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»Liebe des Vaterlands,
Liebe des freien Manns –«
(Nationalhymne.)
Franz Vogt hatte sich den Tag seiner Entlassung aus dem Festungsgefängnis auf den Anfang des Februar ausgerechnet. Er wünschte sich dazu eine klare Sonne am strahlenden, blauen Winterhimmel, einen derben Frost und knirschenden Schnee auf der Erde.
Wirklich fügte sich alles nach seinem Wollen. Der kecke Vorfrühling, der den Festungsgefangenen auf dem großen Exerzierplatz bei der Arbeit bereits warm gemacht hatte, wurde in einer einzigen Nacht wieder von dem legitimen Winter verdrängt. Der Schnee knirschte unter den Sohlen, der Hauch gefror im Augenblick und behängte den Bart mit Eiszapfen, und an dem blauen Himmel strahlte eine schöne, klare Sonne.
Aber als sich die schweren Tore des Gefängnisses öffneten, streifte Vogt die winterliche Pracht mit keinem Blicke. Er dachte an Wolf, den sie bei seinem Fluchtversuch niedergeschossen hatten. Er selbst hatte den Toten, dessen Schädel von dem Geschoß gleichsam auseinandergesprengt war, mit aufgehoben.
Nun, vielleicht war dieses rasche Ende das beste für den Kameraden gewesen. Er war nun der verhaßten, langen und unerträglichen Gefangenschaft ledig, er war ganz frei. –
Vogt wurde von einem Sergeanten nach der Garnison zurückgebracht. Fast zwei Monate hätte er noch 728 nachzudienen gehabt, – denn die fünf Monate der Haft kamen nicht auf die Dienstzeit in Anrechnung, – aber da der Vater gestorben war, mußte er wohl oder übel entlassen werden, damit das herrenlose Gut daheim nicht verwahrloste.
Es dauerte ein paar Tage, bis die Förmlichkeiten erfüllt waren. Man wußte in der Batterie nicht recht, was man in dieser Zeit mit ihm anfangen sollte. Es hatte wenig Zweck, ihn im Frontdienst zu verwenden, zur Zeit der Batteriebesichtigung war er ja doch längst entlassen. So haspelten sich für ihn die Tage langsam zwischen Kammerdienst, Wachestehen und ein paar Mal Exerzieren herunter.
Der Kanonier Vogt tat ordentlich und gehorsam alles, was ihm geheißen wurde. Aber das geschah nicht mehr mit der freien, offenen Bereitwilligkeit, die ihn früher zu einem so guten Soldaten gemacht hatte. Der frische, treuherzige Bursche war durch seine Strafe in einen finsteren, verschlossenen Menschen verwandelt worden.
Die Kameraden seines Jahrgangs waren längst in alle Winde zerstreut. Gustav Weise war der einzige, der noch davon ausgehalten hatte. Er trug seine Unteroffizierstressen mit Würde und begegnete Vogt mit einer verschämten, gönnerhaften Vertraulichkeit. Aber der Kanonier verhielt sich ablehnend und durchaus respektvoll gegen ihn, wie es sich einem Vorgesetzten gegenüber schickte.
Eines Abends sagte Käppchen, der Schreiber, der in dem raschen Wechsel der Batteriechargen der allein Beständige zu sein schien: »Vogt, Ihre Papiere sind eingetroffen. Morgen können Sie gehen.«
Vogt antwortete: »Zu Befehl, Herr Unteroffizier.«
Er war allein in Stube IX, als er am 729 Entlassungsmorgen seinen Zivilanzug anlegte. Die Batterie war zum Gesamtfußexerzieren auf dem Exerzierplatz. Er nahm sich Zeit beim Umkleiden. Was hatte er auch zu versäumen? Draußen wartete niemand auf ihn, gleichwie ihn hier nichts und niemand festhielt. Er stand ganz allein in der großen Welt. Wohin er auch kam, es gab keine Augen, die sich freuten, und von wo er ging, er hörte kein freundliches Wort des Abschieds hinter sich.
Von der Tür aus umfaßte er die kahle Kasernenstube noch einmal mit einem Blicke. Einmal hatten ihm diese grauen Wände so etwas wie eine Heimat bedeutet, damals, als der treue Klitzing sein Schranknachbar gewesen war. Aber das war längst vorbei.
