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Parabel
Liebe Leute, ihr kennt den Baum der Erkenntnis. Mit seiner Frucht hats 'ne eigne Bewendnis: Seit Adam hat niemand sie mehr gesehn, also wird er wohl ewig in Blüte stehn. Unter dieser Blüte nistet ein Geist, in Gestalt eines Gockels, der Gigenius heißt, ein gewaltiger Kampfhahn bei seinen Lebzeiten, um den sich noch heut alle Federviecher streiten. Er ist zwar tot, doch wie ihr hört, kräht er noch immer ungestört – ucke-ru-uh! – Aber jetzt erscheint da ein zweiter Geist, ein lebendiger, der Gigigenius heißt und sich vor keinem toten grault, der kräht: pfi, Gi, du riechst verfault – ücke-rü-üh! – Drob schwillt allen Geistern der Kamm mit Macht; man merkt, es gibt eine Hahnenschlacht. Man sieht, wie Hals und Brust sich bläht; wohl dem, der nicht dazwischen gerät! Sie balgen sich, daß keiner weiß, wo ist der Kopf, wo ist der Steiß; und über ihrer Kraftverschwendnis hängt still die Blüte der Erkenntnis. Zuletzt ist jeder arg verprügelt, aber alle krähn sie siegbeflügelt: ucke-rü-üh! ücke-ru-uh! – Drauf gehts mit würdigem Gestapf an den gemeinsamen Futternapf, aus dem auch schon Gigenius schluckte, als Gigigenius noch nicht muckte. Da stehn sie sämtlich ruhmbedeckt, und jeder nimmt sich, was ihm schmeckt. Moral: Erkenne, edler Christ, wie unermeßlich der Futternapf ist! Vielleicht hielt Adams Unverständnis ihn für die Frucht vom Baum der Erkenntnis. |