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50.

Formen werden und verwehen,
Leben muß Verwesung sehen,
Und der Strahl zum Urquell gehen.

Z. Werner.

Der Morgen des zweiten Juli 1298 brach an. Mit seiner ersten Röthe sollte, nach dem Befehle des Kaisers, das Heer sich in Schlachtordnung stellen. Aber ein furchtbares Gewitter, das um Mitternacht aufgestiegen war und von dem nahen Gebirge in seinem Zuge aufgehalten wurde, wüthete noch mehrere Stunden nach Tagesanbruch fort. Heftige Regengüße stürzten vom Himmel und das selten unterbrochene Rollen des Donners machte es unmöglich, daß der Ton der Trommeten und Hörner, das Rufen der Befehlenden von den Kriegern gehört werden konnten. Erst um die achte Morgenstunde klärte sich der Himmel auf und nun verschwand auch in kurzer Zeit jedes Wölkchen, und die Sonne schickte wieder ihre brennenden Strahlen auf das Land herab. Die Hoffnung, daß nach dem Gewitter eine erfrischende Kühle eintreten und das blutige Werk des Tages begünstigen könnte, wurde getäuscht. Die Schwüle, welche schon mehrere Tage lang den Lagernden zur Last gefallen war, stellte sich auch heute wieder drückend ein.

In dem Augenblicke, als die Sonne hinter Wolken hervortrat, erschien Kaiser Adolph gewappnet und gerüstet im Eingange seines Zeltes. Ein glänzender Stahlharnisch, an Brust und Armen mit goldenen Zierrathen umgeben, bedeckte seine hohe Gestalt. Das stolz erhobene Haupt trug einen silbernen Helm, auf dem, unter der überwogenden Reiherfeder, der nassauische Löwe sich zeigte. Auf dem Platze vor dem Zelte fanden sich schon die obersten Hauptleute, Fürsten, Grafen und Ritter im weiten Kreise versammelt. Ein lauter Jubelruf begrüßte den Kaiser. Zugleich schmetterten die Trommeten und Hörner durch das weite Lager hin und die einzelnen Kriegerschaaren brachen auf zur angewiesenen Schlachtordnung. Laute Freude und Kampflust herrschten in ihren Reihen und besonders waren es die Nassauer und die Reichsstädter, die fröhlich zum Kampfe, wie zu einem heitern Feste, gingen.

Mit dem Ausdrucke der Freude flogen Adolphs Blicke über die glänzende Versammlung. Seine Ritterlichkeit, der Heldenmuth, der aus seinem ganzen Wesen sprach, die Hoffnung auf den Sieg, der ihm bis jetzt immer treu gewesen, begeisterten Alle ebenso sehr, als die wenigen, aber kräftigen Worte, die er zu ihnen sprach. Er schilderte die Treulosigkeit seiner Gegner, die Bosheit, mit der sie ihn verfolgt, die hochverrätherischen Ränke, die sie gegen ihn entsponnen. Er rief den Himmel zum Zeugen, daß keine eigennützigen Absichten, daß nur das Wohl des Reichs ihn in diesen Kampf führe. Dann sank er zum stillen Gebete auf die Kniee und diesem Beispiele folgten alle Anwesenden.

»Friedmann von Sonnenberg!« rief Adolph, nachdem er wieder aufgestanden war, mit lauter Stimme, und der junge Ritter trat aus dem Kreise hervor.

»Dir übergebe ich das Panner des Heeres,« fuhr der Kaiser fort. »Du wirst dem Adler und dem Löwen ein treuer Wärter sein. In mancher Schlacht hat es Dein tapferer Vater mir vorgetragen, und er hat es immer treu zurückgebracht. Sein Beispiel leuchte Dir vor! Du und meine Nassauer, Ihr kämpft an meiner Seite!«

Ein Gemurmel des Mißfallens wurde unter den ältern Rittern laut, welche diese Ehre einem jungen, noch wenig bekannten Manne nicht gönnten. Einige sprachen sogar ihre Besorgniß aus, daß in seinen Händen dieses wichtiges Kleinod nicht sicher aufgehoben sein dürfte. Der Kaiser vernahm diese Aeußerungen. Er trat einen Schritt vor und sprach mit Nachdruck:

»Ich habe ihn würdig erkannt, des Heeres Pannerträger zu sein. Ich stehe für ihn ein mit meinem kaiserlichen Worte.«

»Und ich werde beweisen, daß der Sohn meines tapfern Vaters seinem Beispiele keine Schande macht!« rief Friedmann, indem er kühne Blicke im Kreise umherwarf. Er ergriff das Panner, das neben dem Eingange des kaiserlichen Zeltes stand, er schwang es hoch in der Luft; es entfaltete sich und zeigte im Sonnenglanze den Reichsadler und neben diesem den Löwen von Nassau auf dem blauen Felde mit goldenen Schindeln.

