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4. Katastrophen.

Der anbrechende Morgen war trüb und düster, und über der Straße, die durch das Gebirge nach Tübingen zu führte, hingen schwere Nebel, die an den Waldbergen hinzogen. Ein solcher Morgen weckt keine frohe Stimmung, und der heutige entsprach außerdem noch so ganz der Lage der Reisenden. Sophie war still und ergeben, sie fühlte sich geschützt, einer drohenden Gefahr entrissen, von der Zukunft hoffte sie nichts; ihre Gedanken kehrten zurück zu den geliebten Herzen, die sie hatte verlassen müssen; ihre einzige Hoffnung war die Verheißung des baldigen Wiedersehens.

Graf Ludwig war von anderen Betrachtungen bewegt. Er fühlte sich stolz und mächtig gehoben in dem Gedanken, daß Sophie ihm nun so unerwartet schnell anvertraut sei; er gedachte seines heiligen Gelübdes, und schwur sich noch tausendmal zu, es zu halten. Er sprach zu Sophie sanfte, ehrerbietige Worte, und wußte gleich in der ersten Stunde seines Alleinseins mit ihr mit sicherem Tacte den Ton zu finden, der sich für beide ziemte.

Was ich von Ihnen erbitte, nahm er das Wort, ist, daß Sie mir erlauben wollen, auch fernerhin zu Ihnen in dem Tone reden zu dürfen, den unsere vielfachen gemeinschaftlichen Reisen und das nothwendige Incognito der späteren Zeit uns finden ließen. Ich werde Sie ehren, als seien Sie eine Königin, ich werde Sorge tragen, daß diese Ehrerbietung von Allen ausgehe, die Sie künftig umgeben und Ihnen dienen, aber ich werde Sie nicht Prinzessin nennen, denn dieses Wort würde nur die argwöhnische Neugier wecken. Sie müssen um Ihrer eigenen Sicherheit willen stets vor den Augen anderer Menschen verschleiert erscheinen, und bei Ihrem Leben gegen keine Seele sich mittheilen. Es ist eine große Last, die das Schicksal einem noch so jungen Herzen auferlegt, und manche Lebensfreude, auf welche Jugend, Schönheit und Anmuth Anspruch haben, wird Ihnen versagt bleiben, doch wird Alles geschehen, um Sie, so viel es möglich ist, zu entschädigen, und gewiß wird nach einiger Zeit diese Fessel auch wieder von Ihnen genommen; Sie werden an der Hand der erlauchten Eltern wieder in die Welt treten und die Huldigungen empfangen, welche Ihnen gebühren.

Ich habe keinen anderen Wunsch, Herr Graf, entgegnete Sophie, als den, mit meinen Eltern recht bald wieder vereinigt zu werden; bis dies geschieht, werden Sie mich in Allem folgsam und gehorsam finden, was Sie mir anbefehlen.

Ich werde Ihnen nie Etwas befehlen, Sophie, entgegnete Ludwig; aber jede der Bitten, die ich an Sie richte, wird Ihr Wohl zum Zweck haben.

Ihre Wünsche werde ich so achten, erwiederte Sophie, als wenn mein Vater oder meine Mutter dieselben mir an's Herz legten. –

Die Fahrt hatte schon eine Zeitlang gedauert, als an einer Stelle, wo es langsam bergan ging, der Graf sich aus dem Wagen bog, um zu sehen, ob der zweite Wagen hinter ihm sei? Ludwig bedauerte im Stillen Angés Weigerung, sich zu ihnen in den ersten Wagen zu setzen; er hätte gerne ihre Stimme gehört, sich ihrer gemüthvollen Unterhaltung erfreut, es war ihm nicht möglich, ganz ohne Befangenheit mit dem fürstlichen Kinde zu sprechen, und sich gleich völlig in das ihm so neue Verhältniß hinein zu finden und einzuleben. So sehr die Glut der Liebe ihn durchzitterte, so sehr hielt die höchste Achtung, die ehrfurchtvollste Scheu ihn ab, Sophien schon jetzt diese glühende Neigung zu offenbaren.

Der Wagen folgte in ziemlicher Entfernung, halb vom Nebel eingeschleiert, der rings die Fernsichten hemmte, und nicht einmal die benachbarten Berggipfel erkennen ließ.

An einer Waldschmiede hielten nach der Fahrt von zwei Stunden die Postillons, um einem der Pferde ein losgegangenes Eisen festnageln zu lassen, und da glücklicher Weise neben der Waldschmiede auch eine Waldschenke stand, so benutzten die Lenker des Viergespannes diese Gelegenheit zur Einkehr in dieselbe.

Ludwig stieg einige Augenblicke aus und sah dem nachkommenden Wagen verlangend entgegen, um Angés zu grüßen, und sie auf Sophiens Wunsch zu ersuchen, im ersten Wagen bei ihnen Platz zu nehmen.

