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Löwen- und Pantherjagd

Von Jules Gérard.

Es war am 16. Juli 1845. Ich war von den Bewohnern Mahounas (Bezirk Ghelma) gerufen worden, um sie von einer Löwenfamilie zu befreien, die bei ihnen ihr Sommerquartier aufgeschlagen hatte und die Rechte der Gastfreundschaft arg mißbrauchte.

Ich erhielt bei meiner Ankunft jede wünschenswerte Auskunft über die Gewohnheiten dieser unwillkommenen Gäste und erfuhr, daß sie jede Nacht hervorkamen um ihren Durst am Oued-Cherf zu stillen.

Ich begab mich sofort an das Ufer des Flusses und fand dort nicht nur die Fußtapfen dieser Herren auf dem Sande, sondern auch die Stellen, an denen sie hervorzutreten und sich wieder zurückzuziehen pflegten.

Die Familie war sehr zahlreich, sie bestand aus Vater, Mutter und drei schon ziemlich ausgewachsenen Kindern. Ich befand mich am Ufer, umgeben von einem Dutzend Araber, die mich begleitet hatten. Die Stelle, an der die Löwen aus dem Walde hervorzutreten pflegten, war nur wenige Schritte davon entfernt. Die Eingeborenen behaupteten, daß es in einem seitwärts im Walde befindlichen undurchdringlichen Gebüsch sei, wo die Tiere ihren Schlupfwinkel hätten.

Der alte Taïeb, der Häuptling der hier ansässigen Stämme, trat zu mir, erfaßte meinen Arm und sagte, auf die vielen im Uferrande eingedrückten Spuren deutend:

»Es sind ihrer zu viele, es ist besser fortzugehen.« – Ich hatte schon zu jener Zeit mehr als hundert Nächte ganz allein, ohne jeden Schutz unter dem Sternenhimmel verbracht. Manchmal hielt ich mich in einer Schlucht verborgen, die der Löwe, auf den ich fahndete, aufzusuchen liebte; dann wieder suchte ich mir mühsam meinen Weg durch verwachsene, beinahe undurchdringliche Waldpfade. Oft genug waren mir nicht nur Löwen, sondern auch allerhand mehr wie verdächtiges Gesindel in den Weg gelaufen, aber mit Gottes und des heiligen Hubertus Hilfe hatte ich mich immer glücklich aus der Affäre gezogen. Die Erfahrung hatte mich jedoch gelehrt, daß zwei Kugeln sehr selten genügen, um einen ausgewachsenen Löwen zu töten, und jedesmal, wenn ich einen neuen Jagdzug unternahm, erinnerte ich mich unwillkürlich der einen oder anderen Nacht, die mir verhängnisvoll zu werden gedroht hatte. Ein paarmal war ich von einem heftigen Fieber überrascht worden, das meine Hand zittern machte; dann wieder hatte ein plötzliches Unwetter mich stundenlang daran gehindert zu sehen, was um mich vorging und das Brüllen des Löwen, der auf das Rollen des Donners zu antworten schien, ertönte oft so nahe bei mir, daß ich jeden Blitz, der mir gestattete, wenigstens einmal um mich zu sehen, freudig begrüßte und viel darum gegeben hätte, seinen Schein verlängern zu können.

Und doch, wie liebte ich diese Einsamkeit! Ich liebte sie nicht nur um ihrer selbst willen, vielleicht spielte da auch ein gewisses Nationalgefühl mit; es machte mir Freude, den gehässigen Stolz der Araber zu dämpfen und ich war glücklich, wenn ich sah, wie sie sich vor dem Franzosen beugten – nicht etwa weil er mit Lebensgefahr, freiwillig und ohne eine Gegenleistung zu beanspruchen ihnen einen wichtigen Dienst erzeigte – sondern weil er allein den Mut hatte zu vollbringen, was sie vereint nicht zu unternehmen wagten.

Es war daher jeder Löwe, den ich erlegte, nicht nur immer wieder ein Gegenstand des Staunens für sie, sondern sie begriffen es auch nicht, wie ein Fremder es wagen konnte, sich allein und nachts in diese Schluchten und Abgründe zu begeben, die die Eingeborenen selbst an hellem Tage möglichst zu vermeiden suchten.

Die Araber sind nicht feige, sie sind tapfer im Kriege, tapfer bei jeder Gelegenheit, ausgenommen angesichts des Löwen, der, wie sie sagen, seine Kraft von Gott erhalten hat und dem sie nicht entgegenzutreten wagen. Der kühne Jäger, der es mit ihm aufnimmt, es wagt am Abend beim Eintritt der Dämmerung das Zelt zu verlassen und beim Anbruch des Morgens heil und gesund zurückkehrt, ist ihrer Bewunderung gewiß.

Man wird daher verstehen, daß diese Stimmung der Bevölkerung es mir zur Pflicht machte, den Weg, den ich eingeschlagen, weiterzuverfolgen, und ich zögere nicht zu gestehen, daß sie zuweilen dazu beitrug, mich gegen die oft allzu starken Emotionen zu stählen, die die Einsamkeit der Nacht in einem von Gefahren aller Art erfüllten Lande notwendig mit sich bringen mußte.