»Adler und Löwe sei die Losung!« rief der Kaiser und winkte den Ehrenjunkern sein Schlachtroß herbeizuführen. »Jetzt auf, meine Getreuen! Früher Angriff, früher Sieg!«

»Adler und Löwe!« schallte es im Jubel durch die Lüfte und in wilder, kampfentflammter Lust flogen Alle zu den Schaaren, die ihnen untergeordnet waren. Friedmann von Sonnenberg, das Panner fest im linken Arme, schloß sich mit seinen Nassauern, die nicht durch ihre Anzahl, aber durch den festen Willen, ihr Leben für den theuern Herrn zu lassen, stark waren, dem Kaiser an. Herr Schelm vom Berge, einige niedere Ritter und die Ehrenjunker blieben sonst noch in seiner Nähe.

Das Heer war in vierfachen Reihen aufgestellt. Im Mitteltreffen befand sich der Kaiser mit seinen Landsleuten und einer großen Menge Söldner. Diesen schlossen sich zu beiden Seiten die edeln Herrn mit ihren Knappen und Knechten an; auf die zwei Flügel waren die Reichsstädter vertheilt.

Diese eröffneten den Kampf mit den Gegnern, die man wider Erwarten zum Empfange ihrer Feinde gerüstet fand. Der Herzog von Oesterreich hatte trotz des Unwetters, während der Nacht, seine Krieger aus den Gebirgsschluchten hervorgezogen. Die Linie seiner Schlachtordnung war nicht so lang, wie die des kaiserlichen Heeres, und die Anzahl seiner Krieger bei Weitem geringer. Aber Alle, die mit ihm waren, verstanden das Kriegshandwerk vollkommen. Es waren größten Theils alte Krieger, die noch unter seinem Vater, Rudolph von Habsburg, gedient hatten. Dann hatten sich weit mehr edle Herren mit ihren Knechten zu ihm gesellt, als zu Adolph, und hierdurch war seine Reiterei der des Kaisers überlegen geworden. Söldner befanden sich gar nicht in seinem Heere.

Die angreifenden Reichsstädter drangen fröhlich und ein munteres Lied singend auf den Feind ein. Ihnen standen Ritter und Knappen, wohl beritten und gewappnet, entgegen. Dennoch wichen diese sogleich zurück, als eben die Städter mit ihren Keulen, Schwertern und Streitäxten drein schlagen wollten. Sie spornten ihre Pferde zur eiligen Flucht und waren, ohne einen Lanzenstoß oder einen Schwerthieb dran zu setzen, zum Erstaunen der Gegner verschwunden. Diese hielten einige Augenblicke befremdet inne. Dann aber folgten sie den Entflohenen nach, indem sie ein damals bekanntes Lied anstimmten:

Die Schelme sind gelaufen,
Wir wollen ihnen nach.
Waffen wollen wir kaufen
Mit Schwert und Kolbenschlag.

Indessen waren auch die Ritter im Heere Adolphs auf die ihnen gegenüberstehenden Feinde eingebrochen. Auch sie fanden keinen Widerstand, und von den Flüchtlingen nachgezogen, drangen sie in ungeduldigem Muthe aus der Schlachtordnung vor. »Sieg, Sieg!« tönte es auf beiden Flügeln des kaiserlichen Heeres und die Trommeten und Hörner schmetterten lustige Siegesweisen in die Luft. Im Sturmesflug eilten Adolphs Freunde und Bundesgenossen über die weite Ebene hin und ihnen voran die weichenden Gegner, aber in einer seltsamen Ordnung, die sonst auf einer Flucht nicht beobachtet zu werden pflegt. Sie waren an Menge bei Weitem den kaiserlichen Reitern überlegen, es waren Krieger, die in siegreichen Schlachten gefochten hatten und dennoch wandten sie sich, ohne nur den mindesten Widerstand zu versuchen, zur ungezügelten Flucht! Einige unter den kaiserlichen Hauptleuten ahneten eine hinterlistige Falle, aber sie wurden von der Mehrzahl der Siegstrunkenen fortgerissen und ihre Mahnung zur Vorsicht wurde nicht gehört.