Jener Wagen kam langsam nach, als er nahe genug war, sah der Graf zu seiner Bestürzung, daß es eine völlig fremde Kutsche sei. Er rief den Kutscher an, ob er nicht einen Reisewagen mit Gepäck und vier Pferden überholt habe? Dieser, eine nichts weniger als gutmüthige Schwarzwälder Physiognomie, schüttelte sein mit einem breiten Hute bedecktes Haupt, ohne ein Wort weiter zu sagen, und peitschte sein Gespann, welches einige Neigung zeigte, auch vor der Waldschenke zu halten.

Das war Ludwig unangenehm, ja es berührte ihn peinlich, daß jener zweite Wagen nicht nachkam – er sah die Zögerung des Postillons nicht ungern, hoffte und hoffte, blickte verlangend und voll Ungeduld auf den zurückgelegten Weg, so weit dieser sich überschauen ließ, und immer vergebens. Der zweite Wagen kam nicht, die Fahrt des ersten ging weiter. Die Station wurde erreicht, wo die Pferde gewechselt wurden, neuer Aufenthalt – der zweite Wagen blieb noch immer aus. Es wurden einstweilen frische Pferde für ihn bestellt und dem zurückreitenden Postillon aufgetragen, den Nachfolgenden Eile anzuempfehlen.

So ging es von Station zu Station, immer banger wurde es dem Grafen um's Herz. Was war geschehen? Was konnte diesen räthselhaften Aufenthalt veranlaßt haben? Der Abend dämmerte nieder und der Tag, der für Ludwig so verheißungsreich begonnen, sank ihm sehr trübe, seine Verlegenheit mehrte sich von Stunde zu Stunde; er begann jetzt unwillig zu werden über Angés' Laune, wie er es nannte, und mußte doch diesen Unwillen vor Sophie unterdrücken, durfte die noch Ahnungslose nicht schrecken und mit seinen Befürchtungen ängstigen.

Tübingen war erreicht, das Ziel des ersten Reisetages, wo Nachtrast gehalten werden sollte, und Ludwig's Verlegenheit wuchs mit jeder Minute. Sollte die Prinzessin der weiblichen Bedienung entbehren, sie, die von Kindheit auf die sorgsamste Aufmerksamkeit gewohnt war?

Ludwig ordnete an, daß eine Staffette dem Wagen entgegen gesendet werde, die die ganze Straße entlang nach der zurückgebliebenen Reisebegleitung forschen und nöthigenfalls bis zur Post nach Ettenheim weiter befördert werden sollte, wenn keine Spur sich fände.

Nach einer Stunde sorgenvollen Harrens kam die Staffette zurück und rief zum Fenster des Gasthauses hinauf, aus dem der Reisende heruntersah, daß der Wagen sogleich kommen werde.

Voll hoher Freude warf der Graf ein paar brabanter Laubthaler in den Hut des Postillons, der von dannen ritt, und bald rollte in der That der langersehnte Wagen heran. Voll Unruhe und Ungestüm eilte Ludwig die Treppe hinunter, um Angés selbst aus dem Wagen zu heben.

Philipp war bereits von seinem Außensitz herabgesprungen, sein sonst so frisches rothes Gesicht war bleich; er blickte seinen Herrn mit dem Ausdruck tiefen Kummers an, öffnete den Schlag, – Sophie Botta, die Dienerin, stieg aus, aufgelöst in Thränen, der alte Jacques folgte – Angés fehlte.

Was ist das? Wo ist Angés? fragte Ludwig erschrocken.

Philipp antwortete: Ach, bester gnädiger Herr! Ach das Unglück! Kommen Sie in das Haus!

Der Graf eilte in raschen Sätzen die Treppe hinauf und gebot Philipp, ihm sogleich zu folgen. Sophie öffnete die Thüre des Zimmers, in welches sie abgetreten war, Graf Ludwig winkte ihr stumm, zog den Diener in sein Zimmer und stammelte: Sprich! Sprich! Was ist's mit Angés? Wo habt ihr sie gelassen?

Ach, erschrecken Sie nur nicht allzusehr, gnädiger Herr! stammelte Philipp. Ach, der liebe gute Engel!

Angés! schrie der Graf: was ist's mit ihr?

Sie ist nicht mehr – sie ist todt – schändlich ermordet!

Todt? Ermordet, sagst du?

Wie ich Ihnen sage, schluchzte Philipp.

Jetzt kam auch die Kammerzofe herauf, überlaut weinend, und da die Prinzessin diese hörte, öffnete sie wieder die Thüre und ließ sie zu sich eintreten; bald wurde auch das junge Herz Sophiens von einer Nachricht erschüttert, die ihr das Blut erstarren machte.

Es dauerte eine ziemliche Weile, bis es zu einer zusammenhängenden Erzählung des Ereignisses von Seiten Philipp's kam.