Nachdem die nationale Eigenliebe, die mich in diese Karriere gedrängt hatte, durch wiederholte Erfolge befriedigt war, hätte ich mich von einigen mutigen, mir ergebenen Leuten begleiten lassen können, deren Gegenwart hingereicht hätte, meine Aufgabe zu erleichtern, aber ich war so eingenommen für diese nächtlichen einsamen Jagdausflüge, daß ich sogar oft, wenn ich gar keine Aussicht hatte, einem Löwen zu begegnen, doch meine Nächte im Walde verbrachte und Abenteuer suchend umherirrte, bis der Morgen graute, der mich oft, sehr weit entfernt von meinem Zelte, übermüdet und ruhebedürftig überraschte. Meine Stimmung war dann aber stets die beste, ich war zufrieden mit mir selbst und bereit, schon am nächsten Abend wieder einen Streifzug durch die Wälder zu unternehmen.

Wenn einer meiner zahlreichen Freunde und Anhänger des edlen Weidwerks einen Monat lang mit mir durch die wilden Schluchten ziehen würde, die so für den Löwen gemacht erscheinen, und wenn er dann zum ersten Male das Glück haben sollte, die gewaltige Stimme des Königs der Tiere zu vernehmen, die allen Wesen der Schöpfung Schweigen und Furcht auferlegt, dann würde er gewiß ihm bisher völlig unbekannte Emotionen kennen lernen. Demnach aber würde die Gegenwart eines seinesgleichen ihm nicht gestatten, ganz zu genießen und zu verstehen, was der Jäger empfindet, der völlig allein und nur auf sich selbst angewiesen ist.

In der Tat ist dieser von dem Augenblicke an, wo sich die ersten Sterne am Himmel zeigen, genötigt, unausgesetzt auf der Hut zu sein, jeden Gegenstand und auch das kleinste Geräusch zu beachten und mit scharfem Blick das Dickicht des Waldes und den Fußpfad, auf dem er geht, zu sondieren. Mit einem Wort: sich stets daran zu erinnern, daß er in fortwährender Todesgefahr schwebt, ohne die Hoffnung, daß ihm irgendwer zu Hilfe kommt; er muß stets bereit sein, mit der Ruhe und Kaltblütigkeit zu kämpfen, die ihm zwar einem so ungleichen Gegner gegenüber vielleicht nicht immer zum Siege gereichen, ohne die er jedoch rettungslos verloren sein würde. Das sind die Ursachen, die in mir die Leidenschaft erweckt haben, nachts und völlig allein auf die Löwenjagd zu gehen.

Wenn sich unter den Jägern, für die ich diese Zeilen geschrieben, der eine oder der andere befinden sollte, der den Wunsch empfinden sollte, die Genüsse kennen zu lernen, die ihn reichlich für die geistigen und körperlichen Strapazen entschädigen würden, welche mein seltsamer Beruf mit sich bringt, so würde ich ihm zurufen: Nur mutig voran, diese Karriere steht jedem Tapferen offen.

Aber versucht es nicht, in gedecktem Hinterhalt Herr über den Gewaltigen zu werden.

Versucht es nicht, die Jagd bei Tage in hellem Sonnenschein aufzunehmen oder in Gesellschaft anderer, die euch vor der Furcht beschützen sollen.

Erwartet die Nacht, und wenn ihr das erste Brüllen des Löwen vernehmt, dann brecht auf, aber allein und zu Fuß.

Wenn ihr dem Tiere nicht begegnen solltet, so versucht es in der nächsten und in der darauffolgenden Nacht so lange, bis eure Expedition von Erfolg gekrönt sein wird.

Wenn ihr dann zurückkehrt, was ich lebhaft wünsche, dann verspreche ich euch, daß ihr als Lohn für die überstandenen Strapazen zunächst einen vollständigen Gleichmut dem Tode gegenüber errungen habt und daß ihr ihm kaltblütig entgegentreten werdet, in welcher Gestalt er sich euch immer nahen sollte. Außerdem aber werdet ihr euch die Achtung, die Liebe, die Dankbarkeit und mehr als dies von einer Menge Menschen errungen haben, die eurem Lande und eurer Religion feindlich gegenüberstehen, endlich aber habt ihr köstliche Erinnerungen eingeheimst, die noch euer Alter erwärmen und verjüngen werden.

Solltet ihr aber nicht zurückkehren, so könnt ihr überzeugt sein, daß die Araber an der Stelle, wo sie eure Reste finden würden, zwar kein Monument, aber doch einen Steinhaufen errichten, auf dem sie zerbrochene Töpfe, Eisen, Kugeln niederlegen würden, eine Menge verschiedener Dinge, die bei ihnen die Bedeutung einer Grabschrift haben des Inhalts: Hier ist ein tapfrer Mann gestorben.

Es ist gut, daß ihr wißt, daß es bei den Arabern keineswegs genügt, einen Bart zu haben, um ein Mann zu sein, und ich kann euch versichern, daß ihre einfache Grabschrift mehr bedeutet als die größten Lobsprüche und daß ich für meine Person keine andere begehre.

