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Aufs neue kam der Herbst und dazwischen hinein warf der Winter seine rieselnden Schneekörnlein; aber die Sonne legte sich wieder ins Mittel und stiftete für eine kurze Weile Frieden. Ueber Nacht brach jedoch bald wieder der Feind herein und nahm in völliger Ueberrumpelung die hohe Felsenburg. Da krochen die Tiere in ihre Höhlen; der Fuchs lauerte darin mit feurig glänzenden Augen, um den Fang zu erspähen; aber die Schneedecke war noch zu locker, kein Tier wagte sich darauf. Endlich wurde sie fest, die Berge legten den Eispanzer an, die scharfen Umrisse verschwanden. Eine kolossale Masse erhob sich, und die Thäler dazwischen wurden eine öde, geisterhafte Fläche. Farblos starrte die ganze Gegend; nur die Sonne funkelte in ihrem farbigen Spiele auf die Kristallbildungen des Schnee's und der Eiszapfen, die überall herniederhingen. Oft pfiff der Wind um die Bergkanten, und der feine Schneestaub flog durch die Luft, daß er fliegenden Wolken glich. Nun wagten sich auch die Tiere wieder aus ihren Höhlen und Nestern; der flüchtige Hase, das flinke Reh, die Birkhühner und all das kleine und große Getier jagten über die feste Schneedecke, denn der Wind verwehte sogleich wieder die Spuren und schützte sie vor den lauernden Feinden.
So früh war selten der Winter eingetreten, und so beharrlich hatte er auch selten seinen Posten behauptet. Mitte November zeigte er sich in voller Tücke und setzte Heinrich in Thätigkeit.
Es war an einem solchen Tage, als Heinrich mit seinem Hunde auszog. Vorsicht schien ihm jetzt am meisten geboten, denn im Thale und in der Ebene ahnte man kaum, wie gewaltig der Winter auf dem Berge regiere, und manche Wanderer hielten den Uebergang immer noch für geraten. Heinrich sang ein Lied, um einem etwa Verirrten damit das Zeichen zu geben. Deshalb hielt er nach jeder Strophe inne, stützte sich auf seinen Speer, welcher ihm als Bergstock und Waffe gegen wilde Tiere diente, und horchte. Plötzlich dünkte es ihm, einen Schrei zu vernehmen.
Er blickte forschend auf seinen Hund; auch dieser spitzte die Ohren und ward unruhig. Als der Schrei wieder herüberdrang, rannte er nach einer Richtung, blieb aber winselnd vor der dicken Schneedecke stehen und blickte Heinrich flehend an. Dieser hatte ihn vollkommen verstanden und zugleich erschien der ganze Umkreis vor seinem Geiste: jenseits der eingeschneite Weg, die täuschende Bergwindung, welche aber nur auf ein Hochplateau führte, die sich gegen diesseits mit scharfem Bergrücken in einer langen Wendung abhob.