Adolph von Nassau hörte den Siegsjubel, der von beiden Flügeln herüberschallte, er sah dort allenthalben die Feinde weichen, ihm selbst aber war es noch nicht gelungen, im Mittelpunkte einen Vortheil zu erkämpfen. Hier schien Albrecht den Kern seiner Krieger versammelt zu haben, und indem sein Heer auf beiden Seiten zusammenschrumpfte, vermehrte sich die Schaar, die hier stand, und wuchs bald zu einer Ueberlegenheit an, die dem Kaiser furchtbar zu werden drohete. Er sandte Boten auf Boten ab, um Verstärkung zu holen, allein die Boten konnten die Vorwärtsstürmenden nicht erreichen. Nah und immer näher drang indessen die eherne Mauer der Feinde, die mit vorgestreckten Lanzen jetzt von vorn und von beiden Seiten den Kaiser und seine Krieger umgab.

»Es ist ein heißer Tag und man wird uns noch wärmer machen, Sonnenberg;« sagte Adolph zu Friedmann, indem er einen Blick auf die langsam heranrückenden Gegner warf. »Das sind lauter tüchtige Kämpfer, Ritter und Knappen, mit Stahl und Eisen bedeckt, und wenn wir zusammentreffen, dann gilt's auf Leben und Tod. Siehe, wie starr und stumm sie langsam näher drängen! Ich ahne Verrath. Die Schlange, die mich umringen will, gewinnt immer mehr Köpfe. Sie züngelt nicht nach dem Siege, sie züngelt nach meinem Leben. Mich soll die Uebermacht vernichten, dann ist Alles, was im ersten Augenblick verloren schien, und noch weit mehr, wieder gewonnen, so wähnt Albrecht. O führte ihn das Schicksal in meinen Weg, er sollte die Lehre zum ritterlichen Kampfe mit seinem Anspruche auf die Krone, mit seinem Leben bezahlen!«

Da tönte wieder der Siegesjubel seiner fernen Krieger herüber, da frohlockten die Hörner und Trommeten.

»Drauf und dran!« rief stürmisch der Kaiser. »Dort siegen unsere Freunde und wir haben noch nichts vollbracht. Adolph von Nassau sollte unthätig sein, während Andere Lorbeern für ihn erkämpfen? Frisch auf, mein junger Pannerherr! Wir wollen sehen, ob jene Eisenmauer undurchdringlich ist.«

Nun erklangen zum frischen Angriff die Hörner der Nassauer Schützen, und eine Wolke von Pfeilen wurde in die Reihen der Feinde gesandt. Die Wurfmaschinen schleuderten gewaltige Steinmassen auf die dichten Haufen, und in die Lücken, die gemacht wurden, brach der Kaiser mit den Rittern und Söldnern ein. Seine gefürchtete Erscheinung verbreitete eine panische Furcht unter den Gegnern. Die eherne Mauer war getrennt, die Geharnischten zogen sich eilfertig zurück und schon durfte Adolph hoffen, auch hier den Sieg zu erringen.

Da sprengte ihm eine hohe Rittergestalt im schwarzen Harnisch, mit einem goldenen Kreuze auf dem Helm entgegen. Sie schwang auffordernd die Lanze gegen ihn, sie schien nach dem Kampfe mit ihm zu verlangen.

Adolph aber wandte sich ab von ihr. Er hatte den Erzbischof Gerhard erkannt und rief ihm zu: »Ich erhebe die Waffen nicht gegen Dich. Das Blut meines Großvaters rinnt in Deinen Adern. Schaffe Deinen neu gebackenen Kaiser herbei, und ihm will ich mich stellen!«

»So stirb von Knechteshand!« erwiederte irrgrimmig der Erzbischof und zog sich in die Reihen der Seinigen zurück, die, als sie die Minderzahl ihrer Gegner erkannt, ihre Flucht gehemmt und sich wieder geordnet hatten.

Friedmann kämpfte muthig an der Seite des Kaisers und ließ Manchem, dem es nach dem Gewinne des Panners lüstete, dieses Verlangen mit dem Leben bezahlen. Jetzt aber schien sich mit einemmale das Glück wenden zu wollen. Die Gegner erhielten neue Verstärkungen, ihre Reihen schlossen sich enger, sie begannen jetzt ihrerseits vorzurücken. Die hintern Glieder, aus böhmischen Schützen bestehend, machten einen heftigen Angriff mit Wurfspießen und Schleudern. Mancher Ritter fiel zum Tode getroffen an Adolphs Seite nieder, unter den eng zusammengedrängten Söldnern richtete die gefährliche Waffe eine schreckliche Verwüstung an. Ihre Reihen wankten, nur mit Mühe konnten die Anführer sie bewegen, Stand zu halten. Da traf der wohlgezielte Wurf eines böhmischen Schützen das Pferd des Kaisers. Es stürzte zu Boden, und mit dem Schreckensrufe: »der Kaiser ist gefallen!« zerstreuten die feigen Miethlinge sich zur wilden Flucht auf das weite Feld.

