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Zweiundzwanzigstes Kapitel.

        Seyd ohne Furcht, bis Birnam-Wald
Her rückt auf Dunsinan.
Macbeth.

Ich kann nicht sagen, daß ich mit dem Benehmen des Susquesus ganz zufrieden gewesen wäre; aber auf der andern Seite war ich doch auch nicht gerade sehr beunruhigt darüber. Es konnte Alles gut stehen; und wenn nicht, so konnte die Macht dieses Menschen, uns zu schaden, nicht sehr groß seyn. Ein neuer Vorfall jedoch erregte sehr unangenehme Zweifel in Betreff seiner Ehrlichkeit. Da Jumper auf der Jagd aus war, wurde der Onondago das nächste Mal wieder, ausser seiner Reihe, nach Ravensnest hinüber geschickt; aber statt, wie Beide bisher gethan hatten, am nächsten Tage zurückzukommen, blieb er beinahe vierzehn Tage lang ganz aus. Wie wir dieß plötzliche und unerwartete Verschwinden besprachen, kamen wir zu dem Schluß, daß der Bursche, weil er bemerkt, daß man ihm mißtraute, entlaufen sey und sich nicht mehr werde blicken lassen. Während seiner Abwesenheit machten wir einen Besuch zu Ravensnest und brachten zwei oder drei glückliche Tage bei den Mädchen zu, welche wir ganz entzückt fanden von den wilden Reizen ihres Aufenthaltsortes, und so vergnügt, als Unschuld, Gesundheit und stetiges Interesse an dem Waldleben und seinen Bräuchen sie nur machen konnte. Herman Mordaunt, der sein Haus, wie er glaubte, hinlänglich befestigt hatte, um gegen jede Gefahr eines Angriffs gesichert zu seyn, begleitete uns nach Mooseridge hinüber, und brachte zwei oder drei Tage bei uns zu, beschäftigt das Patent zu durchwandern und die Beschaffenheit des Bodens, sowie die Vortheile, welche die Gewässer darboten, in Augenschein zu nehmen. Was Mr. Worden und Jason betrifft, so war der Erstere zur Armee abgegangen, da er sich von der einfachen Kost der Wälder hinweg nach den Fleischtöpfen eines Regimentstisches sehnte; Jason aber war in langem Handel gestanden mit Herman Mordaunt über den Besitz eines Mühlsitzes, welcher Gegenstand häufiger Erörterungen zwischen den Betheiligten gewesen war, und worüber der Pädagog es angemessen gefunden hatte, bei der Weisheit von Mutter Doortje sich Raths zu erholen. Da der Leser vielleicht neugierig ist zu erfahren, wie solche Dinge im Jahr 1758 in der Colonie betrieben wurden, will ich die Bedingungen des Kaufs berichten, wie er am Ende beiden genehm war, unterzeichnet und besiegelt wurde.

Herman Mordaunt erwartete für sich selbst keinen Vortheil und Gewinn von Ravensnest, sondern versprach sich erst für seine Nachkommen Einkünfte davon. Demgemäß wollte er Nichts davon verkaufen, sondern verpachtete nur Theile davon unter solchen Bedingungen, welche Landwirthe anlocken konnten, sich zu ihm zu wenden, in einem Lande, wo es viel mehr Grund und Boden gab als Menschen. Aus Gründen, die mir nie recht klar geworden sind, war ihm ganz besonders viel daran gelegen, Jason Newcome für sein Besitzthum zu gewinnen, und keine irgend erträglichen Bedingungen schienen ihm zu viel, um diesen Zweck zu erreichen. Es darf daher nicht überraschen, daß unser Müller in spe bei dem Handel sehr gut zukam, wie man aus den Bedingungen sehen kann.

Der Pacht wurde auf drei Generationen und einundzwanzig Jahre geschlossen. Dieß wäre etwa damals einem zweiundvierzigjährigen Pachtvertrag in Europa gleich gewesen; aber die Erfahrung zeigt, daß in Amerika in der That eine weit längere Zeit herauskommt. Man hat gefunden, daß eine Verleihung auf drei Generationen (eigentlich drei Leben, three lives) im Staate New-York einer Frist von mehr als dreißig Jahren gleichkommt. Der Herausgeber.

Die ersten zehn Jahre hatte er gar keine Rente zu bezahlen. In den nächsten zehn Jahren hatte das Land, fünfhundert Acres, für jeden Acres sechs Pence Courant zu entrichten, der Pächter aber hatte das Recht, nach Belieben Holz zu schlagen. Dieß war ein wichtiges Zugeständnis da der Mühlsitz viele Tannen und Fichten enthielt. Für den Rest der Pachtzeit, mochte sie länger oder kürzer seyn, sollte ein Shilling für den Acre, oder etwa sechs Pence Sterling für die Ländereien und vierzig Pfund Courant, oder hundert Dollars jährlich für den Mühlsitz bezahlt werden. Die Mühlen sollte der Herr des Landes nach Ablauf des Pachts übernehmen nach einer Schätzung von Sachverständigen; der Pächter hatte die Steuern zu bezahlen. Dem Pächter stand das Recht zu, aller Materialien zu seinen Dämmen, Bauten u. s. w. sich zu bedienen, die er auf dem Land fand.

