Georg Bötticher
Allerlei Schnick-Schnack
Georg Bötticher

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Die Mär vom Ritter Hammelsterz
und seiner Gotelinde.

          Vernehmt die Mordgeschichte
Vom Ritter Hammelsterz,
Der freundlich von Gesichte,
Doch falsch und schwarz von Herz.

Sein Ehgemahl, die gute
Und fromme Gotelind,
Hatt' eine Karpfenschnute
Und schielte wie ein Stint.

Auch war sie krumm von Beinen
Und hinkte noch dazu – –
Und dennoch – sollt man's meinen! –
War er auf sie schaluh!

Und wenn ihn – völlig grundlos –
Die Wut drob überkam,
Ließ er auf sie den Hund los
Und schimpfte ganz infam.

Damit noch nicht zufrieden,
Ließ dieser Mordsbarbar
Sich einen Käfig schmieden,
Von Eisen ganz und gar.

In diesen Käfig setzt' er
Die Frau, der Bösewicht;
Vorher jedoch benetzt' er
Mit Honig ihr Gesicht,

Worauf er in die Sonne
Den Käfig dann gerückt –
Den Fliegen eine Wonne,
Die furchtbar sie zerpickt!

Die Sache ward dem Paare
Allmählich ganz gewohnt:
Drei-, viermal war im Jahre
Bei ihnen »Honigmond.« –

Ach, leider ist kein Zweifel
An dieser Schändlichkeit:
Niedeggen in der Eifel
Zeigt noch den Käfig heut.

Und wenn im Forschensdrange
Ihr nach dem Honig fragt:
Den freilich hat schon lange
Der Zahn der Zeit zernagt.

's ist, wie man's stets befindet
In all und jeden Eh'n:
Der Honig – der verschwindet,
Der Käfig – bleibt bestehn
.


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