Er schritt die Treppe hinunter und ging zum hinteren Tore hinaus. Auf dem Hofe war die Batterie vom Exerzieren wieder eingerückt. Hauptmann von Wegstetten stand vor der Front und redete mit seiner hellen Stimme von dem, was noch nicht geklappt hatte und was er besser gemacht wissen wollte.
Vogt zog seinen Hut, und der Batteriechef legte flüchtig die Hand an den Mützenschirm. Der Gruß sah beinahe verlegen aus.
Es war auch eine verkehrte Welt. Wegstettens Augen blieben zufällig auf Gustav Weise haften, der als rechter Flügelunteroffizier des ersten Zuges eingeteilt war. Es wäre unrecht gewesen über ihn zu klagen. Weise tat seine Pflicht sehr brav. Aber der Hauptmann hätte doch lieber an seiner Stelle einen Unteroffizier Vogt gesehen.
Vor Weise stand Oberleutnant Brettschneider als Führer des ersten Zuges. Es hatte den Anschein, als wollte er mit seinem steifen Hals und mit seinem hocherhobenen Kopf den ungeheuren Abstand andeuten, der ihn von den Mannschaften trennte. Zwischen dem 730 Offizier und seinen Untergebenen bestand aber auch nicht der geringste Zusammenhang.
Und wiederum blickte der Batteriechef finster drein. Es konnte einer auf Kriegsakademie in Taktik und Kriegsgeschichte ganz außerordentlich geglänzt haben, und er war doch kein Frontoffizier von wirklichem Nutzen, geschweige denn ein brauchbarer Erzieher der Mannschaften zu militärischer Tüchtigkeit und zu überzeugtem Patriotismus. –
Als Vogt auf dem Bahnhofe ankam, war der Zug, den er hatte benutzen wollen, bereits abgefahren.
Nun, das machte nichts aus. Er wartete eben auf den nächsten.
Der trübe Februartag neigte sich seinem Ende zu, als er die Landstraße nach dem Heimatdorfe hinaufschritt. Ohne Freude sah er die vertrauten Einzelheiten der Gegend aus dem Nebel hervortreten. Er streifte die Äcker neben der Chaussee mit flüchtigen, mürrischen Blicken, und als jenseits des Flusses die Burg der Kreisstadt auftauchte, von dem bewaldeten Tal eingerahmt und im verschwommenen Dunste noch gewaltiger und stattlicher herüberprunkend als im klaren Lichte, schaute er kaum zur Seite.
Vor dem Einnehmerhaus stand er einen Augenblick still. Die verstaubten Fenster blickten ihn tot und fremd an, und die verschlossene Tür über der abgetretenen Sandsteinschwelle schien ihn zurückzuweisen.
Die kleine Seitenpforte im Hoftor war nur angelehnt. Franz Vogt betrat sein väterliches Erbe.
Gerade schlürfte der alte Maurerinvalid Wackwitz mit seinem Holzbein über den Hof, einen Eimer gedämpfter Kartoffeln tragend.
»Hier hat niemand nischt zu suchen!« fuhr er den Eindringling an. 731
Dann erkannte er den »jungen Herrn Vogt« Er führte ihn sogleich in den Stall und wies ihm in seiner täppischen, geschwätzigen Art das gute, glatte Aussehen der Kühe und das weiße, appetitliche Fett der Schweine. Aber den sollte man auch noch finden, der sich solche Mühe mit dem Vieh gab wie er! Und sparsam war er dabei mit dem Futter umgegangen, trotzdem der Gemeindevorstand nicht gerade reichlich zugemessen hatte!
Vogt hörte gedankenlos zu. Er nickte zu allem, was der redselige Alte sagte. Es war auch richtig, – die Tiere sahen wohlgehalten aus.
Er klopfte der Rotschecke, die hochtragend in ihrem Stande lag und ihm behaglich wiederkäuend den Kopf zukehrte, leicht die straffe Lende.
Aber er wurde ein Unbehagen nicht los. Er schob mit dem Fuße ein Stück Streu von der Stallgasse und vermied ängstlich die Düngerspuren auf dem Pflaster des Hofes.