Sogleich stieß Heinrich seinen Ruf aus. Der Hund bellte aus vollen Kräften als Signal; denselben zurückweisend, schlug der Jüngling den Weg auf der scharfen Bergkante ein. Im Sommer war es ein völlig ungefährlicher Weg; aber der Winter hatte die Abgrenzung unsichtbar gemacht und die Tiefe mit Schnee gefüllt. Heinrich kannte die Verlockung zur Abirrung am jenseitigen Wege und hatte zur Vorsicht den Rand mit Pfählen bezeichnet, die nur als schwarze Punkte hervorragten. Diesem Wegweiser folgte er vorsichtig und untersuchte vor jedem Schritte mit seinem langen Speer den Pfad. Immer sank er bis übers Knie in den Schnee, aber er arbeitete sich rasch und kräftig weiter, stieß dazwischen einen Schrei aus und vernahm als Antwort das näher und doch schwächer tönende Rufen des Verirrten, von unten jedoch Schnuffls freudiges, ermunterndes Gebell. Die Angst, zu spät zu kommen, brannte in seiner Seele, und doch vermochte er seine Schritte nicht zu beschleunigen, ohne die Gefahr für sich und den anderen zu vermehren. Endlich hatte er die Höhe erreicht, und sein scharfes, geübtes Auge entdeckte den Fremdling aus einem Turme von Schnee herausragend. Hier war der Boden eben und sicher, und Heinrich arbeitete sich rascher durch die Masse. Es war ein seltsamer Anblick, der ihm hier wurde. Ein kleiner Mann drehte sich fast tanzend in einem engen Kreise, um sich vor dem Schlafe und Erstarren zu wehren. Er hatte den Schnee sich vom Leibe geschafft und so mit unsäglicher Anstrengung ein paar Schritte Boden gewonnen. Jetzt aber war seine Kraft zu Ende, und er brach zusammen. Heinrich lud, schnell entschlossen, den kleinen Mann auf seinen Rücken und trat den Heimweg an. Wenn auch keuchend und mühsam, ging es doch sicherer durch die hinterlassenen Spuren, und sie gelangten an die Ausgangsstelle, von Schnuffl lebhaft begrüßt. Nun aber war auch Heinrichs Kraft erschöpft, der Schweiß rann von seinem Leibe, und die Glieder zitterten. Der Gerettete konnte sich hingegen auf seinen eigenen Füßen fortschleppen, und so gelangten sie zur Meierei. Er brachte den Mann sogleich in ein Bett, rieb dessen fast erstarrten Glieder, daß neue Lebenswärme in dieselben strömte, erquickte ihn mit Wein und etwas Speise, und bald legte sich der Schlaf über die müden Augen. Aber es war ein Schlaf voll fieberhafter Phantasieen. Heinrich wachte die ganze Nacht vor dem Bette und noch viele, viele Nächte, denn das Fieber war ausgebrochen und der Mann schwebte wieder bewußtlos zwischen Tod und Leben. Wenn Heinrich auf fernere Streifzüge ging, vertrat Mutter Martha seine Stelle und blickte oft furchtsam bei den fremd klingenden Worten, die der Kranke ausstieß.
Erst nach vielen Tagen brach sich das Fieber an der starken Lebenskraft des kleinen Mannes, und er kam allgemach wieder zum klaren Bewußtsein. Zu schwach für Worte, tropften die Thränen aus seinen Augen und fielen als Dank auf Heinrichs Hand; er wollte sogar dieselbe küssen, aber Heinrich zog sie mit Schrecken zurück, und ein flammendes Rot bedeckte sein beschämtes Angesicht. Als der kleine Mann sich mehr und mehr erholte, wuchs seine Lebhaftigkeit, und er war kaum zum Schweigen zu bringen. Sein Dank ergoß sich in Ausrufungen der verschiedensten Sprachen und in den lebhaftesten Bewegungen, bald gegen Heinrich, bald gegen Martha, und selbst Schnuffl bekam seinen Teil, der aber den fremden Worten und Gestikulationen anfangs entgegenheulte.
Der Mann hatte ein offenes, gutmütiges Gesicht, dem die braune Farbe des Sonnenbrandes eingeätzt schien. Seine dunklen Augen fuhren beständig herum, und sein bewegtes Mienenspiel sagte doppelt so viel, als die Worte. Es war, als ob er keinen Augenblick ruhen könnte; etwas mußte sich bewegen: Mund oder Auge, Nase oder Stirne. Nachdem die Gefahr vorüber war, hatten alle ihre Freude an ihm, und auch Jacklein setzte sich gerne und stundenlang an das Krankenbett. Als Heinrich eines Abends allein bei dem Fremden saß, frug er denselben treuherzig: »Sagt mir doch, wie heißt Ihr denn? ich möcht' Euch gern beim Namen nennen; da plaudert man viel leichter.«
