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Abschnitt 5.

Lederbereitung. – Die Poolkatze. – Büffeljagd. – Der Lasso. – Die wilden Bienen. – Weihnachtsabend. – Vorsichtsmaßregeln. – Der Mais. – Dir Biber. – Der Alligator. – Die Waro-Indianer.


. Am folgenden Morgen holte Daniel die Hirschhäute aus dem Flusse und rief Karl zu sich, um ihm zu zeigen, in welcher Weise sie zu bereiten seien. Er hatte zu diesem Zwecke mehrere Hirschköpfe aufbewahrt, schnitt auch den des Jaguars aus dessen Haut und nahm nun aus sämtlichen Schädeln das Gehirn heraus. Er mischte dasselbe in einem Gefäße mit Wasser zu einem dünnen Brei, und nachdem er die Hirschhäute auf ein von der Rinde entblößtes Stück Baumstamm gelegt und mit einem Ziehmesser von allen Fleischteilen und von den Haaren gereinigt hatte, bestrich er sie mit diesem Brei, faltete sie dann mehrere Male zusammen und legte schwere Steine darauf. Die Jaguarhaut behandelte er ebenso, nur ließ er das Haar auf ihr sitzen. In dieser Weise ließ er sie bis zum folgenden Morgen liegen, wusch sie dann im Flusse sauber aus und hing sie im Schatten auf. Noch ehe sie aber ganz trocken wurden, nahm er sie ab, um sie trocken zu reiben. Er hatte zu diesem Zwecke ein breites Brett in die Erde eingeschlagen, dessen in die Höhe stehendes Ende zugeschärft und nach den Seiten hin abgerundet war. Auf diese nach oben stehende Schärfe legte er nun eine Haut und zog dieselbe darauf von einer Seite nach der andern hinunter, wobei er alle Kraft anwandte, um die Fasern derselben auseinander zu dehnen.

Die Haut wurde hierdurch sehr geschmeidig und weich, besonders nachdem Daniel sie zuletzt noch zwischen seinen Händen ganz trocken gerieben hatte. Die Hirschfelle verarbeitete er auf beiden Seiten auf dem Holze, während er die Jaguarhaut nur auf der Fleischseite rieb, da sie ja das Haar behalten sollte. Nun war das Leder fertig und so zart und weiß, tote es ein Weißgerber nicht schöner machen konnte. Damit es aber durch Naßwerden nicht wieder zusammenschrumpfen und hart werden sollte, wurde es geräuchert. Dies vollbrachte Daniel dadurch, daß er ein zwei Fuß tiefes Loch in die Erde grub, dessen obere Öffnung die Größe der Haut hatte. Er entzündete nun in der Vertiefung ein Feuer, warf eine Menge faules Holz darauf, so daß es nur kohlte und stark rauchte, und spannte die Haut glatt darüber aus, indem er sie mit hölzernen Nägeln rundum auf den Erdboden festnagelte. Von Zeit zu Zeit lüftete er das Fell, um das Feuer mit faulem Holze zu versehen, und ließ in dieser Weise das Leder ganze zwölf Stunden räuchern, wodurch es eine schöne goldbraune Farbe bekam und vor allem Hartwerden für immer gesichert ward. Madame Turner schnitt nun aus dem Leder zwei Jacken, eine für Karl und die andere für Daniel, und übergab sie Julie zum Nähen, während sie sich des Abends selbst bei dieser Arbeit beteiligte. In gleicher Weise wurden auch bald für die beiden Jäger Beinkleider angefertigt, so daß sie auf ihren Streifzügen nicht mehr so sehr durch die Dornen zu leiden hatten, und auch für Arnold und Wilhelm verfertigte Madame Turner und Julie solche Lederanzüge. Die Jaguarhaut war Karls Stolz, sie prangte von nun an auf seinem Sattel als Decke und gewährte ihm durch ihr kurzes, strammes Haar, welches den Tiger von dem Leoparden unterscheidet, einen ebenso sicheren als kühlen Sitz.

Turner war täglich bemüht, seine beiden Knaben gleichfalls in dem Gebrauch der Waffen zu üben, er ließ sie nach einem Ziel schießen, und sie mußten sich auch an Wild versuchen, wenn dasselbe in die Nähe des Forts kam. Beide Knaben schossen schon sehr sicher, sowohl mit der Büchse, als auch mit dem Revolver, und beide hatten schon verschiedenes Wild erlegt. Karl dagegen übte sich, sobald es seine Zeit erlaubte, in dem Gebrauche des Lassos, einem aus Büffelhaut verfertigten, dreißig Fuß langen Strick, an dessen Ende sich eine Schlinge befand. Die Kunst, den Lasso zu gebrauchen, besteht darin, daß man die Schlinge auf die Entfernung der Länge des Strickes einem Tiere über den Kopf wirft, um dasselbe darin zu fangen. Karl übte sich an leblosen Gegenständen, mitunter mußten auch Arnold und Wilhelm die Stelle des Wildes vertreten, und im vollen Laufe hinter ihnen her, gelang es ihm häufig, ihnen die Schlinge über den Kopf zu werfen, was dann stets einen großen Jubel veranlaßte. Geschickte Lassowerfer, wie Daniel einer war, sind sogar im stande, ein flüchtiges Tier an einem beliebigen Fuße zu fangen, indem sie die Schlinge gerade auf den Fleck auf die Erde werfen, wo das Tier den Fuß hinsetzen wird, worauf sie den Strick rasch an sich ziehen und die Schlinge sich um den Fuß zuzieht. Daniel hatte von Warwick einen alten Lasso geschenkt bekommen, wollte aber, sobald ihm die Arbeit Zeit gestatten würde, einige Büffel töten und aus ihren Häuten Lassos für sich und für Karl anfertigen.

Die Arbeiten bei und in dem Fort waren vor der Hand beendet, der Garten lieferte die herrlichsten Gemüse und war mit den wundervollsten Blumen geschmückt, welche Karl und Daniel bei ihren Jagdausflügen aus dem Walde und der Prairie mitgebracht hatten; es waren Lorbeerbäume, Magnolien, Maulbeer- und Pflaumenbäume hineingepflanzt, über der Quelle im Fort war ein Milchhaus erbaut und mit Schilf dicht behangen, so daß die Sonne keinen Einfluß auf dessen innere Kühle ausüben konnte, und an den beiden vorderen Ecken des Forts waren die Palissaden in der Form von Türmchen vorgebaut worden und Schießöffnungen darin angebracht, so daß man aus ihnen die Wände der Festung beschießen konnte.

An einem kühlen Dezembermorgen zeigten sich viele Büffelherden auf der Prairie und Daniel schlug vor, zu Pferde eine Jagd auf sie zu machen, teils um einige Häute zu bekommen, teils aber auch, um Fleischvorrat einzusalzen und zu räuchern, weil jetzt in der kühlen Jahreszeit dies mit weniger Gefahr vor Verderben geschehen konnte. Karl, der sich schon lange auf eine solche Jagd gefreut hatte, war sofort bereit; die Pferde wurden gesattelt, das Riemenwerk noch genau nachgesehen, über die Jaguarhaut wurde noch besonders ein Gurt geschnallt, und kaum hatte die Sonne ihr neues Licht über die in ihrer Winterflur bunt schimmernde Prairie ausgebreitet, als die Jäger ihre mutigen Rosse den Hügel hinab in das hohe Gras lenkten. Turners standen vor dem Thore und winkten den Reitern noch so lange nach, bis dieselben zwischen den einzelnen Baum- und Gebüschgruppen, die sich wie Inseln hier und dort aus der Prairie erhoben, vor ihren Blicken verschwunden waren.

Turner hatte sich in den Garten begeben, seine Frau und Tochter waren zu ihren häuslichen Arbeiten zurückgekehrt, und die beiden Knaben wollten nach dem Boote gehen, um mit der Angel dort einige Fische zu fangen. Pluto begleitete sie, und sie hatten das Ufer noch nicht erreicht, als sie plötzlich ein Tier vor sich im Grase gewahrten, welches die Größe einer Katze hatte und glänzend schwarz und blendend weiß vom Kopfe nach dem Hinterteil gestreift war. Die Knaben sprangen darauf zu, um das Tier zu fangen, welches jedoch, statt zu fliehen, seinen mit fußlangen weißen Haaren bewachsenen Schwanz über seinen Rücken legte und sich ganz mit demselben bedeckte. Die Knaben wollten das ihnen unbekannte Tier lebendig mit nach Hause nehmen und riefen Pluto zu sich; doch dieser fiel zornig über dasselbe her und wollte es mit den Zähnen erfassen. Das Tier aber biß ihn gewaltig in die Nase, so daß der Hund mit einem Klagelaut zurücksprang, zugleich aber wandte es sich mit seinem Hinterteil nach ihm hin und spritzte mit seinem Urin eine stinkende Flüssigkeit, welche es in einer Drüse bei sich trägt, über ihn und über die beiden Knaben aus. Ein furchtbarer, Ekel erregender Geruch erfüllte sofort die Luft; der erzürnte Pluto jedoch fiel abermals über das Tier her und biß es tot. Die Knaben eilten von ihm weg, weil sie den Geruch nicht ertragen konnten, Pluto aber, mit dem Tier zwischen den Zähnen, folgte ihnen, Und so kamen sie denn sämtlich bald darauf in der Stube bei Madame Turner an, wo der Hund seine Beute niederlegte.

»Um des Himmels willen, was ist das für ein schrecklicher Geruch, den ihr mir in das Zimmer bringt?« rief Madame Turner entsetzt aus, denn die Luft im ganzen Hause schien in dem Augenblicke verpestet zu sein.

»Es ist das Tier, Mutter, welches so riecht,« riefen die Knaben, nach der Thür springend, um dort frischen Atem zu schöpfen.

»So schafft es mir aus dem Hause, es ist ja fürchterlich, abscheulich, rein um ohnmächtig zu werden!« rief Madame Turner ganz außer sich, indem sie gleichfalls, sowie auch Julie, zur Thür hinaus flüchtete. Pluto folgte ihnen mit einem sehr betrübten Gesichte, denn es wurde ihm schlecht und er mußte sich übergeben.

»Das ist doch wirklich zu arg, ihr Jungen, mir einen solchen Geruch in das Haus zu bringen; gleich holt das abscheuliche Tier heraus,« sagte Madame Turner sehr aufgebracht; doch die Knaben wollten nicht wieder in das Zimmer gehen, weil sie sich schon sehr unwohl fühlten. Madame Turner lief jetzt in das Türmchen, an dessen Außenseite sich der Garten befand, und rief durch eine Schießscharte ihrem Gatten zu, daß er in das Fort kommen möge. Mit der größten Verwunderung hörte er bei seinem Eintritt, was sich zugetragen hatte, und ging lachend mit den Worten nach dem Hause:

»Ihr seid wohl alle närrisch geworden?« Doch kaum trat er in die Thür, als er selbst vor der Luft, die ihm entgegenkam, zurückprallte. Dann sprang er aber schnell in das Zimmer, ergriff die Feuerzange, faßte damit das schreckliche Tier, schleifte es heraus und aus dem Fort nach dem Ufer, wo er es in den Fluß hinabschleuderte.

