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Von der Kraft der Predigt des heiligen Franziskus und von seiner Gabe der Heilung.
1) Da Franziskus ein wahrhaft treuer Knecht und Diener des Herrn war und demnach seinem Gott in allem eifrig und vollkommen dienen wollte, so verlegte er sich besonders auf die Ausübung jener Tugenden, wovon er aus Eingebung des heiligen Geistes erkannt hatte, daß sie Gott am angenehmsten seien. In Bezug auf diesen Punkt, nämlich was Gott am angenehmsten sei, verfiel er in einen so peinlichen Zweifel, daß er Todesangst auszustehen schien. Nachdem er viele Tage im Gebete zugebracht hatte, kehrte er zu seinen vertrauten Brüdern zurück und legte ihnen seine Bedenken zur Entscheidung vor. Welchen Rath, sprach er, gebet ihr mir, oder was scheint euch lobenswerther, daß ich dem Gebete obliege oder umhergehe und predige? Ich bin ja ein geringer, einfältiger Mensch, unerfahren in der Redekunst und habe mehr die Gabe des Gebetes als des Wortes empfangen. Auch scheint mir, daß man selbst beim Gebete gewinnt und die Fülle der Gnaden empfängt, wogegen man bei der Predigt die Gaben austheilt, welche man vom Himmel erhalten hat. Beim Gebete wird der innere Mensch in allen seinen Anmuthungen gereinigt, der Geist mit dem einzig wahren und höchsten Gute vereinigt, und die Tugend gewinnt an Frische und Kraft. Bei der Predigt werden die Füße des Geistes bestaubt, hier wird man durch viele Dinge zerstreut, und die Zucht erschlafft. Im Gebete reden wir endlich mit Gott und hören seine Stimme und führen unter Engeln lebend gleichsam ein englisches Leben. Bei der Predigt muß man sich in vielen Stücken zu den Menschen herablassen, unter ihnen wie andere Menschen leben, denken, sehen, sprechen und hören. Jedoch ein Vorzug scheint im Predigtamte zu liegen, der vor Gott alle diese Vortheile des Gebetes überwiegt: daß nämlich der eingeborne Sohn Gottes, der da ist die höchste Weisheit, für das Heil der Seelen aus dem Schooße des Vaters herabstieg, um die Welt durch sein Beispiel umzugestalten und das Wort des Heils zu verkünden allen Menschen, welche er um den Preis seines heiligen Blutes erkaufen, im Bade der Wiedergeburt abwaschen und mit dem Kelche des Lebens nähren wollte. So hat der Gottmensch für sich nichts zurückbehalten, was er uns nicht freigebig geschenkt hätte. Und da wir nun Alles thun sollen, was wir an ihm, unserm erhabenen Vorbilde sehen, so scheint es Gott wohlgefälliger zu sein, wenn ich auf die Ruhe des Gebetes verzichte und hinaus an die Arbeit gehe. Obschon er nun viele Tage mit den Brüdern über den fraglichen Punkt sich unterredete, so konnte er doch keine Gewißheit darüber erlangen, welche von diesen beiden Lebensweisen Christo angenehmer sei, und welche er sonach zu wählen habe. Denn wiewohl der Heilige durch den Geist der Weissagung wunderbare Dinge erkannte, so vermochte er doch nicht durch sich selbst diesen Zweifel vollständig zu lösen. Und indem Gott den heiligen Mann über diesen Punkt nicht hinreichend erleuchtete, beabsichtigte er etwas noch Besseres: es sollte nämlich durch den Ausspruch des höchsten Richters das Verdienst der Predigt offenbar und die Demuth des Dieners Christi bewahrt werden. Dieser wahrhaft Kleine, der vom höchsten Lehrer Großes gelernt hatte, schämte sich nicht, die Kleinen um Kleines zu fragen. Denn mit ganz vorzüglichem Eifer pflegte er zu erforschen, auf welchem Wege und in welcher Weise er Gott nach seinem Wohlgefallen vollkommen dienen könnte. Dies war, so lange er lebte, seine höchste Philosophie, dies seines Herzens innigstes Verlangen, daß er Weise und Einfältige, Vollkommene und Unvollkommene, Jung und Alt fragte, wie er am besten den Gipfel der Vollkommenheit erklimmen könnte.