Die Politik der Eigenthümer von Mooseridge war eine andere. Wir beabsichtigten zuerst zu niedern Preisen zu verkaufen, und zum spätern Verleihen solche Grundstücke aufzubehalten, über welche nicht sogleich verfügt werden konnte, oder für welche die Käufer den Kaufschilling nicht bezahlten. Auf diese Art glaubten wir bälder zum Ersatz unserer Auslagen zu kommen und bälder »eine Ansiedlung auferbauen zu können,« wie man zu sagen pflegte. In Amerika nämlich, muß der Leser wissen, wird Alles »gebaut.« Der Priester »erbaut sich« eine Heerde, der Speculant ein Vermögen; der Advokat einen Ruf; und der Landbesitzer eine Ansiedlung; manchmal baut er sogar, und hier ist dann der Ausdruck leidlich genau und richtig, eine Stadt.

Jason war ein ganz glücklicher Mensch, sobald er seinen Pachtvertrag, unterschrieben und besiegelt, in Händen hatte. Er wurde dadurch eine Art von Landbesitzer auf der Stelle, und zwar ein Solcher, der zehn Jahre lang Nichts zu bezahlen hatte. Gott verzeihe es mir, wenn ich dem Manne Unrecht thue; aber von Anfang an hegte ich den Verdacht, Jason vertraue seinem guten Glücke, es werde es so fügen, daß der Tag des Bezahlens gar nie komme. Herman Mordaunt seiner Seits schien befriedigt, denn er glaubte einen Mann von einiger Bildung auf sein Gut bekommen zu haben, welcher seinen Absichten dadurch entspreche, daß er das Gut civilisire und sonst auch dessen Interessen befördere.

Gerade als die Strahlen der aufgehenden Sonne durch die Spalten unsers Blockhauses hereinschimmerten, und ehe Einer von uns Dreien von seinem harten Lager sich erhoben hatte, hörte ich in meiner Nähe einen Fuß im Mokkasin mit dem fast geräuschlosen Tritte eines Indianers sich bewegen. Ich sprang auf und sah den vermißten Onondago vor mir stehen.

»Ihr hier, Susquesus!« rief ich. »Wir glaubten, Ihr habet uns verlassen. Was hat Euch zurückgeführt?«

»Zeit jetzt zu gehen,« antwortete der Indianer ruhig. »Yengeese und Canada-Krieger bald fechten!« »Ist das wahr? – Und wißt Ihr, könnt Ihr wissen, daß das wahr ist? Wo seyd Ihr die letzten vierzehn Tage gewesen?«

»Fortgewesen zu sehen – gesehen – weiß es jetzt ganz gut. Kommt – ruft die jungen Männer – gehen auf den Kriegspfad!«

So war also das Räthsel und Geheimniß von des Onondago's Ausbleiben gelöst! Er hatte uns von unserm Vorhaben sprechen gehört, im letzten Augenblick mit den Truppen zu ziehen, und er war gegangen um zu rekognosciren, damit wir zuverlässige Nachrichten hätten, wann es nöthig wäre, den »Ridge« zu verlassen, wie wir im vertraulichen Gespräche das Patentland nannten. Ich fand hierin nichts Verrätherisches, sondern erblickte darin vielmehr den Beweis freundschaftlicher Theilnahme für uns; obgleich er allerdings viel weiter »gelaufen« war, als der Indianer Auftrag gehabt, und etwas von der Spur weggelaufen. Man konnte jedoch bei einem Wilden eine solche Unregelmäßigkeit übersehen, zumal da ich der Eintönigkeit unsrer dermaligen Lebensweise überdrüssig zu werden begann; und es mir nicht leid that, einen plausibeln Grund zu einer Veränderung zu bekommen.

Der Leser kann überzeugt seyn, daß ich nicht lange es anstehen ließ, die, von Trackleß gebrachte Nachricht meinen Genossen mitzutheilen, welche sie aufnahmen, wie eine Neuigkeit von so lebhaftem Interesse von jungen Männern aufgenommen werden mußte. Der Onondago ward in unsere Rathsversammlung beschieden, und widerholte seine Versicherungen, es sey Zeit für uns, uns in Bewegung zu setzen.

»Nicht aufhalten,« antwortete er, als er wieder über den Gegenstand befragt wurde. »Zeit zu gehen. Canoe bereit – Gewehr geladen – Krieger gezählt – Häuptling aufgewacht – Rathsfeuer erloschen. Zeit zu gehen.«

»Nun gut, Corny,« sagte Guert, aufstehend und seine stattliche Gestalt streckend wie ein Löwe, der von seinem Lager aufgescheucht ist, »brechen wir auf. Heute können wir nach Ravensnest gehen und dort schlafen; und morgen wollen wir bis zur Heerstraße wandern und auf die Marschlinie des Heeres zu gelangen suchen. Ich werde wieder eine Gelegenheit haben, Mary Wallace zu sehen, ihr zu sagen wie sehr ich sie liebe. Das ist in jedem Falle Viel gewonnen.«

»Nicht sehen die Squaw – nicht gehen zu Nest!« sagte der Indianer mit Nachdruck. »Kriegspfad dahin!« und er deutete in einer Richtung hin, welche um ein Viertel eines Kreises von Herman Mordaunt's Ansiedlung abweichen machte. »Schlimm für Krieger, Squaw zu sehen, wenn er die Streitaxt ausgräbt – nur macht ein Weib aus ihm. Nein! dahin gehen – hier Pfad – nicht dort – hier Skalp – dort Squaw.«

Da die Geberden des Onondago vollkommen ebenso verständlich waren, wie seine Sprache, war es uns nicht schwer, seine Meinung zu fassen. Guert jedoch fuhr in seinen Fragen fort, während er sich ankleidete, und wir überzeugten uns bald Alle aus den Worten des Onondago, so kurz und abgebrochen sie waren, daß Abercrombie auf dem Punkte stand, mit seinem Heere auf dem George-See sich einzuschiffen, und daß wir uns sehr beeilen müßten, wenn wir bei den zu erwartenden kriegerischen Operationen vor Tikonderoga anwesend seyn wollten.

