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Kurdistan

Die Kurden sind ausgezeichnete Improvisatoren, von starkem Realismus und großzügiger Freiheit des Ausdrucks, wie die beiden Proben dieses Buches zeigen.

Djemileh

O meine Freunde! Kennt ihr Djemileh,
Die Nelke, den Türkis, das schönste Mädchen,
Das Bagdad sah? Sagt, Freunde, kennt ihr sie?

O meine Freunde! Wie der Mond erglänzt
Ihr süßes Antlitz. Eine Sonne scheint
In jedem ihrer Augen, meine Freunde.

O meine Freunde! Ihre Brust ist herrlich
Und hält sich aufrecht gleich zwei Pfirsichen,
Die fest und noch nicht reif sind, meine Freunde.

O meine Freunde! Wie zwei Festungstürme,
Die schlank gebaut und uneinnehmbar sind,
So ragen ihre Marmorschenkel auf.

Seht, meine lieben Freunde! Djemileh
Schreitet vorüber, golden wie ein Kuchen
Der Festzeit, sie entzündet jedes Herz.

Sie schreitet von den Bergen, liebe Freunde,
Und in den Armen trägt sie kleine Blumen,
Die sie gepflückt hat und die nie verwelken.

Seht, liebe Freunde, wie der Wind ihr Kleid,
Das rosaschimmernde, mit aller Macht
An ihren Leib preßt und sie schlanker macht.

Seht, liebe Freunde: Djemileh kommt zu uns,
Um uns die kleinen Blüten zu verkaufen,
Die nie verwelkenden, aus dem Gebirg.

Und während sie die Blüten feilhält, – seht,
Wie sie umschwärmt wird von den jungen Burschen,
Die sie begehren mit verzücktem Aug.

Gar viele Hände streicheln sie und kosen,
Sie lächelt, und es leuchten ihre Zähne,
Da sie den Schleier von dem Antlitz zieht.

Jetzt hat sie alle Blüten aus den Bergen
Verkauft, und ihre Mitgift ist gewachsen, –
Wem wird sie einst gehören, liebe Freunde?

Volkslied

* * *

Das Paradies

Geliebte Freundin! Jenes Paradies,
Das Mohammed uns zugesichert hat,
Wenn wir gestorben sind, – es ist sehr hoch

Und weit von hier, und keiner sah es je,
Und daß dereinst ich darin hausen soll,
Es will mir ganz und gar nicht in den Sinn.

Bei Gott, ich will nicht lästern, doch ich weiß:
Müßt ich dort oben wohnen ohne dich, –
Vor Langeweile fände ich den Tod.

Was sollen alle Huris mir, von denen
Nicht eine deiner Schönheit Glanz erreicht?
Was soll ich unter jenen großen Bäumen,

Verschwenderisch mit safterfüllten Früchten
Beladen, die mir wertlos sind, da ich
Mit dir, Geliebte, sie nicht teilen darf?

Was soll die holde Frische mir der Bäche,
Der lieblich rauschenden, in denen, ach,
Mein Bildnis ohne deines widerstrahlt?

Und schlimmer wär es noch, wenn ich mit dir
Zugleich im Paradiese wohnen würde:
Da du so schön bist, würden die Erwählten

Dich schnell umwerben, und wer weiß, ob nicht
Gar Mohammed, wenn er dein Antlitz sähe,
Dich ganz für sich allein begehren würde.

Wie aber sollt ich meine Liebe dann
Verteidigen, du Wonne meiner Augen?
Sollt ich mich wenden gegen Mohammed?

Er würde mich, damit er deiner Schönheit
In Ruh genösse, in die tiefsten Schlünde
Der Hölle stürzen, wo nur Jammer herrscht.

Dort würde meine Haut verbrennen, würde
Erneuern sich, um wieder zu verbrennen,
So immer fort, – und unter lauter Mördern

Und schrecklichem Gesindel würd ich hausen,
Da ich kein andres Übel doch beging,
Als dich zu lieben, meiner Seele Stern!

Du wärst im Paradies, ich in der Hölle,
Wo mir's versagt wär, Allah je zu bitten,
Daß er mir Gnade widerfahren ließe.

Geliebte Seele meiner Seele! Du,
Die all mein irdisches und himmlisches
Entzücken ist! Du mein geliebtes Gut!

Wir wollen uns auf dieser Erde lieben,
Unbändig lieben, wollen uns umarmen,
Verwöhnen, küssen, uns mit Liebe ganz

Umhegen und den Augenblick genießen,
Denn wisse: unsre große Liebe ist
Die Himmelsflur, die Allah uns verhieß.

Volkslied

* * *


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