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»Alexander ließ mich sorgfältig verbinden« (S. 14).

I.
Die Begegnung

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Ich heiße Sosikles und bin ein Bürger von Athen, aber im Flecken Acharnä, drei Stunden von der Hauptstadt entfernt, geboren. Von meiner Wohnung aus sieht man das Meer. – Mein Urahn von Vaters Seite, Xenokrates, war einer der Sieger bei Marathon.

Xenokrates wurde in der Schlacht bei Platää von den Persern getötet; sein Sohn Aristodemos fiel bei Tanagra gegen die Thebaner, dessen Sohn Agathokleon auf den Wällen von Syrakus im Kampf gegen die Sikelioten, dessen Sohn, mein Vater Meriones, bei Chäroneia gegen Philipp von Makedonien. – Alle starben, von vorn verwundet, den Tod fürs Vaterland.

Ein einziger meiner Ahnen, Polystratos, starb im Alter von dreißig Jahren auf dem Krankenbette als Opfer der großen orientalischen Pest, welche die Hälfte der Bewohner Athens hinwegraffte. Aber da er in verschiedenen Schlachten schon drei Wunden davongetragen hatte, so hätte er wahrscheinlich, ohne die Dazwischenkunft der Pest, denselben glorreichen Tod gefunden wie alle andern.

Was meine eigne Person betrifft, so hatte ich angefangen wie sie und gedachte auch so zu enden, aber Zeus und die andern unsterblichen Götter haben es anders beschlossen. Ich werde im Barbarenland sterben und ich klage nicht: denn erstlich kann keiner sein Schicksal sich selber machen, zweitens habe ich, seit mein Vaterland vor dreißig Jahren unter das Joch der Makedonier gekommen ist, alle Lust verloren, das blumenreiche Ufer des Ilissos und das leuchtende Parthenon wiederzusehen.

Ich lebe jetzt unter einem Herrn nach meinem Geschmack, der mich seinen Freund nennt. Das ist zwar nicht so viel wert als die Freiheit, aber kommt ihr doch am nächsten.

Daß ich die Stadt der blauäugigen Athene verließ, und mir die Welt ansah, teils um meine Kenntnis zu bereichern, teils um mein Glück zu machen, ist also zugegangen:

In jener berühmten Schlacht bei Chäroneia, welche für ganz Griechenland so verhängnisvoll wurde, bekleidete mein Vater die Stelle eines Chiliarchen (d.h. er befehligte ein Korps von 1000 Mann) und ich kämpfte an seiner Seite, als sich die thessalische Reiterei unter Alexander, dem Sohne Philipps, auf uns warf und unsre Reihen durchbrach. Mein Vater sank, von einem Speer getroffen, tot nieder. Ich, ein Jüngling von achtzehn Jahren, suchte seinen Leichnam aus dem Schlachtgewühl zu tragen, wobei ich mehrere Schwertstreiche austeilte und erhielt; einer der letztern streckte mich regungslos nieder.

Am gleichen Abend wurden auf Befehl des Siegers die Verwundeten aufgehoben und die Gefallenen begraben. Alexander, der mich während des Kampfes beobachtet und – wie er später so gütig war, mir zu sagen – meinen Mut und meine Kindesliebe bewundert hatte, ließ mich sorgfältig verbinden und bat mich, ihm Freund zu sein. Ich war nicht in der Lage, ihn abzuweisen; ich nahm also seine Freundschaft an und schenkte ihm die meinige.

Alexander von Makedonien war damals noch nicht der Eroberer und Menschenwürger als welcher er sich, zum Entsetzen aller Völker, später zeigte.

Er war ein schöner junger Mann von kaum achtzehn Jahren, von mittlerer Größe; aber er schien größer als alle seine Gefährten, infolge der angebornen Hoheit in Haltung und Gebärden. Sein Haar war braun und gelockt, sein Gesicht zeigte ein frisches Rot, seine Haut war weiß; Geist und Mut strahlten aus seinen Augen, aber dieselben Augen schienen im Zorn Blitze zu sprühen; er war das Ebenbild des Zeussohnes Apollon.