Wir waren eben im Einsteigen begriffen, berichtete dieser: als der Wagen des Herrn Grafen wegfuhr. Die Jungfer saß bereits auf dem Rücksitze, Angés wollte gleichfalls einsteigen, ich und Jacques hatten nur noch einen Koffer aus dem Hause zu schaffen, den ich vor mich auf den Kutschersitz nehmen wollte, und im Augenblicke, wo ich zuerst meinen Fuß auf die Stufe vor der Schwelle des Hauses setze, höre ich einen entsetzlichen Schrei, sehe Angés sinken, während eine Gestalt wie ein Schatten um die Ecke des Hauses huscht. Ich lasse gleich den Koffer fallen, schreie Jacques zu: Helft dort! und stürze dem Schatten nach, dort prasselt ein aufgestellter Haufen Holz zusammen, Scheiter fallen auf mich – aber mich hält nichts zurück, jetzt hart an der Ferse bin ich ihm – es war eine dunkle Gestalt – sie will über einen Zaun – verfängt sich in der Kutte, wendet sich – ratz! reißt die Kutte in Fetzen, und auf mich stürzt's und ich hab' einen wüthenden Stich in der linken Schulter. Da pack' ich die Hand und breche sie am Gelenke ab, – sie kracht, aber fest bleiben die Teufelsfinger um den Dolch gekrallt. – Ich trete den Kerl zusammen, fasse ihn an der Gurgel und stoße ihn gegen eine Mauerwand, so lange und in einem fort, bis der Athem ihm ausgeht. Nieder werf' ich ihn, mit Füßen tret' ich ihn, an den Haaren schleif' ich ihn vor nach der Stelle, wo er seine blutige That vollbracht – wo Jacques die arme unglückliche Angés als Leiche in den Armen hält, und laut um Hülfe ruft und jammert. Es gibt Lärm, die Postillons springen von ihren Pferden, die Jungfer stürzt aus dem Wagen, die Hausleute eilen herbei – ach, was half das Alles? Angés war starr und kalt – von einem Dolchstoß mitten ins Herz getroffen – der Mörder mußte sich hinter dem Wagen versteckt gehalten und ihr beim Einsteigen den Mantel erst abgerissen haben, denn dieser lag am Boden, dann hatte der Hallunke seinen sicheren Stoß geführt.

Das Unglück war da, das große, entsetzliche Unglück. Nach dem Schultheißen, nach Polizei, nach Gensd'armen wurde gerufen, die ganze Ortschaft kam in Allarm. Dort lag noch der feige elende Mörder – Angés war in das Haus getragen worden, das sie bewohnt – ach, wer hätte eine solche Rückkehr geahnt! – Es wurde heller Tag – das Volk sah nicht die ermordete Angés, den Mönch sah es, und schrie: Ein frommer Pater ist erschlagen! Mord! Mord! Die Postillons wurden gezwungen, ihre Pferde abzuspannen. Jetzt sah ich erst, daß ich selbst beträchtlich blutete, es wurde mir ganz elend – ich trank ein Glas Rum und riß meine Kleider ab. Ein Bader fing gleich seine Kur mit mir an, mitten in der Wirthshausflur – des drängenden Volkes wurde immer mehr – sie wollten den Leichnam des Mannes aufheben und ihn in die Kirche tragen, wie ich aus ihren Reden vernahm – da stieß ich den Bader zurück und schrie: Den Hund, den Meuchelmörder in die Kirche? In das Gotteshaus? Auf den Schindanger gehört er, wenn ihr es wissen wollt! Ein frommer Pater wäre er, bildet ihr euch ein? O, ich weiß auch, wie ein Pater beschaffen ist! Schaut her! – Dabei riß ich ihm die Kaputze vom Kopfe, und es war nun hell genug, daß jeder sehen konnte, daß der Kerl keine Tonsur hatte. Der ein Pater? Ein französischer Spion ist's, wenn ihr's wissen wollt!

Wie? War es etwa jener Clement Aboncourt? rief Ludwig tief erschüttert aus.