»Nein, so etwas ist mir denn doch auch im Leben noch nicht vorgekommen,« sagte er, als er in das Fort zurückkehrte; »wie bekommen wir nur den Geruch wieder aus dem Zimmer?«

Er ergriff darauf einen Spaten, eilte in das Haus und stach die Erde von dem Fleck, wo das Tier gelegen hatte, denn das Zimmer war noch nicht mit einem Fußboden versehen. Nachdem er dieselbe in den Fluß geworfen hatte, nahm er einige Feuerbrände aus dem Kamin, legte sie in der Mitte der Stube auf die Erde und trug faules Holz darauf, so daß der Raum bald dicht mit Rauch angefüllt war.

Die Thür und Fenster wurden geschlossen, und als man sie nach Verlauf von einer Stunde wieder öffnete und den Rauch hinausziehen ließ, hatte sich auch der Geruch, den das Tier hinterlassen hatte, sehr gemildert.

Während dieser Zeit ritten die beiden Jäger lustig durch die bunten Blumenfelder der Prairie und näherten sich einer großen Büffelherde, welche in einer Vertiefung weidete. Dort war das Gras außerordentlich hoch, so daß die riesigen Tiere kaum mit dem Rücken aus demselben hervorsahen und ihre Köpfe tief in ihm vergraben waren. Daniel hatte sie aber schon auf eine weite Entfernung erkannt und wählte sie vorzugsweise zur Jagd, weil er hoffte, sich ihnen unbemerkt nahen zu können und dadurch den Pferden die Anstrengung zu ersparen, sie in vollem Laufe einholen zu müssen. Andere Herden, die links und rechts weideten, gewahrten die Reiter frühzeitig und flohen in eiligem Galopp davon.

»Wenn ein recht feister Bulle dabei ist, so wird er bald hinter der Herde zurückbleiben, da ihm das gewaltige Laufen den Atem nimmt, und dann will ich Ihnen einmal zeigen, wie man einen Büffel ohne Schußwaffe töten kann,« sagte Daniel zu seinem jungen Freunde.

»Beugen Sie sich auf den Hals Ihres Pferdes nieder, damit wir, ohne gesehen zu werden, so nahe wie möglich an die Herde gelangen; wir ersparen dadurch unseren Rossen große Anstrengung.«

Karl that, wie ihm Daniel riet, und so kamen sie den sorglosen Büffeln bald sehr nahe, von denen her der frische Wind den Jägern entgegenzog und sie kühlend umwehte.

Die Prairie hob sich hier wellenförmig auf und nieder, und die Reiter suchten immer in der Vertiefung zu bleiben, die sie jetzt in das kleine Thal führte, in welchem die Büffel grasten. Es lagen kaum noch fünfzig Schritte zwischen ihnen und den Tieren, da hoben mehrere derselben die finster umlockten Köpfe aus dem Grase empor und schauten verwundert nach den Reitern hin.

»Hurra!« schrie Daniel jetzt mit seiner gewaltigen Stimme, und »hurra« ließ auch Karl die seinige mit aller Kraft ertönen, und beide gaben ihren Rossen Zügel und Sporen. Das ganze Thal ward in dem Augenblicke lebendig, das Gras teilte sich und wogte verworren hin und her, wohl vierhundert Büffel rannten in wilder Bestürzung durcheinander hin, wie Donner dröhnte die Erde unter ihren Füßen, und eng zusammengedrängt jagten sie in schwerfälligem Galopp der nächsten Höhe zu. Die ganze Herde, die fliehend über die Grasflur dahineilte, war in der dichten, um sie aufwirbelnden Staubwolke verschwunden, während die Jäger ihr auf den flüchtigen Rossen in Karriere folgten. Die gellenden Jagdrufe der Reiter schienen die Tiere zu immer schnellerer Flucht anzutreiben und ihre Angst zu steigern, die sie durch wildes, verworrenes Brüllen zu erkennen gaben. Fort ging es in Sturmeslauf hügelauf, hügelab, über steinige Höhen, durch mannshohes Gras in den Thälern, über umgefallene Baumstämme, durch breite, tief ausgetrocknete Wassergräben, ohne Rast, ohne Aufenthalt, umsaust von dem stürmischen Tumult der Jagd, so wie eine Windsbraut über die Erde fliegt. Wohl mehrere Meilen weit jagte die Herde dem frischen Winde gerade entgegen, so daß derselbe den Jägern die Staubwolke zuwehte, die unter den Füßen der Tiere aufstieg; jetzt aber wandten diese sich mehr zur Seite, und ihre riesigen, von fliegenden Mähnen umwogten dunklen Körper wurden in dem seitwärts verwehenden Staube wieder sichtbar. Der Anblick der Jäger aber mehrte das Entsetzen der Büffel, ihre Flucht wurde immer rasender und die schwersten, die feistesten unter ihnen begannen hinter der Herde zurückzubleiben. Namentlich einem alten Bullen schien der tolle Lauf beschwerlich zu werden, seine Flanken hatten sich mit weißem Schaum bedeckt, keuchend ließ er seine brennend rote Zunge über den langen Bart seines Unterkiefers herabhängen und mit wutblitzenden, glühend geröteten Augen blickte er seitwärts nach seinen Verfolgern. Mehr und mehr entfernte sich die Herde von ihm, und vergebens waren seine Anstrengungen, ihr nahe zu bleiben; sein Lauf wurde immer schwerfälliger, seine Sprünge würden kürzer und mit dumpfem zornigen Gebrüll schüttelte er wiederholt die schwarzbraunen, glänzenden Mähnen. Dennoch blieb er im Galopp und folgte auf dem niedergetretenen Grase der Spur seiner davoneilenden Kameraden.

Da sprengte Daniel mit gellendem Jagdruf näher zu diesem Büffel heran, er hob sich stracks in den Steigbügeln auf, schwang mit der Rechten den gelösten Lasso hoch über sich im Kreise durch die Luft und schleuderte die Schlinge sausend auf das Gras hinab vor das flüchtige Tier, welches im Sprunge seinen linken Vorderfuß in dieselbe niedersetzte. In derselben Sekunde zog Daniel den Lasso zurück, denn er hatte sein Pferd zur Seite gewandt, und die Schlinge zog sich um den Fuß des Büffels fest. Hoch bäumte sich jetzt das plötzlich parierte Pferd des Negers, und der Büffel, in seinem Sturmlauf an dem Fuße zurückgehalten, stürzte über Kopf donnernd zu Boden, daß die Erde unter ihm erzitterte. Das ungeheure Tier lag mit emporgestreckten Gliedern auf dem Rücken und mit Blitzesschnelle spornte der Neger sein wild aufgeregtes Roß im Kreise um dasselbe und wand, noch ehe der Büffel sich erheben konnte, das starke, lederne Seil um dessen vier Beine.

Mit jedem Kreise, den er um das Tier beschrieb, zog er dessen Glieder fester zusammen, während der Gefangene die Luft mit seinem Gebrüll erfüllte.

Wutschäumend warf er sich hin und her und riß und dehnte den Lasso mit seinen Riesenkräften, während er mit den scharfen Hörnern den Boden zerwühlte.

»Wir haben ihn, wir haben ihn!« rief Karl triumphierend aus, und sprengte sein entsetztes Roß näher zu dem gegen seine Fesseln kämpfenden Koloß hinan, als Daniel ihm zurief:

»Zurück, zurück, nehmen Sie sich in acht, das Seil hat nicht gut gefaßt, er kommt wieder los.« Zugleich ließ er sein Pferd rückwärts schreiten, um den Strick, welcher mit dem Ende an dem Sattelknopf befestigt war, fester anzuziehen; der Büffel aber zuckte und schlug so gewaltig mit seinen Gliedern, daß er das Seil über seine Kniegelenke streifte und plötzlich alle vier Beine aus dem Gewinde befreite. Daniel warf sein Roß zur Seite, um davonzujagen und so den Büffel abermals an dem gefangenen Fuße niederzureißen; derselbe aber war mit ebenso großer Schnelligkeit aufgesprungen und stürzte mit entfesselter Wut seinem Gegner nach. Das Gras war hier ungewöhnlich hoch und hemmte die Flucht des Pferdes, während dieses für den Büffel die Bahn brach und derselbe mit größerer Leichtigkeit folgen konnte. In tollem Laufe sausten sie vorwärts, ohne einander näher zu kommen, oder sich weiter voneinander zu entfernen; ein Fehltritt des Rosses aber würde diesem und seinem Reiter sicher einen schnellen Untergang bereitet haben. Kaum gewahrte Karl jedoch die Gefahr, in der sein Freund schwebte, als er dem Falben die Sporen in die Flanken stieß und in fliegender Karriere an die rechte Seite des Büffels sprengte. In gestrecktem Laufe richtete er die Büchse auf die Schulter des wütenden Tieres und feuerte beide Läufe auf dasselbe ab. Im Augenblick wandte es sich nach seinem neuen Gegner, doch der Sprung zur Seite streckte den Lasso, der seinen Fuß gefangen hielt, und das Pferd des Negers riß den Büffel abermals daran zu Boden. Daniel war darauf vorbereitet und wandte sein Roß geschickt und schnell dem Gefangenen zu, den er nun wieder umkreiste und ihn mit dem Lasso umwand. Diesmal gelang es ihm, die Glieder des Büffels so fest damit zusammenzuschnüren, daß dessen Anstrengungen dagegen erfolglos blieben und derselbe sich bald in sein Schicksal ergab. Seine Kräfte nahmen auch rasch ab, denn die beiden Schüsse Karls waren tödlich und ließen das Tier sich schnell verbluten.

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»Das hätte bös für mich ausfallen können,« sagte Daniel, indem er vom Pferde sprang und demselben die Vorderfüße zusammenband; »es war ein Übermut von mir, denn wir hätten ja den Büffel mit halb so vieler Mühe erschießen können; ich wollte Ihnen aber doch zeigen, daß man auch ohne Schußwaffen ein solches riesiges Tier erlegen kann. Sie haben mir in der That das Leben gerettet; denn hätte mein Pferd auf den Lasso getreten, so mußte es mit mir zusammenstürzen und dann würde dies wohl meine letzte Büffeljagd gewesen sein. Ich versuchte, den Lasso von dem Sattelknopf zu lösen, konnte aber den Knoten während des Jagens nicht öffnen. Nun wollen wir eine Fahne über dem alten Burschen aufrichten und schnell nach Hause reiten, um sein Fleisch zu holen; er ist unglaublich feist.«

Hiermit sprang der Neger nach einem nahestehenden Mosquitobaum, hieb mit dem Jagdmesser einen langen Ast davon ab, band an dessen Spitze ein rotes, seidenes Halstuch, welches er zu diesem Zwecke mitgebracht hatte, und pflanzte die Fahne über dem Büffel auf, so daß der kräftige Wind sie flatternd über demselben entfaltete. Karl hatte während dieser Zeit seine Büchse wieder geladen, und nun bestiegen die Jäger abermals ihre Rosse und lenkten sie eilig nach dem Fort zurück, wo sie noch vor Tisch anlangten.

»Hallo – hier ist eine Poolkatze gewesen!« rief Daniel, als sie das Thor der Festung erreichten, wo ihnen der immer noch starke Geruch des durch Pluto getöteten Tieres entgegenkam. Auch in dem Hause war derselbe noch nicht ganz beseitigt, und Daniel unterrichtete nun seine Freunde, daß das Tier eine Poolkatze oder Stinktier gewesen sei, eine Art Iltis, welcher sich gegen seine Feinde durch Ausspritzen des stinkenden Saftes verteidige.