Man hat ihm nachgesagt, daß er tierisch roh gewesen sei, aber das ist nicht ganz richtig. Allerdings geriet er nach der Mahlzeit gern in Zorn und dann konnte er seinen Freunden alles, was ihm unter die Hände kam, an den Kopf werfen, sogar seinen Wurfspieß, und mehrmals lief die Sache tödlich ab. Man wagte daher sich auch bis zu dem Verdacht zu versteigen, er könne den Mörder Philipps gedungen haben – seines Vaters, der bekanntlich mitten im Festesjubel durch den Makedonier Pausanias erdolcht wurde. Es ist dies gerade nicht unmöglich. Philipp hatte sich eben von Alexanders Mutter, Olympias, losgesagt, um eine andre Frau zu heiraten. Alexander war durch solchen Schritt aufs äußerste verletzt. Denn, ganz abgesehen von der seiner Mutter dadurch bereiteten Schmach, sah er sich persönlich in seiner Hoffnung als Thronerbe getäuscht; dann aber wird, gemäß den barbarischen Sitten jenes Landes, der Meuchelmord sozusagen als etwas Gewöhnliches angesehen, ist so alltäglich, daß Alexander nicht zu zögern brauchte vor einer Handlung, die jedermann in seiner Umgebung mit so leichtem Gewissen beging.

Durch einen sonderbaren Zufall ist Philipp der einzige dieses tragischen Geschlechtes, der nie einen Menschen töten ließ außer in regelmäßiger Schlacht. Dennoch soll er auf Veranlassung seiner Frau und seines Sohnes ermordet worden sein. Wenigstens behauptete man es offen und öffentlich in Athen, allerdings derjenigen Stadt der Erde, wo die meisten Fabeln herumgeboten werden.

Die Nachwelt mag davon halten, was sie will. Ich bürge für nichts, außer was ich mit eignen Augen gesehen und mit eignen Ohren gehört habe.

Um auf meine eignen Erlebnisse und die meines Helden zurückzukommen – der übrigens nicht Alexander der Große, sondern ein andrer Held ist, dessen Name ihr demnächst erfahren sollt – so wurde ich nach der Schlacht bei Chäroneia Geheimschreiber und Freund des Königs der Makedonier, folgte ihm nach Thrakien, Griechenland, Kleinasien, Syrien und Ägypten, nahm Teil an den beiden Schlachten am Granikos und bei Issos – von denen man sprechen wird, solange es auf Erden Geschichtschreiber gibt – überschritt mit ihm den Euphrat an der Furt von Thapsakos, wo uns das Wasser bis an die Schultern reichte – glücklicherweise war es Sommer, wo ein Bad nicht unwillkommen war – und, nach jenem Übergang, etwa dreißig Wegstunden von ihm entfernt, den noch tieferen und reißenderen Tigris.

Der Perserkönig Dareios hatte 10 000 Mann abgeschickt, um uns diesen Übergang zu wehren; allem Anschein nach würden wir, wär' es nach seinem Willen gegangen, Fischfutter geworden sein. Aber der arme König hatte den Kopf verloren. Da er am Granikos beim Übergange über einen Fluß, bei Issos in den Bergen geschlagen worden war, so glaubte er nur noch in der Ebene schlagen zu sollen und erwartete uns bei Gaugamela – was im Assyrischen so viel als »Stätte der Dromedare« bedeuten soll – einer Poststation zwischen Babylonien und Medien.

Dort war er wie ein braver Landbesitzer, der seine Alleen mit Sand versehen und das Unkraut ausjäten läßt, damit beschäftigt, das Terrain, das von Natur schon platt war, künstlich noch mehr zu ebnen, damit seine Reiterei sich mühelos daraus tummeln und uns unter die Hufe der Pferde nehmen könne.

Unsre thessalischen Reiter, welche als Vorhut und Kundschafter dienten, berichteten nach ihrer Rückkunft ins Lager, daß das Heer der Perser aus 700 000 bis 800 000 Streitern bestehen müsse, und in der That dehnten sich ihre Zelte unabsehbar in der Ebene aus. Jenseits, weit jenseits erhoben sich die blauen Berge von Gordyene, von welchen man ins Herz von Medien gelangt.