»Sebastian Mosatti! Sebastian Mosatti! könnt Ihr's Euch nun merken? Bin von da drüben her, an der italienischen Grenze. Sebastian Mosatti, der Tabulettenkrämer, der Hausierer mit güldnen Kettlein und blinkenden Steinen; mit Spitzen für die Edelfrauen und Bändern für die Zofen, mit Handschuhen und Gürteln, mit allerlei! Sebastian Mosatti, das lustige Männlein, das alles weiß, was vorgeht im deutschen Land, das zu jedem Burgpförtlein hineinschlüpft wie die Maus; Sebastian Mosatti, der überall und nirgends daheim ist.«
Der Mann hatte diesen Abriß seiner Lebensgeschichte mit Lebhaftigkeit gegeben; seine Mienen und Hände hatten sich so unruhig bewegt, wie die Zunge. Plötzlich rief er mit veränderter Stimme und mit allen Zeichen des Schreckens: »Wo ist mein Wams? wo habt Ihr's aufbewahrt? All mein Gold ist hineingenäht! Gott steh' mir bei! Ist mir bis zu dieser Stunde noch nicht eingefallen vor lauter Lust und Dank, daß ich mit dem Leben davongekommen bin.«
Heinrich hatte bei den ersten Worten des Fremden Wams herbeigeholt, und nun rollten dessen lebhafte Augen, die Finger tasteten an dem Kleidungsstück, und dann rief er strahlend vor Befriedigung: »Alles richtig! Meinethalben liegt nun' der leere Kasten im Schnee begraben. Hab' in Innsbruck den letzten Rest verkauft und die schwere, hölzerne Last auf dem Rücken hätt' mich schier niedergedrückt; hab' ihn dann in der höchsten Not weggeschleudert.«
»Also, Sebastian Mosatti« – begann Heinrich.
Der Mann nickte oftmals mit dem Kopfe und wiederholte: »Mosatti, der Hausierer.«
»Also, Sebastian Mosatti, Ihr seid herumgereist in der Welt und habt davon ein gutes Stück gesehen?« forschte Heinrich.
»Will's meinen! In Städten und Burgen kennen sie all' den Sebastian, und überall ist er willkommen mit seinen schönen Sachen, lustigen Spässen und Neuigkeiten, guten und bösen, wie es eben kommt. Wollt' hinüber zu meinem Gönner, dem Grafen v. Montfort, und dann hinauf nach Hohentwyl und Konstanz, um anzufragen, dann aber gen Nürnberg zu den guten Meistern Goldschmieden. Wär' all' nichts geworden ohne Euch! Stak' nun droben im Schnee mit dem Halsband von Eis!« Und wieder ergoß sich der Fremde in Danksagungen, die ihn weich machten, daß die Augen naß wurden. Heinrich brachte ihn zur Ruhe und verließ dann hinausschleichend das Gemach.
Am nächsten Morgen, als der Fremde schon einige Stunden außer Bett war und sich ziemlich kräftig fühlte, wobei ihn die Ungeduld, weiter zu reisen, übermannte, sagte Heinrich, um ihn auf andere Gedanken zu lenken: »Sebastian, erzählt mir 'was von Euren Reisen.«
Dies war das rechte Wort. Mit sprudelnder Lebhaftigkeit begann Sebastian von seinem näheren und ferneren Vaterlande zu sprechen: von dem tiefblauen Himmel Italiens, seinen Cypressen- und Orangenwäldern; von dem Meere mit seinem ruhigen Spiegel, seinen hochaufschäumenden Wogen, den stattlichen Schiffen mit flatternden Segeln; von dem heiligen, alten, glorreichen Rom, der Siebenhügel-Stadt, von ihren Kirchen, Palästen und Ruinen; von dem prächtigen Venedig mit seinen Wasserstraßen, von Genua's lieblichem Golf. Dann zog er weiter zu dem ewigen Schnee der Schweizerberge, den leuchtenden Seen und grünen Ufern; zu dem guten, ehrlichen Schwabenlande mit all seinen Burgen und Orten; er folgte dem Rheinstrome und hielt Einkehr auf den Felsennestern, wo die Adler des Menschengeschlechtes sich angebaut hatten; er zog hinab auf dem breiten Strome zwischen den grünen Weingeländen bis zum alten heiligen Köln und weiter fort gen Amsterdam, und fort trug's ihn auf den Schwingen der Erinnerung zum breiten Donaustrome, von einem Meere zum anderen, bis er endlich zu Regensburg am Kaiserhofe anlangte, wo sich die Ritter auf feurigen Rossen tummelten und die Edelfrauen im Zwinger sich ergingen, vor denen er nun seine Ware auskramte.