Das Mittagsessen wurde nun schnell eingenommen und darauf der leichte Wagen bespannt, um das Fleisch des erlegten Büffels herbeizuschaffen. Karl fuhr und Daniel folgte ihm zu Pferde. Bald sahen sie die rote Fahne im Winde flattern und über ihr viele Hunderte von Geiern die Luft durchschwärmen, die sich nicht in die Nähe des roten Tuches wagten. Als sich die Jäger näherten, ergriffen auch viele Wölfe die Flucht, die sich in einiger Entfernung um den Büffel gesammelt hatten, aber gleichfalls durch das wehende Tuch von ihm zurückgehalten worden waren.

Daniel band sein Pferd an den Wagen und beeilte sich nun, mit Karls Hilfe dem Büffel die prächtige Haut abzunehmen. Dann wurde derselbe ausgeweidet, in Stücke gehauen und diese auf den Wagen gehoben. Das Fleisch war ganz mit goldgelben Fettadern durchwachsen und Daniel erklärte, daß man nur selten einem so außerordentlich feisten Büffel begegne. Kaum hatten sich die Jäger einige hundert Schritte von den zurückgelassenen Überresten des Tieres entfernt, als die Geier sich zu Hunderten aus der Luft herabschwangen und sich auf dieselben niederließen. Die Fahrt ging des sehr hohen Grases wegen nur langsam von statten und nicht in gerader Richtung nach dem Fort zurück, weil Karl sich auf den Höhen zu halten suchte, wo das Gras weniger hoch war. Sie nahten sich einer der Waldinseln, die hier in der Prairie zerstreut lagen, als Daniel, der etwas seitwärts vom Wagen ritt, plötzlich sein Pferd diesem zulenkte und zu Karl sagte: »Halten Sie an, dort hinter der Insel stehen mehrere Büffel, denen Sie sich mit leichter Mühe auf Schußweite nähern können. Die schöne Haut, welche wir im Wagen haben, möchte ich nicht gern zu einem Lasso zerschneiden, es wäre schade dafür. Schießen Sie einen von jenen Büffeln, damit wir noch eine Haut bekommen. Schnell, eilen Sie in das Holz, ich will bei den Pferden bleiben.«

Hiermit stieg der Neger ab und führte sein Roß zu den Wagenpferden, während Karl von seinem Sitze sprang und eilig durch das hohe Gras der Waldinsel zulief. Dieselbe bestand aus hohen prächtigen Eichen, Tulpenbäumen, Platanen und Ahornen, deren Stämme sich aus üppigem dichten Gebüsch erhoben, während das ganze Wäldchen nur einige hundert Schritte im Umfang maß. Karl hatte bald das Dickicht erreicht und schlich sich vorsichtig durch dessen tiefes Dunkel der anderen Seite zu. Es lag viel trockenes Reisig auf dem Boden, auf welches zu treten er sorgfältig vermied, um sein Nahen den Büffeln nicht zu verraten, und je näher er dem Waldsaume kam, um so behutsamer setzte er den Fuß auf die Erde. Bald aber gelangte er hinter den letzten Büschen an den Stamm einer alten Eiche und blickte neben ihm hinaus in die Prairie. Ein freudiger Schreck durchzuckte ihn, denn nur wenige Schritte vor ihm standen fünf kolossale männliche Büffel in dem hohen Grase und schauten regungslos in das Dickicht. Sie mußten doch etwas gehört haben, das ihnen verdächtig schien, denn sie verwandten keinen Blick von der Richtung, in welcher Karl stand. Dieser aber war durch die Eiche verdeckt und hob mit der größten Vorsicht die Büchse an die Schulter; dann beugte er sich langsam auf die Seite des Stammes und richtete den Lauf auf eines der riesigen Tiere. Die große Nähe desselben erfüllte ihn mit einem unheimlichen Gefühl, er kam sich selbst so klein, so winzig gegen dieses Ungeheuer vor, und er dachte daran, daß ein Fußtritt desselben ihn zermalmen würde. Es war aber nur ein Augenblick des Bangens, dann gab er Feuer. Der Donner der Büchse und das Getöse, mit welchem die Büffel in das Dickicht hereinstürzten, betäubten Karl, er drückte sich fest hinter den Eichenstamm und fühlte denselben erbeben, als die Riesentiere an ihm vorüberschossen und im Dunkel des Wäldchens verschwanden. Er hörte ihre dröhnenden Schritte weithin verhallen, zugleich aber vernahm er in dem Dickicht ein Rauschen und Schlagen und Brechen, welches auf einem und demselben Platze ertönte. Karls Herz schlug hoch vor Freude, denn dies Getöse mußte von dem verwundeten Büffel verursacht werden. Er wollte schon in das Dickicht hineinspringen, da fiel ihm der Jaguar ein und die Gefahr, in welche er damals geraten war. Er eilte nun hinaus in die Prairie und um die Waldinsel, bis er Daniels ansichtig wurde, der ihm schon mit dem Wagen entgegen kam und ihm zurief: »Haben Sie einen geschossen?«

»Wie viele Büffel hast du fortrennen sehen?« fragte ihn Karl.

»Vier Stück,« entgegnete der Neger.

»So habe ich einen erlegt, denn es waren ihrer fünf und ich hörte es eben noch im Walde schlagen. Wollen wir hineingehen?«

»Lassen Sie mich dies thun und bleiben Sie bei den Pferden; ein angeschossener Büffel ist ein gefährlicher Gesellschafter.«

Karl trat nun zu den Pferden und Daniel schlich sich mit der Büchse in der Hand in das Dickicht hinein. Nach wenigen Augenblicken aber rief er jubelnd aus: »Hier liegt er mausetot, Sie haben ihn durch das Herz geschossen.«

Gleich darauf trat der Neger wieder aus den Büschen hervor, band die Zügel der Pferde an einen Baum und begab sich dann mit seinem jungen Freunde zu dem erlegten Büffel, um sich der Haut desselben gleichfalls zu bemächtigen. Außer dieser wurden noch die besten Stücke Fleisch, die Zunge und die Markknochen von dem Tiere auf den Wagen gebracht, und dann setzten die mit reicher Beute versehenen Jäger ihren Heimweg fort. Die Sonne war schon im Scheiden, als sie das Fort erreichten und dort freudig bewillkommnet wurden.

Am folgenden Morgen gab es nun viele Arbeit im Fort. Turner und dessen Frau und Tochter zerlegten das Fleisch und salzten es ein, einen Teil davon aber hingen sie, in dünne Scheiben zerschnitten, auf Stöcken über ein stark rauchendes Kohlenfeuer, wo auch die Sonnenstrahlen darauf einwirken konnten, um es schnell zu trocknen. Daniel und Karl nahmen die beiden Büffelhäute vor und reinigten sie mit dem Ziehmesser von allen Fleischteilen, welche noch an der Haut saßen; dann bestrichen sie die schönste derselben mit dem Gehirn der beiden Büffel und falteten sie zusammen, um sie am folgenden Tage zu gerben; die zweite Haut aber legte Daniel mit dem Haar nach unten auf einen ganz ebenen Platz und nagelte sie, auseinander gespannt, mit hölzernen Pflöcken auf die Erde fest. Dann stach er sein sehr scharfes Messer in die Mitte derselben ein, drehte es in einen kleinen Halbzirkel, so daß er die Haut hier fassen konnte, und begann nun einen zollbreiten Streifen aus derselben zu schneiden, indem er ihn mit der linken Hand an sich zog und ihn im Kreise immer weiter aus der Haut löste, bis er endlich die Holzpflöcke erreichte und das ganze Fell in einen, mehrere hundert Fuß langen Streifen zerschnitten war. Dieses Band wurde nun zwischen einzelnstehenden Bäumen von einem Stamme zum anderen ausgespannt und die Haare davon mit scharfen Messern abgeschabt. Außer Karl mußten Arnold und Wilhelm dem Neger bei dieser Arbeit behilflich sein, und nachdem sie sauber vollendet war, wurden schwere Holzstücke an den Hautstreifen gehangen, damit derselbe sich so lang als möglich ausdehne. Dabei wurde er naß erhalten und am folgenden Morgen in fünf gleichlange Stücke zerschnitten. Dieselben rollte Daniel zu Knäueln auf, band deren Enden zusammen und hing sie an den Ast eines Baumes. Nun begann er, diese fünf Streifen fest zusammen zu flechten, so daß er einen Strick daraus bereitete, der über vierzig Fuß lang war. Denselben spannte er abermals zwischen zwei Bäumen aus, rieb ihn tüchtig mit Bäröl ein und hing schwere Gewichte daran, um ihn möglichst auszudehnen, wodurch er dünn und rund wurde und die einzelnen Streifen sich fest ineinander zogen. Nachdem dieses Lederseil mehrere Tage so ausgespannt und vollkommen getrocknet war, verflocht Daniel das eine Ende desselben zu einer Schlinge, wodurch der Lasso fertig wurde. Er war sehr glatt und geschmeidig und von außerordentlicher Stärke. Die andere Büffelhaut hatte Daniel gegerbt, sie war weich und zart wie ein Tuch und gab für Karl eine prächtige Bettdecke.

Eines Morgens beim Frühstück, als Madame Turner das Gefäß mit Honig auf den Tisch setzte, welchen sie zum Versüßen des Kaffees von Warwicks erhalten hatte, sagte sie: »Hier ist aber der letzte Honig, wir müßten einmal versuchen, ob wir nicht von Warwicks welchen kaufen könnten.«

»Honig kaufen?« rief Daniel lachend, »das wäre schön – wir wohnen ja in dem Lande, wo Honig fließt. Nein, Madame Turner, Sie brauchen deshalb nicht zu Warwicks zu schicken, ich will Ihnen sogleich so viel holen, wie Sie bedürfen. Geben Sie uns nur einige Eimer, und in ein paar Stunden sollen dieselben mit Honig gefüllt sein.«

Madame Turner hielt Daniel beim Wort, und nach dem Frühstück nahm er die drei Knaben mit sich nach dem Ufer des Flusses, wo dasselbe sich sandig abflachte. Dort setzte er sich nieder und hielt seinen Blick auf den Wasserrand geheftet. Nach wenigen Minuten schon kamen mehrere Bienen geflogen und ließen sich zum Trinken an dem Wasser nieder. Als sie sich wieder in die Luft erhoben, folgte Daniel ihnen mit dem Blick, so weit er sie sehen konnte, ging dann bis dorthin und steckte einen Stock in die Erde, auf welchem er ein mit Honig bestrichenes Papier befestigt hatte. Nach kurzer Zeit fielen mehrere Bienen auf dasselbe nieder und beluden sich schnell mit der Süßigkeit. Als sie nun wieder davonflogen, folgte ihnen Daniel abermals mit dem Stock und pflanzte denselben da auf, wo er sie zuletzt gesehen hatte. So ging es nun wohl eine Viertelstunde weit am Waldsaume hin, bis die Bienen, deren Zahl sich schnell vermehrt hatte, sich von dem Papier nach einer alten Platane wandten, die an dem äußersten Ende des Waldes stand.