Auf dem Gemeindeamt ließ er sich die Schlüssel zum Hause aushändigen. Eine dumpfe, kalte Luft schlug ihm im Flur entgegen, und aus jeder Stube drang derselbe, eingesperrte, erkältende Hauch. Ein dicker Staub lag überall auf Dielen und Möbeln.
In den Zimmern war kein Stück des Hausrats vom Platze bewegt worden, und kein Bild hing einen Zoll anders an der Wand, aber es schien Vogt, als seien die Stuben leer und die Wände kahl. Er schauerte vor Frost und in dem Gefühl seiner Verlassenheit.
Vorn in der früheren Dienststube stand der schlichte Lehnstuhl des Vaters eng an den Tisch herangerückt, und unter die Schmalseite war der Schemel geschoben, auf dem der Sohn gewöhnlich dem Vater gegenüber gehockt hatte. Es sah nicht anders aus, als ob die beiden nur einmal über die Felder gegangen wären und im 732 Augenblick zurückkehren würden. Aber das Gefühl, zu Hause zu sein, wollte sich auch hier nicht einstellen.
Franz Vogt sah sich traurig um. Es war alles wie früher. Das kleine Schiebfenster klapperte immer noch, wenn der Wind an den Scheiben rüttelte, und in der Ecke lehnte die Stange mit dem rotweißgestreiften Geldbeutel. Aber der Vater lag auf dem Friedhofe unter den hochaufgeschichteten lehmigen Schollen seines frischen Grabes, und er, der Sohn, stand in dem väterlichen Hause als ein Fremdgewordener.
Langsam ließ er sich in dem Lehnstuhl nieder. Es kam ihm wie eine Anmaßung vor, und es war doch nichts als ein rechtmäßiges Inbesitznehmen.
Er saß lange, den Kopf in die Hand gestützt. Draußen war der Abend herabgesunken, und an den vorüberknarrenden Lastwagen baumelten kleine, trüb brennende Laternen zwischen den Vorderrädern. Manchmal trug auch das Sattelpferd das matte, schaukelnde Licht am Kummet.
Das Brüllen des Viehs schreckte ihn aus seinem Grübeln auf.
Er hatte den alten Invaliden mit einem guten Trinkgeld abgelohnt. Denn er wollte es ebenso wie der Vater halten, alle Arbeit selbst verrichten.
Er gab den Tieren das Futter, das noch vom Mittag bereit stand. Für ihn selbst indessen war keine Rinde Brot, kein bißchen Butter im Hause. Er machte sich in der Dunkelheit auf den Weg ins Dorf und konnte von Glück sagen, daß der Bäcker seinen Laden noch nicht geschlossen hatte und daß ihm ein Nachbar ein Stückchen Butter abließ.
Und als er sich, todmüde von den wechselnden Eindrücken des Tages, zur Ruhe legen wollte, fehlten die Laken auf dem Lager. Er hatte keine Lust, noch in dem 733 Wäschespind herumzukramen, und kroch mißmutig unter die rauhe Wolldecke.
Am Morgen hörte er abermals das unzufriedene Murren der Kühe.
Er sprang vom Bett auf und nahm sich kaum Zeit zum Waschen. Es galt, tüchtig zu schaffen, und dieses Plagen und Mühen währte ohne Unterlaß vom frühesten Morgen bis zur Nacht. Kaum daß er des Mittags im Dorfwirtshaus eine rasche warme Mahlzeit halten konnte.
Er ließ es nicht an sich fehlen und war unverdrossen bei seinen Verrichtungen.
War das nun aber der Zustand, nach dem er sich als Soldat so oft zurückgesehnt hatte? Dieses Hasten und atemlose Mühen, dieses Eilen von einen zum anderen ohne Verschnaufen und ohne Erholen?
Er lächelte bitter vor sich hin und schaute aus matten, unfrohen Augen drein.
Wie früher machte ihn sein Tagewerk müde, und seine Schultern fühlten die ganze, drückende Last der Arbeit, aber die Freude an der Arbeit, die ihn sonst aufgerichtet hatte, die ihm die schwere Bürde auf dem Rücken erleichtert hatte, dieser wunderbare Trost für alle Mühe und Plage, – die Freude an der Arbeit war ihm nicht zurückgekehrt.