Ich bitte, diese etwas lange Abschweifung damit zu entschuldigen, daß sie zum Verständnis der unterbrochenen Erzählung notwendig ist.

Der alte Scheik bestand darauf, daß ich zunächst mit ihm in das Douar (das Wanderdorf der Araber) zurückkehre, dann versuchte er mir die Begleitung von ein paar Männern aufzudrängen, an deren Mienen ich nur zu deutlich erkannte, daß sie nicht den geringsten Wert darauf legten, mit mir zu gehen. Ich wies beide Vorschläge zurück und bat ihn, sich mit seinen Leuten zurückzuziehen, da die Dämmerung sich schon herabsenkte und die Löwen jeden Augenblick hervortreten konnten. Der brave Mann gab – wenn auch nur sehr ungern – meinem Wunsche nach, bat mich jedoch, ehe er mich verließ, um die Erlaubnis, mit den Seinen das Abendgebet sprechen zu dürfen (das Sallat und Maghreb), damit, wie er sagte: Gott in dieser Nacht über mir wachen solle. Er versicherte mir, daß weder er noch einer der Seinen ein Auge schließen würde und daß alle, groß und klein, gepreßten Herzens darauf warten würden, den Schuß aus meiner Flinte zu vernehmen.

Ich habe stets die Menschen bedauert, die keinen Glauben haben. Ich selbst bin ein gläubiger Christ, und ich bekenne dies ganz offen, selbst auf die Gefahr hin, von den sogenannten Atheisten für einfältig gehalten zu werden. Beiläufig gesagt, liegt mir an der Meinung dieser Leute nicht das Geringste.

Der Anblick dieser einer anderen und unseren feindlich gegenüberstehenden Religion angehörenden Araber, die für einen Christen beteten, rührte mich tief, und ich bedauerte, daß der Ritus der Religion, zu der ich mich bekenne, es mir nicht gestattete, mich an der als im Geiste an dieser an den Gott aller Völker gerichteten Andacht zu beteiligen, die hier am Rande des Hochwaldes und auf dem Terrain stattfand, auf dem sich einige Stunden später ein Drama entwickeln sollte.

Als das Gebet beendet war, trat der Scheik noch einmal zu mir heran und sagte:

»Wenn es Gott gefallen sollte, unsere Gebete zu erhören und wenn du uns, die wir dich lieben, über dein Schicksal beruhigen willst, so zünde, wenn es dir gelungen ist, den Löwen zu töten, ein Feuer an, das ich von meinen Leuten vorbereiten lassen werde, damit, nachdem unsere Ohren das Signal des Kampfes vernommen, auch unsere Augen das Zeichen deines Sieges erkennen, und ich verspreche dir, daß wir darauf antworten werden.«

Ich erklärte mich gern bereit, diesen Wunsch zu erfüllen, und sofort wurde ein großer Scheiterhaufen errichtet und so geschickt vorbereitet, daß es nur eines Streichhölzchens bedurfte, um ihn in Flammen zu setzen. Während die Leute des Scheiks mit einem bei dem gewöhnlich sehr trägen Araber ganz ungewöhnlichen Eifer sich mit dieser Arbeit beschäftigten, wandte sich dieser mit folgenden Worten an mich: »Wenn ich wüßte, daß du mich nicht verspotten wirst, möchte ich dir wohl einen Rat geben.«

»Das Wort eines Greises«, antwortete ich ihm, »wird immer geachtet.«

»Nun denn, so höre, mein Sohn. Wenn in dieser Nacht die Löwen kommen, so wird der Herr mit dem dicken Kopfe (so nennen die Araber den männlichen ausgewachsenen Löwen) an ihrer Spitze marschieren; dann halte ihn fest im Auge und kümmere dich nicht um die anderen. Die jungen Löwen sind schon zu groß, als daß die Mutter sich mit ihnen beschäftigen sollte, alle aber verlassen sich auf den Vater. Darum empfehle ich dir, deine ganze Aufmerksamkeit auf den Herrn mit dem dicken Kopf zu richten. Denke daran, daß, wenn deine Stunde gekommen sein sollte, er es ist, der dich töten wird und daß die anderen dich fressen werden.«

Als seine Leute ihm zuriefen, daß sie fertig wären und daß es Zeit sei, zu gehen, antwortete er: »Geht nur voran, ich komme euch gleich nach.«

Dann, nachdem er einen forschenden Blick um sich geworfen, neigte er sich an mein Ohr und sagte leise, als ob er mir eine wichtige vertrauliche Mitteilung zu machen habe: »Er hat mir meine schönste Stute und zehn Ochsen geraubt.«

»Wer hat sie dir geraubt«, frug ich ebenfalls in leisem Tone.

»Er«, antwortete er, mit der Hand nach dem Walde deutend.

»Aber«, sagte ich etwas ungeduldig, »so nenne mir doch den Dieb.«

»Der Herr mit dem dicken Kopf.«

Diese Worte flüsterte er so leise, daß ich nur die letzten Silben verstand; aber ich erriet den Rest und mußte seines Rates gedenkend unwillkürlich lächeln.