»Dort in jenem Baume wird wohl ihre Wohnung sein,« sagte Daniel, indem er nach der Platane ging und deren Äste betrachtete.

»Richtig, da oben sind sie,« rief er den Knaben zu; »sehen Sie den schwarzen Fleck an jenem starken Aste? Das sind die Bienen vor dem Eingange ihres Baues. Karl, zünden Sie ein tüchtiges Feuer hier an, ich will mich auf den Baum machen und den Ast abhauen.«

Der Neger warf nun den Lasso über einen der Äste des ungeheuren Baumes, so daß die beiden Enden an dem Stamme herunterhingen, befestigte sie um denselben und kletterte nun an dem Seile hinauf. Dann ließ er eine Leine von oben herab, an welche die Knaben die Holzaxt binden mußten, die er daran zu sich hinaufzog. Nun stieg er nahe zu dem Aste hin, in welchem die Bienen hausten, und begann ihn dicht am Stamme abzuhauen. Es war keine leichte Arbeit, denn der Ast hatte über drei Fuß im Durchmesser und der Stand des Negers war unbequem, so daß dieser oftmals ruhen mußte; dennoch begann nach einer Stunde der Ast sich zu neigen und stürzte plötzlich mit lautem Krachen zur Erde nieder. Er zerbrach im Falle in mehrere Stücke und die Aushöhlung, in welcher der Honig sich befand, war geöffnet. Die Bienen wirbelten sich wie eine schwarze Wolke über ihrer zertrümmerten Wohnung auf, und Daniel rief den Knaben zu, beim Feuer zu bleiben, bis er hinabgestiegen sei. Er ließ sich nun wieder an dem Lasso zur Erde nieder, eilte zum Feuer und ergriff einige Feuerbrände. Die Knaben mußten desgleichen thun, und nun trugen sie die rauchenden Stücke Holz zu dem zerbrochenen Aste, unbekümmert um die Bienen, die denselben dicht umschwärmten. Der starke Rauch vertrieb die erzürnten Tiere schnell und ihre Räuber begannen nun, mit den Messern die Wachszellen aus der Höhlung des Astes zu schneiden und die mitgebrachten Gefäße damit zu füllen. Der Honig war so hell wie Wasser und von so köstlichem gewürzigen Geschmack, daß die vier Bienenjäger sich während der Arbeit nach Herzenslust daran labten. Sie hatten vier Eimer damit gefüllt und traten schwer beladen damit ihren Rückweg nach dem Fort an, wo Madame Turner durch den herrlichen Honig freudig von ihnen überrascht wurde.

»An Honig soll es nie fehlen, denn ich will mich verbindlich machen, in ganz kurzer Zeit über hundert Bienenstöcke aufzufinden,« sagte Daniel, erfreut, seinen Freunden sich abermals nützlich erwiesen zu haben. »Es wäre aber schade, wenn wir uns die Bienen entgehen lassen wollten, denn es ist ein kräftiger, junger Schwarm; wir wollen sie heute abend einfangen und hier beim Fort aufstellen.«

Um dies auszuführen, wurde im Walde ein Stück von einem umgefallenen hohlen Baume abgeschnitten und mit dem Ochsen nach dem Fort geschleift. Dort wurde es mit der unteren Öffnung auf ein Brett gestellt, die obere mit einem solchen vernagelt und ein Eingang an dem unteren Rande eingeschnitten. Als nun der Abend kam, begaben sich die Bienenjäger wieder nach dem abgehauenen Aste, wo sie die Bienen auf einen Haufen versammelt fanden. Daniel schüttelte sie in einen Sack, trug sie nach dem Fort und schüttete sie dort in den hohlen Baumstumpf hinein, der dann wieder auf das Brett gestellt wurde. Schon am folgenden Morgen fingen die Bienen an zu arbeiten und ihre neue Wohnung mit Zellen zu versehen.

Alles gedieh unter der Arbeit und der Sorge der fleißigen Ansiedler; der Garten lieferte ihnen ununterbrochen einen Überfluß an herrlichen Gemüsen und Früchten; die köstlichsten Melonen kamen trotz der Winterzeit zur Reife, sehr schmackhafte Kürbisse wurden geerntet und andere wegen ihrer äußeren Schale gezogen, die zu Gefäßen aller Art benutzt wurden, und süße Kartoffeln und Erdnüsse wuchsen in Menge. Auch der Viehstand hatte sich vermehrt, es waren mehrere Kälber geboren, die Sau hatte acht niedliche Ferkel zur Welt gebracht und die Hühner waren kaum noch zu zählen. Diese wurden gänzlich sich selbst überlassen, sie schliefen während der Nacht in den nächststehenden Bäumen, brüteten in den Büschen ihre Eier aus und führten dann ihre Kleinen nach dem Fort, wo eine solche Schar jungen Anwuchses immer freudig begrüßt wurde.

Das Rauchhaus war mit Fleisch gefüllt, die durch Daniel und Karl verfertigten Bütten mit Salzfleisch versehen, ein großer Vorrat von Heu war im Fort aufgestapelt, und eine zweite Ladung Mais war vom Choclawbache herbeigeschafft worden. Die Familie Warwicks hatte Turners wiederholt besucht, und alle deren Mitglieder freuten sich innig über das segensreiche Gedeihen der Ansiedelung. Warwick war jederzeit eine Gelegenheit willkommen, wo er Turners gefällig oder dienlich sein konnte, und er brachte ihnen bei seinen Besuchen immer irgend ein nützliches Geschenk mit. So hatte er ihnen einen Beutel voll Pfirsich-, Pflaumen- und Aprikosenkernen geschenkt, um sie zu pflanzen, da in diesem Lande aus den Kernen die vortrefflichsten Obstbäume gezogen werden und meist schon im vierten Jahre Früchte tragen. Auch hatte er bei seinem letzten Besuche vier ausgewachsene junge Hunde mitgebracht, damit dieselben helfen sollten, das Fort zu bewachen.

Bei dieser Gelegenheit sprach er auch sein großes Erstaunen darüber aus, daß Turners so ganz und gar von den Feindseligkeiten der Indianer verschont geblieben waren, und erklärte, daß dies zu den wirklich ungewöhnlichen Ausnahmen gehöre. Er hoffte und wünschte, daß diese Ruhe nicht diejenige sein möge, welche einem schweren Sturme voranzugehen pflege, und riet besonders unausgesetzte Vorsicht an.

Die Weihnachten nahten und Madame Turner konnte nicht umhin, auch hier Vorbereitungen für das Begehen des Festes zu treffen, wie sie so oft frohen Herzens in dem alten teuren unvergeßlichen Deutschland gethan hatte.

Es wurden aus dem Wachs der wilden Bienen kleine Kerzen bereitet, es wurden Honigkuchen gebacken, zu welchem Zwecke von Warwicks ein Fäßchen Weizenmehl gekauft worden war, Nüsse, und zwar die allerherrlichsten, hatte der Wald geliefert, nur der Tannenbaum, wie er in Deutschland das Weihnachtsfest zierte, war hier nicht zu finden. Statt seiner schaffte aber Daniel einen schönen Cederbaum an und stellte ihn am Weihnachtsabend in einem der Häuser auf. Der Neger, der noch nie dies Fest hatte begehen sehen, der aber so viel durch die Kinder darüber erfahren hatte, freute sich selbst wie ein Kind darauf und konnte kaum den Abend erwarten, bis er die Lichter an dem Baume brennen sehen würde.

Die Nacht brach herein und alle, bis auf Madame Turner, hatten sich in dem Wohnzimmer versammelt, während diese in der Stube bei dem Baume beschäftigt war. Endlich ertönte die Schelle, die Thür in dem anderen Hause öffnete sich, der helle Kerzenschein drang aus ihr hervor und die Kinder stürmten mit ihrem Freunde Daniel, und von Turner gefolgt, in das blendend erleuchtete Gemach. Da hob sich der geschmückte Baum im prächtigen Lichterglanz, Kisten, mit bunten Tüchern überdeckt, vertraten die Stelle der Tische, und auf ihnen lagen Geschenke für alle Anwesenden und standen Teller mit allerlei Backwerk und Nüssen.

Dabei war das Zimmer mit blendend weißen Leinentüchern behangen und mit frischem immergrünen Laube geziert, und neben dem Kamin, in welchem ein lustiges Feuer flackerte, stand auf einem improvisierten Tische ein großer Suppennapf mit dampfendem Punsch, wozu Warwicks gleichfalls die Ingredienzen geliefert hatten. Die Freude, der Jubel aller war groß, der Neger aber schien am tiefsten ergriffen.

Er stand verwundert und sprachlos da und wußte nicht, wohin er seine Blicke wenden sollte, bis Madame Turner ihn freudig bei der Hand ergriff und ihn zu dem Tische führte, auf welchem seine Geschenke lagen. Sie hatte für ihn, sowie für Karl, eine Weste aus Hirschleder gearbeitet und schön mit bunter Seide gestickt, Turner hatte sich vom Choctawbache her eine Pfeife und Tabak für ihn verschafft und außerdem ihn mit Baumwollzeug zu einem ganzen Anzuge beschenkt. Die dankbare Rührung des Negers überwältigte ihn vollständig, bebend küßte er allen die Hände und Thränen der Freude netzten seine schwarzen Wangen. Karl fand auf seinem Tische eine goldene Uhr, welche Turner für ihn aus Deutschland mitgebracht hatte, und eine Menge kleiner Handarbeit von seiner Tante und von Julie prangte daneben im hellen Lichtscheine.

Arnold und Wilhelm waren von ihrer Mutter mit ledernen Jacken beschenkt, die sie aus den Häuten von Hirschen verfertigt hatte, welche durch die Knaben selbst erlegt worden waren.

Wenn nun auch manches fehlte, was in Deutschland dazu beigetragen hatte, die Feierlichkeit und den Glanz des Weihnachtsfestes zu erhöhen, so war die Heiterkeit und das Glück der Ansiedler deswegen nicht weniger groß, und mit wonnig bewegten Herzen gaben sie sich der Freude hin, die ihnen der heilige Abend bot.

Er verstrich in sorgloser Fröhlichkeit, und Mitternacht mahnte daran, daß es Zeit sei, sich zur Ruhe zu begeben, als die Hunde außerhalb des Forts plötzlich ein wütendes Gebell anstimmten. Sie waren durch die für sie angelegten kleinen Öffnungen in den Palissaden hinausgerannt und schienen im Anfang ganz in der Nähe der Festung irgend einen Feind vor sich zu haben, bald aber entfernte sich der Lärm in der Richtung nach dem Pflaumenbache hin, wo er zuletzt verhallte.

Turner, Daniel und die Knaben hatten eilig zu ihren Waffen gegriffen und sich damit in dem Hofe aufgestellt.

Sie hefteten ihre Blicke gegen den nächtlichen Himmel auf die Spitzen der Palissaden, um etwaigen Feinden das Übersteigen zu wehren, und lauschten dabei auf jeden Ton, nahe und fern. Bald aber kamen die Hunde sämtlich zurück in das Fort, und gaben dessen Bewohnern durch ihre Rückkehr die beruhigende Überzeugung, daß kein Feind sich mehr in der Nähe befinde. Daniel bat seine Freunde dringend, sich zur Ruhe zu begeben, er selbst wolle während dem Rest der Nacht im Hofe wachen, wobei es sich Karl nicht nehmen lassen wollte, ihm Gesellschaft zu leisten.

