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Jede Geschichte von Sitten und Lebensgewohnheiten hat einen gewissen Werth. Wenn die Sitten und Gebräuche mit Grundsätzen zusammenhängen, in ihrer Entstehung, in ihrer Entwicklung oder in ihrem Ausgangspunkt, so bekommen solche Schilderungen eine doppelte Wichtigkeit; und weil wir einen solchen Zusammenhang zwischen den Thatsachen und Vorfällen der Handschriften der Familie Littlepage und gewissen wichtigen Theorien unserer Zeit zu entdecken glauben, übergeben wir hiemit erstere der Welt.
Es ist vielleicht ein Fehler unseres hier vorgeführten Geschichtschreibers, daß er zu Viel auf philosophische und zu Wenig auf bescheidnere und niedrigere Kräfte und Mächte zurückführt. Die Keime großer Ereignisse liegen oft fern in sehr launenhaften und unberechenbaren Leidenschaften, Beweggründen oder Impulsen. Der Zufall wirkt gewöhnlich ebenso sehr auf das Geschick von Staaten als auf das von Individuen ein; oder wenn dabei überhaupt Berechnungen und Absichten wirksam sind, so sind es die Berechnungen und Absichten einer Macht, welche höher ist als jede menschliche.
Wir finden uns bewogen, diese Handschriften der Welt mitzutheilen, theils durch die obigen Erwägungen, theils auch in Betracht der Beziehung, in welcher die zwei Werke, die wir Satanstoe und Kettenträger nennen, unmittelbar zu der großen Tagesfrage von New-York, dem Antirentismus, stehen, welche Frage man ziemlich vollständig und gründlich in dem dritten und letzten Werke des Cyklus erörtert finden wird. Diese drei Werke, welche die sämmtlichen Handschriften der Familie Littlepage enthalten, bilden keine strenge Fortsetzung von einander als Erzählungen von zusammengehörigen Begebenheiten oder vom Schicksale von Personen, wohl aber in dem Sinne, daß die Grundsätze in einem innern Verhältniß zu einander stehen. Der Leser wird z. B. finden, daß die frühere Laufbahn, die Neigung, die Heirath von Mr. Cornelius Littlepage in dem vorliegenden Buche vollständig berichtet werden, während die Erlebnisse seines Sohnes, Mr. Mordaunt Littlepage, ebenso vollständig in dem folgenden Werke, dem Kettenträger, gegeben werden sollen. Man hofft, daß der Zusammenhang, welcher allerdings zwischen diesen drei Werken besteht, eher dazu beitragen wird, den Werth jedes einzelnen zu erhöhen, als daß er die gewöhnliche Folge der Fortsetzungen im eigentlichen, strengen Sinn hätte, welche, wie man weiß, darin besteht, das Interesse zu schwächen, welches eine Erzählung sonst wohl dem Leser hätte einflößen mögen. Jedes dieser drei Bücher hat seinen eigenen Helden, seine eigene Heldin, und seine eigenthümliche Sittenschilderung vollständig für sich, obgleich letztere durch ihre Seiten- und Gegenstücke mehr oder weniger gehoben werden mag und es wirklich wird.
Wir glauben, es bedarf keiner Entschuldigung, wenn die Frage des Antirentismus mit der größten Freimüthigkeit behandelt wird. Nach unserer Ansicht von der Sache ist das Bestehen wahrer Freiheit in Amerika, die Fortdauer der Institutionen und die Sicherstellung der öffentlichen Moral ganz davon abhängig, daß gänzlich, gründlich und unbedingt den falschen und unehrlichen Theorieen und Behauptungen ein Ende gemacht werde, welche in Beziehung auf diesen Gegenstand so keck vorgetragen worden sind. Nach unserer Ansicht ist New-York in diesem Augenblick der bei weitem am schmählichsten dastehende Staat in der Union, trotzdem daß er nie ermangelt hat, die Zinsen aus seiner Staatsschuld zu bezahlen; und seine Schmach hat ihren Grund in diesem Umstande, daß die Gesetze daselbst mit Füßen getreten werden, ohne daß irgend eine der Wichtigkeit der Sache entsprechende Anstrengung gemacht würde, sie aufrecht und in Kraft zu erhalten. Wenn Worte und Versicherungen den Ruf und Charakter eines Gemeinwesens retten und sichern können, so mag Alles noch gut stehen; aber wenn Staaten, wie Individuen, nach ihren Handlungen zu beurtheilen sind, und der Baum aus seinen Früchten erkannt werden muß, so möge uns Gott helfen!
Wir unsers Theils sind der Ueberzeugung, daß der ächte Patriotismus darin besteht, jedes öffentliche Gebrechen oder Laster offen darzulegen und dergleichen Dinge mit ihrem wahren Namen zu nennen. Der große Feind unsers Geschlechts hat binnen der letzten zehn oder zwölf Jahre unter uns mächtig um sich gegriffen, unter dem Schein und Vorwand eines verwerflichen, falschen Zartgefühls, wo es gilt, nationale Uebel und Fehler aufzudecken; und es ist an der Zeit, daß Solche, die sich nicht scheuten zu loben, wo das Lob verdient war, auch nicht zurücktreten vor der Pflicht zu tadeln, wo das Unterlassen rechtzeitiger Warnung eine Quelle der verhängnißvollsten Uebel werden kann. Der große praktische Mangel von Institutionen wie die unsrige ist der Umstand, daß um das, worum sich Jedermann kümmert, kein Einzelner sich besonders kümmert – eine Nachläßigkeit und Gleichgültigkeit welche der Thätigkeit des Schurken ein sehr gefährliches Übergewicht gibt über die langsameren Besserungsversuche des ehrlichen Mannes.