Heinrich hatte kein Auge von dem Erzähler verwandt; sein Blick leuchtete, die Wangen glühten, sein Herz pochte fast hörbar; die alte Reiselust wogte darin; ihm war's, als sei er wieder ein Knabe von acht Jahren und pilgere an der Seite der Wallfahrer zu all diesen Städten. Als Sebastian schwieg, atmete der Jüngling tief auf; er war in einer fremden Welt, bis endlich der Anblick des Geretteten selber ihn an seinen Beruf mahnte und er eilig aus der Stube schritt. So oft er jedoch wieder zurückkehrte, rief er: »Erzählt, Sebastian!« und dieser hatte solch einen unerschöpflichen Schatz von Erlebnissen, daß er stets Neues zu berichten wußte.
Einmal rief Heinrich nach der glänzenden Schilderung eines Turniers: »Aber, haben die Ritter und Edelfrauen so viel Gold, daß sie es anhängen, und so viel Silber, daß sie es sogar an die Zügel der Pferde thun?«
Sebastian rief lachend: »Das sollt' ich meinen! und Edelsteine auch noch dazu.«
Heinrich seufzte, blickte zu Boden und sagte: »O, hätt' ich nur, was sie nicht brauchen!«
Sebastian entgegnete erstaunt: »Ei, zu was wollt Ihr Silber und Gold? Hier in den Bergen hilft so ein güldenes Kettlein nichts; da gibt Euch keiner Ehr' und Gruß darum. Gelüstet's Euch aber nach einem, so sollt Ihr das allerschönste von mir haben, wenn ich wieder vorspreche.«
Heinrich schüttelte traurig das Haupt und sprach: »Ich eine gold'ne Kette! Nein, Sebastian, aber Geld möcht' ich haben, daß ich hier auf dem Arlberg ein Haus bauen könnt' zur Rettung und Pflege; daß zu mir Helfer und Gesellen kämen, daß ich Speis und Trank, warme Stuben und Betten, daß ich Hunde anschaffen könnte und alles, was not thut hier oben zur Rettung Verunglückter, wie Ihr einer gewesen, Sebastian.«
Dieser war mitten in der Rede aufgesprungen; der ganze Mensch horchte, und seine Sinne arbeiteten an einem Gedanken. Dann ergriff er jubelnd seines Retters Hand und rief: »Ich hab's, ich hab's! Zieht hinaus in die Welt, sagt das alles den Grafen, Rittern und Edelfrauen. Sie werden Euch Geld geben, und ich will überall, wohin ich komme, Euren Herold machen, will erzählen, was ich auf dem Arlberg erlebt habe, und daß Ihr mein Retter gewesen seid.«
Wie ein leuchtender Strahl vom Himmel fiel es in Heinrichs Seele; vor ihm schimmerte das Gold, leuchtete der blaue Himmel, die Seen, die Flüsse, die grünen Auen und er hörte wieder Bruder Anselms Worte von dem guten Zwecke, den eine Wallfahrt haben müsse. Plötzlich lag dieser vor ihm: es war der Beruf seines Lebens. Ja, er wollte fort, um diesem Berufe zu dienen. Mit eins aber verfinsterte sich seine zuvor strahlende Miene und er sagte: »Aber – aber – man wird mir nicht glauben!«
Sebastian war ebenfalls nachdenklich geworden und Heinrich hing mit Aengstlichkeit an dessen Mienen, wo der Gedanke arbeitete, sich zu erklären schien und endlich fertig dastand. Nun rief er: »So ist's! so geht's! Nehmt Euren Weg schnurstracks zum Herzog Leopold, der in Graz Hof hält; er ist ein freundlicher, leutseliger Herr. Tretet frischweg zu ihm; laßt Euch nicht abweisen. Sagt, was Ihr vorhabt, und bittet ihn, daß er Euch ein Schreiben gebe zur Beglaubigung.«
»Ja, zum Herzog! zum Herzog! gleich jetzt!« jubelte Heinrich.