Nein, gnädiger Herr, – der war es nicht, aber der Spießgeselle, der mit ihm ging, auf alle Fälle derselbe Hund, der dem guten Herrn Leonardus den Tod brachte. Jetzt erschien Polizeimannschaft – da man an mir Blut sah, und zwar dessen nicht wenig, so sollte ich der Mörder des Mörders sein, – und schlecht genug wär' es mir auch sicherlich ergangen, wenn der Kerl wirklich todt gewesen wäre; aber mit Einemmale fing er an, Gesichter zu schneiden und zu gurgeln und wurde wieder lebendig, wie eine Katze, die man heute dreimal todt schlägt, und übermorgen läuft sie wieder auf dem First des höchsten Daches, als wäre ihr nichts geschehen. Er wurde sogleich mit Stricken geschnürt und ins Gefängniß gebracht. Wir wollten Ihnen nun nachfahren, denn wir konnten ja doch nicht helfen – die Postillone spannten wieder an, aber sie mußten dennoch zurück. Die Polizei bestand darauf, daß wir mit nach der Stadt fuhren, um dem Gericht über Alles Aufschlüsse zu geben. Daraus entstand der endlos lange Aufenthalt – da mußte Alles an den Tag, wer wir seien, woher wir kämen, wohin wir wollten und wer den Mörder so übel zugerichtet habe? – Ich sagte, daß er mich gestochen und daß ich mich zur Wehre gesetzt habe. Was der Nichtswürdige aussagte, habe ich nicht erfahren, ich drängte zur Eile – die Zofe lief von einem Polizeisoldaten begleitet, zu einer hohen Dame, die bewirkte, daß wir freigelassen wurden und fortfahren durften. Jener Mörder wird wohl der Vergeltung nicht entgehen, aber uns allen war bitterlich weh um's Herz über der unschuldigen Frau Angés' Tod, die wir noch einmal sahen, und die so überirdisch schön da lag, wie eine blasse geknickte Lelibloem – so plötzlich dahinzugeben das noch so junge liebliche Leben!

Welch' ein Schmerz für Ludwig wie für seine Schutzbefohlene!

Das war ein mehr als trüber Beginn des neuen Lebensabschnittes, der mit dem heutigen Tage für Beide angebrochen war – das war eine schwere Prüfung, eine finstere Vorbedeutung.

Der Graf ließ Philipp sogleich wundärztlich behandeln; die Wunde war übrigens nicht von Bedeutung. Des treuen Burschen Natur war nicht zart und empfindlich, er hatte zwar in der Nacht ein wenig Fieber, war aber am andern Morgen bei sehr früher Zeit wieder auf, und bereit, den Befehlen seines Herrn zu folgen. Dieser versah ihn mit Geld; er sollte sogleich mit Extrapost zurückfahren und Angés' Leichenbestattung in ehrenvoller angemessener Weise anordnen, dabei auch der Prinzessin Kunde vom Befinden ihres Kindes bringen, das der treuen Pflegerin seiner Kindheit und Jugend den traurigen Zoll der aufrichtigsten Thränen nicht versagte, ja ganz außer sich war über alle die Betrübniß, die auf sein Herz einstürmte.

Daß die Weiterreise nach Ingelfingen keine heitere war, lag in der Natur der Umstände; düstere Wehmuthschatten umwölkten die Stimmung der Reisenden, aber die tiefe und gerechte Trauer, welche der Graf und Sophie bei diesem plötzlichen, schrecklichen Hinscheiden ihrer gemeinsamen Freundin empfanden, näherte ihre Herzen einander mehr, als die hellsten Freudentage vermocht hätten.

Ingelfingen war erreicht; nach wenigen im ersten Gasthaus daselbst zugebrachten Tagen ward eine Miethwohnung in der Apotheke bezogen. Die Fürstin, an welche der Graf und Sophie empfohlen waren, war abwesend, unsere Reisenden waren also auf sich allein beschränkt, die äußerste Zurückhaltung wurde beobachtet, besonders von Seiten Sophiens; sie verließ, erschreckt und eingeschüchtert durch jenen schauderhaften Mord an ihrer geliebten Angés, kaum ihr Zimmer. Denn konnte nicht sie es sein, die der Dolch des Mörders gesucht und verfehlt hatte? War es nicht möglich, daß jene Habgierigen, welche nach ihrem einstigen Vermögen trachteten, mit Mörderdolchen ihr nachschlichen, um sie aus der Welt zu schaffen? Ihre jugendliche lebhafte Phantasie malte ihr dies Schreckbild mit den düstersten Farben aus.

Graf Ludwig hatte den einen Wagen mit Philipp zurückgesendet; für den anderen kaufte er ein schönes Rossepaar und fuhr häufig mit der Prinzessin spazieren, welche stets verschleiert neben ihm saß. Bisweilen lustwandelte sie auch am Arm ihres Beschützers, ebenfalls tief verschleiert, und Alles an ihnen ließ die Einwohner des Städtchens errathen, daß der fremde Herr wie die fremde Dame den höchsten Gesellschaftskreisen angehörten. Die Ingelfinger waren gerade so neugierig wie alle andern Kleinstädter im lieben deutschen Vaterlande, zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer dieses so geheimnißvolle Paar sein möge, und da es ganz unmöglich war, Etwas über dasselbe zu erfahren, so suchte man in der Phantasie Rath und Auskunft dafür, und bald circulirten allerlei abenteuerliche Gerüchte über das fremde Liebespaar.