Unser Entschluß war bald gefaßt und unsere Vorbereitungen getroffen. Wir wären Alle zum Aufbruch bereit gewesen, sobald Jeder seinen Schnappsack gepackt und auf die Schultern genommen und sich bewaffnet hätte, aber ein kleiner Verzug wurde durch die Abwesenheit von Traverse und den Meßkettenträgern veranlaßt. Wir schrieben jedoch einen Brief, erklärten darin den Grund unseres beabsichtigten Aufbruchs und versprachen zurück zu kommen, sobald die Operationen vor Ty beendigt wären. Diesen Brief ließen wir dem Pete zurück, welcher als Koch dableiben sollte; während Jaap sehr geschäftig war, einige für den Marsch unentbehrliche Bedürfnisse auf seine breiten Schultern packte, seine Büchse, Tasche und Pulverhorn nahm und so rasch als Einer von uns zum Aufbruch fertig war. Ueberdieß that der Bursche das Alles ohne ausdrücklichen Befehl; denn er hielt es für einen Theil seiner Pflicht, seinem jungen Gebieter zu folgen, ihm, wenn auch zum Schlimmen, zu folgen. In Wahrheit, kein Hund konnte in diesem Punkte treuer sein als Jaap oder Jakob Satanstoe; denn er hatte den Namen des Landhalses als seinen Familiennamen, wenn man so will, angenommen, ganz wie die Edelleute anderer Länder sich nach ihren Besitzungen nennen.

Nachdem Alles bereit war, und wir im Begriffe standen, die Hütte zu verlassen, entstand ernstlich die Frage, ob wir über Ravensnest oder auf dem uns von dem Onondago bezeichneten andern Wege gehen sollten. Ein Pfad fand sich in keiner von beiden Richtungen, aber auf dem ersten hatten wir Landmarken, Quellen und andere bekannte Zeichen, während wir bei Einschlagung der zweiten Richtung im buchstäblichen Sinne Nichts wußten und kannten. Sodann sprachen Anneke und Mary Wallace mit ihren strahlenden, blühenden, sonnigen Gesichtern – strahlend und glücklich, ganz gewiß, neuester Zeit so oft wir uns zeigten, – für die erstere Richtung, und sogar Dirck rief aus: »Ueber Ravensnest!« Aber auf dieser Route weigerte sich der Onondago auch nur einen Schritt weit zu gehen. Er stand wie ein Wegweiser da, nach Nordwesten deutend mit unerschütterlicher Hartnäckigkeit, welche die Ordnung unseres Marsches in einige Verwirrung zu bringen drohte.

»Wir wissen Nichts von dieser Route, Trackleß,« bemerkte, oder vielleicht dürfte ich sagen, antwortete Guert, denn des Indianers Benehmen war so ausdrucksvoll, daß es beinahe wie eine förmliche Bemerkung war, »und wir möchten lieber auf einem Pfade reisen, mit dem wir ein wenig bekannt sind. Zudem wünschen wir auch den Ladies zum Abschied unser Compliment zu machen.« »Squaw nicht gut, jetzt – Kriegspfad nicht führt zur Squaw. Hurone – französischer Krieger hier!«

»Ja, und dort sind sie auch. Wir werden ihnen bald genug auf den Fersen seyn, wenn wir über Ravensnest gehen.«

»Nicht bald genug – geht nicht an. Pfad lang, Zeit kurz. Bleichgesicht-Krieger in großer Eile.«

»Die Freunde der Bleichgesicht-Krieger sind auch in großer Eile – und so werdet Ihr wohl daran thun, uns zu folgen, da wir nicht die Absicht haben Euch zu folgen. Kommt, Gentlemen, wir wollen den Indianer führen, da der Indianer nicht geneigt scheint uns zu führen. Nach einer Meile oder zwei wird er es ehrenhafter finden, voranzugehen; und soweit, glaube ich, kann ich Euch den Weg zeigen.«

»Dieser Weg gut für junge Männer, welche den Feind nicht zu sehen begehren,« sagte Susquesus mit ironischem Nachdruck.

»Bei St. Nicholas, Indianer! was meinst du?« schrie Guert, sich rasch auf den Fersen umdrehend und hastig auf den Onondago losgehend, welcher nicht auf den ihm drohenden Schlag wartete, sondern sich auf dem Absatz umdrehte und in raschem Schritte die Richtung gerade nach Nordwesten einschlug.