Die Bestellzeit der Sommersaat kam heran. Wenn die jungen Lindenblätter als zarte braune Kölbchen an den Zweigen anzusetzen begannen, wurde das Sommergetreide gesät. Vorher jedoch mußten die Felder, die im Winter in rauher Furche gelegen hatten, gepflügt und geeggt werden.
Franz Vogt spannte die beiden falben Kühe ein, die Rotschecke blieb im Stall.
Das winterliche Wetter behauptete in diesem Jahre besonders hartnäckig das Feld. Wenn er hinter dem Pflug 734 herschritt, peitschten ihm Hagelschauer ins Gesicht, und eisige Winde fauchten ihm durch alles Überzeug und durch die gestrickte Wolljacke bis auf die Haut. Er kehrte dem Sturme den Rücken zu, um Atem zu schöpfen, und barg das Gesicht hinter dem schützend vorgehaltenen Arm. Mehr als einmal führte er sein Gespann von der unterbrochenen Arbeit weg in den wärmenden Stall.
Dann versäumte er keine Sorge für die Tiere, und die beiden Falben standen bald zufrieden in dem lauen Stalldunst, mit den Füßen in der reichlichen Streu scharrend und behaglich brummend.
Er selbst aber hockte vor dem kalten Herde und suchte den glimmenden Torf zu einer hellen Flamme anzublasen. Er warf den regennassen Friesrock über eine Stuhllehne und wartete frierend, daß das Feuer brennen und wärmen sollte. Dabei ertappte er sich zuweilen auf dem Gedanken, daß es das Beste wäre, den ganzen Kram, Haus und Feld, zu verkaufen und in die Stadt zu wandern. Lebte er nicht hier wie ein reines Arbeitstier? Ja, schlechter noch? Er hatte seit seiner Entlassung nicht einen einzigen Ruhetag gehabt, nicht einen zwischen all den Werktagen, an denen er sich abgerackert hatte, daß ihm alle Knochen wie zerschlagen waren! Wolf hatte ihm erzählt, wie leicht jeder arme Teufel in der Stadt fortkam, wenn er nur einen einigermaßen offenen Kopf hatte, wie frei und unabhängig man da war, – um viel mehr erst einer mit ein paar tausend Talern in der Tasche!
Und gerade traf es sich günstig, daß der Rittergutsbesitzer auf die Felder ein gar nicht unebenes Gebot getan hatte. Sie wurden zur »Abrundung« gebraucht.
War es nicht das Gescheiteste, diese Gelegenheit beim Schopfe zu fassen?
Das Allermindeste war jedenfalls, daß man sich die Sache einmal gehörig durch den Kopf gehen ließ. 735
Vielleicht gab der Rittergutsbesitzer desto mehr, je zaudernder und unwilliger man sich stellte? –
Endlich schlug die Witterung um. Man konnte nun an das Säen denken.
Etwas wie die Ahnung einer kommenden wärmeren Zeit milderte die Morgenfrische, als Franz Vogt zum Viehfüttern über den Hof schritt. Der östliche Horizont war hell gefärbt, die klare, glänzende Sonne, die dahinter im Aufgehen war, schickte die Ausläufer ihrer Strahlen, gut Wetter kündend, voraus.
Der junge Bauer warf noch einen Blick in den Stall zurück auf die Rotschecke, deren Füße den mächtigen Leib kaum mehr tragen zu können schienen. Aber nein, vierzehn Tage währte es noch, bis es zum Kalben kam.
Zum ersten Male verspürte er wieder eine leise Spur der Freude und Befriedigung. Diese Rotschecke war ein Prachttier. Riesenkälber pflegte sie zur Welt zu bringen, und putzige dazu, die ganz besonders drollige Sprünge machten und immer wunderhübsch gezeichnet waren. Es tat einem fast leid, wenn der Metzger sie abholte.
Die beiden Falben brüllten freudig, als sie aus dem Stalle trotteten. Es war, als ob sie den Sommer mit all dem Grünfutter in der milderen Luft witterten. Er schirrte sie ins Joch vor den kleinen Brettwagen.
