Hans Dominik
Klaus im Glück
Hans Dominik

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Der Kampf mit den Wanderdünen

Klaus betrachtete nachdenklich die große Wandkarte über seinem Schreibtisch. In starken schwarzen Linien markierte sich dort die Eisenbahn, soweit sie bereits ausgebaut war. Schwächere rote Linien zeigten die Strecken, deren Bau für die kommenden Jahre geplant war. Zusammen mußte das alles ein wunderbares Verkehrsnetz werden. Die fertiggestellten drei Hauptlinien bildeten das Gerippe des ganzen Systems. Da war die fast hundert Meilen lange Otavibahn, die von Swakopmund nordöstlich bis zu den großen Erzlagern von Otavi und Grootfontein vorstieß, dann die Linie Swakopmund–Windhuk und drittens die Lüderitzbahn, die von Lüderitzbucht in östlicher Richtung bis nach Keetmanshoop in das Landesinnere vordrang. Durch die nun vor vier Wochen eröffnete Nord-Südbahn wurden diese Linien zu einem System zusammengeschlossen. Von Kalkfontein im Süden bis nach Grootfontein im Norden führte der Bahnstrang jetzt über eine Länge von mehr als tausend Kilometer mitten durch die Kolonie.

Fürwahr, ein schönes, großes Werk! Klaus erinnerte sich der Bilder der letzten Wochen. Wie überall an den Haltestellen der neuen Strecke in Gründorn, Gibeon, Rehoboth und an vielen anderen Plätzen noch die Farmer mit ihren altfränkischen Ochsenkarren versammelt waren und die ersten Züge mit donnerndem Hurra begrüßten.

Was erhofften die nicht alles von der neuen Eisenbahn. Einen schnellen billigen Transport ihrer Erzeugnisse zu den beiden großen Küstenplätzen Swakopmund und Lüderitzbucht. Die Möglichkeit, ihre Herden günstiger auszunutzen als früher. Da gab es phantastische Naturen unter den Siedlern, die bereits an eine großzügige Fleischversorgung Deutschlands von Südwest her dachten. Da waren Leute, die im Geiste schon Tag und Nacht die Kühlwagen auf der neuen Strecke rollen sahen.

Klaus warf einen Blick auf die Uhr. Vor fünf Stunden war kein Zug fällig, die Strecke für lange Zeit frei. Er sprang auf, ergriff den Tropenhelm und verließ den Raum. Geblendet von den grellen Strahlen der südafrikanischen Sonne schloß er für einen Moment die Augen, gewöhnte sich nur allmählich an die Überfülle von Licht.

Da lag der schimmernde Schienenstrang vor seinen Füßen. Glitzernd zog sich das eiserne Band durch das afrikanische Veldt.

»Morro, Baas!« klang ihm der Gruß seines schwarzen Boys entgegen.

»Morro, Abraham! Mach die Draisine bereit! Vier Leute dazu.«

Der Boy beeilte sich, die Befehle des weißen Baas zu erfüllen. Von vier kräftigen Klippkaffern getreten, rollte die Eisenbahndraisine heran. Klaus nahm seinen Platz darauf ein.

»Vorwärts!« Er wies mit der Hand nach Norden. »Ach so! . . . Die Maschine muß erst geheizt werden.«

Er griff in die Tasche, zog ein paar braune Stücke heraus, warf sie den Kaffern zu. Es war hydraulisch gepreßter Blocktabak vom Aussehen und von der Härte alten Mahagoniholzes. Ein Europäer würde sich vergeblich daran versucht haben, die starken Gebisse der Schwarzen wurden damit fertig. Knirschend und krachend zermalmten sie das harte Zeug, und dann kam die Draisine in Gang und rollte in flotter Fahrt nach Norden hin.

Immer spärlicher wurde die Vegetation zu beiden Seiten der Strecke. Jetzt war das letzte Grün verschwunden. Nur noch die trost- und laublosen Dornbüsche unterbrachen hier und da die öde Sandfläche. Klaus hatte Zeit, sich seinen Gedanken hinzugeben. War das wirklich das richtige Leben, was er hier führte? War es das, was er sich erträumt hatte, als er den Entschluß faßte, in Afrika zu bleiben?

Auf Meilen hin war er hier der einzige Weiße unter dem schwarzen Volk, sprach mit denen einen undefinierbaren Dialekt, ein Gemisch aus holländischen, englischen und kafferischen Brocken. Er erinnerte sich der Erzählungen, die er in Lüderitzbucht und Swakopmund gehört hatte. Der Geschichten von weißen Siedlern, die in ständigem Zusammenleben mit den Schwarzen vollkommen »verkaffert« waren.

Sollte ihm hier ein ähnliches Schicksal bevorstehen? Nein! Er erkannte die Gefahr. Was ihm zuerst ein Vorteil schien . . . die schnelle Erfassung und Beherrschung dieser primitiven Umgangssprache, die Fähigkeit, mit den Eingeborenen gut und glatt fertig zu werden . . . das alles konnte ihm hier, wo er fast dauernd allein unter ihnen leben mußte, gefährlich werden. Er würde sich selbst scharf beobachten, würde lieber wieder nach Deutschland zurückkehren, bevor er hier . . .