Trotz der Nähe der Geliebten war Ludwig's Herz sorgenbelastet und schwer, denn er fühlte sich fast von allen Banden losgerissen, die das Leben so freundlich knüpft und in einander verschlingt. Wen hatte er denn noch draußen in der Welt, seit auch Angés ihm entrissen war? Nur noch das Herz einer Mutter, der sich schriftlich mitzutheilen die Verhältnisse verboten; doch blieb Georgine nicht ohne Nachricht und nahm aufrichtigen Antheil an des entfernten Lieblings Wohl und Wehe. Mit den eigenen Verwandten war der Graf außer Verbindung gekommen, sie sahen seine Abwesenheit nicht ungern, es hatte Keiner nach dem Tode der Großmutter gefragt, ob Ludwig nicht auch Ansprüche oder Wünsche habe, und er selbst hielt sich in stolzer Zurückhaltung von den Verhandlungen über das großmütterliche Erbe ferne, obschon er nicht ohne ein gewisses Vergnügen die Briefe Windt's las, die ihn in seiner Einsamkeit auffanden.

»Für mich gibt es jetzt,« schrieb ihm einst der alte Freund: »alle Hände voll zu thun, bald in Varel, bald in Doorwerth, bald in Hamburg. Die Herren, der regierende Graf und der Vice-Admiral, haben sich in Varel ganz gut verglichen; nur schade, daß sie nicht bei diesem Vergleich aus dem Falken von Kniphausen trinken konnten! Ich bin jetzt in Hamburg und betreibe den Verkauf des Nachlasses meiner hochseligen Gebieterin, so weit die Erbherren denselben nicht für sich behalten wollen. Graf William ist noch hier und überhäuft mich erschrecklich mit Schreibereien und Uebersetzungen aus dem Deutschen und Holländischen, um sich vollkommene Kenntniß in der Nachlaßsache zu verschaffen. Ich sitze bis über die Ohren unter den vermaledeiten Papieren, welche ich nebst dem ganzen Testamente lieber heute als morgen dem Feuer opferte. Hier in Hamburg sieht es auf allen Seiten elend und jammervoll aus. Ich warte nur auf Nachricht vom Erbherrn, der mir von Varel aus schreiben will, ob und wann es nöthig sei, daß ich dahin komme und mit ihm nach Doorwerth gehe; das hält mich allein noch hier auf, sonst würde ich meine brave Schwester zu meinem Bruder nach Bückeburg gebracht haben, der sie zu sich nehmen will. Glauben Sie mir, bester Herr Graf, man wird endlich müde. Denken Sie, daß ich jetzt fast ganz auf meine Kosten hier leben muß, ich bin nicht besonders bedacht worden, es wurde mir auch noch keine Sicherheit angeboten, und ich werde zuletzt dem Spott, dem Hohn und dem Jammer ausgesetzt sein für sechsunddreißigjährige Dienste.«

Wie, sollte Windt Noth leiden? rief Sophie mit Bestürzung. Das dürfen wir nicht zugeben. Ich bitte Sie, Herr Graf, sorgen Sie für den braven Mann, der so treu an Ihnen hängt.

Wie erfreut und rührt mich Ihr schönes Gefühl, entgegnete Ludwig bewegt. Ich werde das Meine thun, obschon es mir kaum glaublich ist, daß Windt so blosgestellt sein sollte. Hören wir weiter, was er mittheilt:

»Das Münzkabinet hat seinen Erben gefunden; warum die Hochselige es Ihnen, Herr Graf, nicht vermacht hat, ist mir ein großes Räthsel, das sie noch nach ihrem Tode mir zu lösen aufgibt, wie sie's im Leben so oft gethan hat. Die herrliche Bibliothek muß unter den Hammer, der Buchhändler Perthes will so gut sein und die Anzeige der Auction verbreiten, sowie auch den Catalog drucken. Das Porzellan, Glas, die Leuchter, Spiegel u. dgl. kommt Alles unter den Hammer, auch ein Theil der Bilder. Soll ich nicht die Ansichten der drei Schlösser für Sie, Herr Graf, ersteigern? Ich gönnte Ihnen die Besitzungen freilich lieber alle drei in natura. Das Silber, über sechshundert Pfund, hat die hochselige Excellenz sammt und sonders einer Jugendfreundin in Sachsen vermacht, ein hübsches Andenken, die Herren Grafen sind wüthend darüber, können aber nichts dagegen machen, höchstens es zurückkaufen.«

Habeant sibi! sprach Graf Ludwig: was nützt aller Reichthum, wenn der Mensch nicht innerlich beglückt ist? Ich will dem braven Windt eine lebenslängliche Rente sichern; verdient irgend ein Mensch auf der Welt Dank, Lohn und Anerkennung, so ist er es; es wäre himmelschreiend, wenn er sich über Undank beklagen müßte!