Noch ehe Adolph, der unverletzt geblieben war, sich erheben und ein anderes Pferd besteigen konnte, benützten die Feinde die herrschende Verwirrung; allein sie verfuhren auch hier nicht in der ungestümen Weise, die man wohl hätte erwarten sollen, sondern, allem Anscheine nach, einem vorher angelegten und berechneten Plane gemäß. Sie verfolgten die fliehenden Söldner nicht, ihre weit ausgedehnten Reihen schlossen sich hinter diesen und bildeten nun um den Kaiser und sein Häuflein treuer Nassauer einen Kreis, der sich immer mehr verengerte. Sie hielten die Lanzen und Speere weit vorgestreckt, sie zogen wie eine drohende Wetterwolke heran.

Herr Schelm vom Berge erkannte die Gefahr. Voll Besorgniß um den Kaiser, rief er den Bogenschützen zu, den Nothruf ertönen zu lassen. Da erklangen die Instrumente in klagender Weise und verkündeten weit hinaus des Monarchen Bedrängniß und Hülflosigkeit.

Aber Adolph, der sich wieder auf ein Pferd geschwungen hatte, zürnte entrüstet nach den Bogenschützen hin:

»Was soll das Memmenlied? Siegesklänge will ich hören! Der Sieg ist uns gewiß: hier oder dort! Heran, mein getreuer Pannerherr! Herbei, Ihr Herren und Ritter! Schließe Dich um mich, Du muthige Schaar meiner Landeskinder! Laßt uns diesen Verräthern zeigen, daß die Tapferkeit der Uebermacht spottet! Hinein und hindurch!«

Und im Jubel des Siegs erklangen aufs Neue die Hörner und eine wunderbare Begeisterung ergriff das Häuflein zur Weihe des Todes. Da schwirrte es wiederum aus den hintern Reihen der Feinde empor, eine Wolke von Wurfspeeren verdunkelte den Horizont und stürzte, Tod und Vernichtung bringend, auf den Kaiser und seine Getreuen. Da schmolz die Schaar der wackern Nassauer bis auf wenige zusammen, da sanken die meisten der ritterlichen Begleiter des Kaisers in Nacht und Tod, da fielen sterbend die Rosse zur Erde, so daß Adolph, sein Pannerherr und Ritter Schelm, die allein von den Edeln noch übrig gebliebenen waren, zum Fußkampfe sich bereiten mußten, da tönte matt und hinsterbend von dem einzigen noch lebenden, aber schwer verwundeten Hornbläser die Siegsweise in abgebrochenen Klängen.

»Ergib Dich, Adolph!« ermahnte Gerhards Stimme aus dem enger schließenden Kreise hervor.

»Spottest Du?« rief entgegnend mit Verachtung der verlassene Kaiser. »Mein ist der Sieg. Eine bessere Krone, als hier auf Erden, winkt dort oben.«

Einzelne Geschosse der Speerwerfer hatten indessen die wenigen Bogenschützen, die noch übrig geblieben waren, zu Boden gestreckt. Der Hornbläser aber verstummte nicht. Er konnte sich nicht mehr von der Erde aufrichten, allein selbst in dieser Stellung und unter den heftigsten Schmerzen hörte er nicht auf, die Siegesweise anzustimmen. Er hatte sich bis zu Adolphs Füßen geschleppt, er lag hier, ein Bild der Treue und der begeisterten Liebe zu seinem Fürsten.

Die starre Wucht der Lanzen gürtete sich enger um die drei Kämpfer. Ihre Lage war verzweiflungsvoll, und ihnen blieb nicht einmal die Hoffnung, das Leben theuer zu verkaufen. Längst waren im Kampfe ihre Lanzen zersplittert und wo sie versuchten, einzudringen und mit furchtbaren Schwertschlägen die entgegendrohenden Speere zur Seite schmetterten, um einen ritterlichen Tod im Gefechte zu finden, da trat wieder eine neue Mauer von Eisenspitzen ihnen entgegen und drängten sie zurück in den engen Kreis, in den sie, wie durch einen bösen Zauber, gebannt waren. Viele Speerwürfe hatten das Panner durchbohrt, aber der Adler und der Löwe waren noch unverletzt geblieben, und Friedmann drückte es fest an seine Brust, als halte er sein theuerstes Gut im Arme. Schwächer tönten die Siegesklänge der kaiserlichen Hörner aus der Ferne herüber, bald verwandelten sie sich in Trauerweisen und wurden von dem Jubel der tief klingenden österreichischen Tuba übertönt. Das Gerücht vom Tode Adolphs war durch die flüchtigen Söldner verbreitet worden, und die, welche siegstrunken noch eben vorwärts stürmten, wandten sich jetzt zur schmählichen Flucht. Nur der sterbende Bogenschütze zu den Füßen des Kaisers blies jetzt kräftiger sein frohes Stück. Die Begeisterung des Todes gab ihm Stärke und er setzte ihre letzte Neige dran, die Feinde durch ein Triumphlied zu höhnen, indem er seinen Fürsten verherrlichte.

