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Sappho an Erinna

Hast du gewusst, dass Tod so milde ist,
dass du so heiter lächeln kannst, Erinna?
Und hat sein düstres Haupt dich nicht erschreckt?
In meinen Armen, frühgebrochne Blüte,
ruhst von der Mühe du des Lebens aus,
die allzuschwer war für dein zartes Herz.
Ach, welche Luft umweht jetzt deine Wangen
und welche Wege geht dein leichter Fuß?
Nicht halten dich wie all die andern Schatten
der Unterwelt Gelasse: Du bist hier,
im heitern Blau des Himmels blaut dein Auge,
du flüsterst mit dem Mund von Strauch und Baum
und deine holde Seele, allem Schönen
wie eine Blume zugewandt dem Licht,
fliegt faltergleich von Blüte noch zu Blüte.
Nur ich bin's, Sappho, die beklagenswert:
Ich leide noch das Leben, das du flohst,
ich stürze noch von Gipfeln in den Abgrund,
ich zahle noch zurück, was ich empfing:
Für Jubel Schmerz, für Höhenflug Verzweiflung,
für Stunden Glückes Tage voll von Qual.
Mit trocknem Auge, dem die Tränen fehlen,
seh' ich auf den erstarrten Liebreiz hin.
Die wird Erinnas Mund die Schwester grüßen,
nie fasst mich wieder ihre kleine Hand.
Die Schatten senken tiefer sich auf Sappho …
Da du gegangen bist, – was soll ich hier?


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