Einige Minuten später war der Scheik verschwunden und ich befand mich allein an dem Ufer des Oued-Cherf. Obwohl es schon anfing zu dämmern, waren doch die Spuren der fünf Löwen noch deutlich zu erkennen, ebenso wie der ihnen zu Ehren errichtete Scheiterhaufen und das dichte Gestrüpp, in dem der Eingang zu ihrem geheimnisvollen Schlupfwinkel verborgen war. Aber dann breitete die Nacht ihre dunkeln Schleier über alles, was mich umgab, und meine Phantasie beschäftigte sich damit, die Krallen und Zähne des »Herrn mit dem dicken Kopfe« und der von ihm beschützten Familie zu zählen.

Der Engpaß von Mahouna, in dem ich mich befand, gehört zu den malerischsten und zugleich zu den wildesten Landschaften, die es gibt. Man stelle sich zwei einander gegenüberstehende, beinahe spitz zulaufende Berge vor, deren Abdachung durch tiefe Schluchten unterbrochen wird, die von unentwirrbarem Gestrüpp, von Korkeichen, wilden Oliven und Mastixbäumen bedeckt sind. Zwischen diesen beiden Bergen fließt der Oued-Cherf, dessen Bett jedoch im Sommer beinahe ganz ausgetrocknet ist und buchstäblich mit Tierspuren aller Art bedeckt ist, während er im Winter nicht zu passieren ist wegen der von allen Seiten herbeiströmenden Bäche und Rinnsale, die ihn zu einem reißenden Strome machen.

Wenn man diese Schlucht von weitem sieht, würde man sie für unbewohnbar und demgemäß für unbewohnt halten. Dennoch haben sich einige Familien gefunden, die den Mut besaßen, sich hier niederzulassen, und zwar in einer Zeit, wo sie in der Ebene von feindlichen Stämmen bedroht und sich genötigt sahen, um ihr Leben und ihr Eigentum zu retten, in einen sicheren Zufluchtsort zu flüchten.

Trotz dem Schaden, den die Löwen jährlich ihren Herden zufügen, haben diese eingeborenen Familien nie daran gedacht, weiterzuziehen und die von ihnen gewählten Wohnstätten wieder zu verlassen. Wenn sie ihr jährliches Budget machen, sagen sie sich: so und so viel für den Löwen, so viel für den Staat und so viel für uns. Und der Anteil des Löwen ist zehnmal größer wie der des Staates.

Die Verbindungswege auf den Abhängen der zwei Berge sind so schmal und so schlecht, daß ein Fußgänger sie kaum benutzen kann, ohne zu riskieren, den Hals zu brechen. Dasselbe gilt für die über den Oued-Cherf führenden Furten, die die Bergabhänge miteinander verbinden. Die Furt, auf der die Löwen herabgekommen, war wie die anderen sehr enge und kesselförmig.

An der Stelle, auf der ich mich befand, bildet der Oued-Cherf ein Knie, das die Aussicht nach allen Seiten hin begrenzte, und es war finster dort, wie auf dem Grunde eines Trichters, in den weder das Licht der Sonne noch das des Mondes fällt.

Ich saß in der Nähe eines Oleanders, der die Furt beherrschte und Auge und Ohr forschten vergeblich umher, um das Feuer eines Zeltes zu erblicken, das Bellen eines Hundes zu vernehmen, irgendein Zeichen zu entdecken, das mir die nicht allzu ferne Anwesenheit von Menschen verriet und mir das Bewußtsein verlieh, nicht ganz verlassen und allein zu sein. Aber um mich war tiefe Nacht und Schweigen und weder mein Auge noch mein Gehör vermochten die Spur von Menschen zu entdecken.

Ich war ganz allein, allein mit meiner Flinte!

Indessen war die Zeit vorgeschritten, und der Mond, den ich von meinem Standpunkte aus nicht sehen konnte, fing an, ein mattes Dämmerlicht um mich zu verbreiten, das ich mit dankbarer Freude begrüßte. Es mochte ungefähr elf Uhr sein und ich fing schon an, mich darüber zu wundern, so lange warten zu müssen, als ich plötzlich vernahm, daß sich unter den Bäumen her Schritte näherten.

Das Geräusch wurde rasch deutlicher, es waren zweifellos mehrere große Tiere, die herankamen. Bald erkannte ich unter den hohen Bäumen mehrere Paar leuchtender Punkte, die in rötlichem Glanze schimmerten und sich rasch näherten.

Dieses Mal erkannte ich mühelos die Löwenfamilie, die einer hinter dem andern marschierend auf die Furt zukamen, in der ich mich verborgen hielt. Anstatt fünf waren es ihrer jedoch nur drei, und als sie etwa fünfzehn Schritte von mir entfernt am Ufer des Flusses stehen blieben, schien es mir, als ob der den Zug eröffnende Löwe, obgleich er größer war als die ihm folgenden, doch nicht »der Herr mit dem dicken Kopf« sein könne, den der Scheik so dringend meiner Aufmerksamkeit empfohlen hatte. Da standen sie – alle drei und blickten mich sehr erstaunt an. Meinen Angriffsplan verfolgend, zielte ich auf die Schulter des ersten und gab Feuer. Ein schreckliches furchtbares Brüllen gab mir Kunde, daß ich keinen Fehlschuß getan, und nachdem der Rauch sich etwas verzogen hatte, sah ich, wie zwei der Löwen sich schleunigst in den Wald zurückzogen, während der dritte, dessen beide Schultern durchschossen waren, sich langsam auf dem Bauche fortschleppend, auf mich zukam.

