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Verehrter Leser! Mensch! ich beschwör dich: lies mich richtig, Mensch, oder scher dich! Nämlich das Lesen von Gedichten ist zwar sehr einfach zu verrichten, aber grade die einfachen Sachen pflegt bekanntlich der Mensch sich schwer zu machen. Vor allem: such keinen »Grundgedanken«! sonst kommen deine paar Sinne ins Wanken. Will ich dir meine Gedanken reichen, schreib ich Sprüche, Aufsätze und dergleichen. Gedichte sind keine Abhandlungen; meine Gedichte sind Seelenwandlungen. Selbe vollziehen sich aus Gefühlen, die den ganzen Menschen aufwühlen. So ein Gefühl, das steigt dann zu Kopfe, sträubt mir manchmal die Haare vom Schopfe, setzt mir meine paar Sinne in Schrecken, daß sie plötzliche Luftbilder hecken; die greifen einander in buntem Lauf, jagen wohl auch Gedanken mit auf, die dann über dem Grunde schaukeln, etwa wie Schmetterlinge gaukeln um eine große glühende Blume über dem Brodem der Ackerkrume, und so fang ich sie auf im Nu, weiß wohl wie, weiß nicht wozu, ist eine planvoll zwecklose Geschichte, kurz – ich erlebe meine Gedichte. Und kein Erleben geschieht aus Gedanken; ach, die Gedanken sind nur Ranken, die wir arabeskenhaft flechten um Manifeste von grundlosen Mächten. Denn das Leben hat kein Gehirn, verwirrt dir höchstens Dein Gehirn, wird dir nur mit Schmerz oder Lust als ein beseelender Wille bewußt, der dich unsinnig treibt und lockt, und den zu verdauen, Mensch, unverstockt, mit unsern paar Sinnen, für Heid wie Christ die wahre Seelenseligkeit ist. Drum, verehrter Leser, Mensch, ich beschwör dich: verdau mich ebenso! sonst scher dich! Und verwirrt dich doch mal mein Gewühl, so schieb's nur, bitte, aufs Grundgefühl! Wie ich auch hier nur, möglichst hold, einem törichten Ingrimm Luft machen wollt. |