Aber nein! . . . Er strich sich mit der Hand über die Augen . . . soweit war es noch nicht. Ein Lächeln lief über seine Züge.

Fing er jetzt schon an, Grillen zu fangen? Was sollten da die anderen sagen, die Faktoreibesitzer, die zwei und noch mehr Jahre mutterseelenallein irgendwo hinten im Busch zwischen dem schwarzen Volke hausten.

Mit Gewalt verscheuchte er die lästigen Gedanken und musterte die Umgebung. Unermüdlich traten seine vier Nigger in die Pedale, während ihnen die braune Tabaksbrühe aus den Mundwinkeln floß. In unverändertem Tempo rollte die Draisine auf dem Schienenstrang nach Norden. Das Land zeigte hier eine andere Formation. Nicht mehr flach und eben wie ein Brett dehnte sich das afrikanische Veldt. Langgestreckte Hügel, dünenartige Bildungen zeigten sich zu beiden Seiten der Bahn.

Noch zehn Minuten weiter ging die Fahrt. Dann ließ Klaus halten.

»Hallo, Twenty five!« Einer der Kaffern sprang auf. Er war es von Kindheit an gewohnt, auf den Namen zu hören. Der Teufel mochte wissen, wie er an den Namen »Fünfundzwanzig« gekommen war. Vielleicht hing es mit dem Schambock, der kurzen Nilpferdpeitsche zusammen. Klaus hatte es längst aufgegeben, sich über die sonderbaren Rufnamen der Eingeborenen zu wundern.

»Twenty five! Du bleibst hier stehen und hältst die Latte so.« Mit diesen Worten dirigierte er den Kaffern zu einem Kilometerstein an der Strecke, drückte ihm eine Meßlatte in die Hand, ging zu seinem Sitz zurück und gab den anderen das Zeichen, wieder zu treten. Fünf Kilometer weiter ließ er zum zweiten Male halten und die Draisine von den Schienen heben.

»Hallo, Josua! Du bleibst hier.«

Klippkaffer Nr. 2 wurde ebenfalls mit einer Meßlatte neben einen Kilometerstein postiert und ermahnt, die Latte in der angegebenen Weise zu halten.

»Ihr anderen kommt mit.«

Die beluden sich mit allerlei Gepäck und folgten ihrem weißen Baas querfeldein. Der hielt den Kompaß in der Hand und schritt genau nach Westen weg auf einen Dünenzug am Horizont zu. Es war ein schwieriger und langwieriger Marsch durch den lockeren Sand, öfter als einmal blieb Klaus dabei stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Jetzt waren sie fast eine Stunde unterwegs und hatten den Fuß der etwa hundert Meter hohen Düne erreicht. Der Aufstieg begann. Noch lockerer war hier der Sand, noch schwieriger das Vorwärtskommen. Bis über die Knöchel sank Klaus bei jedem Schritt in den Boden ein und arbeitete sich mühsam nach oben. Immer näher kam er dem Dünenkamm, der sich messerscharf von dem tiefblauen Himmel abhob. Diese Sandfläche hier sah so frisch und unberührt aus, als hätte seit der Erschaffung der Welt noch niemals ein Mensch seinen Fuß darauf gesetzt. Und doch wußte Klaus sicher, daß er genau an der gleichen Stelle schon einmal vor vier Wochen auf die Düne gestiegen war.

Steiler wurde der Hang. Nun ging es beinahe in einer Neigung von fünfundvierzig Grad nach oben, und dann war der Kamm erreicht. Weithin dehnte sich vor seinen Augen die andere Seite der Düne, die viel flacher verlief.

Hier blieb er stehen und ließ seine Blicke suchend nach rechts und links gehen. Das, was er suchte, konnte er nirgends entdecken. Die Meßlatte, die er vor vier Wochen an dieser Stelle in den Dünenkamm gesteckt hatte, war und blieb verschwunden. Was tun? Einer von den beiden Kaffern hier war auch das vorige mal mit dabeigewesen. Den danach fragen? Lieber nicht! Die beiden Kerls grinsten so vor sich hin, als ob sie schon mehr dächten, als Kaffern zu denken gesund ist.

Er winkte die beiden mit ihren Traglasten zu sich heran. Der große Feldmessersonnenschirm wurde aufgespannt, das Stativ mit dem Theodolithen darunter aufgestellt. Der weiße Mann begann mit seiner Zauberei, die bei den Kaffern immer wieder eine Mischung von Furcht und Neugierde erregte. Sorgfältig visierte er durch das Fernrohr des Theodolithen die beiden schwarzen Gentlemen bei Kilometerstein 180 und 185 an und maß den Winkel zwischen beiden Visierlinien. Zur größeren Sicherheit stellte er auch die genaue West-Ostlinie fest und notierte die Winkel, die sie mit den beiden Visierlinien machte.