Ich glaube, Guert folgte ihm während der ersten Minute mit keiner andern Absicht, als die Schulter des Missethäters seinen gewaltigen Arm fühlen zu lassen; aber ich trat so rasch in seine Fußtapfen und Dirck folgte mir und Jaap Dirck, daß wir Alle, fast ehe wir es selbst recht wußten, in indianischer Reihe, oder in der Reiseart der Wälder, im Maßstab von vier Meilen auf die Stunde, in Bewegung waren. Ein so gewaltsam wirkender Anstoß ist nicht in einer Minute vorüber, und ehe Einer von uns sich so weit abgekühlt hatte, um vollkommen vernünftig zu seyn, hatte die ganze Gesellschaft das Blockhaus schon völlig aus dem Gesichte verloren. Und hinfort schien keiner mehr an die Notwendigkeit oder Räthlichkeit zu denken, zu dem ursprünglichen Vorhaben zurückzukehren. Es war allerdings unvorsichtig, unbedingt auf die Treue eines Wilden oder wenigstens eines Halbwilden zu vertrauen, den wir kaum kannten, und welchem wir entschieden mißtraut hatten; aber wir thaten es, und genau in der Art und Weise und mit den Gesinnungen und Empfindungen, wie ich es beschrieben habe. Ich weiß, daß wir Alle nach der ersten Meile die Unbesonnenheit bedachten, deren wir uns schuldig gemacht hatten; aber Jeder war zu stolz, dem Andern seine Besorgnisse mitzutheilen. Ich sage Alle, hätte aber Jaap ausnehmen sollen, denn Nichts, was einer Gefahr gleich sah, machte dem Neger je Unruhe, wenn es nicht ein »Spuck« war. Vor Spuck fürchtete er sich, aber vor Menschen nicht.

Susquesus verrieth dieselbe Zuversicht zu seiner Kenntniß der Wälder, wie er uns Meile um Meile durch den dunkeln Forst hin führte, wie zuvor, als er uns zu der Eiche mit dem gebrochenen Wipfel geführt hatte. Im gegenwärtigen Falle führte er uns mehr nach der Sonne und der Richtung im Allgemeinen als nach vorgängiger Bekanntschaft mit den Gegenständen, an welchen wir vorbei kamen; obwohl er dreimal an diesem Tage uns auf bestimmte Dinge aufmerksam machte, die wir früher gesehen, als wir die Wälder in Richtungen durchwandert hatten, welche in mehr oder minder schrägen Winkeln die Linie unserer jetzigen Route durchkreuzten. Was uns betraf, so war es, wie wenn ein Matrose Einem einen Pfad auf dem pfadlosen Ocean zeigt. Wir hatten zwar unsere Taschenkompasse und begriffen recht gut, daß ein nordwestlich gehaltener Marsch uns ungefähr am untern Theil des George-See's herausführen werde; aber ich zweifle sehr, ob wir mit Hülfe desselben auch nur entfernt eine so gerade Linie hätten festhalten können, als mit Hülfe des Indianers.

Wir hatten, wie ich mich noch wohl erinnere, über diesen Umstand eine Erörterung unter uns, als wir etwas nach Mittag Halt machten um zu essen. Fünf Stunden lang waren wir rasch zu gewandert, so ziemlich wie der Vogel fliegt, was die Richtung betrifft; nie seitwärts ablenkend, als etwa um einem nicht zu übersteigenden Hinderniß auszuweichen; und unserer Berechnung nach mußten wir volle zwanzig von den vierzig Meilen gemacht haben, von den vierzig, die wir nach der Angabe des Onondago über die muthmaßliche Länge unseres Marsches zurückzulegen hatten. Wir hatten unsere Sehnen und Muskeln dergestalt gehärtet und gestählt, daß gewöhnliche Anstrengungen und Strapazen nicht viel Einfluß auf uns übten; dennoch muß man gestehen, daß der Indianer bei weitem der Frischeste von uns Fünfen war, als wir die Quelle erreichten, wo wir unser Mittagsmahl einnahmen.

»Ein Indianer scheint eine Nase zu haben fast wie ein Hund,« sagte Guert, als unser Hunger anfing gestillt zu werden, »das muß man gestehen. Dennoch glaube ich, Corny, ein Compaß würde einen Mann weit sicherer durch die Wälder führen, als alle Zeichen an der Rinde der Bäume und alles Schauen nach der Sonne.«

»Ein Compaß kann natürlich nicht irren; aber es wäre gar lästig, alle zwei Minuten stehen zu bleiben um nach dem Compaß zu sehen, der, wie Ihr wohl wißt, Zeit haben muß, um stet zu werden, denn sonst würde er ein Führer seyn, schlimmer als gar keiner.«

»Alle paar Minuten! Sagt einmal in der Stunde, oder höchstens jede halbe Stunde. Ich wollte mich anheischig machen, in so gerader Linie zu reisen wie der allerbeste Indianer, indem ich jede halbe Stunde einmal nach meinem Compaß sähe.«

Susquesus saß uns Dreien nahe genug, um unser Gespräch zu hören, und er verstand das Englische vollkommen, obgleich er es in der gewöhnlichen, abgekappten Art eines Indianers sprach. Ich meinte ein geheimes Zucken der Verachtung in seinem dunkeln Gesichte blitzen zu sehen, als Guert sich so berühmte; aber er äußerte Nichts. Wir beendigten unsere Mahlzeit, ruhten unsere Beine aus, und als unsere Uhren sagten, daß es ein Uhr sey, erhoben wir uns allesammt, unsern Marsch wieder anzutreten. Wir erneuerten das Pulver auf der Pfanne unserer Büchsen, eine Vorsichtsmaßregel, welche Jeder täglich zweimal beobachtete, um die Folgen der Feuchtigkeit in den Wäldern zu verhüten; als der Onondago in aller Stille hinter Guert sich hinstellte, geduldig abwartend, was diesem belieben würde zu thun.

