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Die Sprache der Vril-ya ist besonders interessant, weil sie, wie mir scheint, mit großer Klarheit die Spuren der drei Hauptübergänge, die die Sprache durchschreiten muß, um sich in der Form zu vervollkommnen, darlegt.
Einer der berühmtesten Philologen, Max Müller, stellt bei der Beweisführung einer Ähnlichkeit zwischen der Schicht der Sprache und der Lage der Erde das entschiedene Dogma auf: »Die Sprache kann unter keiner Bedingung flektierend sein, ohne vorher die agglutinierende Schicht durchlaufen zu haben. Keine Sprache ist agglutinierend, wenn sie nicht in der zu Grunde liegenden Schicht der Isolierung Wurzel faßt.« (»Über die Schichtung der Sprache«. S. 20.)
Wenn man die chinesische Sprache, den besten bestehenden Typus der ursprünglichen isolierenden Schicht, ins Auge faßt »als das treue Abbild eines Menschen, der am Gängelbande die Muskeln seines Geistes übend, seinen Weg tappt und so beglückt über die ersten erfolgreichen Griffe ist, daß er sie immer und immer wiederholt«Müller, a. a. O., S. 13., so haben wir in der Sprache der Vril-ya, deren Wurzeln noch an der zu Grunde liegenden Schicht hängen, die Beweise ursprünglicher Isolierung. Die einsilbigen Worte, die sie im Überflusse hat, sind die Grundlage der Sprache. Der Übergang in die agglutinierende Form bezeichnet eine Epoche, die Menschenalter hindurch gewährt haben muß und deren schriftliche Literatur nur in einigen Fragmenten symbolischer Mythologie und gewissen kräftigen Sentenzen, die zu volkstümlichen Sprichwörtern geworden sind, besteht. Mit der vorhandenen Literatur der Vril-ya beginnt die flektierende Schicht. Ohne Zweifel müssen zu jener Zeit Ursachen tätig gewesen sein, die mit dem Verschmelzen verschiedener Rassen durch irgend ein herrschendes Volk und dem Auftauchen irgend eines großartigen literarischen Phänomenes zusammenwirkten, durch das die Sprache eine feste und bestimmte Form angenommen hat. Da das flektierende Stadium dem agglutinierenden überlegen war, ist es überraschend zu sehen, um wie viel kühner die ursprünglichen Wurzeln der Sprache über die Oberfläche, die sie verbirgt, hervorragen. In den alten Sprichwörtern und Fragmenten des vorhergehenden Stadiums verschwinden die einsilbigen Worte, die jene Wurzeln bilden, zwischen Worten von kolossaler Länge, die ganze Sätze in sich fassen, von denen keins vom andern getrennt und allein benutzt werden kann. Aber als die flektierende Sprachform so weit vorgeschritten war, daß sie ihre Schüler und Lehrbücher hatte, scheinen sie sich verbunden zu haben, um alle vielsilbigen und zusammengesetzten Ungeheuer als gierige Angreifer ursprünglicher Formen auszurotten. Worte von mehr als drei Silben wurden als barbarisch zurückgewiesen, und je mehr die Sprache sich vereinfachte, um so mehr gewann sie an Kraft, Würde und Anmut. Obgleich sie im Tone jetzt sehr gedämpft ist, gewinnt sie doch gerade dadurch an Klarheit.