An der Stelle, wo bisher der Theodolith gestanden, ließ er eine Visierlatte senkrecht in den Sand stecken. Dann ging es den alten Weg zurück zur Bahnlinie und zur Draisine. Wieder wurde der Theodolith aufgebaut und erst die verlassene Meßlatte auf dem Dünenkamm anvisiert, dann die Latte, die »Twenty five« fünf Kilometer entfernt am Bahndamm in die Luft hielt. Darauf ging die Fahrt nach Süden zurück. – – –

Zwei Stunden später saß Klaus wieder an seinem Schreibtisch. Zu seiner Linken lag die Logarithmentafel, vor ihm ein Schreibblock, mit Zahlen dicht bedeckt. Kopfschüttelnd besah er sich das Resultat seiner Rechnung und zog jene andere ältere Rechnung zum Vergleich heran, die er vor vier Wochen nach der ersten Expedition auf die Düne aufgestellt hatte.

Er konnte . . . wollte es nicht glauben, was ihm die Zahlen hier doch klipp und klar bewiesen. Noch einmal stellte er beide Rechnungen von vorn auf und dann . . . dasselbe Resultat. Jeder Irrtum ausgeschlossen! Im Laufe der letzten vier Wochen war der Kamm der gewaltigen Düne der Bahnlinie um volle vierhundert Meter näher gekommen. Gerade noch fünf Kilometer war er jetzt vom Schienenstrang entfernt. Kein Zweifel mehr! Die mächtige Düne wanderte unaufhaltsam auf die Bahn zu.

Wie spielend glitt der Bleistift in seiner Rechten über das Papier und schrieb ein Exempel. 5000:400. Er strich die überschüssigen Nullen fort und schrieb das Resultat . . . 12,5 nieder. 12,5 mal 4 Wochen . . . 50 Wochen . . . nicht ganz ein Jahr, dann würde die neue, mit so vielen Hoffnungen eröffnete Bahn an dieser Stelle unter der Düne begraben sein. – – –

Unmöglich! Er sprang auf und trat vor die Wandkarte. Unmöglich! Es war doch undenkbar, daß alle die klugen und gewissenhaften Fachleute, die das Bahnprojekt ausarbeiteten, diese Gefahr nicht vorausgesehen haben sollten.

Gewiß! Sie hatten mancherlei vorausgesehen und auch nach Möglichkeit Abhilfe geschaffen. Schon während des Baues waren Sandverwehungen der Strecke durch die fast ständig von Westen her kommenden Küstenwinde an der Tagesordnung gewesen. Aber weder der Direktor Hartung noch der Baumeister Jensen hatten diese Vorkommnisse tragisch genommen. Mit gutem Erfolg wurden dagegen die Steckzäune angewandt, deren merkwürdige Wirkung Klaus schon während des Bahnbaues kennengelernt hatte.

Die Steckzäune waren ein probates Mittel gegen einfache Sandverwehungen und auch dagegen, daß einem nicht die ganze Bahnstrecke unterwühlt wurde und zusammensackte. Aber was konnten diese Zäune noch helfen, wenn die ganze gewaltige, vier Kilometer breite und viele Meilen lange Düne gegen die Bahnstrecke losmarschierte. Wie sollten die kaum zwei Meter hohen Zäune gegen diese fünfzigmal so hohen Sandmassen schützen.

Hatten die Herren von der Oberleitung die Gefahr der Wanderdünen wirklich übersehen? . . . Oder hatten sie auch dagegen ein besonderes Mittel in Bereitschaft, wenn die Gefahr dringend wurde? . . . Oder narrten ihn seine Sinne? . . . Sah er Gefahren, die nicht vorhanden waren?

Was hatte ihn heute dazu getrieben, die Expedition in die Dünen zu unternehmen? Was hatte ihn schon vor vier Wochen zum ersten Male dazu veranlaßt? Er hatte gefunden, daß die Karten von Süd-West, die sonst jeden Flußlauf, jedes Wasserloch mit größter Genauigkeit wiedergaben, die Dünen teils gar nicht, teils widersprechend enthielten. Das war ihm aufgefallen, da er von Deutschland her an Karten gewöhnt war, die jede Bodenerhebung zuverlässig verzeichneten. Das hatte ihn vor vier Wochen bewogen, die Lage der großen Düne zwischen Gründorn und Fahlgras trigonometrisch festzustellen und in seine Karte einzutragen.

Bis dahin war alles klar. Aber was hatte ihn heute veranlaßt, das Experiment noch einmal zu wiederholen? Es war plötzlich wie ein Drang, wie ein unwiderstehlicher Trieb über ihn gekommen. Doch was war die Ursache dafür? Er sann und überlegte.

Ja, das mochte wohl der Grund gewesen sein. Gestern abend hatte er eine Beschreibung der Kolonie durchblättert. Von riesenhaften Sandmassen stand da geschrieben, die alljährlich durch die Stürme hin und her getrieben werden und im Laufe der Jahre große, früher gut benutzbare Häfen vollkommen verschwinden ließen.