»Wir sind alle bereit, Trackleß,« schrie der Albanier; »gebt uns wieder Richtung und Schritt an, wie zuvor.«

»Nein!« antwortete der Indianer, »der Compaß führen, jetzt. Susquesus nicht mehr sehen – blind wie ein junger Hund.«

»Oh, wollt Ihr da hinaus, wirklich? Nun, so sey es so. Jetzt, Corny, sollt Ihr sehen, welche Tugend in einem Compaß ist!«

Hierauf zog Guert seinen Compaß aus einer Tasche seines Jagdhemdes, stellte ihn auf einen Stamm; um beim Ausgangspunkt es recht scharf mit der Richtung nehmen zu können, und wartete ab, bis die zitternde Nadel ganz ruhig geworden war. Dann machte er seine Beobachtung und nahm eine große Schierlingstanne, welche etwa zwanzig Ruthen weit entfernt stand, – eine bedeutende Entfernung für das Auge in einem dichten Wald! – zu seinem Merkpunkt, stieß einen jauchzenden Ruf aus, raffte seinen Compaß auf und schritt uns voran. Wir folgten ihm natürlich und erreichten bald den Baum. Da Guert sich einbildete, jetzt ganz die rechte Richtung eingeschlagen zu haben, verschmähte er es, seine Beobachtung prüfend zu erneuen, sondern rief uns zu, weiter ihm nach zu kommen, da er schon einen andern Baum zum Führer habe und ganz in der rechten Richtung. In dieser Art mögen wir eine halbe Meile weit zugewandert seyn, und ich dachte schon, Guert dürfte am Ende triumphiren – denn mir, für meine Person, schien es in der That, unsere Marschlinie sey so gerade, als sie es nur je heute gewesen. Guert begann jetzt schon seines Erfolges sich zu rühmen und schwatzte an mich hin, über den Indianer, der zwischen uns ging, über die Schulter wegsehend. »Ihr seht, Corny, ich bin doch auch an den Busch gewohnt, und bin oft bei den Mohawks und bei ihren Jagden gewesen. Die Hauptsache ist, recht anzufangen; darnach hat man keine große Mühe mehr. Seyd nur der ersten zehn Ruthen ganz sicher, so dürft Ihr unbesorgt seyn wegen der folgenden zehntausend. So ist es im Leben, Corny, mein Junge; recht angefangen! so darf ein junger Mann ziemlich darauf bauen, daß er es auch recht hinaus führt. Ich machte beim Anfang der Bahn einen Mißgriff, und Ihr seht, welche Unlust es mir gemacht hat. Aber ich wurde mit zehn Jahren eine Waise, Littlepage; und der Knabe, der weder Vater noch Mutter hat, muß ein ungewöhnlicher Knabe seyn, um nicht, ehe er zwanzig alt wird, aus dem rechten Geleise herauszugerathen. Nun, Onondago, was sagt Ihr jetzt dazu, wenn man dem Compaß folgt?«

»Am besten, darnach zu sehen – er angeben,« antwortete Susquesus, und unsre ganze Reihe machte Halt, um Guert dieser Ermahnung nachkommen zu lassen.

»Dieser verfluchte Compaß will gar nicht herum kommen!« rief Guert, das kleine Instrument schüttelnd, um der Nadel auf den Punkt herum zu helfen, auf welchem er wünschte, sie stehen bleiben zu sehen. »Diese kleinen Teufel kommen am Ende doch gar zu gern aus der Ordnung, Corny!«

»Versucht mehrere – habt drei,« sagte der Indianer, so viel Finger, als er genannt hatte, emporhaltend, wie seine Gewohnheit war, so oft er Zahlen aussprach.

Auf diesen Wink zogen Dirck und ich auch unsre Compasse heraus, und alle drei wurden auf einen Holzblock gestellt, bei welchem wir Halt gemacht hatten. Das Resultat war, daß die drei »kleinen Teufel« aufs genaueste zusammenstimmten, und daß wir gerade in südwestlicher, statt in nordwestlicher Richtung marschirten! Guert machte bei dieser Gelegenheit beinahe eben das Gesicht, wie damals, als er vom Schnee aufstand, nachdem der Handschlitten mit uns umgestürzt war. Der Wahrheit konnte man sich nicht widersetzen; wir hatten gänzlich die Richtung verloren, ohne es zu wissen und zu merken. Der Umstand, daß die Sonne dem Zenith so nahe stand, trug vermuthlich zu unserm Mißgriff bei; aber Jeder, der das Experiment machen will, wird sich leicht überzeugen, wie leicht es ist, in der Dunkelheit und bei den Ungleichheiten eines unbetretenen Waldes die Richtung zu verlieren. Guert gab die Führerschaft auf, als ein rechter Mann, der er war, und der Indianer stellte sich wieder an die Spitze, ohne durch das leiseste Zeichen Triumph oder Mißvergnügen an den Tag zu legen. Nichts Geringeres als einen Donnerkeil bedurfte es, um die gleichmüthige Fassung dieses Onondago zu erschüttern!