Durch einen einzigen Buchstaben vermögen sie, je nach seiner Stellung, alles das auszudrücken, was bei den zivilisierten Nationen unserer Oberwelt zuweilen Silben, zuweilen auch ganze Sätze erfordert. Man gestatte mir, ein paar Beispiele anzuführen. An, das ich mit Mensch übersetzen will; Ana Menschen. Der Buchstabe a schließt immer, je nach seiner Stellung, die Menge in sich. Sana bedeutet Menschengeschlecht, Ana – eine Menge Menschen. Das Vorsetzen gewisser Buchstaben ihres Alphabetes bezeichnet immer zusammengesetzte Begriffe. Zum Beispiel: Gl (bei ihnen ein einfacher Buchstabe, wie das th bei den Griechen) zu Anfang eines Wortes fügt ihm den Begriff einer Versammlung oder Vereinigung bei, wie: Oon, ein Haus; Gloon, eine Stadt (d. i. eine Versammlung von Häusern). Ata heißt Sorge; Glata eine allgemeine Trübsal. Aur-an ist die Gesundheit oder das Wohlergehen eines Menschen; Glauran, das Wohlergehen des Staats, der Gemeinde. Ein Wort, das sie beständig auf den Lippen haben, ist A-glauran) es bezeichnet ihren politischen Glauben, nämlich daß das erste Prinzip einer Gemeinde das Beste von allem ist. Aub heißt Erfindung; Sita ist ein Ton in der Musik; Glaubsila, das Wort, das Gedanken der Erfindung und musikalische Intonation in sich vereint, ist der klassische Ausdruck für Poesie – in der gewöhnlichen Umgangssprache abgekürzt: Glaubs. Na, bei ihnen wie Gl nur ein einfacher Buchstabe, bedeutet als Anfangsbuchstabe immer etwas dem Leben, der Freude oder der Bequemlichkeit Feindseliges. Nax ist Dunkelheit, Narl – Tod, Naria – Sünde oder Böses, Nas – die tiefste Stufe von Sünde und Bösem – Verderben. Beim Schreiben halten sie es für unehrerbietig, den »Höchsten« zu nennen; sie bezeichnen Ihn durch eine Hieroglyphe in Form einer Pyramide, Λ. Im Gebete rufen sie Ihn mit einem Namen an, der ihnen zu heilig ist, um ihn einem Fremden anzuvertrauen. Ich kenne ihn nicht. In der Umgangssprache benutzen sie gewöhnlich einen umschreibenden Titel, wie z. B.: der ALLGÜTIGE. Der Buchstabe V, das Symbol einer umgekehrten Pyramide, bezeichnet als Anfangsbuchstabe fast immer Hoheit oder Macht; wie z. B. Vril, worüber ich schon so viel gesprochen habe; Veed– ein unsterblicher Geist; Veedya – Unsterblichkeit. Koom (wie das Welsche Cwm ausgesprochen) bedeutet immer etwas Hohles. Koom selbst ist eine tiefe Höhle; Koom-in – ein Loch; Zi-koom – ein Tal; Koom-zi – eine Leere; Bodh-koom – Unwissenheit, wörtlich: Wissen-Leere; Koom-Pohs ist bei ihnen die Bezeichnung einer Regierung von Vielen oder das Emporkommen des Unwissendsten und Hohlsten. Pohs ist kaum zu übersetzen; es drückt, wie der Leser später sehen wird, Verachtung aus. Aber wenn die Unwissenheit der Demokratie oder Koom-Pohs in jene wilde Leidenschaft ausartet, die dem Ruine des Volkes vorausgeht, wie, um Beispiele aus der Oberwelt anzuführen während der Schreckenszeit in Frankreich oder während der fünfzig Jahre dauernden römischen Republik, die der Thronbesteigung des Augustus voranging, bezeichnen sie sie mit dem Namen Glek-Nas. Ek ist Streben; Glek – allgemeines Streben. Nas ist, wie ich bereits erwähnte, Verderben; Glek-Nas – das allgemeine verderbliche Streben. Sehr bezeichnend sind ihre zusammengesetzten Worte. So bedeutet zum Beispiel Bodh – Kenntnisse und Too bezeichnet das vorsichtige Sichnähern; Too-bodh ist ihr Wort für Philosophie. Pah ist ein Ausruf der Verachtung, Pah-bodh der Ausdruck für falsche Philosophie, der bei einer Art metaphysischer Vernunftschlüsse gebraucht wurde, die früher modern waren und darin bestanden, daß Fragen aufgeworfen wurden, die keiner Antwort wert waren; wie zum Beispiel: Warum hat der Mensch gerade fünf, warum nicht vier oder sechs Zehen an den Füßen? Hatte der erste Mensch, den der ALLGÜTIGE schuf, ebensoviel Zehen wie seine Nachkommen? Wird die Gestalt, in der ein Mensch von seinen Freunden nach dem Tode wiedererkannt wird, überhaupt noch Zehen haben, und wenn sie welche hat, werden sie körperlich oder geistig sein? Ich entnehme diese Beispiele dem Pah-bodh nicht aus Scherz oder Ironie, sondern weil die letzten Förderer dieser »Wissenschaft« sich vor viertausend Jahren über diese Frage stritten.