Turners dankten ihm für seine Liebe, seine Fürsorge und gingen dann beruhigt nach ihren Lagern, worauf Daniel die vier von Warwick erhaltenen Hunde aus dem Fort schickte, Pluto aber bei sich behielt. Dann setzte er sich mit Karl auf die Bank vor dem Hause, von wo er die Palissaden übersehen konnte, und erzählte seinem jungen Freunde von den vielen blutigen Fehden, die er unter den Indianern mitgefochten hatte. Die Nacht verstrich aber ohne alle Störung, und als der Tag kam und Turner wieder im Hofe erschien, ging der Neger mit Karl aus dem Fort, um sich davon zu überzeugen, was die Ursache der nächtlichen Störung gewesen sei. Er suchte um den Fuß des Hügels in dem betauten Gras und erkannte bald an den niedergebeugten und zerknickten Halmen die Spur der Hunde, wo sie ihren Feind verfolgt hatten. Die Fährte des Feindes selbst konnte er in dem Grase nicht unterscheiden, er ging aber der Spur bis in den Wald am Pflaumenbache nach. Dort wandte sich dieselbe am Holze hin und auf dem ersten Büffelpfad in dasselbe hinein. Hier blieb Daniel stehen, gab Karl seine Büchse zu tragen und legte sich nun auf die Kniee nieder, um die staubige Erde auf dem Wege zu untersuchen. Er war nur eine kurze Entfernung auf demselben hingekrochen, als er Karl zu sich rief und ihm den kaum sichtbaren Abdruck eines menschlichen Fußes in dem leichten Staube zeigte.

»Es sind Waco- oder Tonkoway-Indianer gewesen, man kann es deutlich an der Schärfe der dicken, harten Sohlen unter ihren Mokassins erkennen,« sagte er.

»Diese beiden Stämme sind sogenannte Fußindianer, und zwar die einzigen, welche diese südlichen Länder bewohnen, während alle übrigen Stämme Pferdeindianer sind, das heißt Indianer, welche ihre Jagd- und Kriegszüge zu Pferde machen und stets große Herden dieser Tiere auf ihren Wanderungen mit sich führen.

Die Pferdeindianer sind jahraus jahrein auf der Reise, sie leben ausschließlich von der Jagd, ziehen im Frühling weit nach Norden in die großen, endlosen Prairieen, den unzähligen Büffelherden nach, und kehren im Herbst wieder nach Süden zurück, wo die Weiden nie aufhören zu grünen. Diese Fußindianer dagegen verlassen diese Gegend nicht und schleichen wie Schlangen in den Wäldern und Büschen umher, weil sie mit den Pferdeindianern in ewigem Kriege leben und von ihnen ebenso sehr gehaßt und verfolgt werden, wie von den weißen Grenzansiedlern.

Sie sind sämtlich mit Feuerwaffen versehen, während die anderen Wilden dieser Länder keine solchen besitzen, und darum sind sie auch viel gefährlicher als diese. Wir müssen jetzt sehr auf unserer Hut sein, denn dies ist sicher nicht ihr letzter Besuch bei uns gewesen.«

Der Neger zeigte seinem Gefährten nun die Spur noch weiter auf dem Pfade hin, um ihn dadurch zu unterrichten, und dann begaben sie sich nach dem Fort zurück, um noch einige Vorsichtsmaßregeln gegen solche nächtliche ungebetene Gäste zu treffen.

Dort angelangt, verfertigte Daniel aus dem Bandeisen, womit die Kisten Turners benagelt gewesen waren, zwei weitläufige Geflechte in der Form von Körben, welche dazu dienen sollten, Kienspäne darin anzuzünden und die Umgebung des Forts bei Nacht schnell zu beleuchten. Er errichtete nun in jeder der beiden vorderen Ecken der Palissadenwand aus leichten Baumstämmen hohe Galgen und befestigte an die Spitze von deren Armen eine Rolle. Durch diese zog er eine eiserne Kette, an deren Ende er einen der Körbe hing, so daß man denselben daran aufziehen konnte, bis er mehrere Fuß hoch über den Palissaden in der Luft hing. Auf diese Weise wollte der Neger bei einer nächtlichen Störung die ganze Umgebung des Forts hell erleuchten, damit man durch die Schießscharten den Feind erkennen und nach ihm feuern könne. Die Vorrichtung war außerordentlich einfach und sehr bald ausgeführt, und auch noch ein tüchtiger Vorrat von Kienspänen herbeigeholt.

Diese neue Erinnerung an die Gefahr, in welcher Turners lebten, hatte ihre Besorgnis wieder frisch angefacht, mit Bangen sahen sie den Abend nahen und fuhren bei dem leichtesten Gebell der Hunde zusammen. Die Pferde wurden mit Sonnenuntergang schon aus dem Grase geholt, getränkt und in das Fort geführt, dann das Thor desselben geschlossen und die vier neuen Hunde hinausgelassen und ausgesperrt. Die Schrotflinten waren sämtlich für eine etwaige Verteidigung der Festung mit Röllern geladen und alle übrigen Waffen zum schnellen Gebrauch in Bereitschaft gesetzt.

Mehrere Wochen eilten aber wieder dahin, ohne daß von Indianern etwas gesehen worden wäre, und die Besorgnis der Ansiedler nahm abermals nach und nach in der Gewöhnung an die Gefahr ab. Die Zeit war gekommen, daß das Feld mit Mais bestellt werden mußte, bei welcher Arbeit abwechselnd bald Turner, bald Karl dem Neger behilflich war, einer von ihnen aber immer in dem Fort zurückblieb.

Während das Feld nun nochmals gepflügt und dann besäet wurde, mußten die Hunde dessen Umgebung bewachen, zu welchem Zwecke Daniel sie auf allen vier Seiten desselben ankettete.

Auch diese Arbeit wurde ohne alle Störung ausgeführt und nach wenigen Wochen zeigte der Mais sich in frisch-grünen Reihen über dem Felde. Die Freude der Kolonisten über diese üppig aufschießende Hoffnung für die erste Ernte war groß, und mit Leidwesen zogen sie auf das Anraten Daniels die vielen überflüssigen Pflanzen aus den schönen Reihen, obgleich der Neger ihnen erklärte, daß an einer geringeren Zahl derselben bedeutend mehr und besserer Mais wachsen würde. Bei dieser Arbeit halfen auch Arnold und Wilhelm, sowie sie sich auch fleißig dabei beteiligten, als mit der Hacke die Erde um die Pflanzen aufgehäuft wurde. Von dem Hügel aus konnte man nach dem Felde hinsehen, und sobald das Fort am frühen Morgen geöffnet wurde, erfreuten sich die Bewohner desselben an dem hellgrünen Schein, womit der Mais zu ihnen herüberglänzte. Man mag sich nun den Schrecken der Ansiedler denken, als sie eines Morgens aus der Festung traten und sahen, daß das Feld, sowie die ganze Grasfläche vom Fuße des Hügels an bis an die Ecke am Pflaumenbach, sich in einen See verwandelt hatte. Karl war der erste, der die Überschwemmung gewahrte, und auf seinen Ruf kamen alle übrigen herausgeeilt, um ebenso traurig überrascht zu werden.

»Das ist Wasser aus dem Pflaumenbache, denn der Bärfluß ist ja nicht gewachsen,« sagte Daniel, indem er sinnend auf den ruhigen Wasserspiegel blickte, der sich wohl eine halbe Meile weit an dem Walde des Pflaumenbachs hinaufzog. »Sicher ist der Abfluß des Baches in den Bärfluß gehemmt und darum hat sich das Wasser seitwärts Luft gemacht. Wie kann dies aber geschehen sein?«

»Sollten uns die Indianer vielleicht einen Streich gespielt haben, um unsere Ernte zu zerstören?« bemerkte Turner.

»Nein,« entgegnete Daniel mit Bestimmtheit, »von Indianern haben wir nur verborgene oder offene Angriffe auf unsere Person zu erwarten, sie werden, wenn es in ihrer Macht steht, uns töten; uns aber nur Schaden zuzufügen, das fällt ihnen nicht ein. Warum bringen sie unsere Kühe nicht um, die oftmals so weit in die Prairie hinausgehen, daß wir sie von hier aus nicht mehr sehen können? Wenn sie das Wasser so hoch zu stauen im Stande wären, daß wir darin ertrinken müßten, oder wenn sie es bei einer Belagerung gänzlich entziehen könnten, um uns verdursten zu lassen, so würden sie es thun; aber eine solche schwere Arbeit auszuführen, wie das Abdämmen des Pflaumenbachs, ohne daß sie unser Leben dadurch gefährdeten, daran werden sie nicht denken. Es hat eine andere Ursache, mag sie sein, welche sie will. Wir werden sehr bald darüber ins Klare kommen; nehmen Sie Ihre Waffen, junger Herr, wir wollen gleich nach dem Pflaumenbache hingehen.«

Hiermit sprangen der Neger und Karl in das Fort; beide ergriffen ihre Büchsen und eilten an der Einzäunung des Gartens hin bis an das Ufer des Bärflusses, denn dasselbe lag höher als die Prairie und war noch von Wasser frei. Sie folgten dem Ufer in den Wald hinein und konnten nur mit großer Mühe dort ihren Weg darauf fortsetzen, weil dasselbe dicht mit Dornen und Büschen bedeckt war. Dennoch bahnten sie sich ihren Weg und trafen schon hier und da das Wasser bis auf das Ufer des Bärflusses vorgedrungen. Sie schritten bald bei dem überschwemmten Felde vorüber und näherten sich der Mündung des Pflaumenbachs, hörten aber das gewohnte heftige Rauschen nicht, womit derselbe seine Fluten in den Bärfluß hinabstürzte. Hier war der Boden des Waldes auch trocken, und als sie nun das Ufer des Pflaumenbachs erreichten, fanden sie dessen Bett größtenteils vom Wasser frei und nur hier und dort eine Vertiefung mit demselben angefüllt.

»Wie ich es vorhersagte, der Bach ist abgedämmt, aber weiter nach oben,« sagte Daniel, von dem Ufer hinablickend, »ich bin doch wirklich neugierig, wie dies geschehen ist; ich kann mir nicht denken, daß es die Indianer gethan haben sollten. Kommen Sie, wir wollen am Bache hinaufgehen, um uns das Rätsel zu lösen.«

Der Neger voran, und Karl ihm folgend, waren sie nur eine kurze Strecke gegangen, als Daniel stehen blieb und in das Bett des Baches hinabzeigte, indem er sagte:

»Dem Burschen da unten wollen wir aber doch das Lebenslicht ausblasen; sehen Sie den ungeheuren Alligator, wie er aus dem Wasserloche hervorsieht? es ist zu seicht für ihn. Halten Sie meine Büchse, ich will ihm den Kopf abhauen.«

Daniel reichte Karl sein Gewehr, zog die Holzaxt aus seinem Gürtel hervor und sprang behend vom Ufer hinab. Kaum nahte er sich auf dem sandigen Grunde dem Wasserpfuhl, in welchem der Alligator lag, als derselbe den Neger gewahrte und, seinen furchtbaren Rachen öffnend, aus der Vertiefung hervor und auf ihn zuschwamm. Die Bewegungen dieses häßlichen, gefährlichen Tieres sind auf dem Lande glücklicherweise ebenso unbehilflich und langsam wie die einer Schildkröte, und weder Mensch noch Tier hat es außerhalb des Wassers zu fürchten, wenn seine Gegenwart ihm einmal bekannt ist. Liegt es aber regungslos da, so gleicht es einem alten vermoderten Stück Holz und lauert darauf, daß ein lebendes Wesen sich ihm sorglos naht, um es mit Blitzesschnelle mit seinem schrecklichen Gebiß zu erfassen, aus welchem keine Befreiung möglich ist.