Von diesem Augenblick an ging unser Marsch wieder so schnell von Statten, als er vor dem Halt gewesen war, während unsre Richtung dem Anschein nach so sicher war wie der Flug der Taube. Susquesus steuerte jedoch nicht gerade nordwestlich, wie zuvor, sondern er neigte sich mehr nördlich. Endlich, gerade als die Sonne sich den Gipfeln der westlichen Berge näherte, wurde eine Oeffnung vor uns unter den Bogen der Wälder sichtbar, und wir erkannten, daß ein See in der Nähe war und wir uns auf dem Gipfel des Hochlandes befanden, obwohl sich noch nicht genau sagen ließ, in welcher Höhe. Unser Weg hatte über Berge und durch Thäler und an kleinen Flüssen hin geführt; obwohl, wie ich nachmals erfuhr, der Hudson nicht so weit nördlich floß, daß er unsern Marsch hätte unterbrechen können; oder vielmehr, in Folge einer plötzlichen Biegung nach Westen ließ er unsre Bahn frei und offen. Hätten wir uns westlich gewendet, so hätten wir beinahe das wirklich thun können, was Oberst Follock einmal lachend meiner Mutter angerathen hatte, um die Gefahren der Powles Hook Fähre zu vermeiden – den Fluß umgangen nämlich. Jetzt zeigte sich eine Lichtung, ein wenig rechts von uns; und darauf steuerte der Indianer zu. Diese Lichtung war nicht das Werk menschlicher Arbeit, sondern die Folge von einem jener Waldzufälle, welche zuweilen dem Licht der Sonne Zugang verschaffen zu den Mysterien der Wälder. Diese Lichtung befand sich auf dem kahlen Scheitel eines felsigen Gebirges, wo ohne Zweifel Indianer oft kampirt hatten; und die Spuren ihrer Feuer bewiesen, daß die Winde von dem verschwisterten Element unterstützt worden waren, die wenigen krüppelhaften Bäume wegzuschaffen, welche einst zwischen den Felsenspalten emporgewachsen waren. Es mochte früher hier ein offner Platz, zwei oder drei Acres groß, gewesen seyn, der jetzt so nackt und kahl war, als hätte er nie eine anspruchsvollere Vegetation gekannt, als den Heidelbeerbusch oder das Geißblatt. Köstliches Wasser sprudelte von einem hohem Felsrücken herab, welcher sich nach Norden zog und in dieser Richtung den Gipfel eines ausgedehnten Gebirges bildete. Bei dieser Quelle bückte sich Susquesus um zu trinken; dann kündigte er uns an, daß unser Tagewerk vollbracht sey.

Bis zu dieser Verkündigung hatte, glaube ich, nicht einer von uns Allen sich Zeit genommen, sich umzuschauen, so ernst und schnell war unser Marsch gewesen. Jetzt aber warf jeder seinen Bündel von sich, legte seine Büchse ab, und so entlastet wandten wir uns, um uns an einer der überraschend schönsten Scenen zu ergötzen, die mir je vor Augen gekommen sind.

Nach dem, was ich gehört und gelesen habe, bin ich jetzt vollkommen überzeugt, daß die großartigsten unsrer amerikanischen Scenerien weit zurückbleiben hinter denjenigen, welche sich zwischen den Seen und Bergen der Alpen und an der beinahe wunderhaften Küste des mittelländischen Meeres finden; und ich will nicht behaupten, daß die Ansicht, die ich jetzt vor mir hatte, sich an Pracht mit manchen messen durfte, welche in jenen zauberischen Gegenden sich dem Auge darbieten. Aber doch war sie großartig und zugleich freundlich; und sie hatte einen Zug von Größe, an dem grünen Mantel von endlosen Wäldern, den man nicht oft in Ländern antrifft, welche schon lang der menschlichen Herrschaft unterworfen sind. So wie sie war, will ich versuchen, sie zu schildern.

Unter uns, in einer Entfernung von beinahe tausend Fuß, lag ein See vom durchsichtigsten und friedlichsten Gewässer, der eine schöne Mannigfaltigkeit der Gestalt zeigte in Folge von Vorsprüngen, Buchten und Krümmungen der Küsten, und einen Umfang von beinahe vierzig Meilen hatte. Wir befanden uns an seinem östlichen Rande, ungefähr doppelt so weit vom einen als vom andern der nördlichen und südlichen Endpunkte desselben entfernt. Zahllose Inseln lagen zu unsern Füßen, welche die Mischung von Land und Wasser gerade auf diesem Punkte so reizend und mannigfaltig machten, als die menschliche Einbildungskraft es nur wünschen mochte. Nach Norden dehnte sich der ruhige Wasserspiegel in weiter Ferne aus, begrenzt von felsigen Höhen, durch einen schmalen Schlund mit einer weitern und größern Seebucht zusammenhängend. Gegen Süden schloß sich der See in ovaler Gestalt ab und da und dort trat eine Insel über seinen Spiegel hervor. Nur in dieser Richtung waren Spuren menschlicher Thätigkeit und Fleißes sichtbar. Ueberall sonst boten die Schlünde, die zurücktretenden Thäler, die langen Bergketten und die kahlen Granitscheitel dem Auge Nichts dar, als die nie schwindenden und nie sättigenden Reize der Natur. So weit der Blick reichte, Berg über Berg geschichtet, war die Erde mit ihrem grünen Mantel von üppigem Laub bedeckt, so wie die Vegetation nur auf einem jungfräulichen Boden unter einer wohlthätigen Sonne es erzeugen kann. Der wellenförmige, in Schattierungen wechselnde Teppich der Erde glich einem umgekehrten Firmament, mit Wolken von Laub.

Am südlichen Ende des Sees jedoch zeigte sich eine Oeffnung von ansehnlichem Umfang in den Wald hinein, und zwar eine so vollständig, bewerkstelligte, daß wenige oder keine Bäume mehr zu sehen waren. Von diesem Punkt waren wir einige Meilen entfernt, und bei dieser Entfernung waren natürlich die Gegenstände nicht deutlich zu unterscheiden; doch gewahrten wir ohne große Mühe die Ruinen von ausgedehnten Befestigungen. Tausend weiße Flecke waren sichtbar, von welchen wir uns bald überzeugten, daß es Zelte waren, denn die Außenwerke waren Alles, was vom Fort William noch übrig war, und hier war das Heer Abercrombie's gelagert; weit die größte Streitmacht, die je in Amerika unter den Fahnen Englands versammelt gewesen war. Die Geschichte hat uns seither belehrt, daß dieß Heer die furchtbare Zahl von sechszehntausend Mann enthielt. Hunderte von Booten, große Fahrzeuge, welche vierzig bis fünfzig Mann zu fassen vermochten, bewegten sich vor dem Lager hin und her, und so entfernt wir davon waren, vermochten wir doch die Zeichen von Vorbereitungen und von nahe bevorstehenden Bewegungen zu entdecken. Der Indianer hatte uns wenigstens insoweit nicht getäuscht, sondern sich ebenso als einsichtsvoller Beurtheiler dessen was vorging, wie als treuer und zuverlässiger Führer bewährt.