Ich begriff sofort, daß die Eltern nicht mit von der Partie waren, was ich übrigens keinen Augenblick bedauerte.

Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß die Geschwister des angeschossenen Löwen keine feindlichen Absichten hegten, sondern sich schleunigst davonmachten, beschäftigte ich mich nicht mehr mit ihnen.

Ich machte mein Gewehr wieder schußfertig, als mit einer Kraftanstrengung, die ihm ein schmerzliches Brüllen entlockte, das verwundete Tier bis auf drei Schritte an mich herankam und mir die Zähne zeigte. Ich jagte ihm eine zweite Kugel in die Brust und er stürzte zusammen, um sich jedoch nochmals aufzuraffen, und erst nach der dritten Kugel, die ihn ins Auge traf, sank der Löwe hin, um nicht mehr aufzustehen. Ich habe schon erzählt, daß, nachdem die erste Kugel ihn getroffen, der Löwe ein lautes und schmerzliches Brüllen ausgestoßen hatte. In demselben Augenblick und als ob er gesehen, was sich zugetragen, fing an der linken Seite des Oued-Cherf ein Panther an zu schreien, so laut er nur konnte.

Beim zweiten Schusse, über den der Löwe wie das erstemal durch lautes Brüllen quittierte, hörte ich wieder den Pantherschrei, der dann sofort etwas stromabwärts von einem anderen Panther beantwortet wurde.

Kurz, während der ganzen Dauer dieses Dramas machten drei oder vier Panther, deren Anwesenheit ich in dieser Gegend nicht vermutet und denen ich auch später nie wieder begegnet bin, einen Höllenlärm, es war, als ob sie sich über den Tod des von ihnen gefürchteten Feindes freuten. Der Löwe, den ich erlegt, war ein vielleicht dreijähriges Tier, wohl genährt, mit schönem dichtem Fell und Zähnen und Krallen wie ein alter Löwe. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß das Tier der Kugeln wert war, mit denen ich es getroffen und daß die Araber es mit Befriedigung und Achtung begrüßen würden, dachte ich an den Scheiterhaufen und dieser beleuchtete denn auch sehr bald die Abhänge der Berge mit hellem Schein. Eine aus der Ferne dringende, vom Echo wiederholte Detonation gab mir Kunde davon, daß der Scheik das Feuer gesehen und die Siegesbotschaft allen Dörfern der Mahouna durch ein Signal mitgeteilt habe. Bei Tagesanbruch strömten von allen Seiten die Araber herbei, Männer, Frauen und Kinder – es waren ihrer mehr als zweihundert – um den erlegten Feind zu betrachten und zu verhöhnen.

Der Scheik war einer der ersten, der kam; er teilte mir mit, daß, während ich diesen Löwen tötete, der »Herr mit dem dicken Kopfe« mit seiner Gemahlin in seine Herde gedrungen sei und ihm einen Ochsen zum Festschmause geraubt habe.

Obgleich der Tod dieses Feindes des alten Taïeb nicht in direktem Zusammenhang mit der Jagd steht, die ich hier beschrieben, so glaube ich doch, daß es den Leser interessieren wird zu erfahren, wie dieser unbequeme Gast zur großen Befriedigung der umwohnenden Araber doch endlich den Tod fand.

Seit dem Tage, an dem sich die eben erzählte Begebenheit zugetragen, bis zum 13. August des folgenden Jahres, hatte ein Einwohner der Mahouna, namens Lakdar, nicht weniger als fünfundvierzig Hammel, eine Stute und neunundzwanzig Ochsen durch diesen Löwen verloren, nicht zu sprechen von dessen anderen Schandtaten.

Auf seine Bitte stellte ich mich am Abend des 13. August bei ihm ein. Ich verbrachte einige Nächte damit, die ganze Umgegend abzustreifen, ohne daß es mir gelungen wäre, dem Tiere zu begegnen. Am Abend des 26. August sagte mir Lakdar:

»Der Löwe ist zurückgekehrt; er ist in unsere Herde eingebrochen und hat den schwarzen Stier geraubt. Morgen früh werde ich seine Überreste suchen und wehe dem Räuber, wenn ich sie finde.«

Am darauffolgenden Tage war die Sonne kaum aufgegangen, als Lakdar schon zurückkam.

Als ich erwachte, fand ich ihn neben mir kauernd. Sein Gesicht strahlte, sein Burnus war feucht vom Morgentau, die zu seinen Füßen liegenden Hunde waren mit Schmutz bedeckt, denn die Nacht war sehr stürmisch und regnerisch gewesen.