2) Um nun, wo möglich, von diesem quälenden Zweifel frei zu werden, schickte der Mann Gottes zwei seiner Brüder zu dem Bruder Silvester mit dem Auftrage, in dieser Herzensangelegenheit Gott um Rath zu fragen und ihm dann mitzutheilen, was Gott ihm zu antworten sich gewürdigt habe. Bruder Silvester beschäftigte sich damals auf einem Berge bei Assisi fortwährend mit dem Gebete; er war es, der früher aus dem Munde des Heiligen ein Kreuz hatte hervorgehen sehen. Auch der heiligen Jungfrau Klara gab er den Auftrag, sie solle vermittelst einer ihrer reinsten und demüthigsten Jungfrauen den lieben Gott in derselben Angelegenheit um Rath fragen lassen, während sie selbst mit den andern Jungfrauen zu demselben Zwecke ihre Gebete zum Himmel senden möchte. Vom heiligen Geiste erleuchtet, verkündet der ehrwürdige Priester und die gottgeweihte Jungfrau ganz dieselbe Entscheidung, nämlich, es sei Gottes Wille, daß Franziskus als Herold Christi ausgehe zu predigen. Als er nun von den heimkehrenden Brüdern den Willen Gottes knieend erfahren hatte, erhebt er sich sogleich, umgürtet sich und geht unverweilt von dannen, um den Völkern zu predigen. Bei der Ausführung des göttlichen Befehles zeigt er eine solche Geschwindigkeit, einen solchen Feuereifer, als sei die Hand Gottes über ihn gekommen und er mit einer Kraft vom Himmel ausgerüstet. –
3) Auf dieser seiner Missionsreise kam der Mann Gottes nahe bei Bevagna an einen Ort, wo sich eine große Menge verschiedenartiger Vögel angesammelt hatte. Als er sie gewahrte, lief er hurtig zu der Stelle, und grüßte sie, als hätten sie Vernunft gehabt und ihn verstehen können. Alle warteten auf ihn und neigten sich zu ihm; und die im Gebüsche waren, beugten, wo er sich ihnen näherte, ihre Köpfe und sahen in wunderbarer Weise auf ihn, bis er zu ihnen gekommen war. Dann ermahnte er sie sorgfältig, das Wort Gottes zu hören, und sprach: Ihr Vögel, meine Brüder! gar sehr müßt ihr euren Schöpfer loben, der euch mit Federn bekleidet und Flügel zum Fliegen gegeben, die reine Luft geschenkt hat und euch ohne eure Sorge und Mühe alles so liebevoll gewährt. Während dieser Anrede zeigten die Vögel durch verschiedene Geberden in bewunderungswürdiger Weise ihre große Freude; sie streckten die Hälse, erhoben die Flügel, öffneten den Schnabel und sahen den Prediger aufmerksam an. Nachdem er die Anrede vollendet, ging er, von der Gluth des Geistes mächtig erfaßt, mitten durch die Vögel hindurch und berührte sie mit seinem Kleide. Jedoch kein Vogel entfernte sich von seinem Platze, und erst dann flogen sie gemeinschaftlich davon, als der Mann Gottes sie gesegnet und ihnen die Erlaubniß zum Fortfliegen gegeben hatte. Seine Begleiter waren auf dem Wege stehen geblieben und hatten die ganze wunderbare Scene geschaut; zu ihnen zurückgekehrt, klagte er sich in seiner Einfalt und Herzensreinheit an, den Vögeln nicht früher gepredigt zu haben.
4. Der heilige Vater durchwanderte nun die Nachbarorte und predigte überall. Auf dieser Reise kam er auch zu einem Flecken, Alvano genannt. Hier versammelte er das Volk und schickte sich an, den Gläubigen das Wort Gottes zu verkünden. An diesem Orte war eine Menge Schwalben, die ein solches Gezwitscher machten, daß man den Prediger nicht verstehen konnte. Er wandte sich nun vor allen Zuhörern an die Schwalben und sprach zu ihnen mit lauten Worten: Ihr Schwalben, meine Schwesterchen! es ist jetzt Zeit, daß auch ich einmal rede; denn ihr habt bis jetzt hinreichend gesprochen. Höret jetzt das Wort Gottes an und haltet euch ruhig, bis die Predigt vollendet ist. Es war, als hätten die Schwalben diesen Befehl verstanden; denn augenblicklich schwiegen sie still und entfernten sich nicht von der Stelle, bis die ganze Predigt vollendet war. Staunen ergriff alle Anwesenden, und alle lobten Gott. Der Ruf dieses Wunders verbreitete sich überall, und erweckte bei Vielen Hochachtung und Verehrung gegen den Heiligen. Hiervon ein Beispiel.