Ein anderer Brief Windt's, in Doorwerth geschrieben, den Ludwig allein las, begann:

»Ich sitze hier am Orte meiner Qual, und inventire, registrire, katastrire wie närrisch darauf los, damit der Herr General-Erbe, der Herr Vice-Admiral, welcher Doorwerth übernimmt, Alles im besten Stande finde; dann heißt es bei mir: fahr' zu, Kutscher, dann gehe ich nach Stadthagen, setze mich endlich zur Ruhe, und will nichts mehr hören und sehen von Doorwerth, Kniphausen, Varel und Hamburg. Wer hätte das gedacht, daß Alles so wunderlich gekartet würde, daß Graf William, und nicht Graf Wilhelm Gustav Friedrich die Herrlichkeit übernähme, der doch erst Alles daransetzte, sie zu erlangen. Es ist in den letzten Lebenstagen der hochseligen Frau Gräfin und bei der Anwesenheit dieses guten Grafen William vielfach à la Cagliostro zu Werke gegangen worden, doch was geht das mich an? Der Vice-Admiral ist nach London gereist. Von Berlin aus ist Anfrage ergangen, ob das Münzkabinet nicht verkauft würde; der Anfrager soll ein berühmter Antiquarius sein, der dasselbe jedenfalls zu schätzen weiß. Wenn der Erbe es ihm gibt, so wird sich eine Weissagung der Hochseligen erfüllen, welche dieselbe oft aussprach: Von diesen Münzen und Medaillons, die ich mit Mühe und großen Opfern zusammengebracht, wird es einst heißen: Gehet hin in alle Welt.«

»Das Reich ist noch nicht ganz einig, erst im kommenden Herbst soll die Frucht der Harmonie reifen; wenn sie sich nur nicht spalten, wie ein Granatapfel, der unzeitig vom Stamme fällt.«

»Vom Erbherrn ist Nichts zu hören, Nichts zu sehen, nur unverbürgt habe ich vernommen, daß er bei seinem letzten Aufenthalt in Varel den Prinzen von la Tremouille und Talmont zu sich dorthin habe kommen lassen.«

»Nachträglich noch eine, mir erst kürzlich zugekommene neue Märe, die ich aber durchaus nicht gesagt haben will. Die Ihnen, Herr Graf, wie mir gewiß unvergeßliche verewigte Frau Erbherrin ist vergessen und alle Liebe der Demoiselle Sara Gerdes, vormals Kammerjungfer, dann Kammerfrau der hochseligen Erbherrin, dermalen zum Range einer Schloßverwalterin zu Varel erhoben, zugewendet worden, welche die Ehre genießen wird, die Stellvertreterin einer Ottoline zu werden. Dieses nicht mehr junge Mädchen stammt aus Bockhorn, das, wie Ihnen genugsam bekannt ist, zwischen Varel und Kniphausen liegt, und der Großvater derselben zählte zu den Hörigen der Herrschaft, der Vater aber ist jetzt ein freier Landbebauer. Was sagen Sie dazu?«

Diese Meldung erschütterte den Grafen Ludwig sehr; als er allein war, rief er fast in Verzweiflung aus: Mein Fluch, mein Fluch! Welche Dämonen habe ich heraufbeschworen über das Haus, dem ich entstamme! – Nun sehe ich, wie sich Alles, Alles erfüllen wird, der dauernde Hader, die Zwietracht, die Verachtung, die Verarmung, Alles, bis auf den letzten Punkt!

Sich zu zerstreuen, ging er hinunter in die Wohnung seines Hausmanns, des Apothekers, der ein sehr unterrichteter und dabei jovialer Mann war. Es war Gewohnheit der vornehmeren Einwohner des Städtchens, sich Sonntag Vormittags zu einem Glase Wein in der Apotheke einzufinden, und die Weinstube hatte dadurch, daß auch der fremde Herr, der im Hause wohnte, dieselbe besuchte, einen neuen Reiz gewonnen, zumal Ludwig sich eine Menge solcher Zeitungen des Auslandes kommen ließ, von denen sonst nie ein Blatt nach Ingelfingen gedrungen wäre. Erfuhren auch die Herren nicht, was sie für ihr Leben gern gewußt hätten, wer eigentlich dieser vornehme, zurückhaltende schöne Mann sei, so sahen sie doch seine Persönlichkeit in ihrer nächsten Nähe, sahen, daß ihm der Wein nicht minder mundete wie ihnen, und hörten ihn gern sprechen, wenn er über die Ereignisse der Zeit über die Hoffnungen und Befürchtungen in politischer Beziehung sich äußerte. Auch hatte der Postmeister der Gesellschaft vertraut, der fremde Herr empfange fast mehr Briefe, als der erste Kaufmann von Ingelfingen. – Sophie beschäftigte sich stets in Gegenwart ihres Kammermädchens, wenn der Graf ihr nicht Gesellschaft leistete, mit leichter weiblicher Arbeit, oder las gute französische Bücher, übte sich auch bisweilen im Deutschen, worin jedoch ihre Fortschritte nur langsam waren; besonders fiel das Nachmalen der deutschen Schrift ihr schwer. Manche stille Thräne weinte sie um die dahingeschiedene Angés und die Trennung vom Mutterherzen, und ängstlich vermied sie Jemanden zu begegnen; ein fremder Tritt auf der Treppe oder im Vorsaal machte sie erbeben. Philipp ritt oder fuhr während des Aufenthaltes in Ingelfingen fast wöchentlich einmal als Sendbote in das badische Land; denn es wurde ein lebhafter Briefwechsel mit der Prinzessin unterhalten.