Vielleicht logen die Kundschafter nicht, obschon der Unterschied zwischen einem Thessalier und einem Lügner nicht groß ist, und obschon es schwer, sehr schwer ist, 800 000 Mann, 200 000 Pferde und 600 000 Stück Last- und Schlachtvieh zu ernähren in einer Ebene, in der ich wenigstens nur eine einzige Platane bemerken konnte, und zwar diejenige, welche mit ihrem Schatten den Rastort der Dromedare bedeckte.

Aber es ist am Ende doch möglich, daß durch die Gunst der Götter und entgegen dem Urteil der Sachverständigen, jene ungeheure Armee während zehn Tagen ihre Nahrung gefunden habe in einer Gegend, wo von einem Sonnenaufgang zum andern drei Schafe nur zur Not ihr spärliches Futter finden würden. Freilich muß zugegeben werden, daß, nach dem im ganzen Orient herrschenden Brauch, drei Vierteile dieses Volks ihre Zeit damit hinbrachten, daß sie den übrigen Vierteil, der ausschließlich aus den Streitern bestand, bedienten, nährten und verpflegten.

Ich will den Ruhm Alexanders, welcher der größte Eroberer war, von dem je erzählt worden, nicht schmälern, aber ich möchte, so wahr ich Sosikles heiße, doch auch meine Zunge möglichst vor Lügen bewahren. Genug, daß er die unglücklichen Perser hingeschlachtet hat; man braucht sie nicht auch noch der Feigheit anzuklagen.

Sie schlugen sich allerdings ungeschickt, aber eben so tapfer als unsre Leute. Ihr König war etwas zaghafter Natur, ihre Verbündeten, oder wenn man lieber will, ihre Untergebenen, verrieten sie; denn alle waren es satt, ihnen Tribut zu entrichten. Das ist, neben dem persönlichen Mut und der Feldherrnkunst Alexanders, der Punkt, welcher seine Erfolge bewirkte.

Übrigens, ob sie nun 800 000 Mann stark, wie man behauptet, ob sie weniger zahlreich waren, wie ich annehme, wenn ich, wohl verstanden, nur die Streitbaren zähle, Alexander ließ sich dadurch nicht beunruhigen und schlug auf eine Stunde Entfernung vom Feind sein Lager in der Ebene auf.

Es war am Abend vor der Schlacht bei Gaugamela.

Da man einen Teil der Nacht hindurch marschiert und erst ein oder zwei Stunden vor Sonnenaufgang an der Lagerstelle angekommen war, so beeilte sich das ganze Heer die Zelte aufzuschlagen, Nahrung zu sich zu nehmen und der Ruhe zu pflegen. Die Hitze war so drückend und die Ermüdung so groß, daß man das Gewicht der Waffen nicht aushalten konnte, und die persische Reiterei hätte ein leichtes Spiel gehabt, wenn sie guten Mutes durch die Ebene sprengend, einen Angriff auf uns gemacht hätte, während wir unter unsern Zelten ausgestreckt lagen.

Glücklicherweise hatten sie nicht minder von der Hitze zu leiden als wir selber und der Anblick unsrer vor dem Lager aufgestellten Wachen ließ sie glauben, daß wir unter Waffen ständen.

So kam es, daß wir siegten, statt geschlagen zu werden, daß Alexander für einen Helden ohnegleichen galt, anstatt ans Kreuz geheftet zu werden, und daß ich, Sosikles, Sohn des Meriones, diese Geschichte ruhig in meinem Palaste am Ufer des Ganges niederschreibe, statt auf einer Galeere des Großkönigs Dareios zu rudern, wie dieses vielen unglücklichen Kriegern beschieden war. Nachmittags gegen vier Uhr erschien Alexander nach beendeter Ruhepause auf der Schwelle seines Zeltes und ließ durch den Schall der Schlachthörner das Signal zum Ergreifen der Waffen geben.