Dann holte er den Sack Saatweizen vom Boden. Er hatte sich das Getreide längst bereit gestellt, und vertauscht war der Sack auch nicht, – trotzdem band er den Bund auf, um sich zu überzeugen. Er griff tief mit der Hand in die Körnerflut hinein und ließ sie zwischen den losen Fingern hindurchrinnen. Voll und gewichtig lagen ihm die Körner in der Handfläche.
Und abermals machte ihm eine leise Freude das Herz höher schlagen. Er sah die Saat grünen, wachsen und reifen. Starke Halme wogten dicht aneinander, und wenn 736 der Sommerwind das Feld streichelte, neigten sich schwere Ähren unter seinem Wehen.
Mit einem hellen Blicke schaute er sich um: Haus und Stall waren wohl verwahrt, die Egge lag noch draußen auf dem Acker, – er war bereit. So trieb er sein Kuhgespann munter an.
Das Feld lag unterhalb des Dorfes am Abhang. Er mußte die Straße ein kleines Stück abwärts fahren. Jenseits des Flusses tauchten die Türme des Markgrafenschlosses im Morgendunst auf. Waren sie über Nacht gewachsen, daß sie so schön und stattlich herüberglänzten? Die höchste Spitze ragte bereits in den goldenen Schimmer des anbrechenden Tages hinein.
Am Acker machten die beiden Falben von selbst halt.
Franz Vogt lächelte. Jawohl, das mußte dem Rittergutsbesitzer ein Dorn im Auge sein! Schmal war der Acker, aber er streckte sich wie ein langer Arm mitten in die Breite des Rübenfeldes hinein, es teilend und kräftig der Übermacht standhaltend, die ihn nicht erdrücken und verschlingen konnte. Ein prachtvoller, fruchtbarer Boden war es, ein Boden, der die Düngung eigentlich gar nicht nötig hatte, die ihm dargebracht wurde.
Der Stolz des Bauern wurde in dem jungen Menschen wach. O nein, so einfach, wie es sich der Rittergutsbesitzer dachte, lief die Sache mit dem Verkauf nicht ab. Es konnte noch eine gute Weile dauern, bis das Riesenfeld da »abgerundet« war.
Franz Vogt band das Saattuch um und schüttete einen Teil des Saatweizens hinein. Die beiden Kühe standen wiederkäuend am Wegrand.
Er wandte sich nach dem Acker.
Die Sonne ging strahlend darüber auf. Die schwarze Erde lag zum Empfangen bereit, und aus den Furchen stieg ein leichter Dampf auf, der den kräftigen Geruch des 737 Bodens ausströmte, ein Rauchopfer, das die Erde der treuen mütterlichen Sonne zum Beginn eines neuen Jahres der Fruchtbarkeit darbrachte.
Die nie ermüdende Kraft der Erde war in diesen flüchtigen Dunst eingeschlossen, und sie goß von ihrer Frühlingssegenfülle Stärke und Mut in die Menschen.
Da zwang ein überströmendes Gefühl den jungen Bauern auf die Kniee, und er berührte die Erde mit scheuen, zagenden Händen, – wie ein Heiligtum.
Er hatte die Heimat wiedergefunden.
Dem riesigen Nachbarfelde näherte sich ein Trupp der Rittergutsarbeiter, Sachsengänger, fremdes Volk aus Galizien. Die Weiber hatten farbige Kopftücher umgetan und trugen hohe Stulpenstiefeln an den Füßen.
Hintereinander trabend wie eine Herde Sklaven, mürrisch und halb noch im Schlafe, betraten sie das Feld. Hinterdrein schritt der Inspektor.
»Avanti, avanti!« rief er.
Er hielt es vielleicht für polnisch.
Und die landfremden Leute machten sich an die Arbeit. Sie hatten die Köpfe müde gesenkt, und ihre Bewegungen glichen der Verrichtung einer Maschine.
Franz Vogt aber schritt aufrechten Hauptes der Sonne entgegen und streute, weit ausholend, den Samen in die Furchen seines Ackers.
Ende.