Die Hauptwörter wurden, wie ich hörte, früher in acht Fällen dekliniert (einer mehr als im Sanskrit); nach und nach wurden sie reduziert und dafür die erklärenden Präpositionen vervielfältigt. In dem jetzigen Lehrbuche, das mir zu meinen Studien übergeben wurde, haben die Hauptwörter vier Fälle, von denen drei verschiedene Endungen, der vierte eine abweichende Vorsilbe hat.
Einzahl | | | Mehrzahl | ||||
Nom. | An | der Mensch | | | Nom. | Ana | die Menschen |
Dat. | Ano | dem Menschen | | | Dat. | Anoi | den Menschen |
Acc. | Anan | den Menschen | | | Acc. | Ananda | die Menschen |
Voc. | Hil-An | o Mensch | | | Voc. | Hil-Ananda | o Menschen |
Der zweite Fall, der Genitiv, ist längst veraltet, er wird vom Dativ ersetzt. Sie sagen statt: das Haus eines Mannes, das Haus einem Manne. Wenn der Genitiv doch einmal (wie zum Beispiel in der Poesie) angewandt wird, hat er dieselbe Endung wie der Nominativ. Ebenso ist der Ablativ. Die Präposition, die ihn bezeichnet, besteht je nachdem als Vor- oder Endsilbe. Man wird bemerkt haben, daß die Vorsilbe Hil den Vokativ-Fall bezeichnet. Sie wird immer bei der Anrede gebraucht, außer in dem vertrautesten Verkehre, ihre Weglassung würde man als unmanierlich betrachten, gerade wie man es in unserer alten Sprachweise bei der Anrede eines Königs für unehrerbietig halten würde, zu sagen: »König«. Erst »O König« drückt den vollen Respekt aus. Da sie keine Ehrentitel haben, tritt die bittweise Anrede an ihre Stelle und wird unparteiisch einem Jeden zugestanden. Die Vorsilbe Hil verbindet sich mit dem Worte, wo es eine Entfernung umfaßt, wie Hil-ya, reisen.
In der Conjugation der Zeitwörter – ein zu umfangreicher Gegenstand, um hier näher darauf einzugehen – verrichtet das Hülfszeitwort Ya – gehen, das im Sanskrit eine so große Rolle spielt, ein verbindendes Amt, als ob es die Radikale einer Sprache wäre, von der beide Worte stammen. Aber ein anderes Hülfszeitwort von entgegengesetzter Bedeutung begleitet es und teilt seine Arbeit, nämlich Zi – stehen oder ruhen. So bezeichnet Ya die Zukunft und Zi die Vergangenheit aller Verben, die eines Hülfszeitwortes bedürfen. Yam – ich gehe; Yiam – ich will gehen; Yani-ya – ich werde gehen (wörtlich: ich gehe zu gehen); Zampoo-yan – ich bin gegangen. Ya als Endung bedeutet Übereinstimmung, Fortschritt, Bewegung. Zi als Endsilbe bezeichnet: Festigkeit, zuweilen in gutem, zuweilen in bösem Sinne, je nach dem Worte mit dem es verbunden ist. Iva-zi – ewige Güte; Nanzi – ewiges Übel. Poo (von) ist eine Vorsilbe, die Widerwillen oder etwas Unangenehmes bezeichnet. Poo-pra – Abscheu; Poo-naria Falschheit; Poos oder Posh ist, wie ich bereits erwähnte, unübersetzbar. Es ist ein Ausdruck der Verachtung mit einer leichten Beimischung von Mitleid. Diese Radikale scheint von der Tätigkeit der Lippen und dem Gefühle, das diese verursacht, herzurühren, da Poo eine Sprachweise ist, in der der Atem mehr oder minder heftig über die Lippen gleitet.