Wir hatten die Nacht auf dem Berge zuzubringen. Unsere Betten waren nicht von den besten, wie der Leser sich denken kann, und unser Dach sehr leicht und luftig; doch erinnere ich mich nicht, daß ich die Augen geöffnet hätte von dem Moment an, wo ich sie schloß, bis ich am Morgen wieder erwachte. Die Anstrengung eines gewaltsam beschleunigten Marsches gewährte uns, was kein Daunenlager dem Lüstling gewähren kann, und wir schliefen Alle so tief und gesund wie Kinder. Das Bewußtsein kehrte mir zurück in Folge eines leisen Rüttelns an der Schulter, welches von Susquesus herrührte. Wie ich mich erhob, sah ich den Indianer noch neben mir stehen und sein Gesicht drückte, zum ersten Mal seit ich ihn kannte, lebhafte Freude aus. Er hatte keinen von den Andern geweckt, und er bedeutete mir, ihm zu folgen, ohne Einen meiner Begleiter aus dem Schlafe wach zu rufen. Warum gerade ich, und ich allein, so erkoren worden zum Genuß des mir bevorstehenden Schauspiels, kann ich nicht sagen, wenn nicht anders den Onondago sein natürlicher Scharfblick in Stand gesetzt hatte, die Bildungsart und die Gefühlsweise von uns drei jungen Männern zu unterscheiden und zu würdigen. Aber es war nun einmal so, und ich verließ allein das rohe Obdach, welches wir uns für die Nacht zurecht gemacht hatten.

Ein prachtvolles Schauspiel erwartete mich; die Sonne hatte eben die Berggipfel mit Gold gekrönt, während der See und die Thäler, sogar die Bergabhänge und die ganze Welt unten noch im Schatten ruhten. Es schien mir wie das Erwachen der geschaffenen Dinge aus dem Schlafe der Natur. Einen Augenblick oder länger konnte ich nur das wundervolle Gemälde anstarren, welches aus dem starken Contrast zwischen den goldnen Berggipfeln und den schattigen Abhängen derselben entsprang – den Verheißungen des Tages und den Spuren der Nacht. Der Onondago aber war zu sehr mit seinen eignen Empfindungen beschäftigt, als daß er mich nicht bald auf das hätte aufmerksam machen sollen, was ihm als der anziehendste und wichtigste Gegenstand erschien. Von seinem Finger und seinem Auge geleitet – denn er sprach nicht – richtete ich meinen Blick nach der fernen Küste von William Henry, und entdeckte sofort den Grund seiner ungewöhnlichen Aufregung. Sobald der Indianer gewiß war, daß ich die Gegenstände erblickte, die ihn so sehr anzogen, rief er mit starkem, gutturalem, emphatischem Tone:

»Gut!«

Abercrombie's Heer war wirklich in Bewegung. Sechszehntausend Mann hatten sich in Booten eingeschifft und steuerten dem nördlichen Ende des See's zu, mit achtunggebietender Macht und in schönster Ordnung. Der von keinem Windhauch bewegte Spiegel des See's war ganz gefleckt und übersät von der Flotille; hunderte von Booten durchkreuzten ihn in langen, dunkeln Linien, dem Punkt ihrer Bestimmung zustrebend mit der sichern Übereinstimmung einer Armee, die ihre Flügel entfaltet hat. Die letzte Brigade von Booten hatte gerade das Ufer verlassen, als ich zuerst dieß hinreißende Schauspiel sah und das ganze Bild lag auf einen einzigen Blick vor mir ausgebreitet da. Amerika hatte nie früher ein solches Schauspiel erlebt; und es kann lang anstehen, bis unser Welttheil wieder Zeuge eines ähnlichen wird. Einige Minuten stand ich wie verzückt; und ich sprach nicht eher, als bis die Strahlen der Sonne das dämmernde Licht, das auf der untern Welt lag, bis zu dem Fuß der westlichen Berge durchdrungen hatten.

»Was sollen wir thun, Susquesus?« fragte ich dann, wohl fühlend, wie sehr der Indianer jetzt das Recht ansprechen durfte, unsere Bewegungen zu leiten.

»Zuerst Frühstück einnehmen,« antwortete der Onondago ruhig. »Dann Berg hinab gehen.«

»Keines von Beiden aber wird uns zu dieser stattlichen Armee bringen, welcher uns anzuschließen jetzt unser Wunsch ist.«

»Sehen, gemach thun. Indianer weiß – keine Eile jetzt. Eile kommt, wenn Franzosen schießen.«

Mir gefiel weder diese Rede noch die Art wie sie gesprochen ward; aber es waren jetzt gerade zu vielerlei Dinge zu bedenken, als daß ich mich lange mit schwankenden Vermuthungen über die ausweichenden Antworten und Andeutungen des Onondago hätte beschäftigen können. Guert und Dirck wurden gerufen, um Theil zu nehmen an dem Vergnügen, welches ein solches Schauspiel Jedem nothwendig gewähren mußte. Und jetzt erst bekam ich eine rechte Vorstellung von dem wahrhaft kriegerischen Charakter Ten Eyck's – denn so muß ich ihn bezeichnen. Seine schöne, männliche Gestalt schien sich zu dehnen, sein Gesicht verklärte sich förmlich, und der Ausdruck seines Auges, gewöhnlich so voll Gutherzigkeit und muntrer Laune, schien seinen Charakter gänzlich zu verwandeln, so wild, streng und feurig wurde er jetzt.