»Guten Tag, mein Bruder,« sagte er zu mir, »ich habe ihn gefunden; komm gleich mit mir.«

Nachdem wir ein großes Olivengehölz durchschritten, stiegen wir einen steilen Abhang hinunter. Es war ein beschwerlicher Weg, da die rings umherliegenden Steine und Felstrümmer, sowie das dichte Gestrüpp unserem Vorwärtskommen sehr hinderlich waren.

Tief im Grunde fanden wir dann im Dickicht verborgen den Stier.

Aus Brust und Lenden waren große Stücke herausgerissen und verzehrt worden; der Rest war völlig intakt und der Löwe hatte das Tier herumgedreht, so daß die angefressenen Teile nach unten lagen. Ich sagte zu Lakdar:

»Bringe mir sofort Brot und Wasser, sorge dann dafür, daß vor morgen kein Mensch hierhin kommt.«

Nachdem er mir Nahrungsmittel gebracht, richtete ich mich unter einem kaum drei Schritte von dem Stiere entfernten Olivenbaum ein. Ich schnitt einige Äste ab, um mir den Rücken zu decken und wartete.

Ich wartete sehr lange.

Gegen acht Uhr abends erleuchteten die matten Strahlen des Neumondes nur schwach das Fleckchen Erde, auf dem ich mich befand. Ich vermochte die Gegenstände um mich kaum mehr deutlich zu erkennen, und mich an den Stamm des Baumes lehnend, lauschte ich gespannt auf ein etwaiges Geräusch. Da kracht in der Ferne ein Zweig; ich richte mich rasch auf, und den Ellbogen auf das linke Knie stützend, das Gewehr an der Schulter, den Finger an den Drücker legend, bereite ich mich zum Angriff vor, horchend spähe ich hinaus – aber alles bleibt still. Endlich ertönt kaum dreißig Schritte von mir entfernt ein dumpfes Brüllen, das rasch näher kommt. Dem Gebrülle folgt eine Art gutturalen Knurrens, das bei allen Löwen das Zeichen des Hungers ist. Jetzt schweigt das Tier und ich sehe, wie sein gewaltiger Kopf sich über den Schultern des Stieres erhebt. Er fängt an, ihn zu belecken, dann plötzlich stutzt er, er hat mich entdeckt und sieht mich an, aber im selben Augenblick trifft meine Kugel ihn über dem linken Auge.

Er brüllt, erhebt sich auf den Hinterfüßen und wird von einer zweiten Kugel erreicht, die ihn zur Strecke bringt. Dieser zweite Schuß hat ihn in die Brust getroffen und er liegt lang ausgestreckt auf dem Rücken und bewegt seine enormen Tatzen.

Nachdem ich mein Gewehr wieder geladen hatte, nähere ich mich vorsichtig dem gewaltigen Tiere, und da ich es zu Tode verwundet glaube, ziehe ich meinen langen Dolch, um ihm den Gnadenstoß ins Herz zu gehen, aber mit unwillkürlicher Bewegung pariert es den Stoß und die Klinge zerbricht an seiner Vorderpranke. Ich springe rasch zurück, und als er seinen ungeheueren Kopf erhebt, treffen ihn in schneller Folge zwei Kugeln, die seinem Leben ein Ende machen. So endete »der Herr mit dem dicken Kopfe«.

Kehren wir jetzt zu dem Panther zurück.

Obwohl dieses Tier gewöhnlich von seiner Jagdbeute lebt, tötet es doch gelegentlich gern ein Schaf oder Kalb, das sich bis an die Grenze des Waldes verirrt, wo es im Hinterhalte liegt.

Die Ouled-Yagoubs und Beni-Oujenah haben mir erzählt, daß der Panther, wenn es ihm gelänge, einen Hammel zu töten, die Gewohnheit habe, dessen Überreste auf die höchsten und dichtbelaubtesten Bäume zu schleppen und geschickt zwischen zwei Ästen zu befestigen, um sie vor den Hyänen, den Schakalen und anderen Fleischfressern zu bewahren.

Der Panther lebt in felsigen Gegenden, in deren Vertiefungen und Höhlen er Schutz findet, sowie in bewaldeten Abgründen, deren steile Abhänge dem Löwen, seinem gefürchteten Gegner, unerreichbar sind. Er ist ein erbitterter Feind der Stachelschweine, die in den seinen Schlupfwinkel umgebenden Felsen hausen, und die er eifrig verfolgt. Es ist bekannt, daß der ganze Körper dieser Tiere, mit Ausnahme des sehr kleinen Kopfes, mit festen langen und starken Stacheln besetzt ist, die sie wie eine Art von Panzer umgeben.

Wenn sie sich verfolgt oder in Gefahr glauben, dann sträuben sich ihre Stacheln, ihr Kopf verschwindet und sie werden unangreifbar. Vor dem Panther jedoch gewährt ihnen dieses natürliche Verteidigungsmittel keinen Schutz, denn dessen Verschlagenheit, List und Geduld ist so groß, daß er ganze Nächte lang beharrlich auf der Lauer liegt, um sich im Augenblick, wo das Tier aus seinem Versteck hervorkommt, darüberzustürzen und ihm, ehe es nur seinen Feind erblickt hat, den Kopf abzureißen.