Ludwig beschäftigte sich in seinen zahlreichen Mußestunden mit Studien, zu denen seines Hauswirthes Beruf und Büchersammlung den meisten Anlaß bot. Da standen wohlgeordnet die Werke der Koryphäen der pharmaceutischen Wissenschaft neben einander: Göttling, Buchholz, Tromsdorf, Schrader, Wiegleb waren durch ihre Schriften und Almanache für Scheidekünstler vertreten; eine Sammlung von Pharmacopöen, die mit der Schule von Salerno begann und mit der berühmten und allverbreiteten würtembergischen Pharmacopöe abschloß, ließ Einblicke thun in den Geist und in die Fortschritte der pharmaceutischen Wissenschaft und Chemie. Praktische Arbeiten, die nur im Winter vorgenommen werden können, wie die Bereitung und Destillation der Naphten, ja selbst das Pulvern zäher Harze, die nur Winterkälte so hart macht, daß sie zu Staub zermalt werden können von der schweren Wucht der Mörserkeulen, des Gelbanum, die Asa u. a., boten dem Beschauer manches Anziehende dar, nicht minder chemische Experimente, die mannichfach erfreuten.

Der Graf gewann die Achtung Aller, denen Gelegenheit wurde, ihn persönlich kennen zu lernen. Ueber politische Verhältnisse äußerte er sich nur mit großer, fast diplomatischer Vorsicht und vermied absichtlich, als Parteimann zu erscheinen; doch verhehlte er nicht, daß ihm die alte Dynastie Frankreichs lieber war, als die gegenwärtige Regierung, daß er aber noch zur Zeit ungleich mehr die Revolution selbst verabscheue, als ihren muth- und kraftvollen Bezwinger.

Während nun fort und fort die Wißbegierde in Ingelfingen wach blieb, zu wissen, wer der fremde Herr eigentlich sei, ob er nicht, wie Einige muthmaßten, ein französischer Prinz, ja ob er nicht gar Monsieur selbst sei, weshalb ihn auch einige Male der Postmeister Monseigneur anredete, was aber mit guter Absicht von Ludwig ganz überhört wurde, machte ein unseliges Ereigniß dem Aufenthalte des Gegenstandes so vieler heimlichen Fragen und so vielen Kopfzerbrechens zu Ingelfingen ein urplötzliches Ende.

Philipp kam von Ettenheim zurück, mit demselben bestürzten und verstörten Aussehen, wie damals, als er die Botschaft von Angés' Ermordung überbrachte, und erstattete seinem Herrn einen Bericht, der diesem das Haar emporsträuben machte.

Gnädiger Herr! begann er athemlos: Sie müssen mir sogleich einen sichern Paß verschaffen, daß ich weiter kann! Ich darf keine Stunde hier weilen, ich muß weiter!

Was ist geschehen? fragte Ludwig betroffen.

Was geschehen ist? Herr Gott im Himmel! Unerhörtes und Entsetzliches ist geschehen! Lesen Sie, gnädiger Herr! Damit übergab er seinem Gebieter einen Brief, der in Eile zusammengefaltet und äußerst flüchtig gesiegelt war. Er war von der Prinzessin, und diese schrieb ihm: »Fliehen Sie, Graf, fliehen Sie mit Sophie, weit, so weit als Ihnen möglich ist! Retten Sie die Tochter, da der Vater unrettbar verloren ist. In Verzweiflung schreibe ich diese Zeilen. Der Herzog war gewarnt, treu gewarnt, es war verabredet, daß wir morgen oder übermorgen nach Ihrem Aufenthaltsort eilen wollten, vorher aber sollte eine feierliche Erklärung unserer Verbindung auch vor dem Auge der Welt Geltung verschaffen. Es war bereits ein offenkundiges Geheimniß, daß von Seiten Frankreichs dem Herzog nachgestellt und aufgelauert werde, Schaaren von Spionen trieben sich in dem Städtchen herum, Alles war schon ausgekundschaftet, aber keine Warnung fruchtete und statt zu fliehen, ging der Herzog unbesorgt auf die Jagd; den nächsten Tag erst wollte er die Rathschläge seiner Treuen befolgen. Wie Alles so entsetzlich schnell gegangen, weiß ich selbst noch nicht, ich begreife überhaupt Nichts, als daß wir Alle unaussprechlich elend sind! Es wurde Lärm in der Nacht, die ganze Bürgerschaft rannte auf die Straßen, der scheuslichste Verrath ward geübt worden, der Herzog wurde in seiner Wohnung überfallen und gefangen genommen; der Kirchthurm war von Bewaffneten besetzt, damit Niemand Sturm läute, unter meinen Fenstern sah ich meinen geliebten Gemahl im Morgengrauen auf einem Karren vorüberfahren, von Wachen mit Gewehren und blitzenden Bajonetten umgeben – ach, mir ahnet, ich sah ihn zum Letztenmale! Es mußte ein ganzes Bataillon französischer Soldaten vom Rhein herübergekommen sein, um diesen Landfriedensbruch und gewaltsamen Menschenraub zu verüben. Die Umgebung meines theueren Gemahls war mit verhaftet, – ach, noch einige Tage vielleicht, und unsere Sophie hat keinen Vater mehr! – Ich warf mich in einen Wagen, folgte dem Gefangenen bis nach Straßburg, ich flehte meinen Gemahl sprechen zu dürfen, vergebens, ich sah – ich sprach ihn nicht! Wo sie Henri hinschleppen, weiß ich nicht – nach Paris ohne Zweifel – der Löwe verlangt nach dem Blute des letzten Bourbons! – Gott mit Ihnen – mit Sophie – ich kann nicht mehr – ich bin vernichtet!