»Es geht zu Ende mit uns!« rief der Kaiser seinem Pannerherrn zu. »Stirb freudig, Sonnenberger! Ich sah eine strahlende Gruft im Rosenthale.«

»Hoch Nassau über Alles!« stammelte zusammenbrechend Herr Schelm vom Berge. Ein Wurfspieß war ihm durch die Spangenöffnung am Oberarm tief in die Brust gedrungen und endigte ein Leben, das nie eine unrühmliche Handlung befleckt hatte.

»Fahre hin, treuer Kampfgenosse!« sagte Adolph. »Wir folgen Dir bald!«

»Ich geh' Euch voran!« rief Friedmann. »Ich trage Euch das Panner vor.«

Die Feinde waren jetzt so nahe gerückt, daß sie beim nächsten Schritt die Eingeschlossenen mit ihren Lanzenspitzen hätten berühren müssen. Sie standen still und unbeweglich. Es schien, als hemme das Gebot eines Mächtigen ihre Schritte. Alle hatten die Blicke, die drohend durch die Helmgatter blitzten, auf die beiden Männer gerichtet, welche furchtlos den Tod zu erwarten schienen. Plötzlich wurde die Stille durch ein klägliches Hundegeheul unterbrochen. Aura hatte ihren Herrn aufgesucht und endlich gefunden. Sie kroch unter den Gegnern hervor und sprang winselnd an dem Kaiser in die Höhe. Sie mischte ihre ängstlichen Töne in das immer stärker erklingende Siegeslied des Bogenschützen.

»Das ist mein Grabgesang!« sprach der Kaiser. Er hatte diese Worte kaum ausgesprochen, so riß ein Speerwurf den Adler aus dem Panner herab und schleuderte ihn zu seinen Füßen nieder. Eine Lanze flog zischend durch die Luft und zerschmetterte ihm das rechte Knie, so daß er niederstürzte und sich mit beiden Händen auf das gegen den Boden gestemmte Schwert stützen mußte.

»Hedwiga,« stöhnte er mit bebendem Laute aus tiefer Brust.

»Mein Herr und Kaiser!« rief Friedmann verzweiflungsvoll und schwang, indem er sich schützend vor ihn stellte, in fruchtloser Wuth sein Schwert gegen den Feind. Freudiger ertönte die Nassauer Siegsweise, es war als ob eine Himmelskraft den tödlich verwundeten Bläser stärkte.

Da trat, ungesehen von dem Ritter von Sonnenberg, aus den Feindesreihen im Rücken eine kleine unansehnliche Rittergestalt hervor, dicht hinter den Kaiser. Ihre Rüstung war grau, das Visir dicht geschlossen. Sie hielt einen bloßen Dolch in der Rechten. Langsam und bedächtig hatte sie sich dem niedergesunkenen Adolph genähert, ebenso erforschte sie die Stelle, wo das gebogene Haupt des Kaisers jetzt zwischen Helm und Harnisch eine bedeutende Oeffnung bot. Der graue Ritter überzeugte sich, daß hier der Zugang zu dem Leben Adolphs zu finden sei; dann stieß er ihm mit einer raschen Bewegung hinterrücks und meuchlings den Dolch in den Nacken.

»Hedwiga!« rief noch einmal der Kaiser und wandte unwillkührlich sein Haupt. Da zerschmetterte auch ein Wurfspeer das Visir seines Helms, drang durch das Auge tief in das Gehirn und warf den kaiserlichen Helden todt zu Boden. Mit dem Ingrimme der Verzweiflung wollte sich Friedmann auf den Mörder stürzen, aber jetzt stürmten die Feinde mit lautem Geschrei von allen Seiten ein und ein Kolbenschlag, der schwer sein Haupt traf, streckte den treuen Pannerträger neben dem unglücklichen Fürsten nieder.

Das Panner mit dem Löwen von Nassau deckte beide; der letzte hinsterbende Ton der Nassauer Siegesweise ward von dem Jubel der triumphirenden Gegner verschlungen.



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