Er trat zu einem Regal und suchte das Buch hervor, schlug die Stelle auf, an die er dachte. Da stand es schwarz auf weiß: »Den größten Teil des Jahres fallen von Westen her scharfe Seewinde in das Land ein und halten die Sandmassen in ständiger Bewegung. Der Wind schiebt die lockeren Sandkörner auf der ihm zugewandten Luvseite der Düne bis zur Kammhöhe empor, läßt sie dann auf der Leeseite hinabrollen. Auf diese Weise wird die Düne auf der Luvseite ständig abgebaut, auf der Leeseite neu aufgebaut. Ihr Kamm und ihr ganzes Massiv wandert allmählich im Sinne der Windrichtung weiter. Auf diese Weise werden gewaltige Sandmassen von der Küste her bis weit in das Innere des Landes vertragen, wo sie in regenreichen Gebieten endlich zur Ruhe kommen und sich begrünen.«

Klaus legte sich ein Lesezeichen in das Buch und stellte es wieder in das Regal. Unruhig ging er in seinem Büro auf und ab. Was sollte er tun?

Der Oberleitung der Bahn seine eigenen Beobachtungen und Befürchtungen vortragen? . . . Sich dabei wie schon öfter in seinem Leben den Mund verbrennen? Wäre es nicht klüger, die Entwicklung der Dinge abzuwarten . . . erst zu reden, wenn die Gefahr ganz unverkennbar geworden war? . . .

Und dann? . . . Würde man ihm dann nicht erst recht Vorwürfe machen, daß er so lange geschwiegen oder daß er die Gefahr nicht früher erkannt habe? War er nicht schließlich als Bahningenieur für die dauernde Betriebsfähigkeit seiner Strecke verantwortlich? Legte ihm sein Amt nicht die Pflicht auf, jede Bedrohung der Strecke rechtzeitig zu erkennen und weiterzumelden? . . .

Klaus schlug mit der Faust auf den Tisch. Gewiß! So war es, und ungesäumt beschloß er zu tun, was er für seine Pflicht hielt.

Kaum hatte der Nachmittagszug nach Keetmanshoop die Station passiert, als er seinen Bericht für die Herren in Windhuk und Swakopmund abfaßte.

Nur kurz war der Text. Eine einfache Meldung, daß die große Wanderdüne zwischen Gründorn und Fahlgras sich im Laufe der letzten vier Wochen der Bahnlinie um vierhundert Meter genähert habe. Um so eindringlicher wirkten die beiden Anlagen dieses Berichtes, Zeichnungen und trigonometrische Errechnungen der Verschiebung des Dünenkammes.

Der Abendzug nahm das Schreiben nach Swakopmund mit.

*

Baumeister Jensen hatte Vortrag bei dem Eisenbahndirektor Hartung:

»Herr Direktor, eine Meldung des Ingenieurs Kröning aus Gründorn . . .«

Hartung blickte auf.

»Was gibt's dort? Was hat der Kröning? Sind ihm die Kaffern da aufsässig?«

»Sein Bericht ist nur kurz. Gestatten Sie, daß ich ihn vorlese.«

Hartung nickte, Jensen las. Als er geendet, zerknitterte der Direktor nervös ein Stück Papier, das ihm in die Finger geriet.

»Zum Teufel, Jensen! Das wäre . . . Was halten Sie von dem Bericht?«

Der Baumeister zuckte die Achseln.

»Der Bericht sagt kein Wort zuviel. Das Schlimmste, die Skizzen und Berechnungen, die Kröning ihm beigefügt hat. Sie beweisen, was der Bericht behauptet.«

Der Direktor war aufgesprungen. Im Selbstgespräch lief er in dem Raum auf und ab.

»Kröning! . . . Er ist einer unserer tüchtigsten Leute . . . Bis jetzt hatte alles Hand und Fuß, was er tat. Was sollen wir tun?«

Jensen blickte von den Triangulationsskizzen Krönings auf.

»Für alle Fälle die Feststellungen Krönings nachprüfen und weiterverfolgen. Ich möchte selbst die Messung des Dünenkammes alle vierzehn Tage wiederholen . . .«

»Und wenn Ihre Messungen die Behauptungen Krönings bestätigen? . . . Was dann? Dann bleiben uns etwa noch neun Monate und unsere Strecke liegt unter der Düne. Die ganze Nordsüdbahn wäre blockiert . . .«

Jensen fiel ihm ins Wort.

»Dazu darf es nicht kommen. Ich schlage vor, daß wir uns aus Deutschland schnellstens Literatur über die Bekämpfung von Wanderdünen kommen lassen.«

Hartung strich sich über die Stirn.

»Sie haben recht, Jensen. Ich erinnere mich. Wir sind auch zu Hause mit Derartigem gesegnet . . . Auf den Nehrungen . . . auf den friesischen Inseln . . . Jawohl . . . Wenn ich mich recht erinnere, hat man eine besondere Art von Strandhafer gezüchtet, der meterlange Wurzeln durch den Sand treibt und die wandernden Dünen in kurzer Zeit zur Ruhe bringt.