Ich machte mich schleunig, die Augen reibend, auf den Weg, denn der große Mann liebte das Warten nicht. Ich sah ihn einmal, wie er seinen Leutnant Kassander (jetzt König von Makedonien und sein Nachfolger), der nicht auf seinem Posten war, mit seinen Armen faßte, als er endlich kam, den Unglücklichen vom Boden aufhob, ihm den Kopf zehn- oder zwölfmal gegen die Mauer stieß, als wollte er mit ihm eine Bresche machen – (nur der Helm, den Kassander trug, bewahrte seinen Schädel vor dem Schicksal des Zermalmtwerdens) – und ihn endlich nur in der Absicht, ihn mit der Lanze zu durchbohren, niederfallen ließ. Glücklicherweise mußte er diese erst von seinem Stallmeister sich geben lassen, und während dies geschah, gelang es dem Kassander in seiner Todesangst das Hasenpanier zu ergreifen und sich in ein Gehölz zu flüchten; tags darauf erhielt er Pardon.

Wie gesagt, der große Mann war nicht tierisch roh, wenn man so will, aber lebhaft, das war er allerdings in hohem Grade. Seine Hand war immer bereit, drein zu schlagen, sie war auch, ich muß es gestehen, stets geneigt zu schenken. Wenn er die Hände seiner Feinde geleert hatte, füllte er die seiner Freunde mit Gold. Niemand konnte mit ihm in Frieden bleiben oder auch nur auf eine Stunde Ruhe rechnen. Er überschüttete seine Freunde, wenn sie ihm gute Dienste geleistet hatten, mit Schätzen und einige Tage hernach ließ er sie auf einen bloßen Verdacht hin töten. Was seine Feinde betrifft, so belohnte oder strafte er sie für ihren tapfern Widerstand ganz nach Eingebung der augenblicklichen Laune; von dieser hing alles ab. Gewiß, er war ein braver Mann, und seine Soldaten haben ihn lange beweint. Ich, Sosikles, der ich ihn mehrere Jahre hindurch täglich beobachtet habe, danke Tag für Tag dem großen Zeus, daß er mich aus seinen fürchterlichen Händen gerettet hat. Ich kam also in Eile mit meiner Schreibtafel, dem Abzeichen meines Amtes, und erwartete, vor ihm stehend, seine Befehle. Glücklicherweise war er an jenem Tage guter Laune und voller Lachlust. Er hatte vor seinem Zelte einen Tisch aufstellen lassen. Zehn oder zwölf seiner Generale saßen links und rechts auf Holzbänken um ihn her, und Sklaven brachten große Krüge armenischen Weins.

Als er mich erblickte, sagte er: »Woher kommst du, Sosikles? Deine Augen sind ja noch schwer von Schlaf.«

Ich versuchte mich zu entschuldigen mit der allzu großen Hitze, den langen Märschen und andrem mehr, aber meine Rede wurde durch einen lauten Trompetenstoß unterbrochen und fünfzehn oder zwanzig thessalische Reiter kamen ins Feldlager.

Vor ihnen her ritt auf dem schönsten arabischen Pferde, das ich in meinem Leben gesehen habe, ein halbnackter, kräftiger Mann von stattlichem Wuchs und schön wie ein junger Gott.

Eine wahre Löwenmähne bedeckte sein Haupt; aus seinen in blaugrünem Smaragdglanz schimmernden Augen leuchteten Stolz und Lebenslust; sein langes kastanienbraunes Haar rollte auf seine nackten Schultern herab, sein seidener Gürtel trug ein langes Schlachtschwert, dessen Griff mit Gold und Edelsteinen eingelegt war.

Alexander sah ihn lange an, ohne zu sprechen, und ebenso schaute auch der Ankömmling den König an. So ungefähr muß es sein, wenn sich tief im Walde Löwe und Tiger begegnen.

Endlich fragte der König die Thessalier:

»Wer ist dieser Mensch? Doch wohl ein Gefangener?«

Aber noch bevor die Thessalier antworten konnten, nahm der Fremdling das Wort und sprach mit einer Stimme stark und klar wie Trompetenklang:

»Ich bin kein Gefangener. Ich komme aus freien Stücken hierher, um dich zu sehen und mit dir Alexander, Sohn des Philipp, dem tapfersten der Griechen und Makedonier, Bande der Gastfreundschaft zu knüpfen. Ich bin gallischer Abkunft, an den Ufern der Garumna, zwei Stunden von Tolosa, der Tektosagenstadt, geboren. Ich heiße Pendragon, Sohn des Astarakos.