»Aber, 's ist ein weiter Weg, – und mitten im Winter.«
»Im Winter? was kann mir der Winter und der weite Weg anhaben? Ist er da draußen grimmiger, und ist der Weg schlechter, als hier auf dem Arlberge? Der Winter ist mir gut Freund, den fürcht' ich nicht! Ja, ich, Heinrich Findelkind, geh' zum Herzog nach Graz!«
Heinrich hatte keine Ruhe mehr, seit dieser Gedanke in ihm erweckt worden war. Seine Seele stand gleichsam in helllichten Flammen, und er stürzte hinaus, als ob es gelte, sie zu retten. Jacklein saß bei Mutter Martha allein in der Stube, als der Jüngling hineintrat und rief: »Jacklein, was Neues! Ich geh' zum Herzog Leopold nach Graz, damit er mir helfe, ein Haus zu bauen hier auf dem Arlberg zur Rettung der Verunglückten. Mutter Martha, richtet mir alles zurecht, daß ich reisen kann und sie mich hineinlassen zum Herzog!«
Die beiden sahen sich erstaunt an und Jacklein erwiderte: »Bist auch ganz bei Sinnen, Bub'? oder hat dich der närrische Kerl droben angesteckt mit seinem Fieber? Zum Herzog? was fällt dir ein? Meinst, da dürf' nur einer herlaufen und sagen: ich will zum Herzog? Das weiß ich besser. In den Turm werden sie dich werfen!«
Aber Heinrich sagte mit starker, frommer Zuversicht: »Gott und St. Christoph haben mir bis jetzt geholfen und sie werden mir auch weiter helfen, zum Herzog und in die Welt hinein. Ich thu's!«
Jacklein schüttelte nach seiner Gewohnheit den Kopf; aber er sprach kein Wort. Heinrichs unerschütterlicher Mut überwältigte ihn, und er hatte seit vielen Jahren gesehen, daß Gott mit ihm sei, und was er vermöge mit seinem wackeren Herzen voll Menschenliebe und Ausdauer, voll Opferfähigkeit und Mut. Aber Martha war nicht so leicht zu überreden und zu beruhigen. Sie hatte Heinrich lieb, als ob er ihr eigener Sohn wäre, und nun sah sie ihn voll sorgender Gedanken mit Fesseln belastet im Turme liegen. Sie brach in Weinen aus, faltete die Hände und betete zur Abwehr in dieser Traurigkeit und Gefahr.
Jacklein ging mit Heinrich zu Sebastian, und die drei Männer beredeten sich noch lange über diesen wichtigen Entschluß; dann begaben sich die beiden auf ihr Lager, Heinrich aber ging nochmal in die große Stube hinab.
Da saß Mutter Martha immer noch weinend am Ofen. Heinrich trat zu ihr, kniete vor ihr nieder, wie ein Knabe, und seine Worte klangen so zuversichtlich, so überzeugend, so fromm an ihr Ohr, daß sie ihr Herz berührten und sie sprach: »So geh' in Gottes und aller Heiligen Namen, derweil ich für dich bete bei Tag und Nacht.«
Am anderen Morgen war alles abgemacht. Heinrich wollte nur mehr so lange weilen, bis alles für ihn bereitet war. Jacklein versprach nach besten, aber freilich schwachen Kräften, da er nun schon ein alternder Mann sei, inzwischen seine Stelle zu vertreten, damit das angefangene Werk fortbestehe und nicht Schaden leide.
Nach einer Woche war Sebastian Mosatti völlig hergestellt. Mit einem Schwall von Worten, die aber bei dem lebhaften Männlein aus aufrichtigem, ehrlichem Herzen kamen, nahm er Abschied, gab einen reichlichen Beitrag »zum heiligen Almosen«, wie Heinrich seinen kleinen Schatz nannte, versteckte sorglich ein Geldgeschenk für Mutter Martha, damit sie es erst nach seiner Abreise fände, und schritt den Weg gen Dalaas, während Heinrich nach einem weniger wortreichen Abschiede, aber mit tiefen Empfindungen und frommen Segenswünschen begleitet, rüstig gen Innsbruck zog.