. . . Sie haben recht! . . . Schleunigst die ganze Literatur darüber hierher. Telegrafieren Sie heute noch nach Leipzig. Der ›General‹ verläßt in acht Tagen Hamburg. Er muß die Bücher mitnehmen. In einem Monat müssen wir sie haben.« – – –

Der Bericht Klaus Krönings schien einem Steinchen vergleichbar, das eine Lawine zum Rollen bringt. Als der ›General‹ in Swakopmund anlegte, hatte er für die Bahnleitung eine schwere Bücherkiste an Bord. Und dann saßen Hartung und seine Leute tief in ein botanisches Studium versenkt, das nur Jensen bisweilen unterbrach, um nach Gründorn zu fahren und den Standort der verhängnisvollen Düne nachzumessen. Vergeblich versuchte Klaus Näheres über die Pläne der Bahnverwaltung zu erfahren. Baumeister Jensen hüllte sich in unverbrüchliches Schweigen.

Wochen vergingen darüber und summierten sich zu Monaten. Um ein bedenkliches Stück war die große Düne inzwischen der Bahnlinie näher gerückt. Da kam eines Morgens das so lange gehütete Geheimnis an den Tag. Ein langer Arbeitszug lief auf der Station Gründorn ein. Eine Unmenge von Steckzäunen waren auf offenen Loren zu hohen Bergen gestapelt. Andere Loren waren mit mehreren hundert schwarzen Arbeitern besetzt. Geschlossene Wagen verbargen vorläufig noch ihren Inhalt. Einem Personenwagen entstieg Baumeister Jensen mit einigen anderen Herren der Bahnverwaltung.

»Guten Tag Kröning, da sind wir. Jetzt wollen wir Ihrer verflixten Düne mal das Wandern abgewöhnen.«

Klaus zuckte die Achseln.

»Wenn das man glückt, Herr Baumeister.«

»Kommen Sie mit, dann können Sie sehen, wie wir's machen.«

Klaus stieg mit in das Abteil, der Zug fuhr weiter, bis er gegenüber der großen Düne hielt. Die Schwarzen sprangen von ihren Wagen, und ein lebhafter Verkehr nach der Düne hinüber setzte ein. Zuerst wurden die Steckzäune dorthin gebracht. Es waren das roh aus Brettern zusammengeschlagene Zäune, etwa anderthalb Meter hoch und zehn Meter lang, die man mit Hilfe längerer, nach unten herausragender Stiele in den Sand stecken konnte. Im südwestafrikanischen Bahnbetrieb hatten sie sich bereits recht nützlich erwiesen. Auf der Windseite dicht neben dem Bahnkörper aufgestellt, hielten sie den heranwehenden Sand zunächst auf, so daß sich hinter ihnen eine Sandanhäufung bildete. Hatte diese schließlich die obere Zaunkante erreicht, so genügte die Kraft des Windes meistens, alles, was an Sand noch hinzukam, über die Bahnstrecke hinwegzuwerfen, so daß sie vor Verwehungen geschützt blieb.

Aber was wollten Baumeister Jensen und seine Leute hier auf der Riesendüne mit den Zäunen. Klaus wanderte mit hinüber und beobachtete, was hier geschah. Die Zäune wurden auf der schwachgeneigten Luvseite der Düne schachbrettartig aufgestellt, so daß Hunderte von ihnen umschlossene Quadrate von etwa zehn Meter Seitenlange entstanden. Noch zerbrach sich Klaus den Kopf über den Zweck dieser sonderbaren Übung, als er die nächste Überraschung erlebte. Jetzt verwandelten sich die Zaunquadrate in Gärtchen. Aus den geschlossenen Wagen brachten die Kaffern Hunderttausende von jungen Strandhaferpflänzchen und besetzten den ganzen durch die Steckzäune geschützten Dünenrücken damit.

Es war eine Arbeit, die nicht an einem Tage erledigt werden konnte. Mehr als eine Woche verstrich darüber, bis die große Düne auf diese Weise bepflanzt war.

Baumeister Jensen blickte fragend auf Klaus.

»Sie scheinen mit unseren Maßnahmen nicht ganz einverstanden zu sein. Was mißfällt Ihnen daran?«

Es dauerte geraume Zeit, bis Klaus die Antwort fand.

»Hier ist's schwer prophezeien, Herr Baumeister. Aber wenn das glückt, will ich nicht mehr Klaus Kröning heißen.«

Baumeister Jensen zwang sich, eine gewisse Gereiztheit zu verbergen.

»Sprechen Sie sich aus! Was befürchten, was bezweifeln Sie denn?«

»Ich zweifle, ob die jungen Pflanzen in dem staubtrockenen scharfen Quarzsand überhaupt Wurzeln fassen werden.«

Jetzt lachte der Baumeister.

»So schlau sind wir auch! Natürlich müssen die Dinger die erste Zeit begossen werden.«

»Begießen? Womit denn?«

»Mit Wasser selbstverständlich, Sie ungläubiger Thomas. Wozu haben wir denn die Bahn, wenn wir nicht so viel Wasser damit von Lüderitzbucht anfahren sollten, wie wir für den Zweck gebrauchen.«

Klaus schüttelte den Kopf.

