Als die Sonne sich zur Rast neigte, war kein Zweifel mehr möglich. Ein breiter, den Abbau lohnender Erzgang zog sich hier in den Berg hinein.
Während die Schwarzen an dieser Stelle arbeiteten, untersuchte Klaus den Hang an anderen Stellen. An mehr als zwanzig Stellen entdeckte er Adern, die nach allem, was er an der ersten Schürfstelle beobachtet hatte, eine reiche Ausbeute versprachen. – – –
Drei Tage noch zog die Expedition durch diese Schlucht. Überall boten die Wände das gleiche Bild, zeigten zahlreiche Adern. Dann brachen die Erzvorkommen plötzlich wie abgehackt ab. Aber Klaus Kröning war mit dem Erreichten vollauf zufrieden. Weit über hundert Quadratkilometer erzhaltiger Felder hatte er in seine Karten eingetragen. Jetzt befahl er die Umkehr. In Eilmärschen ging's nach Südwesten der Heimat zu.
Dann standen sie wieder auf dem Farmhof. Ein runder Monat war verflossen, seitdem sie ihn verlassen. – – –
Wieder ging's an ein Planen und überlegen, an ein Wägen und Wagen, das die volle Kraft Klaus Krönings in Anspruch nahm. Nur kurze Tage war er die nächsten Monate auf seinen Farmen. Er steckte bald in Lüderitzbucht, Windhuk oder Swakopmund, bald in Kapstadt oder Johannisburg.
Ein neues Werk stand vor seinem geistigen Auge, viel größer, viel schwerer, aber nach menschlichem Ermessen auch viel gewinnbringender als alles, was er bisher in Afrika geschafft und erreicht hatte. Die Ausbeutung der neuentdeckten Bodenschätze unter Benutzung der besten Methoden und Maschinen schwebte ihm vor. Aber gewaltige Mittel würde dies neue Werk verlangen. Maschinen zur Gewinnung des Erzes in den Bergen. Vorrichtungen, um es in die Ebene zu transportieren. Hüttenanlagen schließlich, in denen man das weißblinkende Zinn aus den schwarzen Steinen erschmelzen konnte. Klaus nahm es auf sich, das alles zu schaffen und zu organisieren.