»Wart, Ungeheuer, du sollst keinen Schaden mehr thun!« rief Daniel dem erbosten Tiere zu, welches, mit dem Rachen schnappend und mit dem Schwanze um sich schlagend, ihm entgegenkroch.

Der Neger hatte sich ihm bis auf wenige Schritte genähert und schwang die schwere Axt über sich durch die Luft, der Alligator hob sich auf seinen Vorderfüßen so hoch auf, als er konnte, und hielt den weit aufgerissenen Rachen in die Höhe, als wolle er die Axt ergreifen; doch das schwere Eisen schoß pfeifend herab und vergrub sich in dem Schädel des Ungetüms. Daniel sprang zurück, mußte aber die Axt im Stiche lassen, mit welcher im Kopf der Alligator wütend nach ihm schnappte und ihn verfolgte.

»Werfen Sie mir Ihre Axt herunter, junger Herr, ich mag dem Teufel doch nicht zu nahe kommen,« rief der Neger seinem Gefährten zu, und fing dann die Axt, welche dieser vom Ufer herabwarf.

Der Alligator schlug mit Kopf und Schwanz in der größten Wut um sich, während der lange Axtstiel über seinem Schädel hervorstand; doch Daniel benutzte einen Augenblick, wo er sich ihm von der Seite nahen konnte, und hieb ihm mit einem Schlage den Kopf vom Rücken ab.

»So, du greuliches, böses Tier, nun ist's vorbei mit deinem Morden, gieb mir nun meine Axt wieder,« sagte Daniel, indem er dem getöteten Alligator das Eisen aus dem Kopfe zog und dann wieder auf das Ufer hinaufsprang.

Nun eilte er mit Karl am Bache weiter hinauf, und sie hatten etwa einige tausend Schritte zurückgelegt, als sie vor sich über dem Bette des Baches eine Wand von umgestürzten Baumstämmen, Ästen und Reisholz gewahrten, die wild durcheinander hinlagen, aber doch eng miteinander verbunden schienen. Zugleich sahen sie seitwärts den Boden des Waldes mit Wasser bedeckt, welches, von diesem Damme zurückgehalten, über das Ufer des Baches ausgetreten war.

»Hallo, seid ihr es, die uns den Streich gespielt haben? Das sollt ihr mit euren Fellen bezahlen!« rief der Neger, laut auflachend, und wandte sich dann zu seinem erstaunten Gefährten: »Was meinen Sie, wer hat wohl diesen Damm gebaut?«

»Wer anders als Indianer? – das ist eine ungeheure Arbeit gewesen,« entgegnete Karl und sah verwundert auf die mehrere Fuß starken Baumstämme, die übereinander geworfen waren.

»Nein, nein, junger Herr, das sind ganz andere Zimmerleute, es sind Biber.«

»Biber – ist es möglich – Biber sollten diese Stämme abgenagt haben?«

»Freilich, sehen Sie nur die Stümpfe, die dort aus dem Wasser hervorragen; Sie können die Bisse an den abgenagten Stellen erkennen. Nun aber schnell, lassen Sie uns ein Loch in den Damm machen, damit wir das Wasser aus dem Felde kriegen. Dasselbe liegt höher als die Prairie und wird schnell trocken sein. O, wie werden sie sich im Fort freuen, wenn sie mit einem Male den Mais wiedersehen, dem die kurze Überschwemmung nur großen Vorteil bringt. Nehmen Sie sich aber in acht, wenn das Wasser erst eine Öffnung hat, so wird es mit einer furchtbaren Gewalt hervorbrechen, denn es ist an der anderen Seite des Dammes wenigstens fünfzehn Fuß tief.«

Es waren über ein Dutzend größerer und kleinerer Bäume von beiden Ufern her über den Bach gestürzt, die den Damm bildeten und so nahe zusammenlagen, daß derselbe nicht mehr als ungefähr dreißig Fuß Dicke betrug. Zwischen diesen Stämmen waren die Räume mit Ästen, Reisig, Buschwerk und Schlamm dicht ausgefüllt, so daß kein Wasser hindurchdringen konnte.

Daniel und Karl stiegen auf die Stämme hinauf, um zwischen ihnen dem Wasser Luft zu machen, als Daniel seinem Gefährten zurief:

»Sehen Sie nur die abgenagten Enden der Stämme und Äste an, sieht es nicht aus, als ob sie mit einem scharfen Stemmeisen abgestochen wären? Und betrachten Sie nur die Menge von Spänen, die hier allenthalben umherliegen; man sollte glauben, man befände sich auf einem Zimmerplatze. Dort die beiden Espen sind auch schon rundum tief benagt, das steigende Wasser hat aber die Biber in ihrer Arbeit gestört, sonst hätten sie dieselben gleichfalls umgeworfen.«

»Wie künstlich die Tiere diese Tausende von Stöcken hier zwischen die Stämme unter unseren Füßen angebracht haben, um den Damm dicht zu machen und dem Schlamm Festigkeit zu geben!«

Während der Neger zu Karl sprach, zog er aus der Mitte des Dammes Stöcke, Äste und Buschwerk hervor und warf es hinter demselben in das leere Bett des Baches, während Karl seinem Beispiel folgte und in gleicher Weise fleißig arbeitete. Sie hatten bald an der hinteren Seite des Dammes und in dessen Mitte bedeutende Öffnungen gemacht, doch immer noch ließ er kein Wasser durch, weil seine vordere Seite, vor der sich der Bach gestaut hatte, mit einer dichten Lage von Schlamm bedeckt war. Daniel zog aber jetzt einige Büsche aus derselben hervor, das Wasser durchbrach die Schlammwand und der Strom schoß mit einer so rasenden Gewalt zwischen den Stämmen durch in das leere Bett hinter dem Damme, daß Reisig, Stöcke und Äste sämtlich in wenigen Augenblicken mit fortgerissen wurde und mit den hoch- und wildschäumenden Fluten dem Bärfluß zubrausten.

Daniel und Karl waren schnell auf das eine Ende des Dammes gesprungen, denn selbst die schweren Baumstämme warf der furchtbare Strom auseinander und stürzte sich in hochschlagenden Wogen zwischen ihnen durch.

»Setzen Sie sich zu mir auf diesen Stamm, junger Herr; in kurzer Zeit werden wir das Ufer am Bache hinauf wieder vom Wasser befreit sehen, dann wollen wir es versuchen, uns daraufhin einen Weg zu bahnen; es liegt etwas höher als der Wald, und viel höher als die Prairie außerhalb. Ich möchte gern die Häuser der Biber in Augenschein nehmen, um daraus auf die Zahl der Tiere zu schließen; es muß eine große Biberkolonie sein, sonst hätten sie diesen Damm nicht bauen können. An einem starken Baume nagen immer drei bis vier Biber zu gleicher Zeit, wenn sie ihn fällen wollen, was sie mit unglaublicher Schnelligkeit ausführen können, zumal da sie nur weiche Holzarten dazu wählen. Liegt der Baum einmal, dann fällt die ganze Kolonie, die häufig aus hundert Stück besteht, darüber her und ein jeder Biber nimmt einen Ast vor. Wollen sie einen Damm bauen, so fällen sie die Bäume mit großer Geschicklichkeit so, daß sie über den Bach fallen, die abgebissenen Äste tragen sie in den Zähnen zwischen die Stämme, so auch die dünneren Zweige und die Büsche, und dann führen sie auf ihren breiten, platten, haarlosen Schwänzen den Schlamm herbei, um alle Öffnungen damit zu verkitten.

Der Bach, in seinem Laufe aufgehalten, steigt nun rasch und dehnt sich zu beiden Seiten aus, worauf die Biber in tiefen Stellen auf offenen Plätzen ihre Häuser in das Wasser bauen. Sie führen dieselben aus zwei bis drei Fuß langen Stöcken auf, welche sie im Kreise vom Grunde des Wassers verflechten und zwischeneinander so durchstecken, daß sie eine starke, dicke Mauer bilden, die sie noch drei bis vier Fuß über dem Wasserspiegel enger bauen und dann oben in Form einer Kuppel vereinigen. Das Gebäude hat das Ansehen eines Bienenkorbes, hat aber sichtbarlich keinen Eingang, denn derselbe befindet sich auf dem Grunde des Wassers. Das Innere des Hauses ist mit einer, mitunter auch mit zwei Abteilungen übereinander eingerichtet, von welcher die obere sich über dem Wasserspiegel befindet und in welche der Eingang durch den Fußboden führt.

Diesen oberen Raum, welcher niemals vom Wasser berührt wird, füttern die Biber mit Moos aus und verwahren hier ihre Jungen. Im Norden, wo die Winter kalt sind, bringen sie im Herbst in den unteren Raum des Hauses große Vorräte von abgebissenen Stöcken, deren junge Rinde ihnen während der Zeit zur Nahrung dient, in welcher das Wasser mit Eis bedeckt ist und sie nicht an das Land gelangen können, um frische Zweige zu benagen; denn der Biber lebt ausschließlich nur von Baumrinden und nicht, wie irrtümlich so vielfach geglaubt wird, von Fischen.

In einer Biberkolonie wird niemals ein fremder Biber aufgenommen, er muß sich entfernen oder wird totgebissen.

Ist die Gesellschaft zu zahlreich geworden, so teilt sie sich in zwei oder mehrere Parteien und jede sucht sich einen anderen Wohnort. Auch verlassen sie die Ansiedelung, sobald das weiche Holz in der Nähe des Wassers spärlich wird. Die Biber machen oft weite Reisen und wandern zusammen Stunden Weges über Berg und Thal, um sich eine Heimat zu suchen.«

»Das müssen ja einzige Tiere sein, können wir nicht eines derselben habhaft werden?« sagte Karl nach dieser Mitteilung des Negers.

»Eines derselben? Nein, die ganze Gesellschaft wollen wir fangen, es soll uns auch nicht einer davon entgehen. Ich werde nach dem Choctawbache reiten und mir von den dortigen Ansiedlern sämtliche Fallen borgen, die sie besitzen. Nur einen männlichen Biber müssen wir schießen, ehe wir die anderen fangen können; denn wir müssen von ihm das Bibergeil erhalten, um seine Kameraden damit nach der Falle zu locken. Er trägt dasselbe, eine ölige Flüssigkeit, in zwei Drüsen bei sich.«

Während sich die beiden Jäger in dieser Weise unterhielten, brauste und tobte das Wasser mit wildem Ungestüm durch den geöffneten Damm und sank dabei schnell oberhalb desselben. Nach Verlauf von einigen Stunden wurden auch die Ufer des Baches wieder sichtbar, und jetzt, wo das Wasser aus der Prairie nicht mehr über dieselbe abfließen konnte, nahm die Strömung im Bache auch sehr ab.