5) In der Stadt Paris wohnte ein gut gearteter Student, der sich nebst seinen Genossen recht fleißig auf die Erlernung der Wissenschaften verlegte, aber beim Studiren durch das fortwährende Zwitschern einer Schwalbe sehr gestört wurde. Er sagte nun zu seinen Mitstudenten: Das ist gewiß eine von jenen Schwalben, welche den Mann Gottes Franziskus einmal während der Predigt so lange belästigten, bis er ihnen Stillschweigen auflegte. Hierauf wandte er sich zu der Schwalbe und sprach vertrauensvoll: Im Namen des Dieners Gottes Franziskus befehle ich dir, daß du sogleich stillschweigest, und zu mir kommest. Sobald das Thierchen den Namen Franziskus hörte, schwieg es augenblicklich, als wäre es in der Schule des Mannes Gottes gewesen, und flog dem Studenten zutraulich auf die Hand. Dieser wurde von Staunen ergriffen, ließ dann die Schwalbe wieder fliegen, hörte aber niemals mehr ihr Zwitschern.
6) Auf seiner Missionsreise kam der Diener Gottes auch nach Gaëta und predigte dort am Gestade des Meeres. Aus Verehrung gegen ihn läuft das Volk schaarenweise auf ihn zu, um ihn zu berühren. Aber der demüthige Knecht Christi hatte einen Widerwillen an solchen Ehrenbezeugungen, und um denselben zu entgehen, sprang er in eine Barke, die am Ufer lag. Die Barke aber, als hätte sie Verstand gehabt, entfernte sich von sich selbst ohne irgend einen Ruderer vor den Augen der staunenden Menge eine große Strecke weit vom Gestade. Hier auf hoher See mitten unter den Wogen blieb sie so lange unbeweglich stehen, als der heilige Mann der lauschenden Menge predigte. Nach beendigter Predigt gab er der Menge und dem Schifflein seinen Segen, und nun zog sich die Barke wieder von selbst an's Gestade zurück. Wer möchte nun wohl so verkehrten und verstockten Herzens sein, daß er die Predigt des heiligen Franziskus verachte, da ja durch seine wunderbare Kraft nicht blos Thiere Zucht annahmen, sondern auch leblose Körper dem heiligen Prediger sich dienstbar zeigten?
7) Wohin immer der Diener Gottes Franziskus ging, stand ihm der zur Seite, der ihn gesalbt und gesandt hatte, nämlich der Geist des Herrn, die wesentliche Kraft Gottes, und Christus, die göttliche Weisheit. Durch diesen Beistand kam es, daß er gesunde Lehre vortrug und durch große Wunderzeichen glänzte. Sein Wort war wie ein verzehrendes Feuer, das Innerste der Herzen durchdringend und die Gemüther aller mit Bewunderung erfüllend; es trug nicht das Gepräge menschlicher Kunst an sich, sondern athmete den wohlriechenden Hauch der göttlichen Offenbarung. Daß der heilige Geist es war, der durch ihn redete, erhellt klar aus folgender Begebenheit. Einmal sollte er vor dem Papste und den Kardinälen predigen. Auf Zureden des Bischofs von Ostia hatte er sich zu diesem Zwecke eine Predigt sorgfältig ausgearbeitet und dem Gedächtnisse wohl eingeprägt. Wie er nun in der Mitte dieser hehren Versammlung stand, um Worte der Erbauung an die Zuhörer zu richten, hatte er Alles so vollständig vergessen, daß er auch nicht ein Wort hervorzubringen vermochte. Ganz offen und mit aufrichtiger Demuth macht er die hohen Persönlichkeiten mit seiner Lage bekannt, und kniet dann nieder, die Gnade des heiligen Geistes anzurufen. Nach einem kurzen Gebete erhebt er sich und beginnt zu reden; aber plötzlich entströmen seinem Munde so kräftige Worte, und mit solch gewaltiger Kraft bringt er die Herzen dieser hochgestellten Personen zur Zerknirschung des Geistes, daß Allen es einleuchtet, nicht Franziskus, sondern der Geist des Herrn sei es, der durch seinen Diener redete. Er brauchte aber auch den Vorwurf eines Tadlers nicht zu fürchten, wenn er ganz freimüthig die Wahrheit predigte; denn was er Andern mit Worten empfahl, hatte er selbst schon zuvor im Werke vollbracht. Die Vergehungen gewisser Personen sachte zu berühren, kannte er nicht, wohl aber sie zu geißeln; er bemäntelte nicht das Leben der Sünder, sondern tadelte sie mit harter Rüge. Mit derselben Kraft des Geistes redete er vor Großen und vor Kleinen, mit derselben Bereitwilligkeit und Anmuth des Herzens predigte er vor Wenigen und vor Vielen. Leute beiderlei Geschlechtes von jedem Alter und jedem Stande, eilten herbei, den neuen Mann zu sehen und zu hören, den der Himmel in die Welt gesandt hatte. Er durchwanderte viele und verschiedene Gegenden und predigte überall mit Feuereifer; der Herr aber unterstützte seinen Diener und bekräftigte dessen Wort durch die darauf folgenden Wunder. Denn in Kraft des Namens Jesu Christi trieb Franziskus, der Herold der Wahrheit, die Teufel aus, heilte die Kranken und was noch mehr ist, erweichte durch die Gluth seiner Worte die Herzen der verstockten Sünder zur Buße und brachte Gesundheit den Leibern und den Seelen. Hier einige Beispiele zur Bestätigung des Gesagten.