Als ich zuerst anfing, Panther zu jagen, deren Gewohnheiten mir noch nicht bekannt waren, glaubte ich, wie bei den Löwenjagden vorgehen zu müssen. Ich entdeckte jedoch sehr bald, daß das nicht richtig ist, da der Löwe den Menschen nachts erwartet oder ihm entgegenkam, während der Panther vor ihm flieht.

Unter anderen Beispielen greife ich das folgende heraus: Während des Sommers von 1844 erfuhr ich durch die in der Umgegend von Nech-Meïa wohnenden Eingeborenen, daß ein sehr großer Panther die im Lande unter dem Namen Ajar-Munchar bekannten Felsriffe unsicher mache. Da ich mich nur ein paar Meilen von dem mir bezeichneten Orte entfernt befand, begab ich mich augenblicklich dahin.

Es konnte fünf Uhr nachmittags sein. Von einem Eingeborenen begleitet, der sich mir als Führer angeboten hatte, kam ich in dem Augenblick am Fuße des Felsens an, in dem der Panther hauste, als dieser in seine Höhle zurückkehrte. Er trug ein Tier in seinem Maule, das mir eine Ratte zu sein schien. Obwohl ich ihn mit meiner Kugel hatte erreichen können, zog ich es doch vor, den Panther ruhig in seinen Schlupfwinkel verschwinden zu lassen, um ihn später bei seinem Ausgang zu belauschen und aus der Nähe mit größter Sicherheit zu treffen. Nachdem ich mich mit dem Araber verständigt und ihn beauftragt hatte, mir beim Tagesanbruch mein Pferd zu bringen, schickte ich ihn zurück und näherte mich leise und vorsichtig der Felsplatte, unter der sich die Höhle befand, in welcher der Panther verschwunden war. Der Eingang dazu war so eng, daß ich nicht begreifen konnte, wie der Panther, der beinahe die Größe einer ausgewachsenen Löwin hatte, hindurchschlüpfen konnte. Wenn nicht die von ihm auf dem Boden und an der Felswand zurückgelassenen Spuren mich davon überzeugt hätten, daß er wirklich in der Höhle sei, hätte ich geglaubt, mich getäuscht zu haben.

Ein Mastixbaum, der sich kaum zehn Schritte entfernt und am Fuße des Felsens befand, schien mir ein sehr passender Beobachtungsposten zu sein, und ich beschloß, die Nacht darunter zu verbringen. Ich nahm eine Stellung ein, in der das Tier mich unmöglich eher bemerken konnte, bis es seine Wohnung ganz verlassen und einige Schritte ins Freie getan hatte, und diesen Augenblick erwartete ich dann in aller Ruhe.

Gegen zehn Uhr ertönte plötzlich hinter mir und von der anderen Seite des Mastixbaumes ein wiederholtes, sehr geräuschvolles Niesen. Da der Mond noch nicht aufgegangen war, fürchtete ich eine Überraschung und konnte der Versuchung nicht widerstehen, mich davon zu überzeugen, was denn so nahe hinter mir vorging. Bei der Bewegung, die ich machte, um mich umzuwenden, stieß mein Gewehr an einen Ast und ich vernahm eine Art Schnauben, wie das einer Katze, und gleich darauf das Geräusch eines fliehenden Tieres, und als ich mich schnell erhob, sah ich den Panther, der in seine Höhle zurückeilte. Ich wartete bis zum Tagesanbruch, ohne daß er es gewagt hätte, noch einmal herauszutreten. Als der Araber mir mein Pferd brachte, räumte ich das Feld mit dem festen Vorsatz, am Abend zurückzukehren. Die zweite Nacht verlief ebenso resultatlos wie die erste.

Der Panther steckte zwei oder dreimal die Nase heraus, zog sich aber schleunigst zurück, sobald er merkte, daß ihm Gefahr drohe.

Ich verbrachte in dieser Weise zehn aufeinanderfolgende Nächte, ohne zum Schusse zu kommen.

Am elften Tage kam ein Hirt zu mir, um mir mitzuteilen, wie er gesehen habe, daß der Panther mittags seinen Durst an der nicht weit von dem Felsen rieselnden Quelle zu stillen pflege. Ich suchte sofort die Stelle auf, von der er gesprochen, und unter vielen anderen fand ich auch die Spur meines Tieres, das, wie es schien, täglich zu der Stunde hierhin kam, die der Araber und seine Herde der starken Hitze wegen im Douar zu verbringen pflegt. Die Quelle war ringsum von dichtem Gebüsch umgeben, das mir Gelegenheit gab, mich so zu verbergen, daß ich keine Gefahr lief, von dem Panther gesehen zu werden.

Gegen Mittag kam eine Kette roter Feldhühner an die Quelle, um zu trinken. Sie hatten aber kaum angefangen, ihren Durst zu löschen, als der Hahn oder die Henne, ich weiß nicht wer von beiden, plötzlich sehr unruhig wurde und warnende Rufe ausstieß, worauf alle sofort aufbrachen und im Walde verschwanden.