Alexander lachte und sagte zu seinen Freunden:

»Seht, das ist ein Mann! ich bin noch keinem solchen begegnet.«

Darauf entgegnet Pendragon, ohne gefragt zu sein:

»Das kommt daher, daß du noch nie das Land zwischen Garumna und Pyrenäen gesehen hast.«

– »Was willst du von mir?«

– »Deine Freundschaft, ich biete dir zum Ersatz die meinige an.«

Jetzt wurde das Lachen lauter, und Perdikkas, der, nächst Parmenion, der erste Offizier Alexanders war, rief:

»Herr, da hast du einen Freund gefunden, welcher dem Eroberer Asiens ebenbürtig ist.«

Pendragon fragte den Anführer der Thessalier:

»Wer ist der dicke Mensch dort neben Alexander, der wie ein Narr lacht?«

Perdikkas, rot vor Zorn, wollte erwidern, aber Alexander hielt ihn zurück:

»Schweig, Perdikkas, dieser Gallier ist mein Gast ...! Du, Pendragon, setz' dich an diesen Tisch.«

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Das Pferd trank in einem Zuge die Schale aus (S. 20).

Zugleich befahl er eine goldene Schale zu bringen, ließ sie mit Wein füllen und reichte sie eigenhändig dem Gallier.

Jetzt sprang dieser vom Pferde und überantwortete es dem Bereiter des Königs. Man sah mit Erstaunen, daß das stolze Tier weder Sattel, noch Zügel, noch Steigbügel hatte. Es trug nur eine Tigerhaut mit vergoldeten Klauen. Die Stelle der Augen nahmen zwei Smaragde ein.

»Herr«, fragte der Bereiter den König, »was soll mit diesem prächtigen Pferde geschehen?«

Pendragon unterbrach ihn:

»Man muß ihm zu trinken geben«, sprach er, »es hat seit heute morgen zwanzig Wegstunden zurückgelegt und hat Durst.«

Der Bereiter gehorchte und wollte das Pferd wegführen. Er gab ihm einen gutgemeinten leisen Schlag aus den Rücken und glaubte, es werde ihm folgen, aber das edle Tier richtete sich entrüstet mit funkelnden Augen und schnaubenden Nüstern auf den Hinterfüßen empor und stieß ein so schreckliches Wiehern aus, daß alle im Lager erzitterten und Alexander selber, so unerschrocken er sonst war, seine Kaltblütigkeit kaum bewahren konnte.

Alle liefen, um ihre Speere zu holen, als wenn der Feind in der Nähe wäre. Ich selber war nicht ruhig und näherte mich dem Gallier.

Dieser aber zeigte keine Spur von Unruhe, im Gegenteil, er lachte, wie wenn er die Stimme eines Freundes erkannt hätte, kehrte sich um und sprach, indem er dem Pferde die Schale reichte:

»Da, trinke du, als Erster, auf Alexanders Wohl.«

Das Pferd trank in einem Zuge die Schale aus und stützte sein Haupt auf die Schulter des Galliers, als wollte es ihm danken.

»Jetzt ist es an mir«, sprach Pendragon.

Er reichte die Schale dem Mundschenk des Königs, ließ sie zum zweitenmal füllen und leerte sie in einem Zuge. Alle sahen ihn mit Staunen an. Alexander allein lachte herzlich über die Kühnheit dieses Barbaren.

»Zwischen deinem Pferd und dir«, fragte er, »scheint wohl alles gemeinschaftlich zu sein?«

»Warum nicht?« entgegnete der Gallier. »Wenn ich mich ins Schlachtgewühl stürze, so weigert es sich nicht, mich dahin zu tragen; warum sollte es nicht mit mir gleichen Anteil haben an den Festgelagen, wenn es gleichen Teil an den Kämpfen hat? Der gleiche Gott wird uns in seinem Schoße aufnehmen, wenn es einmal gestorben sein muß.« –

Mit diesen Worten wies er mit dem Finger auf das blaue Himmelsgewölbe.

»Beim Zeus, du gefällst mir«, sprach Alexander. »Erzähle mir deine Geschichte.«

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