Ch.«

Der Graf starrte wie betäubt auf den Unglücksbrief! – So fällt auf mich ein Schlag nach dem andern, sprach er dumpf vor sich hin, doch – ich muß – ich will sie tragen alle diese Schläge, nur Sophie soll sie nicht mitfühlen.

Was hörtest du selbst noch außerdem von dem schrecklichen Unglück, das mir hier gemeldet wird? fragte Ludwig seinen Diener.

Ich lag auf Kundschaft, berichtete dieser, hatte nachgeforscht, wie es um jenen Hallunken stände, den Mörder der guten Angés, und ob er schon gerichtet sei. Hat sich was – gerichtet! Entsprungen war dieser Teufel abermals, entsprungen mit Hülfe seines schurkigen Spießgesellen. Beide waren Spione und verkleidete französische Gensd'armen gewesen. Ich hatte mich etwas unkenntlich gemacht, entdeckte richtig den Einen unter den Herumtreibern und ließ ihn nicht wieder aus den Augen; ich kochte vor Wuth und Grimm gegen diesen verruchten Menschen, wo er hinschlich, schlich auch ich hin, stellte mich so, daß er mich nicht gewahrte, ich aber ließ ihn nicht aus den Augen, die ganze Nacht nicht. Ich schwur es mir zu, Beide zu verderben, oder mindestens den von ihnen, der in meine Hand fallen würde. Wohl merkte ich, daß das Volk Etwas vorhabe, aber was, darum bekümmerte ich mich nicht. Er war bei der Schaar, die in der Nacht des Prinzen Haus umzingelten, gegen Morgen hörte ich in meinem Versteck plötzlich lautes Rufen, der Prinz wurde gefangen genommen, die Wachen umringten ihn, er wurde auf einen Karren gesetzt und durch den Ort geführt, ich schlich mich nach und hatte mir meinen Mann gut gemerkt. Der Morgen kam herauf, es ging auf eine Mühle zu, nahe der Stadt vorbei, die dicht umbuscht war; der Ettenbach, der diese Mühle trieb, rauschte stark und gewaltig, angeschwollen vom geschmolzenen Schneewasser des Schwarzwaldes. Schon verzweifelte ich am Gelingen meines Vorhabens, denn mitten aus der Compagnie konnte ich mir meinen Mann nicht herausholen. Alle meine Gedanken schossen hinter ihm drein, als wollten sie ihn fesseln, und ich glaube, sie haben ihn gefesselt; denn auf einmal blieb Clement Aboncourt zurück, um an seinem Tornister etwas zu ordnen. Niemand war in der Nähe, die Gefangenen sind in das Mühlhaus geschleppt worden, die Bedeckung blieb davor. Dicht unterm Damm, auf dem der Weg hinläuft, wälzt sich die rasche Fluth dem Rheine zu. Der Spion war in meiner Macht. Ein Wurf meiner längst bereit gehaltenen Schlinge, wie nach einem Pferd auf unseren Marschen, ein Ruck – und mein Mann stürzt' rückwärts nieder – ich auf ihn los! Bist du's, vermaledeiter Satan und Mordgeselle! Ich schau' ihn an, er war's, er verdrehte die Augen, er zappelte und schlug mit krampfhaft geballten Fäusten nach mir. Ich stieß ihn in den brausenden Waldbach, und die Wellen thaten hohe Freudensprünge, als der Hallunke hinabflog, seinen Tornister warf ich gleich hinterdrein ihm auf den Kopf. So hat doch einer seinen Lohn, denn der blieb unten; ich lief eine Stunde dem Mühlenbach entlang, um zu sehen ob er wieder auftauche, aber der wohlverdiente Strick hat ihn daran verhindert.

Ludwig wandte sich schaudernd ab.


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