»Das ist ein herrliches, stolzes Schauspiel, Mr. Littlepage,« bemerkte Guert, nachdem er eine Zeitlang schweigend die abgemessene, aber rasche Bewegung der Flotille betrachtet hatte, – »ein wahrhaft herrliches und stolzes Schauspiel! und es gereicht uns Dreien zum Vorwurf, daß wir so viel Zeit in den Wäldern verloren haben, wo wir hätten dort seyn sollen, bereit die Franzosen aus der Provinz zu jagen.«

»Wir kommen noch nicht zu spät, mein guter Freund, da ja noch der erste Streich geführt werden muß.«

»Ihr habt Recht, und ich werde mich diesem Heer anschließen, wenn ich auch zu den Booten hinüber schwimmen muß. Es wird für uns nicht schwer seyn, von einer dieser Inseln zur andern zu schwimmen, und die Truppen müssen mitten durch dieselben hindurch kommen um in den untern See zu gelangen. Jeder vernünftige Mann würde dann anhalten, um uns aufzunehmen.«

»Nicht nöthig,« sagte der Onondago, in seiner ruhigen Weise. »Eßt Frühstück; dann geht. Canoe angeschafft, das ist genug.«

»Ein Canoe? Bei St. Nicholas! Mr. Susquesus, ich will Euch Etwas sagen – es soll Euch nie an einem Freund fehlen, so lange Guert Ten Eyck lebt, und im Stande ist Euch beizustehen. Diese Idee mit dem Canoe ist höchst verständig und wohlüberlegt, und beweist, daß ein vernünftiger Mann für uns Sorge getragen hat. Wir können jetzt den Truppen uns anschließen, unsere Büchsen in der Hand, wie es Gentlemen und Freiwilligen ansteht.«

Mittlerweile war auch Jaap aufgestanden und gaffte mit allen Augen nach der Scene. Es ist kaum nöthig, den Eindruck derselben auf einen Neger zu schildern. Er lachte stoßweise, schüttelte den Kopf wie die Porzellanfigur eines Mandarinen, wälzte sich auf den Felsen herum, sprang auf, schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt, lachte wieder, und jauchzte zuletzt laut auf. Da wir Alle an diese Ausbrüche von Negerfreude gewohnt waren, erregten sie bei uns nur ein Lächeln und bei Dirck nicht einmal das. Der Indianer nahm von diesen natürlichen, aber nicht sehr würdevollen Zeichen des Entzückens von Seiten Jaap's so wenig Kunde, als wenn dieser ein Hund oder sonst ein unvernünftiges Thier gewesen wäre. Keine Schwäche vielleicht hätte in dem Grad seine Verachtung sich zugezogen, wie diese, wo er Zeuge war von einem so gänzlichen Mangel an Selbstbeherrschung, wie der rohe, ungezogene Neger bei dieser Gelegenheit kund gab.

Sobald unsre erste Neugier und Aufregung sich etwas gelegt hatten, machten wir uns an die nothwendige Pflicht, unser Frühstück zu uns zu nehmen. Das Mahl war bald beendigt; und die Wahrheit zu gestehen, es war nicht von der Art, daß es uns lang hätte von etwas Interessantem abziehen können. Sobald wir fertig waren, verließ die ganze Gesellschaft den Bergscheitel und folgte unserm Führer wie gewöhnlich.

Der Onondago hatte uns absichtlich an diesen ihm wohlbekannten Punkt, diesen Luginsland, geführt, damit wir die Ansicht von dessen Panorama genössen. Es war jedoch unmöglich, hier gerade an das Ufer des See's hinabzusteigen, und wir mußten einen Umweg von drei oder vier Meilen machen, um eine Schlucht zu erreichen, mit deren Hülfe wir, jedoch auch nicht ohne Schwierigkeit, unser Vorhaben ausführten. Hier fanden wir ein Rindencanoe, groß genug, um uns alle Fünf zu fassen, und wir schifften uns ohne einen Augenblick zu zögern, ein.

Der Wind war nach Süden umgesprungen, als der Tag vorrückte, und die Flotille von Booten kam mit sehr beschleunigter Schnelligkeit heran. Bis wir uns durch die Inseln hindurchgewunden und den Hauptkanal erreicht hatten, falls anders ein Paß unter so vielen diesen Namen verdiente, war das erste Boot der Armee so nahe gekommen, daß man es anrufen konnte. Der Indianer ruderte tüchtig drauf los, und die Hand schwenkend, zum Zeichen der Freundschaft, brachte er uns bald in die Nähe des Fahrzeugs. Wie wir uns jedoch demselben näherten, gewahrte ich die schöne große Gestalt Viscount Howe's, welcher aufrecht im Vordertheil stand, gekleidet in die Walduniform der leichten Infanterie, wie wenn er begierig wäre, im buchstäblichen Sinne der Vorderste bei einer Bewegung zu seyn, bei deren Gelingen die Ehre des britischen Reichs selbst, wie man wohl fühlte, betheiligt war.


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