8) In der Stadt Tuscanella nahm ein gewisser Soldat mit großer Ehrfurcht den Heiligen als Gast in sein Haus. Dieser Soldat hatte einen einzigen Sohn, der von Geburt an verwachsen war. Er bat nun seinen Gast recht inständig, er möchte doch sein unglückliches Kind mit der Hand aufheben. Der Heilige willfahrte diesen Bitten und hob den Knaben auf. Nun siehe! plötzlich werden vor den Augen aller die Glieder des Knaben gerade und kräftig, er fühlt sich gesund und stark, steht auf, geht und springt umher und lobt Gott. –
9) In Narni machte er einen Gichtbrüchigen, der an all seinen Gliedern gelähmt war, vollständig gesund, indem er auf dringendes Ersuchen des Bischofs das Zeichen des heiligen Kreuzes vom Kopfe bis zu den Füßen über ihn machte.
10) Im Bisthum Rieti brachte ihm eine Mutter unter Thränen ihren Sohn, der schon seit vier Jahren derartig geschwollen war, daß er auf keine Weise seine eigenen Beine sehen konnte. Franziskus berührte den Knaben mit seinen heiligen Händen, und augenblicklich war derselbe wieder gesund.
11) In der Stadt Orta war ein so verkrüppelter und verwachsener Knabe, daß Kopf und Füße ihm zusammengewachsen und einige Knochen gebrochen waren. Auf die thränenvollen Bitten der Eltern nimmt Franziskus das Kind in seine Arme; augenblicklich nehmen die Glieder ihre rechte Lage an, und das Kind ist von seinem Uebel befreit. –
12) Einer Frau in der Stadt Gubbio waren die beiden Hände so verwachsen und verdreht, daß sie auch nicht das Geringste damit thun konnte. Der Mann Gottes bezeichnet sie nun im Namen des Herrn mit dem heiligen Kreuze, und augenblicklich ist sie vollkommen geheilt, geht darauf unverzüglich in ihr Haus und bereitet, wie eine andere Schwiegermutter des Simon Petrus, ihrem Helfer und anderen Armen mit eigenen Händen ein Mahl.
13) Zu Bevagna lebte ein blindes Mädchen; der Heilige bestreicht im Namen der hl. Dreifaltigkeit die Augen desselben dreimal mit seinem Speichel, und alsbald ist es sehend.
14) In der Stadt Narni war eine blinde Frau; Franziskus bezeichnet sie mit dem heiligen Kreuze, und sie erhält augenblicklich ihr Augenlicht zurück.
15) In Bologna hatte ein Knabe das eine Auge derartig mit einem Flecken überzogen, daß er mit demselben durchaus nichts zu sehen vermochte, auch nirgends ärztliche Hülfe finden konnte. Der Heilige machte nun von dem Kopfe bis zu den Füßen das Kreuzzeichen über denselben, und alsbald war des Knaben Auge vollständig gesund. Nach seinem Eintritte in den Franziskanerorden versicherte derselbe, er könne mit dem wunderbar geheilten Auge weit besser sehen als mit dem anderen, das immer gesund gewesen war.