»Ich fürchte, Herr Baumeister, das wird ein teures Experiment.«

»Jedenfalls billiger, als wenn uns die Düne die Bahn verschüttet.« – – –

Die nächsten Wochen rollten jeden Tag zwei lange Wasserzüge von Lüderitzbucht an und hundert Klippkaffern waren den langen Tag über eifrig an der Arbeit, die Anlage auf der Düne zu besprengen. Zusehends gediehen und wuchsen die jungen Pflanzen dabei, streckten Wurzeln, trieben Ausläufer.

Reichlich ein Monat war darüber verstrichen. Fast schien es, als solle Klaus mit seinen Zweifeln unrecht behalten. Der hatte sich im stillen eine Rechnung aufgemacht: sechzig Wasserzüge . . . dreißig Tage Arbeitslohn für hundert Mann . . . dachte sich im übrigen sein Teil. – – –

Heute stand er wieder mit Baumeister Jensen auf der Düne.

»Na, Kröning, Sie alter Unglücksprophet, sind Sie endlich überzeugt? Besser konnte es gar nicht glücken. Heute bauen wir die Zäune ab.«

»Warten Sie noch, Herr Baumeister. Warten Sie wenigstens noch einen Monat. Vielleicht, daß dann . . .«

»Unmöglich, lieber Freund. Die Sache kommt uns schon teuer genug. Jetzt muß es ohne Wasser und ohne Zäune gehen.«

»Dann lassen Sie wenigstens die Zäune noch stehen. Es kostet nicht mehr, ob sie hier stehen oder im Magazin in Lüderitzbucht liegen.«

Jensen schüttelte den Kopf.

»Unmöglich, Kröning. Anordnung der Direktion . . .«

Am Spätabend rollte der Zug mit den Steckzäunen nach Lüderitzbucht zurück. Die Nacht brach herein und mit ihr kam der Weststurm. Erst gegen Mittag ließ das Wehen nach. Klaus beschloß, die Düne aufzusuchen, fuhr mit der Draisine los – – –

Und dann stand er auf dem Kamm. Weiß und glatt dehnte sich, soweit das Auge reichte, die Luvseite der Düne. Auch nicht eine Spur der hunderttausend Pflanzen, die hier noch vor vierundzwanzig Stunden grünten, war mehr zu sehen. Restlos hatte der Küstenwind sie bloßgelegt und weit ins Land hineinverweht. Keine Spur mehr von dem umständlichen und kostspieligen Unternehmen, das die Herren in Lüderitzbucht in langen Monaten ausgeklügelt und durchgeführt hatten.

*

»Herr Direktor, ich rate dringend, den Plan anzuhören, den der Ingenieur Kröning uns vortragen will. Nachher können wir immer noch machen, was wir wollen.«

Direktor Hartung schob ein Aktenstück zur Seite, deutete mit der Hand darauf.

»Hier drin sind einige fünfzig Vorschläge, die Wanderdünen zum Stillstand zu bringen. Einer immer unmöglicher als der andere. Glauben Sie, daß uns Kröning etwas Besseres bringen wird?«

»Ich weiß es nicht, Herr Direktor, ich bitte nur, ihn anzuhören. Vielleicht, daß . . .«

»Dann lassen Sie ihn in Gottes Namen kommen.«

Klaus trat in den Raum. Direktor Hartung deutete auf einen Stuhl.

»Nehmen Sie Platz. Sie wissen, worum sich's handelt. Auf welche Weise wollen Sie die Dünen zum Stillstand bringen?«

»Ich will sie gar nicht zum Stillstand bringen, Herr Direktor.«

»Was? . . . Wie? . . . Sie wollen sie gar nicht zum Stillstand bringen?«

»Nein, Herr Direktor, das hieße etwas Unmögliches versuchen. Die Wanderdüne hält keine menschliche Kraft in ihrer Wanderung auf.«

Direktor Hartung war aufgesprungen.

»Herr, sind Sie nur hierhergekommen, um mir das zu erzählen?«

»Nein, Herr Direktor! Ich bin gekommen, um Ihnen ein Mittel anzugeben, durch das man nach meiner Überzeugung die Wanderdünen für die Bahn unschädlich machen kann.«

Der Direktor ließ sich wieder in den Sessel fallen.

»Sie verstehen es jedenfalls, die Menschen neugierig zu machen, Herr Kröning. Was wollen Sie also zunächst unternehmen?«

»Zunächst gar nichts, Herr Direktor.«

Hartung spielte nervös mit einem Falzbein.

»Was heißt: zunächst gar nichts?«

»Es heißt, daß es jetzt noch zu früh wäre, etwas zu unternehmen. Mein Mittel hat erst Aussicht auf Erfolg, wenn die Düne so weit vorgerückt ist, daß der Fuß ihres Leehanges unmittelbar neben der Bahn liegt.«

Der Direktor lachte in einem Anflug von Galgenhumor.

