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Heute bin ich mit dem Windjungen gefahren. Sein Haar war zerzaust, seine Höschen zerrissen. Er ging barfuß und zog einen Wagen hinter sich her. Willst du mitfahren? fragte er. Natürlich wollte ich. Ich setzte mich hinein, und nun gings im Galopp die Chaussee runter. Der Wagen ratterte, und wir atmeten laut, weil es so schnell ging.
Plötzlich krigte der Windjunge Flügel, und nun gings hoch in die Luft. »Sachte«, sagten die alten Kiefern und schlugen nach uns mit ihren Zweigen. »Sachte!« sagten sie noch einmal; wir fuhren aber immer schneller und lachten die dummen Bäume aus.
Auf dem Felde standen Ähren und Feldblumen; wir fuhren mitten durch. Sie bogen und krümmten sich, es tat ihnen weh; aber der unartige Windjunge schrie: hurra, durch! und wir fuhren weiter.
Wir rollten in den See, und das Wasser spritzte um unsern Wagen. Die Räder waren ganz tief drin, aber wir fürchteten uns nicht. Windjunge schlug mit seiner Peitsche auf die Wellen; die schäumten vor Wut, sie konnten uns aber nichts tun. Hui, patsch, rollten wir mitten durchs Wasser. Ein paar Möwen kreischten laut auf; die freuten sich gewiß über den wilden Jungen. Ich lachte und meine Haare flogen ebenso wild wie die Möwen.
Hei, nun gings in den Sandberg am Ufer. Wie der plusterte und stöberte! Die kleinen Käferchen duckten sich und lagen ganz still, als der Wagen ankam. Die Blütenblätter der wilden Rosen hüpften von den Zweigen und tanzten wie Schmetterlinge vor uns her. Herrlich! Wir schüttelten uns vor Freude!
Windjunge, sagte ich, jetzt muß ich aber nach Hause; es war sehr schön, und ich will wohl wieder mit dir fahren.
Er lachte und nickte, und ich lief ihm weg. Mit zerrissenem Rock und offenen Haaren kam ich zum Mittagbrot nach Hause.
Wie siehst du denn aus, Singine? sagte meine Mutter. Aber sie schalt nicht. Wir haben uns sehr lieb, meine Mutter und ich.