16) Auf der Burg des heiligen Geminian ward der Diener Gottes von einem frommen Manne, dessen Frau vom bösen Geiste besessen war, zu Gaste geladen. Nach kurzem Gebete befahl er nun in Kraft des Gehorsams dem Teufel auszufahren; und augenblicklich verließ er, durch die Kraft Gottes gezwungen, seine Wohnung. Hieraus kann man fürwahr erkennen, daß die Hartnäckigkeit der bösen Geister der Kraft des heiligen Gehorsams nicht zu widerstehen vermag.
17) In der Stadt Kastella war eine gewisse Frauensperson von einem bösen Geiste besessen, der sie zu den größten Rasereien trieb; der heilige Mann befahl dem Teufel auszufahren, und sogleich ging er wüthend von dannen; die Frau aber war leiblich und geistig geheilt.
18) Ein gewisser Ordensmann war von einem so schrecklichen Uebel befallen, daß Viele es vielmehr für eine Plage des Teufels, als eine natürliche Krankheit hielten: er wurde nämlich oftmals mit dem ganzen Leibe hin und her geworfen, wobei er heftig schäumte; bald wurden ihm die Glieder zusammengezogen, bald auseinander gerissen, bald wie zum Knäuel gewunden, bald verdreht, bald kalt und steif; bald war der ganze Leib gewaltsam ausgestreckt und kalt, die Füße über den Kopf geschlagen; in dieser Lage wurde er in die Höhe gehoben und fiel alsbald schrecklich zu Boden. Der Diener Christi, von Mitleid erfüllt, erbarmte sich des elenden und unheilbaren Kranken und schickte ihm ein Stückchen Brodes, von dem er eben aß. Sobald der Kranke den Bissen genommen hatte, fühlte er sich augenblicklich von seinem Uebel befreit, und ward niemals wieder von demselben heimgesucht.
19) In der Grafschaft Arezzo litt eine Frau schon mehrere Tage an Geburtsschmerzen und war dem Tode nahe; und hätte Gott nicht wunderbar geholfen, so wäre für ihre Heilung keine Hoffnung gewesen. Der Diener Christi kam auf seinen Missionsreisen gerade durch diese Gegend, und der Weg führte an dem Landhause vorbei, wo die erwähnte Frau so krank darnieder lag. Wegen großer Schwäche war der Heilige genöthigt, die Reise zu Pferde zu machen. Als nun die Leute des Ortes das Pferd sahen, auf dem er ritt, nahmen sie demselben die Zügel ab und legten sie auf die kranke Frau. Sobald nun die Zügel den Leib der Frau berührten, war alle Gefahr vorbei, und nach einigen Augenblicken brachte sie bei voller Gesundheit ihr Kind zur Welt.
20) Ein gewisser frommer und gottesfürchtiger Mann trug einen Gürtel bei sich, den der heilige Vater gebraucht hatte. In dem Orte, wo der gedachte Mann wohnte, gab es viele Kranke beiderlei Geschlechtes, welche an verschiedenen Krankheiten litten. Er ging nun in die Häuser der Kranken, tauchte den Gürtel in Wasser und gab dieses Wasser den Leidenden zu trinken; sehr viele Kranke wurden durch dieses Wasser geheilt. Auch wenn Kranke von dem Brode aßen, das der Mann Gottes berührt hatte, erhielten sie durch Wirkung der Kraft Gottes schnell die Gesundheit wieder. Da nun der Herold Christi durch diese und viele andere Wunderzeichen bei seinen Predigten glänzte, so lauschten die Leute seinen Worten, als redete ein Engel des Herrn. Und in der That, die ihm verliehene außerordentliche Kraft, der Geist der Weissagung, seine großen und zahlreichen Wunder, der göttliche Ruf zum Predigtamte, der Gehorsam der unvernünftigen Geschöpfe, die mächtige Umwandlung der Herzen durch sein Wort, seine Unterweisung, nicht durch menschliche Gelehrsamkeit, sondern durch den heiligen Geist, die ihm vom Papste zufolge göttlicher Offenbarung ertheilte Vollmacht zu predigen, überdies die Bestätigung der Regel, von demselben Statthalter Christi gegeben, in der die Weise zu predigen ausdrücklich aufgestellt wird, endlich die Wundmale des höchsten Königs, seinem Leibe wie ein Siegel aufgedrückt: dieses sind zehn Zeugnisse, welche der Welt unleugbar bestätigen, daß der Herold Christi, Franziskus, ehrwürdig sei wegen seines Berufes, durchaus glaubwürdig in seiner Lehre, wunderbar in der Heiligkeit, daß er somit als ein wahrer Bote Gottes das, Evangelium Christi gepredigt habe.