»Na, dieser erste Teil Ihres Programms läßt sich jedenfalls durchführen. Ich glaube, Ihnen garantieren zu können, daß die Düne in . . . in . . .« er warf einen Blick auf den Wandkalender . . . »in sechzehn Wochen neben der Bahn liegt. Und was dann?«

»Dann muß man sie veranlassen, über die Bahn hinwegzufliegen, ohne die Strecke zu verschütten.«

Der Direktor Hartung griff in eine Schachtel, holte eine Zigarette hervor, wollte sie anzünden und zerbrach sie in der Aufregung. Griff eine zweite, stieß ein paar Rauchwolken aus.

»So, so, Herr Kröning! Die Düne soll fliegen? Ich fürchte, sie wird Ihnen den Gefallen nicht tun.«

»Ich bin sicher, daß sie es tut, Herr Direktor, wenn wir sie richtig behandeln.«

Es lag etwas Zwingendes und Überzeugendes in den Worten Klaus Krönings.

»Ich bin gespannt, worin diese Behandlung besteht. Wollen Sie sich bitte deutlicher erklären?«

»Ich will es tun und hoffe, Sie schnell zu überzeugen. Der Küstenwind trifft auf die langgestreckte Luvseite der Düne, stößt an ihr hinauf und belädt sich dabei mit Milliarden von Sandkörnern. Diese Belastung raubt ihm den größten Teil seiner Stoßkraft und Geschwindigkeit. Oben angekommen, hat er eben nur noch die Kraft die Sandmassen über den Dünenkamm zu treiben und läßt sie auf der Leeseite fallen. Daher die Steilheit dieser Seite gegenüber dem langgestreckten Hang der anderen.«

Hartung und Jensen horchten auf. Sie konnten sich der Stichhaltigkeit der hier von Klaus entwickelten Theorie nicht verschließen. Blieb alles andere, was er noch zu sagen hatte, ebenso klar und überzeugend, so konnte diese Unterredung vielleicht fruchtbar werden.

»Was schlagen Sie vor, um das zu ändern?« fragte Hartung.

»Man muß dafür sorgen, daß der Wind den Dünenkamm noch mit großer Geschwindigkeit trifft. Dann wird er imstande sein, die Sandmassen einige hundert Meter weit über die Bahn hinweg mit sich zu tragen, bevor er sie fallen läßt.«

»Das ist ein Problem. Ich will auch zugeben, ein richtig gestelltes Problem. Doch haben Sie auch eine Lösung dafür?«

»Ich glaube, Herr Direktor, eine einfache und verhältnismäßig billige . . .«

»Da wäre ich neugierig. Bitte, halten Sie mit Ihrem Geheimnis nicht hinter dem Berge.«

Eingehend setzte Klaus seinen beiden Zuhörern seinen Plan auseinander. Je weiter er sprach, desto gespannter wurden deren Mienen. Als er geendet, wechselte Direktor Hartung einen Blick mit Baumeister Jensen.

»Was halten Sie davon, Jensen?«

Der zuckte die Achseln.

»Die Tatsache ist jedenfalls unbestreitbar, daß die Düne in etwa zwölf Wochen dicht neben der Bahn liegen wird. Es müßte ein Wunder geschehen, wenn es anders käme. Ich meine, wir sollten das Mittel versuchen. Wir können nichts verlieren, alles gewinnen.«

Eine geraume Weile saß der Direktor nachdenklich zwischen seinen Akten. Dann stand er auf.

»Ich gebe meine Zustimmung. Veranlassen Sie, daß alles Nötige aus Deutschland bestellt wird.« – – –

*

Ein Vierteljahr war ins Land gegangen. Schwer und drohend lag das Massiv der großen Düne unmittelbar neben der Strecke. Auch jeder Unkundige mußte jetzt sehen, daß der Bahn eine Katastrophe drohte. – – –

Auf dem Dünenkamm stand Klaus Kröning und kommandierte ein halbes hundert Kaffern. Unaufhörlich hoben sie schwere Ballen aus einem neben der Düne haltenden Zuge und schleppten sie über den Kamm nach der Luvseite hin. Lange Bahnen eines groben Jutestoffes waren es. Jetzt begannen die Kaffern den ersten Stoffstreifen am Fuße der Luvseite parallel dem Dünenkamm aufzurollen. Dem ersten Streifen folgte ein zweiter, dem zweiten ein dritter. Jeder folgende Streifen überlappte den vorangehenden ein wenig. Einzelne Feldsteine wurden daraufgelegt, um das Ganze festzuhalten, denn von Westen her blies es scharf.

Jutebahn auf Jutebahn wurden so gelegt und befestigt, bis die ganze Luvseite der Düne bis etwa auf einen Meter an den Kamm heran ihre Stoffverkleidung hatte. Am Spätnachmittag war das Werk vollendet. Jetzt mußte sich's zeigen, ob der neue Plan Rettung bringen konnte oder ob die Bahnstrecke dem Untergange verfallen war.