»Unser Feld muß schon ganz von Wasser befreit sein, denn dasselbe liegt vollkommen so hoch wie dieses Ufer hier,« sagte Daniel, indem er aufstand. »Nun kommen Sie, wir wollen es versuchen, ob wir am Bache hinaufgehen können.«

Hiermit sprang er von dem Baumstamme hinab auf das Ufer und Karl folgte ihm nach. Der Boden war außerordentlich weich und schlüpfrig, so daß das Gehen auf demselben sehr erschwert wurde, die Jäger aber schritten dessen ungeachtet frisch darauf los, wenn sie auch mitunter bis an die Kniee einsanken oder eine Strecke Wasser zu durchwaten hatten. Je weiter sie durch die Büsche, Ranken und Dornen vorrückten, um so lichter wurde der Wald, und sie hatten eine umfangreiche Blöße in demselben erreicht, durch welche der Bach sich hinwand, da blieb Daniel stehen und zeigte auf einen hohen, oben abgerundeten Reisig- und Knüppelhaufen, der sich wohl zehn Fuß hoch aus dem Bache erhob.

»Das ist eins der Biberhäuser, es sieht aus wie ein riesiges Stachelschwein. Die Bewohner desselben werden bereits in großer Not sein, weil das Wasser so sehr gefallen ist. Ich bin überzeugt, daß sie sich sämtlich zu dem Damme begeben, um ihn auszubessern; sie werden sich aber sehr wundern, wenn sie das große Loch in demselben bemerken. An diesem Biberhause können Sie sehen, weshalb die Tiere den Damm gebaut haben. Sie haben das Wasser so hoch gestaut, daß ihre Wohnung von einem unabsehbaren Wasserspiegel umgeben war und dieselbe dadurch ihren Feinden verborgen und unzugänglich blieb. Jetzt ist das Ufer kaum noch zehn Schritte von derselben entfernt und ein Jaguar, ein Panther oder ein Bär kann vom Lande aus leicht die Tiere in ihrem Gebäude wittern und sie darin überfallen, denn der Reisighaufen ist leicht auseinander gerissen. Wenn die alten Biber nun auch selbst dadurch nicht gefährdet würden, weil sie nur in dem unteren Raume in das Wasser zu springen brauchen, um sich dem Feinde zu entziehen, so würden doch ihre Jungen demselben ein Opfer werden, und deshalb setzen sie die ganze Umgegend unter Wasser. Nun will ich Ihnen einen Vorschlag machen, junger Herr: Ich glaube nämlich, daß es gerade jetzt ein sehr günstiger Augenblick ist, um einen Biber zu schießen, weil dieselben wegen des fallenden Wassers hin und her schwimmen und sich auf der Oberfläche sehen lassen werden, was sie sonst nur in der Nacht thun.

Sie können hier sitzen bleiben und ich will weiter am Bache hinauf ein anderes Biberhaus wählen, um dabei zu lauern.

Im Fort wird man uns nicht zurückerwarten, da unsere Freunde an dem Fallen des Wassers erkennen werden, daß wir an der Arbeit sind. Verstecken Sie sich in den Busch an jener Pappel, von dort können Sie das Wasser übersehen. Wenn ein Biber sich auf der Oberfläche des Wassers zeigt, so müssen Sie ihn auf den Kopf schießen und schnell zu ihm ins Wasser springen und ihn ergreifen, ehe ihn der Strom mit sich fortnimmt. Treffen Sie ihn nicht in den Kopf, so entgeht er Ihnen. Das Wasser hier ist nicht tief. Seien Sie sehr vorsichtig und bewegen Sie sich nicht, denn der Biber ist eins der schlauesten Tiere; und verlieren Sie die Geduld nicht, wir müssen darauf rechnen, vielleicht bis zu einbrechender Nacht zu sitzen. Wenn es so lange dauern sollte und Sie können nicht mehr zum Schießen sehen, so gehen Sie am Ufer hinauf bis zu mir, dann gehen wir bis an das Ende des Wassers, welches in der Prairie zurückgeblieben ist, und nehmen unseren Heimweg im trockenen Grase.«

Indem Daniel seinem Gefährten noch guten Erfolg wünschte, eilte er auf dem Ufer hin und fand in nicht großer Entfernung von Karl eine Menge Biberhäuser aus dem Bache hervorsehen, sowie auch mehrere, die seitwärts in dem Walde in Vertiefungen standen und nur noch von wenig zurückgebliebenem Wasser umgeben waren. Er wußte aber, daß diese bereits von ihren Bewohnern verlassen seien, und nahm sich darum nicht die Zeit, sie zu durchsuchen. Er wollte aber nicht in der Nähe Karls bleiben, um demselben nicht durch einen Schuß die Jagd zu verderben, deshalb schritt er weiter am Bache hinauf und gelangte dahin, wo das Wasser nicht aus seinem Ufer getreten gewesen war und der Wald zu beiden Seiten mehr aus hohen Bäumen und nur einzelnen Büschen bestand. Es war dieselbe Gegend, wo Karl an jenem Abend den Bären erlegt hatte. Hier fand Daniel noch ein Biberhaus in dem Bache, dessen Ufer sich auf dieser Stelle weit voneinander entfernten und eine Art von kleinem See bildeten. Der Neger wählte einen hoch gelegenen Platz am Ufer, von wo aus er den ganzen Wasserspiegel übersehen und mit Genauigkeit bis an das Biberhaus schießen konnte.

Es stand dort ein alter Ahorn, an dessen Stamm er sich niedersetzte, nachdem er einige Büsche vor sich in die Erde gesteckt hatte, um sich dem Blicke der Biber zu entziehen. Es war Nachmittag geworden und die Sonne begann ihre Strahlen schräg durch den Wald zu werfen.

Alles war still und lautlos, weder in dem Laube der hohen Baumkronen noch auf dem glatten Wasserspiegel war eine Bewegung zu erkennen, und der goldene Streif, den das Sonnenlicht über den Teich warf, wurde nur zuweilen durch einen aufspringenden Fisch gekräuselt. Stunden eilten dahin, ohne daß ein Biber seine Gegenwart verraten hätte, obgleich der spähende, scharfe Blick des Negers fortwährend das Wasser überwachte. Die Schatten der Bäume dehnten sich länger und dunkler über die Erde aus, und hier und dort wurden zwischen den Stämmen Hirsche und Antilopen sichtbar, die vertraut und sorglos dem Bache zuschritten, um ihren Durst in dessen kühlen Fluten zu stillen. Daniel sah ihnen zu, wie sie miteinander scherzten, ihre Gehörne an einzelnen Stämmchen rieben oder die zartesten Kräuter in dem Grase suchten; da plötzlich fuhren mehrere derselben, wie durch irgend etwas erschreckt, zusammen und hielten lauschend die Köpfe in die Höhe.

Daniel blickte schnell um sich durch den Wald, soweit sein Auge aber reichte, konnte er nichts erkennen, was die Veranlassung zu der plötzlichen Aufmerksamkeit der Tiere hätte geben können. »Vielleicht war es ein großer Raubvogel, der sie erschreckt hat,« dachte Daniel und blickte wieder nach dem Biberhause; da sah er unweit desselben eine Bewegung im Wasser, es erschien ein dunkler Punkt auf der Oberfläche und derselbe bewegte sich jetzt schnell dem Ufer zu. Es war ein Biber, der schwimmend mit der Nase das Wasser teilte und von derselben aus zwei lange Streifen in einem spitzen Winkel auf dem Wasser zurückließ.

Daniel hatte behutsam die Büchse an den Backen gehoben und zielte dem nahenden Tiere auf den Kopf, bis dasselbe nur wenige Schritte vom Lande entfernt war, dann gab er Feuer. Der Biber überschlug sich im Wasser und warf dasselbe hoch um sich auf; da hatte der Neger aber schon seine Büchse an den Baum gestellt und war in einem Satze bis zu der sterbenden Beute ins Wasser gesprungen. Er ergriff das Tier beim Schwanze und schwamm in wenigen Augenblicken mit ihm an das Land zurück.

Hier schüttelte er das Wasser von sich, hing seine Kugeltasche um und lud den abgeschossenen Lauf seiner Büchse. Kaum hatte er dies vollbracht und bückte sich, um sich wieder an dem Baume niederzusetzen und Karl zu erwarten, da fiel ein Schuß und die Kugel schlug neben Daniels Kopf in den Baumstamm.

In weiten Sätzen sprang der Neger von der Anhöhe herab nach einer umgefallenen kolossalen Cypresse, die nur einige zwanzig Schritte von ihm entfernt lag, und warf sich hinter dem Stamme in das Gras nieder. Das scharfe geübte Auge Daniels hatte aber beim ersten Umblicken den Schützen erkannt, einen Indianer, der hinter einer Eiche hervorsah und nach dem Schusse sich wieder hinter derselben verbarg. Diese Eiche stand weiter am Bache hinunter, etwa hundert Schritte von dessen Ufer entfernt, und der erste Gedanke des Negers war Karl zugewandt, der nun bald von dort her kommen mußte. Er schob die Holzaxt durch den Gürtel, den er um den Leib trug, und war im Begriff, den Indianer sofort anzugreifen, ehe derselbe seine Büchse wieder laden konnte, denn er wußte, daß die Wilden keine Doppelgewehre führten; doch hob er zuerst nur seinen Hut über dem Baumstamm hervor. In demselben Augenblicke fielen von anderen Bäumen her wieder zwei Schüsse und eine Kugel flog durch den Filz. Der Neger hatte gleichfalls die beiden Indianer gesehen, welche jetzt geschossen hatten.

Er war unschlüssig, ob er hervorspringen und den Kampf offen beginnen, sowie versuchen solle, den Weg zu Karl zu gewinnen; da kam ihm der Gedanke, daß möglicherweise eine noch viel größere Zahl von Wilden in der Nähe verborgen sein könnte und daß er dieselben bei einer Flucht seinem Gefährten gerade entgegenführen würde. Der Baum, hinter welchem er lag, war durch einen Sturm umgeweht und mit den Wurzeln aus dem Grunde gerissen, so daß diese mannshoch über dem Boden emporragten und tief in das Loch hinabhingen, welches sie in der Erde zurückgelassen hatten. In diese Vertiefung sprang Daniel jetzt hinein, weil er durch das Wurzelwerk den Blicken der Feinde entzogen wurde und selbst doch zwischen demselben hindurch nach ihnen hinsehen konnte. Nur mit dem Kopfe ragte er über dem Erdboden empor und vermochte die ganze Waldfläche nach den Indianern hin zu übersehen; so sehr sein Auge sich aber auch anstrengte, so konnte er doch nichts von denselben gewahren. Er spähete unverwandt nach den drei Bäumen hin, von wo die Schüsse gekommen waren, und hielt selbst die sichere Doppelbüchse zum augenblicklichen Gebrauch fertig.

Die letzten Sonnenblicke waren verschwunden und der Abend breitete sein Dunkel durch den Wald aus, während die Besorgnis des Negers um seinen Gefährten von Minute zu Minute zunahm und sich bis zu einer entsetzlichen Angst steigerte.