Im selben Augenblick vernahm ich ein leichtes Rascheln im Gebüsch und der Panther erschien; mit weit vorgestrecktem Kopfe und aufgehobener Pfote stand er in der Stellung eines spürenden Jagdhundes, sprungbereit und kaum fünf oder sechs Schritte entfernt von mir. Er bot mir die Brust dar, ohne mich zu sehen. Ich legte sofort mein Gewehr an, zielte vorsichtig zwischen Augen und Ohr und drückte los. Wie vom Blitz getroffen und ohne nur einen Ton von sich zu geben, fiel er sofort tot zu Boden.

Dieses arme Tier war von einer so erschreckenden Magerkeit, daß ich mich entschloß, es zu öffnen, um den Grund zu erforschen. Es war vollständig ausgehungert und hatte offenbar von dem Tage an, wo es einen Menschen in der Nähe seiner Wohnung gewittert hatte, nichts mehr gefressen.

Seit dieser Zeit habe ich die Überzeugung gewonnen, daß der Panther zwar ein sehr listiges, behendes und geduldiges, aber zugleich auch ein ziemlich ungefährliches, schüchternes, beinahe feiges Tier ist.

Da die Natur den Panther mit ungewöhnlicher Kraft und Muskelstärke begabt hat, so daß er im Kampfe gegen den Menschen stets als Sieger hervorgehen würde, muß man seine Feigheit als eine Eigentümlichkeit seiner Art ansehen, die ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen herkulisch gebauten Männern verleiht, die, obwohl sie die Kraft eines starken Zugpferdes besitzen, doch kaum mehr Mut wie eine schwache Frau haben, und die sich durch ein Nichts einschüchtern lassen.

Die Araber erzählen eine Legende, der dieser Stoff zu Grunde liegt, ich gebe sie hier wieder.

Es war zu der Zeit, wo die Tiere sprechen konnten – in Tagen also, die weit, weit hinter uns liegen.

Eine Bande von zwanzig Löwen, die aus dem Süden kam, erreichte eines Tages die Grenze eines von vielen Panthern bewohnten Waldes und beabsichtigte ihn in Besitz zu nehmen. Die Panther schickten ihnen einen Bevollmächtigten entgegen, um mit den langmähnigen Königen zu unterhandeln. Nach vielem Hin- und Herreden kehrte der Gesandte zurück, um Rechenschaft über den Erfolg seiner Mission abzulegen. Der Erfolg war ein durchaus negativer. Die Löwen erklärten, daß der Wald ihnen gefalle, und daß sie daher entschlossen seien, Besitz davon zu ergreifen. Sie stellten es den Panthern frei zu versuchen, ihn zu verteidigen – oder aber auf der Stelle das Feld zu räumen. Die Panther faßten darauf den Entschluß, die Offensive zu ergreifen.

Die Legende erzählt dann weiter, daß ein von den zwanzig Löwen gleichzeitig ausgestoßenes Brüllen hingereicht habe, um die Angreifenden in die Flucht zu jagen, und daß seit dieser Zeit der Panther auf die Bäume klettere wie eine Katze, oder sich in der Erde verberge wie ein Fuchs, um eine Begegnung mit dem König der Tiere zu vermeiden, den er zu provozieren gewagt und dessen Zorn er fürchtet.

Die Araber und Kabylen haben wenig von der Nachbarschaft des Panthers zu leiden; sie jagen ihn selten, und wenn sie es tun, so nur auf einer Treibjagd. Die Treiber umzingeln und hetzen ihn dem Jäger entgegen, durch den das Tier den sicheren Tod findet, wenn es nicht Gelegenheit hat, eine Höhle zu finden, in der es sich verkriechen kann.

Wenn der Panther jedoch angeschossen ist und man der Fährte seines Schweißes folgt, ist es sehr geraten, vorsichtig zu sein, weil er dann, wie alle Tiere seiner Art, den Menschen annimmt.

Die Eingeborenen gebrauchen ein sehr schlaues Mittel, ohne Mühe und Gefahr Herr des Panthers zu werden, und fast alle Felle, die auf unseren Märkten in den Handel kommen, sind auf diese Weise erbeutet worden.

Der auf das Pantherfell spekulierende Araber legt dem Tiere entweder ein totes Schaf oder die Überreste eines Wildschweines auf den Weg, den er zu nehmen pflegt, und läßt es ungestört davon fressen und mehrere Male zurückkehren, bis kaum noch genug für eine Mahlzeit übriggeblieben ist. Diese Reste nimmt er fort und läßt nur ein Stück Fleisch von der Größe einer Faust zurück, das er mit zwei oder drei Bindfäden durchzieht, deren Ende auf den Drückern ebenso vieler auf den Köder gerichteten und an Pfähle gebundenen Flinten befestigt wird, die auf das sorgfältigste mit Gesträuch und Zweigen bedeckt werden. Nachdem diese Vorbereitungen getroffen sind, verbringt der Araber die Nacht an der Tür seiner Hütte oder vor dem Eingang seines Zeltes, um zu horchen.

Wenn er dann, gewöhnlich bei Tagesanbruch, die Detonation seiner Batterie vernommen hat, kehrt er zurück und findet den Panther tot neben dem Köder liegen.


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