Auf der anderen Seite ist Z als Anfangsbuchstabe bei diesem Volke ein Laut, bei dem der Atem nach innen gezogen wird, weshalb Zu (in ihrer Sprache ein Buchstabe) als Vorsilbe etwas Anziehendes, Angenehmes, Gemütergreifendes ausdrückt; wie Zummer – Liebhaber; Zutze – Liebe; Zuzulia – Entzücken. Dieser nach innen gezogene Laut des Z scheint in der Tat schon an und für sich Zärtlichkeit auszudrücken.
Ich muß noch eine Eigentümlichkeit dieser Sprache erwähnen, die der Form Kraft und Kürze verleiht.
A ist bei ihnen wie bei uns der erste Buchstabe des Alphabetes und wird oft als Vorsilbe benutzt, um einem Worte den Begriff der Unumschränktheit und Oberherrschaft beizufügen. Z. B. Iva ist Güte; Diva ist Güte und Glück zugleich; A-Diva ist untrügliche und entschiedene Wahrheit. Den Wert des A in A-glauran habe ich schon bemerkt, ebenso verhält es sich bei Vril, von dessen Eigenschaften sie ihren jetzigen Standpunkt der Zivilisation herleiten; A-vril bezeichnet die Zivilisation selbst.
Die Philologen werden hieraus ersehen haben, wie die Sprache der Vril-ya der indogermanischen nahe verwandt ist; aber, wie alle Sprachen, enthält auch sie Formen und Worte, die, aus anderen Sprachen übertragen, ursprünglich eine jenen ganz entgegengesetzte Bedeutung haben. So versteht man unter Tur (ein Titel, den sie ihrem obersten Magistrat geben) in einer der turanischen verwandten Sprache Diebstahl. Sie selbst sagen, daß es ein fremdes Wort sei. Wie ihre geschichtlichen Rückblicke zeigen, ist es einem Titel entnommen, den der Häuptling einer Nation gehabt hat, mit der die Vorfahren der Vril-ya in längst vergangenen Zeiten auf freundschaftlichem Fuße gestanden hatten, die aber nun schon längt erloschen war. Sie sagen, daß, als sie nach der Entdeckung des Vril ihre politischen Einrichtungen umformten, sie absichtlich den Titel für ihren obersten Magistrat einer erloschenen Rasse und einer toten Sprache entnommen hätten, um bei diesem Amte alle Titel, die sie früher gehabt hatten, zu vermeiden.
Wenn meine Lebenszeit es mir erlaubt, so werde ich die Sprachkenntnisse, die ich während meines Aufenthaltes unter den Vril-ya erworben habe, in eine systematische Form bringen. Vielleicht reicht aber auch das schon darüber Gesagte hin, den Philologen zu beweisen, daß eine Sprache, die so viel Wurzeln in der ursprünglichen Form bewahrt, ihr augenblickliches, wenn auch vorübergehendes Stadium von so vielem Lästigen gereinigt und eine solche Vollkommenheit in der Einfachheit, verbunden mit so großem Umfange ihrer flektierenden Endformen erreicht hat, das allmähliche Werk unzähliger Jahrhunderte und vieler verschieden denkender Köpfe gewesen sein muß; daß sie sichtlich die Verschmelzung von Sprachen verwandter Geschlechter ist und, da sie das Stadium, von dem ich Beispiele gegeben habe, erreicht hatte, die fortwährende Verbesserungen eines geistig auf hoher Stufe stehenden Volkes notwendig machte. Daß die Literatur dieser Sprache trotzdem der Vergangenheit angehört, und daß der gegenwärtige glückliche Standpunkt der Ana, ein Vorwärtsschreiten in der Literatur, besonders in Dichtung und Geschichte verbietet, werde ich später Gelegenheit haben, zu zeigen.