Derselbe mußte nun bald an dem Ufer heraufkommen; die Wilden mußten ihn in seinem sorglosen Schritt schon von weitem kommen sehen, und dann war er sicher verloren! Es trieb den Neger jetzt mit tödlicher Angst heraus aus seinem Versteck, damit Karl durch das viele Schießen vor der Gefahr, die seiner harrte, gewarnt werde; da sah er, wie der Wilde, der zuerst nach ihm gefeuert hatte, mit Blitzesschnelle hinter der Eiche hervor und nach einer anderen, dem Ufer näher stehenden, hinrannte. Er führte es so schnell aus, daß Daniel zwischen den Wurzeln, durch welche er blickte, ihm in seinem Lauf nicht mit der Büchse folgen konnte, und dann wurde in demselben Moment sein Blick auf noch zwei andere Indianer gezogen, die gleichfalls hinter Bäumen standen und die er früher nicht gesehen hatte.

Es waren deren also fünf und sie beabsichtigten, ihn bis an das Ufer des Baches zu umzingeln; denn zwei derselben sprangen jetzt auf der anderen Seite näher nach dem Wasser hin. Der Wilde, der zuerst seinen Stand gewechselt hatte, befand sich nun gerade in der Richtung, von wo Karl herkommen mußte, und Daniel spähte an ihm vorüber nach der kleinen Anhöhe, die sich in kurzer Entfernung hinter ihm erhob. In diesem Augenblick erschien der Hut seines Gefährten über dem Hügel und gleich darauf seine Gestalt bis an die Brust.

»Indianer – zurück, fliehen Sie!« schrie der Neger jetzt mit aller Gewalt seiner Stimme seinem jungen Freunde zu und winkte, indem er aus der Vertiefung neben dem Stamme sprang, ihm mit seinem Hute entgegen. In derselben Sekunde feuerten seitwärts von ihm zwei Indianer, doch ohne Daniel zu treffen, der sich zugleich über dem Stamme auflichtete und einen dieser Wilden durch den Kopf schoß, noch ehe derselbe sich hinter den Baum zurückziehen konnte. Mit einem furchtbaren Kriegsgeschrei stürzte der Neger nun hinter dem Stamme hervor und auf den Indianer zu, der zwischen ihm und Karl hinter der Eiche stand; der Wilde aber richtete seine Büchse ihm entgegen und würde dem Leben Daniels wahrscheinlich ein Ende gemacht haben; es blitzte aber in diesem Augenblicke von Karl her, und mit einem gellenden Todesgeschrei brach der Indianer zusammen.

»Hurra!« schrie Karl, daß es weit durch den Wald schallte, und sprang seinem Freunde entgegen, und »hurra!« schrie Daniel und wandte sich den drei Indianern zu, die jetzt die Flucht ergriffen und wie Hirsche zwischen den Bäumen davonsausten.

»Halt – du mußt zurückbleiben!« rief der Neger jetzt dem letzten der Wilden zu und hob stillstehend sein Gewehr an die Schulter. »Du bist ein Waco – eine Schlange, und hast wohl einmal vom schwarzen Panther gehört!«

Das Feuer fuhr aus der Büchse Daniels, und so blitzschnell auch der Indianer in seinem Laufe hin und her gesprungen war, so hatte ihn doch die Kugel des Negers erreicht und er überschlug sich im Todessturze drei- bis viermal.

Karl hatte den Augenblick benutzt, sein abgeschossenes Rohr wieder zu laden, Daniel aber unterbrach ihn darin, indem er seine Hand hastig ergriff und, seine Lippen darauf pressend, ausrief:

»Der gütige Gott hat uns gerettet, junger Herr, ihm sei Lob und Dank dafür!«

Freudebebend drückte er abermals Karls Hand an seinen Mund und sagte dann:

»Ich habe Ihnen wieder mein Leben zu danken, die Rothaut hatte ruhig und gut gezielt, ich fühlte schon in Gedanken die Kugel, da machten Sie Funken und, wahrhaftig, Sie hatten nicht schlechter gezielt.«

»Und auch du hast mir das Leben gerettet, Daniel, denn wenn du mir nicht gewinkt hättest, wodurch du dein eigenes Leben aufs Spiel setztest, so würde ich nichts von den Indianern gewahr worden sein, bis ich ihre Kugeln gefühlt hätte. Du hast ebensoviel und noch mehr für mich gethan wie ich für dich; denn auf mich wurde keine Büchse gerichtet.«

»Wir haben aber gut gefochten, die Teufel scheinen alle drei tot zu sein; es sind Wacos, die allerschlechtesten, allergefährlichsten Indianer von allen. Wir wollen uns aber doch zum Andenken ihre Waffen und ihren Schmuck zueignen und dann eilen, daß wir nach Hause kommen, sie werden im Fort besorgt um uns sein,« sagte Daniel, indem er die Kugeln in seine Büchse trieb und dann Zündhütchen aufsetzte. Zuerst gingen die Kampfgenossen nun zu dem zuletzt erlegten Indianer und fanden ihn tot auf dem Gesicht liegend. Die Kugel war ihm in den Hinterkopf eingedrungen.

»Es war weit, deswegen hielt ich etwas hoch, ich habe aber ziemlich gut die gerade Linie gehalten; es war mein schlechtester Schuß nicht,« sagte der Neger, indem er dem Erschossenen die Kugeltasche, den Tomahawk und den Schmuck abnahm, der in metallenen Armringen, Ohrringen und einem Halsband aus Muscheln bestand. Dann ergriff er dessen Büchse und sagte:

»Sieh, der Lump hat nicht einmal nach uns gefeuert, die Büchse ist noch geladen.«

»Warum riefst du ihm denn zu, ob er einmal von einem schwarzen Panther gehört habe?« fragte Karl, auf den Toten blickend.

»Ja so-o, das ist nur so eine Redensart unter den Indianern,« antwortete Daniel sichtbarlich verlegen und ging, seinem Gefährten voran, zu dem zuerst Gefallenen, dem die Kugel durch die Stirn gedrungen war. Sie nahmen ihm gleichfalls Waffen und Schmuck ab. Auch den durch Karl erlegten Wilden fanden sie tot, er war durch den Rücken geschossen. Karl belud sich mit dessen Waffen, während Daniel dessen Schmuck zu sich nahm, und beide begaben sich dann zu dem Biber, welchem der Neger die Drüsen mit Bibergeil ausschnitt. Darauf band er ihm einen Busch an den Schwanz und warf ihn in das Wasser, so daß der Busch aus demselben hervorsah; denn es war zu spät, um ihm die Haut abzunehmen, die Daniel jedoch am folgenden Tage holen wollte. Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als die beiden Jäger die Prairie erreichten; der Neumond stand aber am Himmel und sein mattes Licht war hinreichend, den Heimkehrenden das Gehen zu erleichtern. Sehr ermüdet langten sie beim Fort an und wurden durch das Bellen der Hunde dessen Bewohnern schon von weitem angemeldet.

Als sie das Thor erreichten, hatte Turner dasselbe bereits geöffnet und trat ihnen mit einem »Gottlob« entgegen.

»Wo seid ihr denn so lange geblieben? Wir waren wirklich in Sorgen um euch,« sagte er, als sie durch das Thor einschritten, »das Wasser ist aber aus dem Felde verschwunden; was war denn die Ursache von der Überschwemmung?«

»Eine Biberkolonie hatte in dem Pflaumenbache einen Damm gebaut, den wir ihnen zum Ärger zerstört haben,« antwortete Daniel.

»Was habt ihr denn da für Büchsen und sonst für Sachen?« fragte Turner jetzt verwundert, da der Schein des Lichtes, womit Madame Turner in die Hausthür trat, auf die beiden Jäger fiel.

»Wir haben sie von drei Waco-Indianern zum Geschenk erhalten, wenn auch gegen ihren Willen,« entgegnete Daniel und setzte lachend hinzu: »Nein, wir haben sie von ihnen geerbt.«

»Mein Gott, ihr habt doch wohl nicht mit den Indianern gefochten?« sagte Madame Turner erschrocken.

»Und ganz gut gefochten,« antwortete der Neger, indem er im Zimmer die Büchsen an die Wand stellte und die andere Beute dabei niederlegte. Wir hatten fünf gegen uns zwei und haben drei von ihnen erschossen; die beiden anderen mögen es ihren Kameraden als Warnung erzählen.«

Nun wurden teils durch Daniel, teils durch Karl die Begebenheiten mitgeteilt, wobei den Lippen der Madame Turner und Juliens manches »Ach« und »Oh« entfuhr.

»Die Hand des Allmächtigen hat über euch gewacht, er sei gepriesen und gelobt,« sagte Turner, als die Erzählung zu Ende war, und Madame Turner trocknete unbemerkt die Thränen des stillen, innigsten Dankes, die ihr in die Augen getreten waren.

»Wenn die Überschwemmung nur unserem Mais keinen Schaden gethan hat,« nahm Turner wieder das Wort, nachdem die Angelegenheit mit den Indianern lange Zeit besprochen war.

»Im Gegenteil, er wird um so kräftiger emporschießen, das Wasser hat ihn nur erfrischt,« entgegnete der Neger. »Da fällt mir ein: ich will abends, wenn wir das Fort schließen, immer das Kanoe bis zu dem Felsstück hier unter dem Abhange rudern und auf der Leiter heraufsteigen; es könnte das Schiff uns leicht durch die Indianer gestohlen oder zerstört werden, und außerdem hat man es auch zur Hand, wenn man, wovor uns der Himmel bewahren mag, dasselbe einmal zur Flucht nötig haben sollte.«

Am folgenden Morgen, als Madame Turner zum Frühstück rief, hatte der Neger schon einen Ritt gemacht und den Biber geholt. Nachdem er ihm das prächtige Fell abgenommen und ihn sauber ausgeweidet hatte, übergab er ihn der Hausfrau als einen vortrefflichen Braten und bezeichnete dessen Schwanz als einen ganz besonderen Leckerbissen. Madame Turner hatte ihr Bedenken dabei, ihn zuzubereiten und meinte, das Tier habe ganz das Aussehen einer großen Ratte; auf Daniels Versicherung und Karls Zureden jedoch versprach sie, dasselbe auf den Tisch zu bringen.

Das Bibergeil nahm der Neger aus den Drüsen, that es in eine kleine Flasche, goß nur sehr wenig Cognac hinzu und verstopfte das Glas fest. Nach dem Frühstück bestieg er sein Pferd, um nach dem Choctawbache zu reiten und von den dortigen Ansiedlern Biberfallen zu borgen. Karl hätte ihn sehr gern dorthin begleitet, doch als Madame Turner ihn bittend fragte:

»Willst du denn mit Daniel reiten?« verzichtete er sofort darauf und erwiderte:

»O nein, es wird nicht nötig sein, Daniel wird wohl allein die Fallen herüberschaffen können.«

Er benutzte den Tag, um für seine Tante in dem Garten einige Beete mit Gemüsen zu bestellen und für Julien ein Gestell zu einer Laube aufzuschlagen, um welche er dann prächtig blühende Schlinggewächse pflanzte, die er zu diesem Zwecke gelegentlich aus dem Walde mitgebracht hatte.


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