Zwei Stunden blieb Klaus auf dem Dünenkamm stehen, beobachtete, maß und verglich. Bei sinkender Sonne kehrte er nach Gründorn zurück, gab ein Telegramm an Baumeister Jensen auf. – – –

Als der Frühzug des nächsten Tages in Gründorn hielt, sprang Jensen aus einem Abteil.

»Sehen, Kröning! Erst sehen, bevor ich's glaube.«

»Ganz Ihrer Ansicht, Herr Baumeister. Kommen Sie, die Draisine steht bereit.«

Sie standen auf dem Dünenkamm. Klaus deutete auf die Luvseite. Soweit das Auge reichte, bedeckte der braune Jutebelag den Hang.

»Nun, und . . .?« Baumeister Jensen blickte sich fragend um. »Sie sind ja mit dem Belag bis an den Kamm gegangen. Ich hatte es anders verstanden . . .«

»Verzeihung, Herr Baumeister, ich bin reichlich einen Meter davon abgeblieben.«

»Ja, aber . . .?« Jensen deutete auf die oberste Stoffbahn, die haarscharf mit dem Dünenkamm abschloß. »Sie sind mit dem Belag doch am Kamm.«

Klaus konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er winkte die Kaffern heran. Auf seinen Befehl rollten sie die oberste Stoffbahn zusammen, so daß wieder ein Streifen von etwa einem Meter Breite bis zum Kamm hin freilag.

»So sah es gestern aus, Herr Baumeister, als wir die Düne verließen.«

»Und das oberste, unbedeckte Stück hier . . .?«

Klaus machte eine breitausholende Handbewegung nach Osten hin.

»Weggeflogen! Weg über die Bahn hin ins Land verweht!«

Jensen schüttelte den Kopf.

»Unbegreiflich . . . Sie meinen, daß . . .?«

»Seit gestern abend weiß ich, daß es gelingt. Merken Sie, mit welcher Gewalt der Wind hier den Hang raufpfeift?«

Baumeister Jensen stand schweigend und beobachtete lange Zeit den Dünenkamm. Ein wunderbares Bild. Der Wind entwickelte über dem glatten Stoffbelag eine ganz ungewöhnliche Kraft. Mit Gewalt riß der aufsteigende Luftstrom den Sand des schmalen, unbedeckten Streifens an der Luvseite empor und trug die gelbrötlich schimmernden Staubwolken in großer Höhe mit sich nach Osten – Verschleppte sie weit, weit ins Land hinein.

Eine Stunde konnte vergangen sein, seitdem Klaus die oberste Stoffbahn wegnehmen ließ. Unverkennbar war die nagende und abtragende Wirkung des Windes. Bereits war die Böschung des freiliegenden Teiles viel flacher geworden. Wie eine riesenhafte Feile wirkte der Sturm und raspelte stetig und unaufhaltsam die Dünenkante ab, soweit sie der Jutebelag nicht schützte.

Noch eine zweite Stunde stand Jensen auf dem Kamm und verfolgte das Schauspiel. Dann wandte er sich zu Klaus.

»Jetzt glaube ich, daß Sie's schaffen!«

Eine Woche verging, die zweite brach an. Unablässig war Klaus mit seinen Schwarzen an der großen Düne tätig.

Und dann kam der Tag, an dem ein Telegramm nach Lüderitzbucht flog.

Direktor Hartung las es und schüttelte den Kopf.

»Wenn es wahr wäre, Jensen?! Noch kann ich's nicht glauben.«

»Hinfahren und selber sehen, Herr Direktor!«

Mit dem nächsten fahrplanmäßigen Zug fuhren sie ab, rollten an Gründorn vorüber. Weiter nach Norden ging's. Unverwandt blickte Hartung nach Westen, während der Zug einen Kilometer nach dem anderen hinter sich brachte. Weit und eben dehnte sich dort die Sandwüste. Nur in weiter Ferne waren Dünenkämme zu sehen.

»Kilometer 190! Hier war's!« Jensen stieß die Worte hervor und deutete auf einen Kilometerstein.

»Was war?«

»Hier stand die Düne.«

»Unmöglich, Sie müssen sich irren.«

Baumeister Jensen entfaltete eine Kartenskizze.

»Sehen Sie selbst! Von Kilometer 190 an ist die große Wanderdüne eingezeichnet. Da . . .!« Er deutete auf einen vorüberfliegenden Kilometerstein. 196 las Hartung . . . Schaute und starrte nach Westen, bis der Zug auf der nächsten Station hielt.

Kein Zweifel mehr. Klaus Kröning hatte die große Wanderdüne besiegt. Restlos hatte er sie mit seinen Mitteln als unschädlichen Staub über die Bahnlinie hinweg nach Osten gejagt. Die Gefahr, die das neue Werk zu verderben drohte, war gebannt.

Seit dem Tage galt Klaus als einer der tüchtigsten und befähigtsten Techniker der Gesellschaft. Voßberg & Co. ernannten ihn zum Oberingenieur und übertrugen ihm die Aufsicht über die Strecke der ganzen Nord-Südbahn.

 


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